Relevanz und Grundlagen der MFM-Tabellen im Ländervergleich
Die MFM-Tabellen („Mittelstandsgemeinschaft Foto-Marketing“) sind im deutschen Recht als Bezugsgröße zur Berechnung von Lizenzentgelten für die Nutzung von Fotowerken etabliert. Sie bieten praxisorientierte Anhaltspunkte zur Bestimmung üblicher Vergütungen bei urheberrechtlicher Nutzung von Lichtbildern und Lichtbildwerken. Ihre Anwendung ist insbesondere dann relevant, wenn weder ein konkreter Lizenzvertrag vorliegt noch eine individualvertragliche Vergütungsvereinbarung getroffen wurde. In Deutschland werden die Tabellen sowohl bei Vertragsgestaltungen als auch in gerichtlichen Auseinandersetzungen standardmäßig herangezogen und sind durch Rechtsprechung weitgehend anerkannt.
In einer zunehmend internationalisierten Medienlandschaft wächst jedoch die Bedeutung der Frage, ob und inwiefern die MFM-Tabellen grenzüberschreitend, namentlich bei Verletzungen originär deutscher Lichtbildrechte im Ausland bzw. ausländischen Verfahren – beispielsweise in Polen – zur Anwendung gelangen.
Urheberrechtliche Rahmenbedingungen in Polen
Gesetzliche Grundlagen
Das polnische Urheberrechtsgesetz („Ustawa o prawie autorskim i prawach pokrewnych“) regelt umfassend die Rechte an Lichtbildwerken und anderen urheberrechtlich geschützten Inhalten. Grundsätzlich sieht das polnische Recht – analog zur deutschen Dogmatik – vor, dass dem Rechteinhaber im Falle einer rechtswidrigen Nutzung Schadensersatzansprüche in Form des sog. Lizenzanalogs (fiktive Lizenzgebühr) oder des Ersatzes der tatsächlich entstandenen Schäden zustehen können.
Grundsatz der territorialen Anwendung
Obwohl das polnische Rechtssystem das Territorialitätsprinzip kennt, kann es aufgrund der völkerrechtlichen Kollisionsnormen und der vertraglichen Beziehungen im internationalen Privatrecht notwendig werden, ausländische Vergütungsmaßstäbe zu berücksichtigen. Dies gilt vor allem dann, wenn das relevante Rechtsverhältnis enge Bezugspunkte zu einem anderen Staat, wie Deutschland, aufweist – beispielsweise, weil die Verletzungshandlung in Polen, das geschützte Werk jedoch ursprünglich in Deutschland produziert oder erstmals veröffentlicht wurde.
Einbindung der MFM-Tabellen im polnischen Rechtsschutz
Zunehmende Bezugnahme vor polnischen Gerichten
Im polnischen Spruchkörper ist in den letzten Jahren eine Tendenz zu beobachten, die MFM-Tabellen als Orientierungsgröße oder als eine Art „Marktwertindikator“ bei der Bemessung von Schadensersatz für Urheberrechtsverletzungen in Erwägung zu ziehen – insbesondere im Kontext von Lichtbildrechten mit Auslandbezug. Dies betrifft vor allem Fälle, in denen entweder deutsche Lizenzpraxis maßgeblich ist oder mangels eigener detaillierter Marktzahlen auf anerkannte internationale Standards zurückgegriffen werden muss.
Dennoch ist zu betonen, dass die MFM-Tabellen im polnischen Recht nach wie vor keine bindende oder offizielle Rechtsquelle darstellen. Vielmehr gewährt ihre Heranziehung in der gerichtlichen Entscheidungspraxis eine gewisse Orientierung an den in Deutschland etablierten Vergütungsmodellen, sofern diese den konkreten Umständen des Einzelfalls angemessen Rechnung tragen.
Einfluss der Internationalisierung auf Schadensersatzansprüche
Durch die Dynamik digitaler Medien und die damit verbundene Möglichkeit, Inhalte grenzüberschreitend in Umlauf zu bringen, gewinnen gemeinsam genutzte oder übertragbare Wertmaßstäbe wie die MFM-Tabellen auch in Polen zunehmend an Bedeutung. Gleichwohl wird im Schadensersatzrecht weiterhin auf eine Prüfung im Einzelfall Wert gelegt. Die Gerichte berücksichtigen regionale Marktgegebenheiten, die Art der Verwertungshandlung, den Umfang der Nutzung sowie mögliche Unterschiede in der strukturellen Ausgestaltung der Vergütungspraxis.
Herausforderungen und Bewertungskriterien bei der Anwendung
Rechtssicherheit und Beweisfragen
In der gerichtlichen Auseinandersetzung ist die Beibringung einer nachvollziehbaren und belegbaren Berechnungsgrundlage für den geforderten Schadensersatz von entscheidender Bedeutung. Hierbei werden die MFM-Tabellen vielfach als Beleg für branchenübliche Honorare vorgelegt. Polnische Gerichte legen jedoch grundsätzlich Wert auf eine nachvollziehbare Darlegung der Marktsituation und setzen die in den Tabellen aufgeführten Werte kritisch in Relation zu lokalen Gegebenheiten und den konkreten Vertragsumständen.
Außerdem ist zu berücksichtigen, dass die Frage der Anwendbarkeit und Höhe der Lizenzgebühr stets der gerichtlichen Einzelfallwürdigung unterliegt. Eine automatische Übertragung deutscher Marktstandards auf den polnischen Rechtsraum ist nicht gegeben, vielmehr bleibt Raum für richterliche Bewertung.
Laufende Entwicklungen und offene Fragestellungen
Wie aus polnischen und internationalen Berichten hervorgeht, ist die Handhabung der MFM-Tabellen durch Gerichte in Polen weiterhin Gegenstand fortlaufender Entwicklung. Eine einheitliche Spruchpraxis ist bislang nicht feststellbar; vielmehr existieren divergierende Entscheidungen. Auf laufende Verfahren, in denen die Anwendung der MFM-Tarife Gegenstand gerichtlicher Überprüfung ist, wird ausdrücklich hingewiesen. Hierbei gilt uneingeschränkt die Unschuldsvermutung (Quellen: Juraforum, Stand April 2008).
Zusammenfassung und Bedeutung für international tätige Unternehmen
Die Überführung der MFM-Tabellen von ihrem deutschen Ursprungssystem in den polnischen Gerichtspraxisraum spiegelt vor allem die wachsende Bedeutung internationaler Bewertungsmaßstäbe im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes wider. Für Unternehmen, Investoren und vermögende Privatpersonen, die in beiden Staaten tätig sind oder Rechtspositionen im grenzüberschreitenden gewerblichen Rechtsschutz verfolgen, gewinnen Kenntnisse über die praktische Handhabung solcher Normwerte zunehmend an Bedeutung. Im Spannungsfeld zwischen nationalem Recht und europäischen beziehungsweise internationalen Standards bildet die flexible Berücksichtigung der MFM-Tabellen eine relevante Schnittstelle.
Für weitergehende Informationen zu den Herausforderungen internationaler Vergütungspraxis bei Lichtbildnutzungen und zur Durchsetzung und Abwehr von Schadensersatzansprüchen empfiehlt sich vertiefende Rechtsberatung. MTR Legal steht im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes bei allen Fragen rund um Lizenzierung und Schutz von Bildmaterialien zur Verfügung; weiterführende Informationen finden Sie unter Rechtsberatung im IP-Recht.