Architekt darf Widerspruchsverfahren nicht eigenständig führen

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Vertretungsmacht und Aufgabenbereich des Architekten im Verwaltungsverfahren

Die Reichweite der Vertretungsbefugnisse eines Architekten steht regelmäßig im Mittelpunkt rechtlicher Erwägungen im Kontext des öffentlichen Baurechts. Mit Urteil vom 25.03.2020 – 9 U 1063/19 – hat das Oberlandesgericht Koblenz klargestellt, dass ein Architekt zur Vertretung eines Bauherrn im Widerspruchsverfahren gegen einen behördlichen Bescheid grundsätzlich nicht befugt ist. Diese Entscheidung fächert grundlegende Fragen zum Berufsbild des Architekten sowie zu den prozessualen Anforderungen des Verwaltungsverfahrens auf.

Gesetzliche Grundlagen und Abgrenzung der Befugnisse

Die Vertretung im Verwaltungsverfahren ist grundsätzlich durch § 14 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) geregelt. Hiernach kann sich jedermann durch einen Bevollmächtigten vertreten lassen, soweit dem nicht gesetzliche Vorschriften entgegenstehen. Die rechtssicher wirksame Vertretung im Verwaltungsverfahren bedarf regelmäßig einer entsprechenden Vollmacht und muss den spezifischen Anforderungen des jeweiligen Verfahrens genügen. Die Abgabe von Widersprüchen berührt dabei nicht selten das Gebiet der Rechtsdienstleistung nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG).

Der Tätigkeitsbereich des Architekten ergibt sich vorrangig aus § 1 Architektengesetz sowie den einschlägigen Honorar- und Berufsordnungen. Typischerweise umfasst dieser die entwerfende Planung und bauliche Ausführung einschließlich der Kommunikation mit Behörden im Rahmen der Baugenehmigung und Ausführungserklärung.

Grenzen der Architektenvollmacht bei verwaltungsrechtlichen Widerspruchsverfahren

Das OLG Koblenz führt aus, dass die Befugnis eines Architekten im Rahmen eines typischen Architektenvertrages nicht die umfassende Vertretung im Widerspruchsverfahren gegen ablehnende oder belastende Verwaltungsakte umfasst. Dieser Tätigkeitsbereich überschreitet regelmäßig die schlichte Mitwirkung an behördlichen Antrags- und Ausführungsverfahren und bewegt sich außerhalb des für Architekten berufsrechtlich zulässigen Rahmens.

Insbesondere ist zu beachten, dass das Einlegen eines Widerspruchs regelmäßig juristische Sachverhalte und rechtliche Begründungen verlangt. Nach Ansicht des Gerichts handelt es sich um eine Rechtsdienstleistung im Sinne von § 2 Abs. 1 RDG, für die eine gesonderte, behördlich zugelassene Rechtsberatung erforderlich ist. Auch dann, wenn der Architekt umfassend mit der Projektsteuerung betraut wurde, schmilzt diese Kompetenzgrenze nicht dahin.

Auswirkungen auf Bauherrn und Verwaltungspraxis

Die Entscheidung hat beträchtliche Bedeutung für die Praxis: Bauherren, die Architekten zur Vertretung im Antragsverfahren beauftragen, unterliegen mitunter dem Missverständnis, dass diese Bevollmächtigung sich automatisch auch auf nichttechnische, rechtsförmige Verfahrensteile einschließlich des Widerspruchs- oder Klageverfahrens erstreckt. Dies ist gerade nicht der Fall: Ohne ausdrückliche, gesetzeskonforme Vollmacht und unmissverständliche Gestattung einer Rechtsdienstleistung bleiben vertretungsrechtliche Handlungen des Architekten in Widerspruchsverfahren unwirksam.

Auch die Praxis der Bauaufsichtsbehörden sieht regelmäßig vor, dass Erklärungen und Schriftstücke, die auf eine rechtliche Vertretung im Rahmen des Widerspruchsverfahrens hinauslaufen, von einem zur Rechtsberatung befugten Dritten oder dem Bauherrn selbst abgegeben werden müssen. Ein Verstoß gegen diese Vorgaben kann prozessuale Nachteile nach sich ziehen.

Berücksichtigung aktueller Entwicklungen und Bewertung

Konsequenzen für die Vertragsgestaltung und das Verwaltungsverfahren

Die Urteilsbegründung des OLG Koblenz präzisiert die Abgrenzung zwischen technischen, planerischen und rechtsförmigen Aufgaben im Bauprozess. Dies erfordert eine kritische Prüfung, welche Kompetenzen einem Architekten im Einzelnen vertraglich übertragen werden dürfen und welche Rechtsgeschäfte einer gesonderten Rechtsdienstleistungsbefugnis bedürfen. Eine pauschale, den gesamten Verwaltungskontext umfassende Bevollmächtigung kann rechtswidrige oder nichtige Komponenten enthalten, wenn sie über das Berufsrecht der Architekten hinausgeht.

Darüber hinaus dürfte das Urteil auch bei der Auswahl der Verfahrensbeteiligten im bauaufsichtlichen Genehmigungs- und Prüfungsverfahren Auswirkungen entfalten: Die Notwendigkeit der Trennung von Rechtsberatung und tatsächlicher Projektkoordination ist deutlicher hervorgehoben worden.

Einordnung in die aktuelle Rechtsprechung

Das Urteil steht im Einklang mit der gefestigten Rechtsprechung, wonach die eigenständige Rechtsberatung und insbesondere die Vertretung im Rahmen förmlicher Verfahren Rechtsanwälten oder sonst dazu berufenen Personen vorbehalten ist. Gleiches ergibt sich aus Sinn und Zweck des RDG, das auch Missbrauch der Berufsbezeichnungen und der Vertretungsmacht vorbeugen soll.

Abschließende Überlegungen

Für Unternehmen, Investoren oder vermögende Privatpersonen, die komplexe Bauvorhaben planen oder koordinieren, ist die verlässliche Einschätzung der Verteilung von Vertretungsbefugnissen und Aufgaben im Rahmen administrativer Prozesse von erheblicher Bedeutung. Die Tragweite der Entscheidung des OLG Koblenz unterstreicht, dass das Mandatsverhältnis zu Planern einer sorgfältigen und individuellen Ausgestaltung bedarf, um verfahrensrechtliche Lücken und prozessuale Risiken zu vermeiden.

Sollten sich im Zusammenhang mit der Vertretung in behördlichen Widerspruchsverfahren oder bei der Strukturierung entsprechender Mandate weitergehende Fragen zur rechtssicheren Prozessführung ergeben, bietet MTR Legal mit umfassender Erfahrung im Bereich der Prozessführung eine fundierte Beratung an. Weitere Informationen zum Leistungsangebot finden Sie unter Prozessführung.

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