Urteil des KG Berlin zu Sittenwidrigkeit wegen fehlender Sprachkenntnisse
Eheschließungen zwischen Partnern unterschiedlicher Staatsangehörigkeit sind keine Seltenheit. Auch in solchen Fällen kann das Paar einen Ehevertrag schließen. Fehlende Sprachkenntnisse eines Partners können zwar eine Barriere sein, sie führen aber nicht automatisch dazu, dass der Ehevertrag wegen Sittenwidrigkeit unwirksam ist. Das hat das Kammergericht Berlin mit Beschluss vom 19. Juli 2024 deutlich gemacht (Az.: 16 UF 39/22).
Ein Ehevertrag mag nicht romantisch sein. Er kann aber dafür sorgen, dass viele wichtige Aspekte, die im Fall einer Scheidung der Ehe für rechtliche Streitigkeiten zwischen den Partnern sorgen können, in harmonischen Zeiten verbindlich geregelt werden. Im Ehevertrag lassen sich bspw. Punkte wie Zugewinnausgleich, Unterhaltsansprüche oder auch Umgangsrechte klären.
Ehevertrag darf Partner nicht unangemessen benachteiligen
Das kann besonders dann wichtig sein, wenn ein Ehepartner deutlich vermögender ist als der andere. Durch einen Ehevertrag kann er sein Vermögen schützen; ohne individuelle Vereinbarungen gelten automatisch die gesetzlichen Regelungen. Ziel im Ehevertrag ist immer eine faire Verteilung, so dass beide Partner auch nach der Scheidung in stabilen wirtschaftlichen Verhältnissen leben können. Ein Ehevertrag darf daher keinen Partner unangemessen benachteiligen. Dann kann er sittenwidrig und nichtig sein, so die Wirtschaftskanzlei MTR Legal Rechtsanwälte , die u.a. im Familienrecht berät.
Es liegt aber nicht automatisch Sittenwidrigkeit vor, wenn der Ehevertrag in einer Sprache verfasst ist, die ein Ehepartner nicht oder nur wenig versteht. Das machte das Kammergericht Berlin deutlich.
Ehe zwischen Deutschen und Thailänderin
In dem zu Grunde liegenden Fall hatten ein Deutscher und eine Thailänderin geheiratet. Die Frau hatte in Thailand über ein durchschnittliches Einkommen verfügt und hatte einfache deutsche Sprachkenntnisse, so dass sie alltägliche einfache Sätze verstehen und anwenden konnte. Der Mann war Unternehmer. Die Frau zog mit ihrer Tochter aus erster Ehe nach Deutschland und das Paar heiratete. Anschließend arbeitete die Frau zeitweilig im Unternehmen ihres Ehemannes und belegte Deutschkurse. Nach der Geburt des gemeinsamen Sohnes, betreute die Frau die Kinder und kümmerte sich um den gemeinsamen Haushalt.
Einen Tag vor der Hochzeit hatte das Paar einen notariell beurkundeten Ehevertrag geschlossen. Darin hatten sie deutsches Recht gewählt und u.a. den Zugewinnausgleich, Versorgungsausgleich und nachehelichen Unterhalt ausgeschlossen. Für gemeinschaftliche Kinder wurde der Unterhaltsanspruch begrenzt. Zudem sollte der Mann eine Abfindung in Höhe von 250 Euro für jeden Monat ab dem 49. Monat der Eheschließung an die Frau zahlen. Weiter wurden Vereinbarungen getroffen, dass für den Fall einer Übersiedlung nach Thailand thailändisches Recht zur Anwendung kommen sollte. Auch dann sollten die Vereinbarungen aus dem Ehevertrag weitgehend beibehalten werden.
Ehevertrag sittenwidrig und ungültig?
Die Ehe scheiterte und nach der Scheidung kam es zum Streit darüber, ob der geschlossene Ehevertag sittenwidrig und damit ungültig sei. Die Frau behauptete, dass sie den Ehevertrag bei Abschluss inhaltlich nicht verstanden habe. Der Notar habe zwar eine Dolmetscherin hinzugezogen. Diese habe den Vertrag aber nur in die thailändische Amts- bzw. Standardsprache übersetzt, die zwar in gehobenen Kreisen nicht aber in ihrer thailändischen Heimatprovinz gesprochen werde. Die mündliche Übersetzung der Vereinbarung sei daher unzureichend gewesen. Diesen Umstand habe ihr geschiedener Mann ausgenutzt, um einen für ihn günstigen Vertragsabschluss zu erzielen. Sie werde durch den Ehevertag unangemessen benachteiligt, argumentierte die Frau.
Das KG Bericht bestätigte zunächst, dass es international zuständig sei. Dies folge daraus, dass auch die Scheidung von einem deutschen Gericht durchgeführt wurde. Das sei ausreichend, um die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte auch für Fragen des ehelichen Güterrechts zu begründen. Zudem sei richtigerweise deutsches Recht angewendet worden. Die Rechtswahl sei wirksam im Ehevertrag getroffen worden.
Ehevertag auf Basis deutschen Rechts wirksam
Auf Basis deutschen Rechts sei der Ehevertrag wirksam geschlossen worden. Der Notar habe eine Dolmetscherin hinzugezogen. Die Ausführungen der Frau, die Übersetzung nicht verstanden zu haben, seien nicht nachvollziehbar. Wenn sie den Verhandlungen tatsächlich nicht folgen konnte, sei es nicht nachvollziehbar, dass sie weder ihren Partner noch den Notar oder die Dolmetscherin darauf aufmerksam gemacht und den Ehevertrag dennoch unterschrieben habe, so das KG Berlin. Wenn ihre Erklärung gegenüber dem Notar, thailändisch zu verstehen, nicht richtig gewesen sein sollte, sei es ihr verwehrt, aus ihren unzutreffenden Angaben gegenüber dem Notar eine Unwirksamkeit der Urkunde herzuleiten, führte das Gericht weiter aus.
Auch inhaltlich sei der Ehevertrag nicht sittenwidrig und daher wirksam, entschied das KG Berlin.
Eheschließungen mit internationalen Bezug nehmen zu. Dabei sollten rechtliche Besonderheiten beachtet werden. MTR Legal Rechtsanwälte berät im internationalen Familienrecht.
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