E-Mail oder Handynummer nicht zwingend beim Bahnfahrkartenkauf nötig

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Entscheidung des OLG Frankfurt am Main zur Angabe von Kontaktdaten beim Fahrscheinerwerb

Mit Beschluss vom 14. Juni 2024 hat sich das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (Az.: 6 U 14/24) mit der Frage beschäftigt, ob Bahnunternehmen von ihren Kundinnen und Kunden beim Erwerb von Fahrkarten zwingend die Angabe einer E-Mail-Adresse oder einer Mobiltelefonnummer verlangen dürfen. Das Gericht hat dabei klargestellt, dass eine solche verpflichtende Datenerhebung rechtswidrig ist, sofern sie nicht zwingend für die Vertragsdurchführung erforderlich ist.

Sachverhalt und Anlass der gerichtlichen Auseinandersetzung

Im vorliegenden Fall hatte ein Verbraucherschutzverband gegen ein großes Verkehrsunternehmen geklagt, das beim Online-Kauf von Bahntickets die Angabe personenbezogener Daten – konkret einer E-Mail-Adresse oder Mobiltelefonnummer – als obligatorisch ausgestaltete. Ohne eine Eintragung dieser Kontaktdaten war der Erwerb von Tickets über die elektronische Bestellplattform technisch nicht möglich. Die Klägerseite sah hierin insbesondere einen Verstoß gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen sowie gegen Verbraucherrechte.

Kernaussagen der gerichtlichen Entscheidung

Das OLG Frankfurt am Main bestätigte aus Sicht des Verbraucherschutzes, dass für den Vertragsabschluss grundsätzlich nur diejenigen Daten erhoben werden dürfen, die zur Erfüllung des Beförderungsvertrages und zur ordnungsgemäßen Abwicklung der gebuchten Leistung erforderlich sind. Die Pflicht zur Angabe von E-Mail-Adresse oder Mobilfunknummer überschreite diesen Rahmen, wenn das Bahnunternehmen keinen hinreichenden sachlichen Grund nachweisen kann, warum diese Informationen zwingend benötigt werden.

Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit der Datenverarbeitung

Das Gericht stellte klar, dass nach den maßgeblichen europäischen und nationalen datenschutzrechtlichen Vorgaben – insbesondere der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) – die Verarbeitung personenbezogener Daten auf das für die Vertragsdurchführung notwendige Maß zu beschränken ist. Die einfache Abwicklung des Fahrscheinverkaufs lasse sich auch ohne die zwingende Angabe elektronischer Kontaktdaten gewährleisten. Soweit das Unternehmen zur Begründung etwaige Kundenkommunikation – wie Verspätungsbenachrichtigungen – anführte, könnten diese im Bedarfsfall auch auf freiwilliger Basis erfolgen.

Konsequenzen für die Praxis des Ticketverkaufs

Mit dieser Entscheidung werden hohe Maßstäbe an die datenschutzkonforme Gestaltung von Online-Bestellprozessen angelegt. Ticketanbieter müssen sich fortan darauf einstellen, Datenerhebungen kritisch zu überprüfen und gegebenenfalls technische Anpassungen an ihren Online-Plattformen vorzunehmen. Die Pflicht zur Datensparsamkeit und Verhältnismäßigkeit tritt dabei verstärkt in den Vordergrund. Insbesondere ist zu berücksichtigen, dass eine Verpflichtung zur Preisgabe zusätzlicher Kontaktdaten nicht durch einseitige Interessen eines Unternehmens gerechtfertigt werden kann, solange Alternativen zur Benachrichtigung und Zahlungsabwicklung bestehen.

Einordnung im Kontext von Datenschutz und Verbraucherrechten

Bedeutung für den Datenschutz

Die Entscheidung unterstreicht die weiterhin hohe Bedeutung des Grundsatzes der Datenminimierung. Gerade beim Erwerb von Verkehrsleistungen, bei denen für die Erfüllung des Beförderungsvertrages lediglich wenige personenbezogene Informationen (etwa Name, ggf. Altersnachweis) erforderlich sind, ist ein weitergehender Zugriff auf sensitive Daten regelmäßig kritisch zu beurteilen. Der Versuch, aus unternehmerischer Vorsorge oder zu Marketingzwecken zusätzliche Daten zu erheben, steht in einem engen regulatorischen Rahmen.

Auswirkungen auf die Vertragsgestaltung im elektronischen Geschäftsverkehr

Bedeutend ist die Entscheidung über den Einzelfall hinaus für zahlreiche E-Commerce-Geschäftsmodelle. Die Notwendigkeit, datenschutzrechtliche Beschränkungen bereits im Rahmen der Vertragsgestaltung und der digitalen Bestellvorgänge zu beachten, wird erneut hervorgehoben. Unternehmen sind gehalten, den Zweck der Datenverarbeitung präzise zu bestimmen und Endnutzerinnen und -nutzern keine unnötigen Hürden beim Vertragsabschluss aufzuerlegen.

Hinweise zu fortbestehenden Unsicherheiten und laufenden Verfahren

Zu beachten bleibt, dass die Entscheidung nicht abschließend für sämtliche Konstellationen des Ticketverkaufs im Verkehrssektor oder anderer Branchen bindend ist. Ähnliche Fälle und mögliche Anpassungen betroffener Unternehmen sind stets einzelfallbezogen zu beurteilen. Es bleibt abzuwarten, ob und inwieweit künftige höchstrichterliche Rechtsprechung – oder eine Anpassung einschlägiger gesetzlicher Grundlagen – Auswirkungen auf die Praxis der Datenerhebung im Vertriebsprozess haben werden.


Sollten sich Fragestellungen zu Datenverarbeitungspflichten, vertraglichen Informationspflichten oder weiteren Aspekten der digitalen Vertragsgestaltung im Zusammenhang mit dieser Thematik ergeben, steht das Team von MTR Legal Rechtsanwälte für eine vertiefende rechtliche Klärung gerne zur Verfügung.

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