Bundesfinanzhof konkretisiert Steuerpflicht beim Verkauf von Gartengrundstücken
Die steuerrechtliche Qualifikation von Veräußerungsvorgängen privater Grundstücke steht regelmäßig im Fokus aktueller rechtlicher Entwicklungen. Jüngst hat der Bundesfinanzhof (BFH) in einem wegweisenden Urteil (Az.: IX R 14/21) die steuerliche Behandlung des Verkaufs von sogenannten „Gartengrundstücken“ näher definiert. Ausgangspunkt war die Frage, ob der Verkauf eines bislang ausschließlich als Garten genutzten Grundstücksteils unter die Steuerbefreiung gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 Einkommensteuergesetz (EStG) fällt.
Hintergrund: Private Veräußerungsgeschäfte nach § 23 EStG
Im deutschen Steuerrecht unterliegt der Verkauf von Grundstücken durch Privatpersonen grundsätzlich der Besteuerung, sofern zwischen Anschaffung und Veräußerung ein Zeitraum von weniger als zehn Jahren liegt (§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG). Eine Ausnahme gilt allerdings dann, wenn das Grundstück zwischen Anschaffung und Verkauf ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde oder im Jahr der Veräußerung sowie in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde (§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG).
Diese Vorschrift soll verhindern, dass private Vermögenswerte innerhalb eines kurzen Zeitraums gewinnbringend veräußert und die Gewinne steuerfrei realisiert werden. Gleichzeitig will der Gesetzgeber mit der Steuerbefreiung für selbstgenutzte Immobilien den Erwerb von Wohneigentum fördern.
BFH-Urteil: Keine Steuerbefreiung für reine Gartengrundstücke
Sachverhalt
Im Fall, der dem BFH vorlag, hatte der Steuerpflichtige einen Teil eines privaten Grundstücks, der als Garten genutzt wurde und bislang kein zu Wohnzwecken dienender Gebäudeteil war, separat veräußert. Der veräußerte Abschnitt grenzte zwar an das Wohnhausgrundstück an, wurde aber im Wege der Teilungsvermessung aus dem Gesamtgrundstück herausgelöst und als eigenständiges Flurstück verkauft.
Rechtliche Würdigung des Bundesfinanzhofs
Der Bundesfinanzhof stellte klar, dass die Steuerbefreiung gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG ausschließlich für Immobilien gilt, die zu eigenen Wohnzwecken genutzt werden. Für reine Gartengrundstücke oder Grundstücksteile, die nicht als Bestandteil des eigentlichen Wohnhauses oder unmittelbar damit in Verbindung gebracht werden können, komme eine Steuerbefreiung nicht in Betracht.
Maßgeblich sei, dass unter einem zu eigenen Wohnzwecken genutzten Grundstück nur der unmittelbar der Wohnung dienende Bereich zu verstehen ist. Flächen, die ausschließlich als Gartenland genutzt werden und nicht Teil des eigentlichen Wohnbereichs sind – auch wenn sie an das Hausgrundstück angrenzen -, erfüllen diese Voraussetzungen nicht.
Im Ergebnis unterliegt damit der Gewinn aus der Veräußerung eines solchen Gartengrundstücks innerhalb der Zehnjahresfrist nach § 23 EStG der Besteuerung.
Folgen für Eigentümer und Investoren
Differenzierung nach Grundstücksnutzung
Mit diesem Urteil schafft der BFH Klarheit hinsichtlich der Abgrenzung zwischen eigengenutzten Grundstücksteilen und sonstigen Flächen. Entscheidend bleibt die Nutzung: Wird ein veräußerter Grundstücksteil nicht unmittelbar für Wohnzwecke genutzt, greift die Steuerbefreiung nicht.
Bedeutung für die Praxis
Für vermögende Privatpersonen, Unternehmen und Investoren, die Struktur und Nutzung von Grundstücken flexibel gestalten oder anpassen wollen, ergibt sich aus dem Urteil eine wichtige Maßgabe. Insbesondere bei Teilverkäufen von Grün- oder Gartenland empfiehlt sich sorgfältige Prüfung, ob für den jeweiligen Flächenabschnitt tatsächlich eine Wohnnutzung im steuerlichen Sinne vorliegt.
Gestaltungsüberlegungen bei Grundstücksteilungen
Grundstückseigentümer, die Flächen veräußern möchten, stehen vor der Herausforderung, jede einzelne Parzelle hinsichtlich ihrer Nutzungshistorie und ihrer steuerlichen Behandlung einzuordnen. Das Urteil des BFH verdeutlicht, dass allein die geographische Nähe zu einem Wohnhaus nicht ausreicht, um eine Steuerbefreiung zu begründen. Für die Gestaltung von Grundstücksveräußerungen müssen daher fundierte rechtliche und steuerliche Erwägungen angestellt werden.
Steuerrechtliche Einordnung im internationalen Kontext
Auch im internationalen Kontext sind steuerliche Folgen von Veräußerungen privater Grundstücke zu berücksichtigen. Zwar regelt das deutsche Einkommensteuergesetz detailliert die Voraussetzungen für private Veräußerungsgeschäfte, jedoch können bilaterale Abkommen oder abweichende Regelungen im Ausland Einfluss auf die steuerliche Beurteilung dieser Vorgänge haben.
Laufende und künftige Verfahren
Das Urteil des Bundesfinanzhofs ist rechtskräftig. In vergleichbaren Fällen kann sich die Sachlage jedoch unterscheiden, insbesondere wenn über Art, Umfang und Intensität der tatsächlichen Grundstücksnutzung Streit besteht. Es ist zu beachten, dass jede steuerliche Einzelfallentscheidung sorgfältig unter Berücksichtigung aller relevanten Tatsachen und rechtlichen Rahmenbedingungen zu beurteilen ist. In künftigen Verfahren wird die Rechtsprechung den Anwendungsbereich der Steuerbefreiung weiter konkretisieren und ausdifferenzieren.
Quellenangabe
Die Entscheidungsgründe sind veröffentlicht und können etwa unter der Fundstelle BFH, Urteil vom 26.09.2023 – IX R 14/21 eingesehen werden (vgl. auch: https://www.juraforum.de/news/bundesfinanzhof-keine-steuerbefreiung-beim-verkauf-von-gartengrundstuecken_259561).
Fazit
Die aktuelle Rechtsprechung bestätigt: Maßgeblich für die Steuerbefreiung beim Verkauf von Grundstücken bleibt die tatsächliche Nutzung zu eigenen Wohnzwecken. Eigentümer und Erwerber sollten sich darüber bewusst sein, dass die steuerlichen Konsequenzen bei der Veräußerung von Garten- oder sonstigem Zubehörland von den gesetzlichen Anforderungen des § 23 EStG bestimmt werden.
Bei rechtlichen Unsicherheiten im Zusammenhang mit Grundstücksverkäufen, Besteuerung privater Veräußerungsgeschäfte oder Auslegung steuerlicher Vorschriften empfiehlt es sich, einen fachkundigen rechtlichen Beistand hinzuzuziehen. Die Rechtsanwälte von MTR Legal stehen bereit, um umfassend über die aktuellen Entwicklungen und deren Auswirkungen auf individuelle Situationen zu informieren.