Garantieansprüche: Wann Käuferschutz bei Verkäufervereinbarungen entfällt

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Anspruch auf erweiterte Garantie – Schutzwürdigkeit des Käufers bei ungewöhnlichen Vertragsklauseln

Das Oberlandesgericht (OLG) Zweibrücken hat in seinem Urteil vom 19. Juni 2024 (Az.: 8 U 175/22) grundlegende Maßstäbe hinsichtlich der Erwerberposition bei Garantiezusagen gesetzt. Ausgangspunkt des Verfahrens war die Frage, inwieweit ein Käufer Schutz beanspruchen kann, wenn er von einem vermeintlichen Vertragspartner Gewährleistungs- und Garantieansprüche zugesichert erhält, die weit über marktübliche Regelungen hinausgehen. Die Entscheidung leistet einen wesentlichen Beitrag zur rechtlichen Einordnung von besonderen Haftungserweiterungen im Kaufrecht, insbesondere im Kontext des Abstraktionsprinzips und der Zurechnung von Vertragserklärungen.

Hintergrund und Sachverhalt

Im konkreten Fall erwarb die Käuferseite einen Pkw, wobei sich der tatsächliche wirtschaftliche Berechtigte und der Vertragspartner im Rahmen des Erwerbsvorgangs nicht deckten. Die Verkäuferseite – nämlich der tatsächliche Fahrzeugeigentümer – hatte die Verkaufsverhandlungen und Garantieabreden nicht aktiv geführt. Stattdessen wurden dem Käufer, vermittelt durch einen Dritten, besonders vorteilhafte Garantie- und Haftungszusagen eingeräumt, die üblicherweise weder in diesem Umfang noch zu diesen Bedingungen gewährt werden. Strittig war insbesondere, ob und inwieweit die realisierte Garantiezusage dem Käufer gegenüber wirksam und durchsetzbar ist, wenn sie weder dem objektiven Willen der tatsächlichen Verkäuferin entspricht noch im Rahmen des rechtlich Zulässigen liegt.

Rechtliche Würdigung durch das OLG Zweibrücken

Abstraktionsprinzip und Rechtsscheinhaftung

Das OLG Zweibrücken stellte ausdrücklich klar, dass das Prinzip der Rechtsscheinshaftung nicht dazu führen kann, dass ein Käufer pauschal schutzwürdig wird, wenn ihm durch einen Nichtberechtigten oder einen Vertreter ohne Vertretungsmacht deutlich über das gesetzliche Niveau hinausgehende Rechte zugesichert werden. Das Gericht betont, dass eine Schutzbedürftigkeit des Erwerbers dort ihre Grenze findet, wo erkennbar ungewöhnlich weitreichende und für ihn vorteilhafte Vertragsbedingungen vereinbart werden, die bei objektiver Betrachtung weit über den Marktstandard hinausgehen.

Redliche Vertragserwartung und Zumutbarkeit

Ein maßgeblicher Gesichtspunkt des Urteils lag auf der Frage, inwieweit der Käufer darauf vertrauen durfte, von der tatsächlichen Verkäuferin eine derartig weitreichende Garantie zu erhalten. Das Gericht führte aus, dass dort, wo Verträge mit – aus objektiver Sicht – übermäßigen Käufervorteilen abgeschlossen werden, die Schutzwürdigkeit des Erwerbers eingeschränkt ist. Käufer sind verpflichtet, etwaige Evidenzen für eine fehlende Berechtigung oder ungewöhnliche Vertragsformulierungen kritisch zu hinterfragen. Ein blindes Vertrauen auf für den Käufer besonders günstige Konditionen kann nicht dazu führen, dass der tatsächlichen Eigentümerin diese Garantiezusagen zugerechnet werden.

Ausschluss einer Zurechnung für übermäßige Haftungsübernahmen

Die Entscheidung des OLG untermauert, dass eine Zurechnung nur dann erfolgt, wenn der Rechtsschein darauf schließen lässt, dass die Erklärung vom Berechtigten stammt und die Umstände keine erheblichen Zweifel an der Wirksamkeit aufkommen lassen. Ein Käufer, der sich außergewöhnlich vorteilhafte Bedingungen „aushändigen“ lässt, handelt nach Ansicht des Gerichts nicht redlich, sobald dies ersichtlich außerhalb des Üblichen liegt. Damit trägt der Erwerber das Risiko, dass eine aus Sicht der Parteien ungewöhnliche Garantievereinbarung mangels Zurechnung nicht wirksam zustande kommt.

Implikationen für den Rechtsverkehr

Bedeutung für Unternehmen und Private

Die Entscheidung konkretisiert die Pflichten von Erwerbern, insbesondere im Handelsverkehr, bei der Entgegennahme von Vertragsangeboten mit erheblich vorteilhaften Garantiebedingungen. Investoren, Handelsunternehmen und Privatpersonen sollten demnach wachsam bleiben, wenn ihnen von einer scheinbaren Verkäuferseite Zusagen gewährt werden, die den Marktstandard deutlich überschreiten. Durch das Urteil wird bestätigt, dass im unternehmerischen Verkehr nicht jede gutgläubige Annahme von Zugeständnissen geschützt ist – zumal der Rechtsverkehr auf Transparenz und Redlichkeit angewiesen ist.

Prävention von Missbrauch und Stärkung der Vertragssicherheit

Das Urteil trägt außerdem dazu bei, den Missbrauch von Vertretungsmacht und treuwidrigen Gestaltungen zu verhindern. Den Parteien wird verdeutlicht, dass der Erwerb außergewöhnlicher Rechte stets unter dem Vorbehalt steht, dass die zugrundeliegenden Erklärungen dem Berechtigten auch tatsächlich zurechenbar sind. Eine bloße Berufung auf schutzwürdiges Vertrauen reicht jedenfalls bei klaren „Vorteilsüberhängen“ nicht aus, um Haftungsfolgen für die tatsächliche Verkäuferseite zu begründen.

Fazit und Ausblick

Die OLG-Entscheidung unterstreicht die Grundprinzipien des Zivilrechts und konkretisiert die Anforderungen an Vertragsparteien, insbesondere wenn es um Erweiterungen von Gewährleistungs- und Garantiepflichten geht. Käufer können sich grundsätzlich nicht auf einen gesteigerten Schutz berufen, wenn sie von einem scheinbaren Vertragspartner deutlich vorteilhaftere Garantien erhalten als üblich. Dies erhöht die Anforderungen an Prüfung und Sorgfalt auf Seiten der Vertragspartner und stärkt die Rechtssicherheit im Marktumfeld.

Quelle: Urteil des OLG Zweibrücken, Az.: 8 U 175/22, Stand: 21.07.2025, laufende Verfahren, Unschuldsvermutung gilt. Weitere Informationen unter urteile.news.

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