EuGH stuft wesentliche Bestimmungen der EU-Mindestlohnrichtlinie als unwirksam ein

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Mit Urteil vom 12. November 2025 hat der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) zentrale Vorschriften der EU-Richtlinie zum Mindestlohn für unwirksam erklärt. Maßgeblich betrifft die Entscheidung grundlegende Regelungen hinsichtlich der Definition und Umsetzung von Mindestlöhnen in den Mitgliedstaaten. Die Entscheidung des EuGH erfolgte nach Vorlage des Bundesverfassungsgerichts im Rahmen eines konkreten Normenkontrollverfahrens und hat unmittelbare Wirkung auf die Geltung einzelner Normen der Mindestlohnrichtlinie.

Hintergrund des Verfahrens

Die Europäische Union hatte im Oktober 2022 die Richtlinie (EU) 2022/2041 zur Förderung angemessener Mindestlöhne beschlossen. Ziel war eine europaweite Harmonisierung und Sicherung von Mindeststandards im Arbeitsleben. Nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts war jedoch zu prüfen, ob bestimmte Vorgaben der Richtlinie, insbesondere hinsichtlich der verbindlichen Mindestrechte, die Kompetenzordnung der Europäischen Union wahren.

Im Kern drehte sich die Vorlage um die Frage, inwieweit die Europäische Union befugt ist, verbindliche Vorgaben für die nationale Ausgestaltung von Mindestlöhnen zu machen und Mindeststandards der Lohnfindung auch in solchen Mitgliedstaaten einzufordern, in denen Systeme der Tarifautonomie bestehen.

Zentrale rechtliche Fragestellungen

Kompetenz der Europäischen Union

Zentrale Streitfrage war die Vereinbarkeit der Mindestlohnrichtlinie mit Artikel 153 Absatz 5 AEUV. Nach dieser Vorschrift bleibt es den Mitgliedstaaten vorbehalten, die Entgelthöhe selbst festzulegen und die Tarifautonomie zu schützen. Der EuGH hat nun entschieden, dass die Kompetenz der Union nicht dahin geht, in die nationale Lohnfindung einzugreifen, sofern es um die Festlegung von Mindestentgelten oder deren Modalitäten geht.

Auswirkungen auf nationale Regelungen

Mit der Entscheidung des EuGH gelten zentrale Bestimmungen der Mindestlohnrichtlinie als unwirksam, soweit sie unmittelbar die nationale Lohnfindung regeln oder verbindliche Anforderungen an die Höhe oder Integrationsweise nationaler Mindestlöhne enthalten. Dies betrifft insbesondere Art. 4 (Förderung kollektiver Mindestlöhne) und Art. 5 der Richtlinie, soweit hier konkrete Schwellenwerte oder Vorgaben für die Ausgestaltung nationaler Mindestlohnsysteme gefordert wurden.

Nicht beanstandet wurden hingegen Regelungen, die lediglich die Förderung sozialpartnerschaftlicher Dialoge und die Ermöglichung der Tarifautonomie anregen, ohne jedoch in diese einzugreifen.

Praktische Relevanz für Wirtschaft und Arbeitsbeziehungen

Das Urteil stellt klar, dass die Mitgliedstaaten der Europäischen Union weiterhin bei der Gestaltung nationaler Mindestlohnregelungen über weitreichende Autonomie verfügen und keiner europäischen Mindestlohndogmatik unterliegen. Zugleich bleibt es Ursachse der nationalen Gesetzgebung, Schutzstandards für Arbeitnehmer zu wahren und das Verhältnis von gesetzlichem Mindestlohn und Tarifautonomie zu bestimmen.

Zwar entfällt mit der gerichtlichen Nichtigerklärung einzelner Richtlinienbestimmungen die Bindungswirkung dieser Teile für die nationale Rechtsetzung. Gleichwohl müssen Unternehmen fortbestehende nationale Vorgaben und bestehende europäische Grundfreiheiten im Blick behalten.

Fortdauer der Rechtsentwicklung

Es ist zu beachten, dass die Auswirkungen des Urteils von Seiten der Union, der Mitgliedstaaten und der nationalen Gerichte noch im weiteren Verlauf ausgestaltet und präzisiert werden. Das Urteil des EuGH betrifft ausschließlich die in der Entscheidungsformel genannten Bestimmungen und hat keine unmittelbare Rückwirkung auf bereits umgesetztes nationales Recht, sofern dieses nicht unmittelbar auf den beanstandeten Richtlinienvorgaben basiert. Die weitere rechtliche Entwicklung bleibt abzuwarten und ist eng zu beobachten.

Hinweis zum Verfahren

Das Verfahren wurde auf Vorlage des Bundesverfassungsgerichts geführt. Im Rahmen laufender Gerichtsverfahren gilt die Unschuldsvermutung sowie das Gebot sachlicher Berichterstattung. Die vollständige Entscheidung finden Sie unter: EuGH, Urteil vom 12.11.2025, C-1923/23.

Ausblick

Unternehmen und Beschäftigte sehen sich angesichts der aktuellen Entscheidung vor neue Herausforderungen und Fragestellungen im Zusammenhang mit Mindestlohnregelungen. Wer sich vertieft mit den arbeitsrechtlichen Implikationen auseinandersetzen möchte oder rechtliche Unsicherheiten im Hinblick auf die weitere Entwicklung hat, kann weiterführende Informationen sowie Unterstützung auf der Seite von MTR Legal unter Rechtsberatung im Arbeitsrecht finden.

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