Hintergrund der Entscheidung des Bundesgerichtshofs
Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte sich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob ein minderjähriges Kind weiterhin einen Anspruch auf Auskunft über das Einkommen und Vermögen des unterhaltspflichtigen Elternteils geltend machen kann, wenn dieser die unbeschränkte Leistungsfähigkeit im Hinblick auf Kindesunterhalt erklärt. Im Mittelpunkt des zugrundeliegenden Verfahrens stand die Konstellation, dass der Unterhaltspflichtige mit einer Erklärung auf die Einrede mangelnder Leistungsfähigkeit verzichtet und dadurch eine sogenannte „Düsseldorfer Tabellenunterhalt“ in Maximalhöhe akzeptiert hatte.
Auskunftsanspruch des Kindes bei unbegrenzter Leistungsfähigkeit
Regelung nach § 1605 BGB
Nach § 1605 BGB kann ein Kind vom unterhaltspflichtigen Elternteil Auskunft über dessen Einkommens- und Vermögensverhältnisse verlangen, um den Unterhaltsanspruch beziffern und durchsetzen zu können. Im Fall des BGH hatte der Pflichtige dem Kind gegenüber jedoch mitgeteilt, er sei zu einem Unterhalt in Höhe des Höchstsatzes der Düsseldorfer Tabelle bereit und erkenne seine unbeschränkte Leistungsfähigkeit an.
Reichweite des Auskunftsanspruches
Der BGH stellte klar, dass durch diese Erklärung der Auskunftsanspruch nicht automatisch entfällt. Auch wenn der Verpflichtete signalisiert, Kinderunterhalt im maximalen Umfang leisten zu können, bleibt das Informationsinteresse des Kindes bestehen. Der BGH begründete dies damit, dass sich Unterhaltspflichten nicht abschließend auf den Tabellenbetrag reduzieren lassen, beispielsweise wenn weitere Ansprüche – etwa auf Mehrbedarf oder Sonderbedarf – hinzu treten. Darüber hinaus kann auch künftiges, verändertes Einkommen die Leistungspflicht beeinflussen.
Bedeutung für die Gestaltung von Unterhaltsvereinbarungen
Praktische Auswirkungen auf Unterhaltsverfahren
Die Entscheidung unterstreicht, dass die Offenlegung der finanziellen Verhältnisse nicht allein durch eine pauschale Leistungsanerkennung ersetzt werden kann. Die Erklärung unbeschränkter Leistungsfähigkeit schränkt die Darlegungspflicht des Unterhaltspflichtigen nicht ein. Daraus folgt, dass typische Abläufe bei der Titulierung von Unterhaltsforderungen weiterhin eine vollständige Offenbarung der wirtschaftlichen Situation erforderlich machen.
Schutz der Interessen des minderjährigen Kindes
Besonders hervorgehoben wurde vom BGH die Schutzfunktion des Auskunftsanspruchs für minderjährige Kinder. Deren Recht, eine konkrete Grundlage für bestehende und mögliche künftige Ansprüche zu haben, wird durch eine einseitige Erklärung des Pflichtigen nicht ausgehöhlt. Nur so sei sichergestellt, dass der Bedarf und die Leistungsfähigkeit zutreffend gegenübergestellt werden und eventuelle zusätzliche Positionen berücksichtigt werden können.
Hinweise zur aktuellen Rechtslage
Das Urteil schafft Klarheit hinsichtlich der Reichweite des Auskunftsanspruchs zugunsten des Kindes und legt fest, dass eine Erklärung zur unbeschränkten Leistungsfähigkeit keinesfalls den Zugang zu Informationen über das Einkommen und Vermögen des Pflichtigen verwehrt. Die gerichtliche Entscheidung (BGH, Beschluss vom 8. Dezember 2020 – XII ZB 499/19) betont somit die zentrale Rolle des Kindesinteresses im Rahmen des Unterhaltsrechts.
Individuelle rechtliche Fragestellungen im Bereich Familienrecht
Die genannte Entscheidung des Bundesgerichtshofs verdeutlicht, welche Komplexität Unterhaltsverfahren und die Abwehr oder Durchsetzung unterhaltsrechtlicher Auskunftsansprüche in der Praxis aufweisen können. Für Unternehmen, Investoren und vermögende Privatpersonen mit Fragestellungen zum Unterhaltsrecht empfiehlt es sich, bei spezifischem Beratungsbedarf einen erfahrenen Partner zu konsultieren. Weitere Informationen und individuelle Unterstützung erhalten Sie unter Rechtsberatung im Familienrecht.