Auch Altbeteiligungen müssen gemeldet werden – OLG Hamburg, Az. 2 Orbs 38/24
Beteiligungen an ausländischen Kapitalgesellschaften müssen bei einem Umzug nach Deutschland den deutschen Finanzbehörden angezeigt werden. Das hat das OLG Hamburg mit Beschluss vom 26. November 2024 deutlich gemacht (Az. 2 Orbs 38/24). Die Beteiligung an einer ausländischen Beteiligung muss demnach innerhalb der vorgesehenen Frist mitgeteilt werden.
In Deutschland gilt gemäß § 138 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 AO (Abgabenordnung) eine Anzeigepflicht für qualifizierte Beteiligungen an einer ausländischen Gesellschaft. Das OLG Hamburg stellte nun fest, dass diese Mitteilungspflicht auch besteht, wenn die Anteile an der Gesellschaft bereits vor dem Zuzug nach Deutschland erworben wurden. Voraussetzung ist, dass der Steuerpflichtige seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, so die Wirtschaftskanzlei MTR Legal Rechtsanwälte, die auch bei grenzüberschreitenden Sachverhalten im Steuerrecht berät.
Die Meldepflicht umfasst nicht nur Beteiligungen, sondern gilt auch für Einkünfte aus Arbeitslohn im Inland. Für Staatsangehörige können dabei besondere steuerliche Regelungen greifen, insbesondere im Hinblick auf die Besteuerung und den Umfang der Steuerpflicht. Die Besteuerung richtet sich nach dem Umfang der Einkünfte, die im Inland oder Ausland erzielt werden. Für die Meldung ist in der Regel ein Antrag bei der zuständigen Behörde zu stellen, wobei entsprechende Nachweise über die Beteiligung und die Herkunft der Einkünfte erforderlich sind.
Ein Beispiel: Wer als deutscher Staatsangehöriger nach Deutschland zuzieht und bereits Anteile an einer ausländischen Gesellschaft hält, aus der er Arbeitslohn bezieht, muss diese Beteiligung und die daraus resultierenden Einkünfte dem Finanzamt melden. Die Meldepflicht für Beteiligungen im Ausland unterscheidet sich dabei von der Meldepflicht im Inland, da im Ausland erzielte Einkünfte und Beteiligungen gesondert anzugeben sind.
Anteile an Kapitalgesellschaften schon vor Zuzug nach Deutschland gehalten
In dem zugrunde liegenden Fall war ein Steuerpflichtiger nach Deutschland gezogen und hielt bereits Anteile an ausländischen Kapitalgesellschaften. Bei Beteiligungen an Unternehmen ist zwischen verschiedenen Formen wie der AG und der Personengesellschaft zu unterscheiden; der Begriff der Beteiligung umfasst dabei sowohl Kapital- als auch Personengesellschaften und deren rechtliche Einordnung. Das Grundkapital, das Stammkapital und die Einlage der Gesellschafter sind zentrale Elemente der Kapitalgesellschaft und bestimmen die Höhe des Kapitals sowie die Haftungsgrundlage. In einer AG ist die Hauptversammlung das oberste Organ, das über grundlegende Angelegenheiten entscheidet, während bei einer Personengesellschaft die Gesellschafter direkt die Geschicke des Unternehmens lenken. Die Behandlung von Einkünften und Einkommen aus solchen Beteiligungen ist steuerlich relevant, insbesondere im Betrieb, da diese Einkünfte unterschiedlichen steuerlichen Regelungen unterliegen. Das Vermögen der Gesellschaft wird durch die Einlagen der Gesellschafter gebildet und unterliegt bestimmten Regelungen zur Haftung. Die Beteiligung an Unternehmen kann unterschiedlichen Zwecken dienen und betrifft verschiedene Bereiche, etwa die Kapitalanlage, die Mitbestimmung oder die strategische Einflussnahme. Den deutschen Finanzbehörden teilte er diese Beteiligungen nicht mit. Das Finanzamt verhängte daher ein Bußgeld in Höhe von 30.000 Euro wegen leichtfertiger Nichtmitteilung des Erwerbs einer unmittelbaren Beteiligung an vier Kapitalgesellschaften. Dem Einspruch des Steuerpflichtigen hat das zuständige Amtsgericht stattgegeben. Das Gericht ging davon aus, dass die Mitteilungspflicht nur für nach dem Zuzug erworbene Anteile gelte.
Gegen diesen Freispruch wandte sich die Staatsanwaltschaft mit Rechtsbeschwerde und hatte am OLG Hamburg Erfolg. Das OLG hielt die enge Sichtweise des Amtsgerichts für falsch und hob den Freispruch auf.
Steuerliche Relevanz grenzüberschreitender Beteiligung
Das OLG Hamburg verwies auf den Zweck der Mitteilungspflicht. Dadurch solle die Finanzverwaltung frühzeitig Kenntnis von grenzüberschreitenden Beteiligungen erlangen, um die steuerliche Behandlung und die Besteuerung von Einkünften aus dem Ausland korrekt zu erfassen. Die Behandlung solcher Einkünfte unterliegt besonderen Regeln, insbesondere im Bereich der internationalen Besteuerung, wobei der Umfang der Meldepflicht auch die Vorlage entsprechender Nachweise umfasst. Die Regel und die Zwecke der Mitteilungspflicht bestehen darin, Transparenz über die Strukturen und Einkünfte zu schaffen, um steuerliche Pflichten im Bereich der internationalen Besteuerung zu erfüllen. Das Ziel der Verwaltung ist es, alle relevanten Einkünfte aus dem Ausland zu erfassen und so eine ordnungsgemäße Besteuerung sicherzustellen. Denn diese seien oft steuerlich besonders relevant, wenn bspw. Dividenden ausgeschüttet oder Anteile verkauft werden. Wären Altbeteiligungen von der Anzeigepflicht ausgenommen, bliebe ein erheblicher Teil potenziell steuerlich relevanter Sachverhalte im Dunkeln. Gerade bei zuziehenden Steuerpflichtigen sei es für die Verwaltung aber wichtig, einen vollständigen Überblick über bestehende Strukturen zu haben.
Weiter stellte das OLG Hamburg klar, dass die Angabe gegenüber den Finanzbehörden gemäß § 138 Abs. 5 AO bis zum Ablauf von 14 Monaten nach Ende des Kalenderjahres abzugeben ist, in dem der Zuzug erfolgt ist. Wer also z.B. 2025 nach Deutschland zieht, muss bis spätestens Februar 2027 seine Beteiligungen melden. Wird diese Frist versäumt, liege eine Ordnungswidrigkeit vor, die nach § 379 AO mit einem Bußgeld geahndet werden kann, so das OLG.
Kein unvermeidbarer Verbotsirrtum
Das Gericht verneinte in dem vorliegenden Fall außerdem, dass der Betroffene sich auf einen unvermeidbaren Verbotsirrtum berufen könne. Er hätte sich über seine Mitteilungspflichten informieren müssen, stellte das OLG klar. Im Zweifel empfiehlt es sich, einen Antrag auf rechtliche Klärung zu stellen, da die Einhaltung der einschlägigen rechts- und regelkonformen Vorgaben für Kapitalgesellschaften wie GmbH oder AG von zentraler Bedeutung ist.
Steuerpflichtige müssen sich nach der Entscheidung bewusst sein, dass sie trotz internationaler Abkommen weiter aktiv eine Meldepflicht haben. Es reicht nicht aus, sich auf den automatischen Informationsaustausch zwischen Staaten zu verlassen. Auch wenn durch internationale Abkommen wie den OECD-Common Reporting Standard oder die EU-Amtshilferichtlinie Finanzinformationen mittlerweile grenzüberschreitend ausgetauscht werden, bleibt die Pflicht zur aktiven Anzeige bestehen. Nachweise, wie amtliche Dokumente oder Identitätsnachweise, sind im Rahmen des Meldeverfahrens unerlässlich, um die ordnungsgemäße Erfüllung der Pflichten zu belegen. Ein Beispiel für einen typischen Verstoß ist die unterlassene Meldung eines ausländischen Bankkontos: In diesem Fall drohen empfindliche Bußgelder und steuerrechtliche Konsequenzen.
Hohe Transparenz gefordert
Das entspricht auch dem Grundgedanken der OECD- und EU-Initiativen zur Bekämpfung von Steuervermeidung. Die deutsche Gesetzgebung spielt dabei eine zentrale Rolle und arbeitet eng mit anderen Staaten zusammen, um die Einhaltung der Meldepflicht sicherzustellen. Der Gesetzgeber will sicherstellen, dass Steuerpflichtige ihre Auslandssachverhalte nicht verschweigen können. Nationale Mitteilungspflichten wie § 138 AO ergänzen daher die globale Informationsarchitektur, indem sie die Datenqualität erhöhen und den Finanzämtern helfen, ausländische Angaben korrekt zuzuordnen. Das OLG Hamburg reiht sich mit seiner Entscheidung in diese internationale Entwicklung ein.
Für Unternehmen ist die Meldepflicht von besonderer Bedeutung, da sie das Ziel verfolgt, Transparenz über wirtschaftliche Aktivitäten und Beteiligungen zu schaffen und die Zwecke der gesetzlichen Regelungen zu erfüllen. Der Umfang der internationalen Meldepflichten ist erheblich und trägt dazu bei, die Transparenz im grenzüberschreitenden Steuerrecht zu erhöhen.
Wer mit Altbeteiligungen nach Deutschland zieht, sollte klären, ob eine Mitteilungspflicht besteht. Verstöße gegen die Meldepflicht können teuer werden. Internationale Investitionen dürfen vor den heimischen Finanzbehörden nicht verborgen werden.
Die Entscheidung zeigt, dass im internationalen Steuerrecht Transparenz einen hohen Stellenwert genießt und auch der Erwerb der Beteiligungen vor dem Zuzug nach Deutschland nicht von dieser Anzeigepflicht entbindet.
Verwaltungsverfahren und Datenschutz
Im Rahmen der Meldepflicht für Auslandsbeteiligungen kommt dem Verwaltungsverfahren und dem Datenschutz in Deutschland eine zentrale Bedeutung zu. Die Verwaltung ist dafür zuständig, die gesetzlichen Vorgaben rund um die Beteiligung an Kapitalgesellschaften konsequent umzusetzen und dabei die Rechte der betroffenen Personen und Gesellschaften zu wahren. Gerade bei internationalen Beteiligungen, wie etwa an Aktien oder anderen Gesellschaftsanteilen, ist die Einhaltung der Rechtsgrundlagen und die sorgfältige Prüfung der gemeldeten Daten unerlässlich.
Die Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft haben nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten, die sich aus dem Gesetz und der jeweiligen Satzung ergeben. Die Verwaltung sorgt dafür, dass diese Pflichten – wie die fristgerechte Meldung von Auslandsbeteiligungen – eingehalten werden. Gleichzeitig ist der Schutz der personenbezogenen Daten ein zentrales Anliegen: Die Behörden sind verpflichtet, die sensiblen Informationen der Gesellschafter und Gesellschaften nach den geltenden Datenschutzbestimmungen zu behandeln und vor unbefugtem Zugriff zu schützen.
Die Zuständigkeit für die Durchsetzung der Meldepflicht liegt bei verschiedenen Behörden und Gerichten. Das Oberlandesgericht, wie beispielsweise das OLG Schleswig-Holstein, spielt eine wichtige Rolle in der Rechtsprechung und der Überprüfung von Verwaltungsentscheidungen. In Deutschland ist die Justiz föderal organisiert: Jedes Land verfügt über eigene Gerichte und Verwaltungsstrukturen, während die Bundesregierung die gesetzlichen Rahmenbedingungen auf Bundesebene vorgibt und koordiniert.
Die Prüfung und Anwendung der relevanten Gesetze und Verordnungen durch die Verwaltung und die Gerichte gewährleistet, dass die Rechte der Gesellschafter und Gesellschaften geschützt werden. Juristen und Richter tragen dazu bei, dass die gesetzlichen Vorgaben korrekt interpretiert und umgesetzt werden. Bei Unsicherheiten oder Streitigkeiten bieten die Behörden und Gerichte Unterstützung und Hilfe, um die Einhaltung der Meldepflicht sicherzustellen und die öffentlichen Aufgaben, wie die Finanzierung des Gemeinwesens durch Steuern, zu erfüllen.
Insgesamt zeigt sich, dass ein funktionierendes Zusammenspiel von Verwaltung, Datenschutz und Justiz unerlässlich ist, um die Meldepflicht für Auslandsbeteiligungen effektiv durchzusetzen und die Rechte aller Beteiligten zu schützen. Die sorgfältige Anwendung der Gesetze und die Unterstützung durch die Behörden bieten sowohl für Gesellschafter als auch für Gesellschaften die notwendige Rechtssicherheit im internationalen Steuerrecht.
MTR Legal Rechtsanwälte berät im internationalen Recht und grenzüberschreitenden Steuerthemen.
Nehmen Sie gerne Kontakt zu uns auf!