Kundenbewertung zu Service und Sauberkeit nach langem Zeitraum zulässig

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Kundenbewertungen: Rechtliche Rahmenbedingungen und aktuelle Rechtsprechung

Die digitale Transformation in der Dienstleistungsbranche manifestiert sich in einer stetig steigenden Relevanz von Kundenbewertungen auf Online-Plattformen. Diese bieten Endkunden die Möglichkeit, ihre subjektiven Erfahrungen öffentlich zu teilen und beeinflussen die Reputation von Unternehmen maßgeblich. Die Publikation kritischer Erfahrungsberichte wirft dabei regelmäßig auch komplexe Fragestellungen im Spannungsfeld zwischen Meinungsäußerungsfreiheit, wirtschaftlichen Interessen und Persönlichkeitsrechten auf.

Vor diesem Hintergrund gilt es, die aktuelle Entscheidung des Amtsgerichts Lörrach vom 20.10.2023 (Az. 3 C 560/23) näher zu analysieren. Sie betrifft die Zulässigkeit der Kundenbewertung „Service und Sauberkeit mangelhaft”, abgegeben etwa ein Jahr nach dem letzten Besuch eines Fitnessstudios. Die Auseinandersetzung zwischen dem Bewertenden und dem Unternehmen berührt mehrere zentrale Rechtsbereiche, darunter Äußerungsrecht, Wettbewerbsrecht und Datenschutz.

Sachverhalt und prozessuale Ausgangslage

Hintergrund der Bewertung

Der Streitfall ging auf eine im Internet öffentlich einsehbare Nutzermeinung zurück: Konkret wurde im Oktober 2023 die Bewertung „Service und Sauberkeit mangelhaft” über ein Fitnessstudio veröffentlicht. Der Umstand, dass der letzte Besuch des Bewertenden zu diesem Zeitpunkt bereits etwa ein Jahr zurücklag, führte zu der Frage nach der Aktualität und Tatsachenrelevanz der Äußerung.

Reaktion des Unternehmens

Das betroffene Fitnessstudio begehrte die Entfernung der Bewertung mit der Begründung, die Kritik sei veraltet und entbehre daher jeglicher Grundlage. Es wurde zudem argumentiert, dass sich die Bewertung auf nicht mehr aktuelle Gegebenheiten beziehe und die Betriebsabläufe sich im Bewertungszeitraum maßgeblich verändert hätten.

Übersicht des gerichtlichen Prüfungsrahmens

Das zuständige Gericht hatte zu beurteilen,

  • ob die Bewertung trotz des zeitlichen Abstands überhaupt eine relevante Tatsachenbehauptung darstellte,
  • inwieweit die Einschränkung der Meinungsäußerung zugunsten des Unternehmensinteresses gerechtfertigt wäre,
  • ob eine Verletzung des Unternehmenspersönlichkeitsrechts vorlag.

Rechtliche Würdigung und Entscheidungsgründe

Meinungsäußerung versus Tatsachenbehauptung

Das Amtsgericht nahm eine differenzierte Abwägung vor: Die Aussage „Service und Sauberkeit mangelhaft” sei ihrer Struktur nach eine Wertung, die an die persönliche Einschätzung des Bewertenden anknüpfe. Zwischentöne wie die Formulierung „mangelhaft” machten deutlich, dass es sich nicht um eine objektivierbare Tatsache, sondern um ein individuelles Urteil handele.

Gleichwohl könne die Meinungsbildung auf eigenen Erfahrungen beruhen, auch wenn diese im Zeitpunkt der Veröffentlichung nicht mehr aktuell seien. Entscheidend sei, ob die Bewertung den Anschein erwecke, aktuelle Verhältnisse widerzuspiegeln, oder auf vergangenen Erfahrungen basiere. Im vorliegenden Fall ließ die Wortwahl keinen eindeutigen Rückschluss auf die Aktualität zu; ein verständiger Leser könne davon ausgehen, dass persönliche Eindrücke ein vergangenheitsbezogenes Element beinhalten.

Schutz des Unternehmenspersönlichkeitsrechts

Das Unternehmenspersönlichkeitsrecht verschafft Unternehmen grundsätzlich Schutz gegen mediale Angriffe, die geeignet sind, das wirtschaftliche oder soziale Ansehen zu beeinträchtigen. Dieser Schutz tritt indes nicht uneingeschränkt hinter den Grundsatz der Meinungsfreiheit zurück. Vielmehr ist eine Interessenabwägung vorzunehmen:

Das Amtsgericht stellte fest, dass die Bewertung zu keiner Zeit auf nachweislich unwahren Tatsachengrundlagen beruhte. Ferner wurden keine Schmähkritik oder gezielte Diffamierungen festgestellt. Ein Jahr nach dem letzten Studiobesuch könne zwar die Verwertbarkeit der Bewertung für potentielle Neumitglieder sinken; verfassungsrechtlich geschützt bleibe dennoch das Recht, auch ältere subjektive Erfahrungen mitzuteilen, sofern diese keine gezielten Irreführungen oder bewusst falsche Tatsachenbehauptungen enthielten.

Relevanz des Zeitablaufs

Eine entscheidende Komponente war die Frage, ob der zeitliche Abstand von rund einem Jahr die Bewertung entwertete oder eine Unzulässigkeit begründete. Hierzu argumentierte das Gericht, die Plattform stelle explizit Erfahrungswerte ihrer Mitglieder in den Mittelpunkt der Nutzerkommunikation. Eine generelle Beschränkung auf aktuelle, wenige Wochen zurückliegende Erlebnisse würde die Kommunikationsfreiheit in unzumutbarer Weise beschneiden. Ausschlaggebend sei vielmehr, dass Dauer und Kontext des Erlebnisses nachvollziehbar blieben und dem Durchschnittsleser transparent sei, dass persönliche Bewertungen nicht zwingend den heutigen Zustand abbilden.

Eine Löschung oder Untersagung sei deshalb nur bei objektiv irreführender Darstellung oder nachweislich falschem Tatsachenkern zulässig.

Implikationen für Unternehmen und die Rechtsordnung

Bedeutung für Online-Reputationsmanagement

Die Entscheidung betont die Schutzmechanismen für Individualäußerungen auf Bewertungsplattformen – auch über einen längeren Zeitraum hinweg. Unternehmen sind gehalten, Kritik differenziert zu prüfen und sowohl ihre internen Dokumentationspflichten als auch proaktive Kommunikationsstrategien mit Blick auf Bewertungsportale fortzuentwickeln, um wirtschaftliche und persönliche Nachteile zu minimieren.

Fortgeltung der Meinungsfreiheit und deren Grenzen

Die Meinungsfreiheit, auch in ihrer digitalen Ausprägung, bleibt ein zentraler Eckpfeiler des verbraucherschutzorientierten Kommunikationsraumes. Unternehmen können sich gegen unzutreffende, beleidigende oder bewusst wahrheitswidrige Bewertungen zur Wehr setzen. Gleichwohl verlangt die aktuelle Rechtsprechung eine genaue Differenzierung zwischen subjektiver Kritik und Tatsachenbehauptung sowie einen transparenten Umgang mit der zeitlichen Einordnung von Bewertungen.

Auswirkungen auf IT-Plattformen und Compliance

Das Urteil unterstreicht zudem die Verantwortung von Betreibern digitaler Bewertungsplattformen. Diese müssen geeignete Prüfmechanismen etablieren, um einerseits rechtswidrige Inhalte zeitnah zu entfernen und andererseits zulässige kritische Stimmen nicht grundlos einzuschränken. Dies schließt einen kontinuierlichen Abwägungsprozess im Hinblick auf Datenschutz, Äußerungsrechte und unternehmerische Schutzinteressen ein.

Ausblick und Rechtsschutzmöglichkeiten

Die Fortentwicklung der Rechtsprechung zu Online-Bewertungen erfordert eine kontinuierliche Überprüfung unternehmensinterner Reputationsmanagement-Strategien sowie ein fundiertes Verständnis der verschränkten Schutzgüter. Insbesondere bei grenzüberschreitenden Sachverhalten und internationalen Plattformnutzungen kann eine differenzierte Betrachtung der nationalen Rechtsnormen erforderlich werden.

Bei weitergehenden rechtlichen Fragestellungen zum Schutz vor rufschädigenden Bewertungen oder zur Haftung und Gestaltung von Bewertungsplattformen empfiehlt sich stets eine maßgeschneiderte Analyse. Individuelle Anliegen – etwa im Bereich Servicebewertungen, Plattformbetreiberpflichten oder datenschutzrechtlichen Implikationen – können Sie im Rahmen einer fundierten Rechtsberatung im IT-Recht vertrauensvoll adressieren.

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