Mieter trägt Kosten für Innenputz durch Dach- und Fach-Klausel

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Bedeutung und Reichweite der “Dach und Fach”-Klausel bei gewerblichen Mietverhältnissen

Die Verteilung von Instandhaltungs- und Instandsetzungspflichten in gewerblichen Mietverhältnissen ist regelmäßig Gegenstand vielschichtiger Auseinandersetzungen zwischen Vermieter und Mieter. Eine der zentralen Fragen betrifft dabei die Auslegung sogenannter “Dach und Fach”-Klauseln, die den Mieter zur Übernahme bestimmter Erhaltungs- und Reparaturarbeiten verpflichten. Die aktuelle Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (OLG Frankfurt, Urteil vom 18.09.2023 – 14 U 103/20) gibt Anlass zur vertieften Betrachtung der Reichweite und Wirksamkeit einer solchen Regelung, insbesondere hinsichtlich von Schäden am Innenputz in vermieteten Gewerbeobjekten.

Systematik der Instandhaltungspflichten im Mietrecht

Der Ursprung gewerblicher Risiken und die Kongruenz von vertraglicher Regelung und dispositivem Recht sind im Gewerberaummietrecht häufig Gegenstand vertraglicher Verhandlung. Ursprünglich ist nach § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB der Vermieter verpflichtet, die Mietsache in einem vertragsgemäßen Zustand zu erhalten. Diese gesetzliche Verpflichtung kann durch individuel ausgehandelte Vereinbarungen, wie etwa eine “Dach und Fach”-Klausel, teilweise auf den Mieter übergehen – vorausgesetzt, diese Klausel hält der Inhaltskontrolle stand.

Inhalt und Formulierung der “Dach und Fach”-Klausel

Bei einer “Dach und Fach”-Klausel handelt es sich typischerweise um die Verpflichtung des Mieters, die Wartung und Instandsetzung insbesondere von Dach und Fassade sowie weiterer zentraler Gebäudeteile zu übernehmen. Die Formulierung und semantische Reichweite dieser Klausel entscheidet dabei maßgeblich, welche konkreten Schadenspositionen – etwa am Innenputz – vom Pflichtenübergang umfasst sind oder weiterhin dem Vermieter obliegen.

Die Entscheidung des OLG Frankfurt: Innenputzschäden als Mieterpflicht

Das OLG Frankfurt hatte in dem entschiedenen Fall zu beurteilen, ob der Mieter für die Beseitigung von Schäden am Innenputz der gemieteten Immobilie einzustehen hat. Die Parteien eines gewerblichen Mietvertrags hatten im Mietvertrag eine “Dach und Fach”-Klausel vereinbart und über deren Umfang im Zusammenhang mit aufgetretenen Putzschäden gestritten.

Sachverhaltsdarstellung

Nach dem unstreitigen Sachverhalt traten während der Mietzeit erhebliche Schäden am Innenputz der angemieteten Räumlichkeiten auf. Der Mieter verweigerte die Beseitigung unter Hinweis darauf, dass derartige Schäden weiterhin in den Verantwortungsbereich des Vermieters fielen.

Entscheidungsgründe und rechtliche Einordnung

Das OLG Frankfurt bejahte die Verpflichtung des Mieters zur Schadensbeseitigung. Nach Ansicht des Gerichts sind Innenputzschäden, die nicht auf Mängeln am bauwerksbezogenen Substanzbestandteil “Dach und Fach” wie beispielsweise der tragenden Konstruktion oder der Außenfassade beruhen, dann vom Mieter zu beheben, wenn die vertragliche Klausel eine Instandhaltungs- und -setzungsverpflichtung “über Dach und Fach hinaus” normiert. Im zu beurteilenden Fall hatte der Mietvertrag die Erhaltungs- und Reparaturpflichten kontraktual umfassend auf den Mieter übertragen. Die Innenputzarbeiten stellen daher keine Ausnahme von der vertraglichen Risikoverteilung zugunsten des Mieters dar.

Das Gericht stützte seine Entscheidung maßgeblich auf den klaren Wortlaut des Vertrages sowie auf die Systematik der Verteilung der Erhaltungslast im Gewerberaummietrecht, nach der eine vertragliche Verschiebung über den gesetzlichen Rahmen hinaus bei hinreichend eindeutiger Formulierung grundsätzlich zulässig ist. Einer weiteren Auslegung nach dem Willen der Parteien oder einer ergänzenden Vertragsauslegung bedurfte es nicht.

Gegenläufige Ansätze und Abgrenzungsfragen

Die Entscheidung verdeutlicht, dass eine pauschale Zuweisung von Instandhaltungslasten an den Mieter über die Bezeichnung der Klausel hinaus dessen Mitwirkung an Substanzerhalt und -pflege des Mietobjekts erheblich ausweiten kann. Die rechtsdogmatische Diskussion differenziert gleichwohl weiterhin zwischen Maßnahmen zur Wahrung der Bauwerksstruktur (Dach, Fach, tragende Bauteile etc.) und solchen der räumlichen Innenausstattung (Putz, Innentüren, Malerarbeiten). Die Einordnung der jeweiligen Schäden und Instandhaltungsmaßnahmen erfordert stets eine Einzelfallbewertung und eine präzise Analyse der maßgeblichen vertraglichen Regelungen.

Konsequenzen für die Gestaltung und Auslegung gewerblicher Mietverträge

Die Wertung des OLG Frankfurt zeigt, dass die Vertragsgestaltung im gewerblichen Mietrecht eine sorgfältige und differenzierte Formulierung der Übernahme von Erhaltungs- und Instandsetzungspflichten erfordert. Pauschale oder verkürzte Klauseln können zu weitgehenden Verpflichtungen des Mieters führen, wenn deren Reichweite erst im Streitfall durch die Gerichte konkretisiert wird. Für die Vertragspraxis empfiehlt sich daher eine eindeutige Regelung, die Art, Umfang, Häufigkeit und Grenzen der Instandhaltungspflichten nachvollziehbar festlegt und dabei die Interessen beider Parteien reflektiert.

In laufenden Verfahren und rechtlichen Auseinandersetzungen ist zwingend zu beachten, dass jeder Einzelfall unter Berücksichtigung des konkreten Vertragstextes sowie der tatsächlichen Gegebenheiten zu prüfen ist. Die Entscheidung des OLG Frankfurt ist rechtskräftig und betrifft den dort entschiedenen Sachverhalt (vgl. OLG Frankfurt am Main, Urt. v. 18.09.2023 – 14 U 103/20, abrufbar unter https://urteile.news/OLG-Frankfurt-am-Main_14-U-10320_Mieter-muss-wegen-Dach-und-Fach-Klausel-Innenputzschaeden-auf-eigene-Kosten-beseitigen~N35493).

Individuelle rechtliche Einordnung empfehlenswert

Aufgrund der Komplexität und wirtschaftlichen Tragweite vertraglicher Klauseln zu Instandhaltungs- und Instandsetzungspflichten empfiehlt sich eine detaillierte rechtliche Prüfung durch einen im Immobilienrecht erfahrenen Berater. Unternehmen, Investoren und vermögende Privatpersonen, die sich mit ähnlichen Fragestellungen konfrontiert sehen, finden weiterführende Informationen sowie individuelle Unterstützung im Bereich Rechtsberatung im Immobilienrecht bei MTR Legal Rechtsanwälte.

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