Faxübermittlung im anwaltlichen Schriftverkehr: Wegfall der Fristwahrung bei gerichtlichen Einreichungen
Die technologische Entwicklung im Bereich der elektronischen Kommunikation wirkt sich zunehmend auch auf den rechtsberatenden Beruf aus. Gerade die Übermittlung von Schriftsätzen an Gerichte unterliegt streng definierten Regeln, aus denen sich wesentliche Konsequenzen für die Wahrung von Fristen ergeben können. Mit der stetigen Digitalisierung des Rechtsverkehrs rückt dabei das Fax als überholte Technologie weiter in den Hintergrund. Ein aktueller Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (OLG Frankfurt, Beschluss vom 14.07.2022, Az. 26 W 42/22) hat diese Entwicklung in einem praxisrelevanten Kontext aufgegriffen und eine klare Stellungnahme zur Fristwahrung im Zuge der anwaltlichen Faxübermittlung abgegeben.
Rechtlicher Hintergrund: Anforderungen an die Fristwahrung im Zivilprozess
Entwicklung von Kommunikationswegen
Das Zivilprozessrecht sieht für zahlreiche verfahrensleitende Handlungen strenge Fristen vor. Die formgerechte und fristgerechte Einreichung von Schriftsätzen beim Gericht kann entscheidend für den Verfahrensausgang sein. Während das Faxgerät jahrzehntelang als anerkanntes Mittel zur Übermittlung von Anwaltsschreiben gedient hat, setzt die aktuelle Rechtslage bei der Kommunikation mit den Gerichten den Schwerpunkt zunehmend auf elektronische Übermittlungen.
Gesetzgeberische Zielsetzung
Im Zuge der Einführung des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs (beA) und der seit Januar 2022 geltenden aktiven Nutzungspflicht für Rechtsanwälte (§ 130d ZPO, § 32a BRAO) ist das Fax als Form der Einreichung faktisch weitgehend obsolet geworden. Die gesetzlichen Änderungen dienen vor allem der Sicherstellung einer schnelleren und manipulationssicheren Kommunikation zwischen Anwalt und Gericht.
Aktuelle Entscheidung des OLG Frankfurt: Keine Fristwahrung mehr per Fax
Das OLG Frankfurt hatte sich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob die Übermittlung eines Schriftsatzes per Telefax weiterhin eine fristwahrende Wirkung entfalten kann, insbesondere dann, wenn für Anwälte die Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs verpflichtend ist. Im zugrunde liegenden Fall fehlte aus Sicht des Gerichts ein unverschuldetes technisches Hindernis, das eine Ausnahme von der Nutzungspflicht des beA hätte rechtfertigen können.
Inhalt der Entscheidung
Das Gericht stellte klar, dass die aktive Nutzungspflicht des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs (beA) die Übermittlung per Fax nicht mehr zulässt, soweit keine gesetzlichen Ausnahmen – insbesondere nachgewiesene Störungen oder technische Defekte – vorliegen. Ein Schriftsatz, der unter Missachtung der elektronischen Übermittlungspflicht per Fax eingereicht wird, wahrt somit weder die gesetzliche Form noch die Frist.
Die Entscheidung ist eingebettet in eine Linie höchstrichterlicher Rechtsprechung, welche die Bedeutung der elektronischen Einreichung in den Mittelpunkt rückt. Gleichzeitig wird betont, dass technische Störungen, die eine Übermittlung per beA unmöglich machen, sorgfältig zu dokumentieren sind. Nur in solchen Ausnahmefällen können weiterhin alternative Übermittlungswege, etwa per Fax oder zur Niederschrift bei der Geschäftsstelle, anerkannt werden.
Auswirkungen für die anwaltliche Praxis und Unternehmen
Erhöhte Anforderungen an die Organisation des elektronischen Rechtsverkehrs
Rechtsanwälte müssen geeignete organisatorische Vorkehrungen treffen, um einen zuverlässigen Zugang zum beA zu gewährleisten. Die sorgfältige Überwachung von Fristen und der technische Zugang zum elektronischen Postfach gewinnen damit noch größere Relevanz. Verzögerungen oder Fehler beim Versand, beispielsweise durch Bedienungsfehler oder Versäumnisse bei der technischen Wartung, können gravierende Rechtsschutznachteile nach sich ziehen.
Bedeutung für Unternehmen und Investoren
Insbesondere für Unternehmen und Investoren, die häufig in komplexe, fristgebundene Rechtsstreitigkeiten involviert sind, sollte das Augenmerk auf einer lückenlosen elektronischen Kommunikation mit anwaltlicher Vertretung liegen. Auch die interne Kontrolle und Koordination mit Mandatsträgern gewinnt vor diesem Hintergrund erheblich an Bedeutung.
Technische Ausfälle im beA: Anforderungen an die Glaubhaftmachung
Die Entscheidung des OLG Frankfurt weist nochmals ausdrücklich darauf hin, dass ein Ausweichen auf andere Übermittlungsformen, wie das Fax, ausschließlich dann in Betracht kommt, wenn technische Störungen den Zugang zum beA objektiv unmöglich machen. Auch hier ist der Rechtsanwalt gehalten, den Vorfall nachvollziehbar zu dokumentieren und zu belegen, dass alle zumutbaren Versuche der Übermittlung per beA ausgeschöpft wurden.
Im Streitfall ist zu erwarten, dass Gerichte hohe Anforderungen an die Darlegung und Substantiierung solcher Umstände stellen werden. Die bloße Behauptung einer technischen Störung reicht regelmäßig nicht aus.
Bedeutung der Entscheidung im Gesamtkontext des elektronischen Rechtsverkehrs
Der konsequente Ausschluss der Fristwahrung durch Faxübermittlung stellt einen weiteren Meilenstein im Modernisierungsprozess der rechtlichen Kommunikation dar. Die Entscheidung stärkt die Effizienz und Verlässlichkeit des Rechtsverkehrs, führt aber ebenso zu erhöhten Anforderungen an die Sorgfalt aller Beteiligten. Zukünftig ist davon auszugehen, dass Gerichte Ausnahmen von der elektronischen Einreichung restriktiv handhaben werden.
Für offene Fragen rund um die elektronische Kommunikation mit Gerichten, Fristenmanagement und die rechtssichere Einreichung von Schriftsätzen bietet MTR Legal Rechtsanwälte mit ihrem Team umfassende Unterstützung für Unternehmen, Investoren und private Mandanten.