Eingeschränkte gerichtliche Kontrolle der Beweiswürdigung im Schiedsverfahren

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Eingeschränkte gerichtliche Kontrolle der Beweiswürdigung durch Schiedsgerichte

Die Frage nach der gerichtlichen Überprüfbarkeit von Schiedssprüchen, insbesondere hinsichtlich der durch das Schiedsgericht vorgenommenen Würdigung von Beweisen, ist von großer praktischer Bedeutung für Parteien, die ein Schiedsverfahren wählen. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat in seinem Beschluss vom 10. November 2020 (Az. 26 Sch 14/20) wesentliche Grundsätze herausgearbeitet, die im Kontext der Kontrolle schiedsgerichtlicher Entscheidungen durch staatliche Gerichte zu beachten sind.

Rechtsrahmen der Schiedsgerichtsbarkeit in Deutschland

Schiedsgerichte bieten Parteien privatrechtlicher Streitigkeiten die Möglichkeit, abseits der ordentlichen Gerichtsbarkeit rechtlich bindende Entscheidungen herbeizuführen. Das Gesetz sieht jedoch Einschränkungen hinsichtlich einer nachträglichen Kontrolle schiedsgerichtlicher Entscheidungen vor. Dies dient der Wahrung der Autonomie der Parteien und der Effizienz der Schiedsgerichtsbarkeit.

Das deutsche Schiedsverfahrensrecht, das sich insbesondere im 10. Buch der Zivilprozessordnung (ZPO) niederschlägt, legt fest, dass der staatliche Rechtsschutz gegen Schiedssprüche – etwa durch die Aufhebungsanträge nach § 1059 ZPO – auf bestimmte, eng umrissene Tatbestände beschränkt ist. Dazu zählen beispielsweise Verfahrensverstöße, die Versagung rechtlichen Gehörs oder die Überschreitung der Schiedsabrede, jedoch grundsätzlich nicht die sachliche Richtigkeit oder die Art und Weise der Beweiswürdigung.

OLG Frankfurt am Main: Kriterien der gerichtlichen Überprüfung

Das OLG Frankfurt am Main betonte in der genannten Entscheidung, dass eine staatliche Kontrolle der Beweiswürdigung durch das Schiedsgericht grundsätzlich ausgeschlossen ist. Das Gericht ist insbesondere nicht berechtigt, eine eigene Würdigung der tatsächlichen Feststellungen oder der vorgetragenen Beweise vorzunehmen. Die Überzeugungsbildung des Schiedsgerichts unterliegt – mit wenigen Ausnahmen – der verfahrensrechtlichen Autonomie und bleibt daher der nachträglichen Kontrolle im Aufhebungsverfahren entzogen.

Grenzen der Überprüfbarkeit

Für eine erfolgreiche Anfechtung eines Schiedsspruchs im Hinblick auf die Beweiswürdigung muss nachgewiesen werden, dass ein erheblicher Verstoß gegen das rechtliche Gehör oder grundlegende Verfahrensgrundsätze vorliegt. Dies wäre beispielsweise der Fall, wenn das Schiedsgericht Beweisanträge übergeht, dem Vorbringen einer Partei keine Berücksichtigung schenkt oder das Verfahren in einer Weise führt, dass die Parteien nicht ausreichend die Möglichkeit zur Stellungnahme und Beweisführung erhalten. Nicht ausreichend ist jedoch die bloße Behauptung, das Schiedsgericht habe den Sachverhalt unzutreffend gewürdigt oder Beweise anders gewichtet, als es ein staatliches Gericht getan hätte.

Abgrenzung zu Verfahrensverstöße

Das OLG Frankfurt stellt zudem klar, dass es Aufgabe des Schiedsgerichts ist, eine eigenständige und nachvollziehbare Würdigung des Sachverhalts vorzunehmen. Dies umfasst die freie Überzeugungsbildung auf Grundlage der durch das Schiedsverfahren eingeführten Beweise. Nur bei einer willkürlichen Missachtung wesentlicher Verfahrensvorschriften oder bei einer vollständigen Vereitelung des rechtlichen Gehörs ist eine gerichtliche Korrektur geboten. Bloße Fehler in der Beweiswürdigung oder eine als fehlerhaft bewertete Beweisaufnahme genügen hierfür nicht.

Bedeutung für die Praxis der Schiedsverfahren

Die zentrale Folge der Entscheidung ist die Stärkung der Endgültigkeit und Verbindlichkeit schiedsgerichtlicher Entscheidungen – ein Aspekt, der von Unternehmen und Investoren, die auf Schiedsgerichte setzen, häufig betont wird. Die Eingriffs- und Kontrollmöglichkeiten staatlicher Gerichte sind in Bezug auf die Beurteilung von Tatsachen und Beweisen sehr beschränkt. Insbesondere für Parteien mit umfangreichen und komplexen Sachverhalten bedeutet dies, dass die sorgfältige Auswahl von Schiedsrichtern mit besonderem Sachverstand und die durchdachte Verfahrensführung im Schiedsverfahren selbst von entscheidender Bedeutung sind.

Relevanz für Unternehmen, Investoren und vermögende Privatpersonen

Angesichts dieser Rechtsprechung kommt dem Grundsatz der Verfahrensautonomie besondere Bedeutung zu: Parteien sollten sich der eingeschränkten Überprüfbarkeit bewusst sein. Die Möglichkeit, nachträglich eine Korrektur auf staatlichem Wege zu erreichen, ist nur in Ausnahmefällen eröffnet. Die Gestaltung des Schiedsverfahrens, beginnend mit der Schiedsvereinbarung über die Auswahl der Schiedsrichter bis hin zur Verhandlungsführung, gewinnt dadurch an zusätzlicher Relevanz.

Fazit

Die Entscheidung des OLG Frankfurt am Main bestätigt den restriktiven Ansatz der deutschen Zivilgerichtsbarkeit im Umgang mit Schiedssprüchen, insbesondere hinsichtlich der Beweiswürdigung. Die staatlichen Gerichte greifen nur in eng begrenzten Ausnahmefällen ein und respektieren grundsätzlich die Autonomie der Schiedsgerichte in tatsächlichen und beweisrechtlichen Fragen.

Für Unternehmen und Investoren, die internationale oder nationale Schiedsverfahren als Streitbeilegungsmechanismus wählen, ist es daher ratsam, bereits zu einem frühen Zeitpunkt eine umfassende Prüfung und Vorbereitung des Schiedsverfahrens sicherzustellen. Wer bei der Durchführung oder Anfechtung eines Schiedsverfahrens rechtliche Unterstützung benötigt oder Fragen zu den Auswirkungen aktueller Rechtsprechung hat, kann sich für eine individuelle Prüfung der Umstände vertrauensvoll an die Rechtsanwälte der Kanzlei MTR Legal wenden.

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