Historische Burg als faszinierender Lost Place anerkannt

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Begriff „Lost Place” im Spannungsfeld zwischen Tatsachenbehauptung und Meinungsäußerung

Die rechtliche Bewertung des Begriffs „Lost Place” bei der Beschreibung einer verfallenen Burg war Gegenstand einer aktuellen Entscheidung des Amtsgerichts München (Urteil vom 17. Mai 2022, Az. 142 C 14251/20). Die Bezeichnung eines historisch relevanten Bauwerks als sogenannter „Lost Place” wirft insbesondere Fragen hinsichtlich der Zulässigkeit der Wortwahl im Kontext der Persönlichkeitsrechte und des Schutzes des Eigentümers auf.

Hintergrund des Rechtsstreits

Dem Rechtsstreit lag ein Streit zwischen dem Eigentümer einer ruinösen Burg und einer gemeinnützigen Organisation zugrunde. Letztere hatte im Rahmen ihrer Öffentlichkeitsarbeit die Burganlage online als „Lost Place” vorgestellt. Der Eigentümer sah hierin eine Herabwürdigung und begehrte Unterlassung, so wie eine Richtigstellung der Bezeichnung. Nach Ansicht des Klägers sei der Begriff „Lost Place” geeignet, den Wert und das Ansehen der denkmalgeschützten Stätte zu beeinträchtigen, indem er den Eindruck völligen Verfalls und fehlender Eigentümerfürsorge erwecke.

Grundsätzliche Einordnung des Begriffs „Lost Place”

Die Gerichte sehen sich in der Prüfung gehalten, zwischen Tatsachenbehauptungen und Werturteilen zu differenzieren. Für die Qualifizierung entscheidend ist, ob die strittige Aussage einen konkret überprüfbaren Umstand betrifft oder maßgeblich von subjektiven Einschätzungen geprägt ist. Im vorliegenden Fall bestimmte das Gericht, dass der Begriff „Lost Place” nicht als objektive Tatsache, sondern als wertende Umschreibung zu begreifen sei.

Aus Sicht des Gerichts suggeriert der Begriff „Lost Place” vordergründig eine Stätte, die auf Grund von Funktionslosigkeit, mangelnder Nutzung oder baulichem Verfall in Vergessenheit geraten ist. Dennoch bleiben dem Verwender gewisse Interpretationsspielräume. Wesentlich ist, dass der Begriff keiner einheitlichen oder normativen Definition unterliegt und im allgemeinen Sprachgebrauch vielschichtig Verwendung findet, teilweise auch in touristischer oder künstlerischer Kontextualisierung.

Rechtliche Würdigung durch das Amtsgericht München

Meinungsfreiheit versus Persönlichkeitsrecht

Die Entscheidung des Amtsgerichts München stützt sich im Kern auf die Abwägung zwischen Meinungsäußerungsfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 GG und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Eigentümers. Das Gericht folgte der Auffassung, dass die Bezeichnung eines architektonisch und historisch bedeutsamen Bauwerks als „Lost Place” auf der Wahrnehmung des äußeren Zustandes basiert und daher dem Recht auf freie Meinungsäußerung zuzurechnen ist.

Der Anspruch auf Unterlassung konnte vor diesem Hintergrund nicht begründet werden, da nicht erkennbar war, dass durch die Formulierung ein unwahrer, ehrenrühriger oder gezielt abwertender Sachverhalt behauptet wurde. Das Gericht ging vielmehr davon aus, dass die Öffentlichkeit zur eigenen Einschätzung befähigt sei, insbesondere wenn im Rahmen einer Gesamtdarstellung auch auf den tatsächlichen Zustand und die geschichtliche Bedeutung des Ortes hingewiesen wird.

Begriffsklärung im Kontext der Berichterstattung

In der kritisierten Darstellung wurde auf die Geschichte und den aktuellen Zustand der Burg eingegangen, wobei eine umfassende Einordnung stattfand. Auch unter Berücksichtigung denkmalrechtlicher Aspekte bestand für das Gericht kein Anlass, von einer verzerrenden oder irreführenden Berichterstattung auszugehen. Vielmehr wurde argumentiert, dass der Begriff „Lost Place” im hier verstandenen Kontext nicht als Synonym für Verwahrlosung oder enteignete Kulturgüter zu interpretieren ist. Eine unzulässige Zuschreibung von Verantwortungslosigkeit oder Nachlässigkeit seitens des Eigentümers konnte nicht festgestellt werden.

Abgrenzung zu abmahnfähigen Aussagen

Abwägungsmaßstab bei Schutzrechten

Im Anwendungsbereich von Unterlassungsansprüchen prüft die Rechtsprechung stets die berechtigten Interessen der Parteien. Voraussetzung für eine mögliche Abmahnung ist das Vorliegen einer Rechtsverletzung, insbesondere im Bereich des Unternehmenspersönlichkeitsrechts oder bei formal falscher Tatsachenberichterstattung. Im vorliegenden Fall lag eine solche Verletzung nicht vor, da sich die Kritik lediglich auf die Verwendung eines – aus Sicht des Eigentümers unbequemen, aber nicht unwahren oder ehrenrührigen – Begriffs beschränkte.

Bedeutung für Eigentümer und Berichterstattende

Die Entscheidung verdeutlicht, dass das Sprachregime im Umgang mit sichtbarem baulichen Verfall von Kulturgütern weite Begriffe und Formulierungsfreiheiten kennt. Die Verwendung von Bezeichnungen wie „Lost Place” ist solange kein abmahnfähiges Verhalten, wie sie im tatsächlichen Kontext nachvollziehbar und nicht bewusst diskreditierend eingesetzt werden.

Fazit und Ausblick

Das Urteil des Amtsgerichts München trägt zur Klarstellung bei, dass wertende Begriffe wie „Lost Place” im Rahmen sachlichen Meinungsaustausches zulässig sind, sofern sie sich auf äußerlich erkennbare Gegebenheiten stützen und nicht gezielt ehrenrührig oder irreführend eingesetzt werden. Diese gewichtige Abwägung ist vor allem im Kontext des gewerblichen Rechtsschutzes sowie der Unternehmens- und Persönlichkeitsrechte zu beachten. Soweit Unsicherheiten in Bezug auf zulässige Formulierungen oder das Vorgehen gegen möglicherweise rufschädigende Aussagen bestehen, empfiehlt sich eine eingehende Prüfung der rechtlichen Gegebenheiten. Für weitergehende Fragestellungen zur Thematik unterstützt MTR Legal Rechtsanwälte gern im Bereich der Rechtsberatung im Urheberrecht.

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