Erteilung eines Europäischen Nachlasszeugnisses: Alles über das EU Nachlasszeugnis

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Einführung in das Erbrecht

Das Erbrecht bildet die rechtliche Grundlage für die Verteilung des Vermögens einer verstorbenen Person und regelt, wer als Erbe in Betracht kommt und wie der Nachlass aufgeteilt wird. In Deutschland ist das Erbrecht umfassend im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt. Es legt fest, wie die Erbfolge abläuft, welche Rechte und Pflichten die Erben haben und wie Testamente oder Erbverträge gestaltet werden können.

Ein zentrales Element im Erbrecht ist die Feststellung des gewöhnlichen Aufenthalts des Verstorbenen. Dieser Aspekt ist entscheidend für die Zuständigkeit des Nachlassgerichts und die Anwendung des jeweiligen nationalen Rechts. Gerade bei internationalen Erbfällen, in denen der Erblasser Vermögen in mehreren Ländern hinterlässt oder seinen Lebensmittelpunkt im Ausland hatte, kommt der EU-Erbrechtsverordnung (Verordnung EU Nr. 650/2012) besondere Bedeutung zu.

Im Rahmen dieser Verordnung wurde das Europäische Nachlasszeugnis (ENZ) eingeführt. Das ENZ ermöglicht es Erben, ihre Rechtsstellung und ihre Ansprüche am Nachlass auch in anderen EU-Mitgliedstaaten unkompliziert nachzuweisen. Damit wird die grenzüberschreitende Abwicklung von Erbfällen erheblich erleichtert und die Rechte der Erben im europäischen Raum gestärkt. Die Regelung sorgt dafür, dass die Erben eines Verstorbenen in Deutschland und anderen EU-Ländern gleichermaßen ihre Ansprüche geltend machen können, ohne aufwändige nationale Verfahren durchlaufen zu müssen.

Rechtliche Grundlagen

Die rechtlichen Grundlagen für das Erbrecht in Deutschland finden sich im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) sowie in der EU-Erbrechtsverordnung. Die Verordnung (EU) Nr. 650/2012 regelt seit dem 17. August 2015 die Zuständigkeit der Gerichte, das anwendbare Recht und die Anerkennung von Entscheidungen in Erbsachen mit grenzüberschreitendem Bezug innerhalb der EU. Sie gilt in nahezu allen EU-Mitgliedstaaten, mit Ausnahme von Dänemark und Irland, und sorgt für eine einheitliche Regelung bei internationalen Erbfällen.

In Deutschland spielen die Gerichte, insbesondere das Oberlandesgericht (OLG) Saarbrücken, eine zentrale Rolle bei der Klärung von Fragen rund um das Erbrecht und die Zuständigkeit in Erbsachen. Das Saarländische Oberlandesgericht mit Sitz in Saarbrücken ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit im Saarland und entscheidet in vielen Fällen über die Anwendung der EU-Verordnung und die Auslegung des deutschen Erbrechts.

Durch die enge Verzahnung von nationalem Recht und europäischer Verordnung wird sichergestellt, dass Erben ihre Rechte sowohl in Deutschland als auch in anderen EU-Staaten effektiv durchsetzen können. Das OLG Saarbrücken trägt mit seinen Urteilen maßgeblich zur Rechtsklarheit und zur einheitlichen Anwendung der Verordnung bei und ist damit ein wichtiger Akteur im Bereich des internationalen Erbrechts.

OLG Saarbrücken: Einwendungen müssen substantiiert sein

Bei grenzüberschreitenden Erbfällen müssen regelmäßig verschiedene Fragen geklärt werden. So muss festgestellt werden, welches nationale Erbrecht anzuwenden ist und welches Gericht zuständig ist. Für die Erben kommt es zudem darauf an, ihre Erbenstellung auch im Ausland nachweisen zu können. Die Europäische Erbrechtsverordnung (EuErbVO) sieht hierfür das Europäische Nachlasszeugnis vor. Das OLG Saarbrücken hat mit Beschluss vom 29. Januar 2025 (Az. 5 W 50/24) die Reichweite dieses Instruments präzisiert und die Anforderungen an Einwendungen Dritter im Ausstellungsverfahren klargestellt. Im Rahmen des Oberlandesgerichts Saarbrücken werden die Zuständigkeiten des Senats und der Richter deutlich, wobei das Gericht als höhere Instanz über die Rechtmäßigkeit der Anträge entscheidet und die Urteile maßgeblich für das weitere Verfahren sind.

Ähnlich wie der Erbschein in Deutschland dient das Europäische Nachlasszeugnis dazu, die Erbenstellung gegenüber Behörden und Dritten nachzuweisen. Dabei gilt das Europäische Nachlasszeugnis als starkes Beweismittel, das mit Ausnahme von Dänemark und Irland in allen Mitgliedsstaaten der EU anerkannt wird. Im Rahmen der Antragstellung sind verschiedene Unterlagen erforderlich, darunter die Vorlage von Urkunden, die Beurkundung beim Notariat, sowie beglaubigte Kopien, ein gültiger Personalausweis oder Reisepass. Die berechtigten Personen, insbesondere Miterben, müssen im Antrag genaue Angaben machen und eine eidesstattliche Versicherung abgeben; zudem ist die Vorlage von Sterbeurkunden, Geburtsurkunden und Grundbuchauszügen notwendig. Für die Ausstellung des Nachlasszeugnisses fallen Gebühren an, die Einreichung der Unterlagen muss vollständig erfolgen und die richtigen Teilbereiche im Formular sind zu beachten. Die Antragstellung kann auch über eine spezielle Seite erfolgen, wobei das Nachlassgericht umfassende Informationen zu den erforderlichen Schritten bereitstellt. Jeder Einzelfall wird individuell geprüft, wobei das Landgericht als nachgeordnete Instanz agiert und die Urteile des Oberlandesgerichts Saarbrücken eine zentrale Rolle spielen. Die Beurkundung, die Vorlage der Urkunden und die Einreichung der Unterlagen erfolgen beim Notariat oder Nachlassgericht. In bestimmten Fällen sind auch Strafverfahren im Zusammenhang mit Nachlassangelegenheiten möglich, wobei das Oberlandesgericht Saarbrücken für die Überprüfung und Entscheidung zuständig ist. Wird aber ein Einwand gegen die Ausstellung erhoben, kann das Nachlassgericht das Dokument nicht erteilen und die Entscheidung liegt dann beim zuständigen Oberlandesgericht, so die Wirtschaftskanzlei MTR Legal Rechtsanwälte , die u.a. im Erbrecht berät.

Deutscher Erblasser mit Wohnsitz in Frankreich

In dem zugrunde liegenden Fall vor dem OLG Saarbrücken war der Erblasser deutscher Staatsbürger, lebte zuletzt aber überwiegend in Frankreich und hatte dort auch einen Wohnsitz und Grundbesitz. Er hatte drei Kinder aus einer geschiedenen Ehe. Da der Erblasser kein Testament erstellt hatte, beantragten zwei Kinder ein europäisches Nachlasszeugnis, das sie aufgrund der gesetzlichen Erbfolge als Erben ausweist. Im Rahmen der Antragstellung für das europäische Nachlasszeugnis sind verschiedene Unterlagen wie Sterbeurkunde, Geburtsurkunde, Personalausweis oder Reisepass, Grundbuchauszug und weitere Urkunden zur Vorlage erforderlich. Die Vorlage von beglaubigten Kopien und die Beurkundung der Angaben durch ein Notariat oder Nachlassgericht können notwendig sein, um die Richtigkeit der Angaben zu bestätigen. Besonders wichtig ist die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung, die Angaben zu den berechtigten Miterben sowie die Einzelfallprüfung durch das Gericht, um die Erbenstellung der Antragsteller zu klären. Für die Antragstellung, die Einreichung der Unterlagen und die Nutzung der offiziellen Seite für Informationen und Formulare fallen Gebühren an. Die Einreichung der Unterlagen muss in bestimmten Teilen des Formulars erfolgen, wobei die Vorlage von Sterbeurkunden und anderen Urkunden auch in verschiedenen Sprachen möglich ist. Das dritte Kind hatte allerdings Bedenken, da sich noch eine Frau gemeldet und angegeben hat, die Mutter eines weiteren Kindes des Erblassers zu sein. Das zuständige Nachlassgericht lehnte daher den Antrag ab und verwies darauf, dass die Erbenstellung der Antragsteller nicht hinreichend geklärt sei.

Gegen diese Entscheidung legten die Kinder Beschwerde ein und hatten damit Erfolg. Das OLG Saarbrücken hob den ablehnenden Beschluss des Amtsgerichts auf und wies dieses an, das Europäische Nachlasszeugnis zu erteilen. Die Einwendung des Beteiligten sei nicht tragfähig gewesen, da sie auf bloßen Hörensagen beruhe und keinerlei substantielle Belege enthielt, so das OLG.

Gewöhnlicher Aufenthalt entscheidend

Zunächst stellte das OLG Saarbrücken fest, dass deutsche Gerichte zuständig seien. Bei grenzüberschreitenden Erbfällen sei gemäß der Europäischen Erbrechtsverordnung der „gewöhnliche Aufenthalt“ des Erblassers im Zeitpunkt seines Todes das maßgebliche Kriterium für die Zuständigkeit. Der „gewöhnliche Aufenthalt“ werde durch eine Gesamtbetrachtung der Lebensumstände wie u.a. Aufenthaltsdauer, familiäre und soziale Bindungen, wirtschaftliche Aktivitäten, Sprachkenntnisse und Integration bestimmt. Für die Bestimmung des gewöhnlichen Aufenthalts sind insbesondere die Dauer des Aufenthalts, die sozialen Bindungen der beteiligten Personen sowie das Gebiet, in dem sich der Lebensmittelpunkt befindet, entscheidend. Zudem sind die landesspezifischen Bestimmungen, die Möglichkeit der Wahl des anwendbaren Erbrechts und die Regelungen der EU-Verordnung zu beachten, da sie die rechtlichen Konsequenzen für den Erbfall und die Nachlassabwicklung bestimmen. Im vorliegenden Fall hatte der Erblasser zwar einen Wohnsitz in Frankreich, seine Einkünfte erzielte er jedoch überwiegend in Deutschland und war hier auch steuerlich veranlagt. Zudem sei er in Deutschland sozial, familiär und sprachlich eingebunden gewesen, während seine Kontakte in Frankreich ohne tragfähige Bindungen geblieben seien. Somit fehle trotz des Wohnsitzes ein starker Bezug zu Frankreich und der tatsächliche Lebensmittelpunkt habe in Deutschland gelegen, so das OLG. Damit seien auch deutsche Gerichte international zuständig.

Kernpunkt der Verhandlung war dann, ob ein europäisches Nachlasszeugnis erteilt werden kann, auch wenn es möglicherweise noch einen weiteren Erben gibt. Das Amtsgericht hatte den Antrag aufgrund dieser Einwendung abgelehnt.

Nicht jede Einwendung verhindert Ausstellung des Europäischen Nachlasszeugnisses

Das OLG Saarbrücken teilte diese Sicht jedoch nicht. Es betonte, dass nicht jede Einwendung automatisch die Ausstellung des Europäischen Nachlasszeugnisses verhindere. Maßgeblich sei, ob die Einwendungen substantiell und geeignet sind, die Erbenstellung ernsthaft in Frage zu stellen. Reine Behauptungen oder Gerüchte genügten nicht. Im konkreten Fall war die telefonische Aussage einer unbekannten Frau völlig unbelegt. Weder ein amtlicher Nachweis noch sonstige Indizien wurden vorgelegt. Damit bestehe kein Grund, die Antragsteller nicht als Erben auszuweisen. Das Europäische Nachlasszeugnis sei daher auszustellen, entschied das OLG.

Das Europäische Nachlasszeugnis dient dazu, die Erbenstellung bei grenzüberschreitenden Sachverhalten im EU-Ausland unkompliziert nachweisen zu können. Das kann z.B. bei der Umschreibung von Immobilien oder der Geltendmachung von Bankguthaben wichtig sein.

Das OLG Saarbrücken hat deutlich gemacht, dass Einwendungen gegen die Ausstellung eines Europäischen Nachlasszeugnisses  zwar zu berücksichtigen sind. Beachtlich sind sie allerdings nur, wenn sie substantiiert sind und ernsthafte Zweifel begründen.

MTR Legal Rechtsanwälte berät umfassend in Fragen des Erbrechts und internationalen Erbrechts.

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