Haftungsrisiken durch die unberechtigte Nutzung professioneller Fotografien
Der Schutz geistigen Eigentums nimmt im digitalen Zeitalter eine immer zentralere Rolle ein. Vor allem im Bereich professioneller Fotografie hat sich, bedingt durch die rasante Verbreitung von Bildmaterial im Internet, die Bedeutung des Urheberrechts signifikant erhöht. Unternehmen, aber auch Privatpersonen, sehen sich vermehrt mit rechtlichen Herausforderungen konfrontiert, sobald sie Fotografien ohne die erforderliche Genehmigung der Rechteinhaber verwenden. Das Urteil des Landgerichts München I vom 23. Juni 2022 (Az. 42 S 23121/20), welches sich mit der Frage des Schadensersatzes bei der unbefugten Nutzung eines urheberrechtlich geschützten Bildwerks befasste, verdeutlicht die Konsequenzen einer Verletzung von Urheberrechten und deren ökonomische Dimension.
Bedeutung der Urheberrechtsposition für Berufsfotografen
Ein zentrales Anliegen des Urheberrechts ist der Schutz der schöpferischen Leistung von Fotografen. Sobald ein professioneller Fotograf ein Bild erstellt, entstehen ihm als Schöpfer gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 5, § 72 UrhG umfassende Rechte an diesem Werk. Diese Rechte sind sowohl persönlichkeitsrechtlicher als auch vermögensrechtlicher Natur und umfassen insbesondere das ausschließliche Recht zur Veröffentlichung, Vervielfältigung und öffentlichen Zugänglichmachung der Fotografie.
Berufsfotografen sind regelmäßig auf die wirtschaftliche Verwertung ihrer Werke angewiesen. Ein unberechtigter Eingriff in diese Rechte kann den Geschäftsmodellen der Betroffenen empfindlich schaden, nicht zuletzt, weil durch eigenmächtige Nutzungen auch eine marktverdrängende Wirkung eintreten kann. Vor diesem Hintergrund werden Werknutzer insbesondere im unternehmerischen Kontext zunehmend in die Pflicht genommen, sich der lizenziellen Voraussetzungen einer Bildnutzung stets zu vergewissern.
Überblick des Falles: Ausgangslage, Streitgegenstand und prozessuale Entwicklung
Im zugrunde liegenden Sachverhalt (LG München I, Urteil vom 23.06.2022, Az. 42 S 23121/20) stellte ein Berufsfotograf fest, dass eine von ihm gefertigte und in seinem Portfolio präsentierte Fotografie ohne seine Zustimmung auf der gewerblichen Website eines Dritten eingesetzt wurde. Trotz mehrfacher Aufforderungen unterblieb eine Entfernung der Fotografie und der Fotograf sah sich zur gerichtlichen Geltendmachung von Unterlassungs- sowie Schadensersatzansprüchen veranlasst.
Zentrale Fragestellungen des Rechtsstreits
Der Schwerpunkt lag auf folgenden Rechtsfragen:
- Unter welchen Voraussetzungen ist die Nutzung eines professionell angefertigten Bildes als urheberrechtswidrig einzustufen?
- Wie berechnet sich der zu leistende Schadensersatz, insbesondere im Hinblick auf die sogenannte Lizenzanalogie?
- Bestehen zusätzliche Ansprüche, etwa im Hinblick auf die unterlassene Urhebernennung nach § 13 UrhG?
Eine außergerichtliche Einigung konnte nicht erzielt werden, sodass das Landgericht München I über die Ansprüche des Fotografen zu entscheiden hatte.
Rechtliche Einordnung der unerlaubten Bildnutzung
Die unberechtigte Nutzung urheberrechtlich geschützter Werke im geschäftlichen Umfeld stellt in der Regel eine Verletzung des ausschließlichen Verwertungsrechts des Rechtsinhabers dar (§ 97 Abs. 1 UrhG). Wurde keine vertragliche Erlaubnis zur Nutzung der Fotografie eingeholt und enthält die Veröffentlichung keine Urhebernennung, sind regelmäßig sowohl der Unterlassungsanspruch als auch ein Anspruch auf Schadensersatz begründet.
Bemessung des Schadens nach der Lizenzanalogie
Die Gerichte orientieren sich bei der Schadensberechnung häufig an der sogenannten Lizenzanalogie. Dies bedeutet, dass der Geschädigte so zu stellen ist, wie er stünde, wenn der Verletzer vor der Benutzung eine Lizenz zu marktüblichen Konditionen erworben hätte. Insoweit werden bei der Festsetzung des Schadensbetrags regelmäßig die Honorarempfehlungen der Mittelstandsgemeinschaft Foto-Marketing (MFM) herangezogen. Diese enthalten detaillierte Übersichten üblicher Vergütungssätze für verschiedene Nutzungsarten, -dauern und -umfänge.
Im vorliegenden Fall bestätigte das Gericht die Heranziehung der MFM-Empfehlungen als sachgerechte Grundlage für die Schadensschätzung, legte aber zugleich Wert darauf, dass es sich bei diesen Honorarempfehlungen lediglich um Indizien und keine bindenden Tarifwerke handelt.
Verletzung des Urheberbenennungsrechts
Ein weiterer Aspekt, dem das Gericht Beachtung schenkte, ist das Recht auf Urhebernennung (§ 13 UrhG). Wird dieses Recht wie im entschiedenen Fall ebenfalls verletzt, kann regelmäßig ein zusätzlicher Zuschlag von bis zu 100 Prozent auf das Lizenzhonorar hinzutreten. Auch diese Position muß im Einzelfall bemessen werden, wobei Bedeutung und Reichweite der Verwertung für die Interessen des Urhebers zu berücksichtigen sind.
Praxisrelevanz und unternehmerische Konsequenzen
Das Urteil illustriert eindrucksvoll, dass die unerlaubte Nutzung professioneller Fotografien nicht lediglich formelle Rechtsverstöße, sondern substanzielle wirtschaftliche Risiken für die Verwender begründet. Unternehmerische Webseiten, Onlineshops und Marketingabteilungen sind gut beraten, bei der Nutzung fremder Bildwerke auf eine valide Lizenzierung und vollständige Urheberbenennung zu achten.
Besonders augenscheinlich wird in diesen Konstellationen die Beweislastverteilung: Zwar muß grundsätzlich der Rechteinhaber die Urheberschaft und die Verletzungshandlung darlegen; die tatsächlichen Nutzungsverhältnisse der Gegenseite können jedoch im Prozess eine gewichtige Rolle spielen. Zugleich signalisiert die Rechtsprechung, dass der Schutz professioneller Fotografen intensiviert und Rechtsverletzungen spürbar sanktioniert werden.
Ausblick
Mit der zunehmenden Digitalisierung steigen zugleich die Anforderungen an Unternehmen und Nutzer, Urheberrechte professioneller Bildschaffender zu respektieren und Vertragsgrundlagen für die Verwertung transparent zu gestalten. Das Landgericht München I hat klargestellt, dass bereits jedes einzelne Bild sowie jede Nutzungshandlung einzeln zu prüfen ist und sowohl straf- als auch zivilrechtliche Konsequenzen drohen können.
Angesichts der erheblichen Haftungsrisiken, der Komplexität lizenzrechtlicher Vorgaben sowie aktueller Entwicklungen im Urheberrecht ist eine strukturierte und vorausschauende Prüfung bestehender Nutzungsrechte unerlässlich. Bei tiefergehenden rechtlichen Fragestellungen zur Absicherung und Durchsetzung von Urheberrechten, insbesondere im unternehmerischen Umfeld, können Sie eine kompetente Rechtsberatung im Urheberrecht in Anspruch nehmen. Weitere Informationen hierzu finden Sie unter Rechtsberatung im Urheberrecht.