Anspruch auf Schadensersatz bei Nichtlieferung von Elektroautos

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Schadensersatzanspruch für Autokäufer bei verspäteter Auslieferung eines Elektrofahrzeugs und entgangenem Umweltbonus

Das Amtsgericht München hat mit Urteil vom 19.02.2024 (Az. 223 C 15954/23) eine Entscheidung von erheblicher Praxisrelevanz im Zusammenhang mit dem Erwerb von Elektrofahrzeugen und der Inanspruchnahme von staatlichen Fördermaßnahmen getroffen. Im Zentrum stand die Frage, ob ein Käufer eines Elektroautos Anspruch auf Schadensersatz gegen das verkaufende Autohaus hat, wenn ein ursprünglich zugesagter Umweltbonus aufgrund verzögerter Fahrzeugauslieferung nicht in voller Höhe erlangt werden konnte.

Hintergrund des Rechtsstreits

Vertragsabschluss und Fördermittel

Im Mai 2022 schloss ein Verbraucher mit einem Automobilhändler einen Kaufvertrag über ein neues, vollelektrisches Fahrzeug. Bei Abschluss dieses Vertrags galt die seinerzeitige Fassung der sogenannten Umweltbonus-Förderung, welche – bis zu einer festgelegten Frist und unter Einhaltung bestimmter Bedingungen – als staatlicher und herstellerbezogener Zuschuss einen erheblichen Teil des Kaufpreises ausgleichen sollte.

Verzögerte Fahrzeugübergabe und Kürzung des Umweltbonus

Nach Vertragsschluss verzögerte sich jedoch die Auslieferung des Wagens erheblich. Dadurch erfolgte die Zulassung erst zu einem Zeitpunkt, als die Bedingungen für den Umweltbonus geändert worden waren und der zuschussfähige Betrag reduziert wurde. Der Käufer erhielt deshalb von der zuständigen Behörde lediglich einen geringeren Betrag als ursprünglich eingeplant, während er weiterhin zur vollen Kaufpreiszahlung verpflichtet war.

Geltendmachung von Ansprüchen

Der Käufer forderte vom Verkäufer den Ausgleich des Differenzbetrags zum ursprünglich prognostizierten Umweltbonus. Nach Ansicht des Autohauses handelte es sich dabei nicht um einen ersatzfähigen Schaden. Der Kunde klagte daraufhin vor dem AG München.

Rechtliche Einordnung und Erwägungen des Gerichts

Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch

Das AG München stellte klar, dass der Verkäufer eines Fahrzeugs grundsätzlich verpflichtet ist, das Auto innerhalb der vereinbarten Lieferfrist zu übergeben. Wird diese Frist nicht eingehalten, gerät der Verkäufer in Verzug, sofern der Käufer eine angemessene Nachfrist gesetzt und der Verkäufer innerhalb dieser Nachfrist nicht geliefert hat.

Ersatzfähigkeit des verminderten Umweltbonus

Das Gericht prüfte, ob der durch die verspätete Zulassung entstandene Verlust eines Teils des Umweltbonus als dem Verkäufer zurechenbarer Schaden anzusehen ist. Da der Förderanspruch an zeit- sowie zulassungsbezogene Stichtage gebunden war und die Einhaltung dieser Termine typischerweise Vertragspflicht des Händlers ist, wurde ein adäquater Kausalzusammenhang bejaht. Dem Käufer entstand unmittelbar durch die verzögerte Leistung ein Vermögensnachteil, dessen Höhe exakt dem entgangenen Bonus entsprach.

Zurechnung und Verantwortungsbereich des Verkäufers

Die Richter hoben hervor, dass das Antragsverfahren auf Gewährung des Umweltbonus keinen eigenständigen Rechtsmangel oder Risiko für den Käufer darstellt, wenn dessen ungekürzte Auszahlung bei rechtzeitiger Lieferung gesichert gewesen wäre. Die Verzögerung der Fahrzeugübergabe wurde dem Verkäufer – nach Einhaltung der vertraglichen und gesetzlichen Fristsetzungen – zugerechnet. Weder die Unwägbarkeit der Förderprogrammbedingungen noch spätere Änderungen im Zuwendungsrecht ändern diese Zurechnung, sofern der Zeitpunkt der Förderminderung bei ordnungsgemäßer Vertragserfüllung noch nicht eingetreten wäre.

Anspruchshöhe und wirtschaftliche Betrachtung

Das Gericht bestätigte einen Anspruch des Käufers auf Ausgleich der Differenz zwischen dem ursprünglich in Aussicht gestellten und dem tatsächlich ausgezahlten Umweltbonus. Dieser Schaden stellt kein hypothetisches, sondern einen real entstandenen Vermögensnachteil dar, für den der Verkäufer gemäß den allgemeinen Vorschriften aufzukommen hat.

Bedeutung für künftige Erwerber und Unternehmen

Dieses Urteil ist wegweisend für die vertraglichen Beziehungen zwischen Käufern von Elektrofahrzeugen und Automobilhändlern im Hinblick auf die Kalkulation öffentlicher Förderprogramme. Es unterstreicht die Bedeutung verbindlicher Lieferfristen und die Pflicht zur rechtzeitigen Erfüllung des Kaufvertrages gerade dann, wenn wirtschaftliche Rahmenbedingungen (wie die Höhe staatlicher Zuschüsse) an konkrete zeitliche Abläufe geknüpft sind.

Rechtliche Herausforderungen bei Förderprogrammen und Vertragsabwicklung

Der Fall illustriert, dass staatliche Prämien und Förderinstrumente für Käufer und Verkäufer Risiken bergen – insbesondere dann, wenn deren Gewährung von Zulassungsterminen oder weiteren Fristelementen abhängt. Bei Abweichungen von der vertraglich zugesicherten Lieferzeit können erhebliche finanzielle Folgen entstehen, die unmittelbar dem Verkäufer auferlegt werden können. Neben den rein kaufrechtlichen Fragestellungen treten haftungsrechtliche Erwägungen sowie die sorgfältige Berücksichtigung und Dokumentation etwaiger Nachfristen und Vertragsänderungen in den Vordergrund.

Zugleich macht das Urteil deutlich, dass Änderungen der Förderbedingungen während des Verfahrensablaufs keine abschließende Risikoverlagerung auf den Käufer bewirken müssen. Vielmehr verbleibt das Erfüllungsrisiko unter bestimmten Voraussetzungen beim Verkäufer.

Fazit

Die Entscheidung des Amtsgerichts München hebt die zentrale Rolle von Lieferpflichten und staatlichen Förderbedingungen im Kontext des Erwerbs umweltfreundlicher Fahrzeuge hervor. Für alle Beteiligten empfiehlt sich daher ein besonderes Augenmerk auf die Ausgestaltung der Lieferfrist, die Dokumentation von Verzögerungen sowie die rechtzeitige Geltendmachung etwaiger Ansprüche.

Gerne steht Ihnen MTR Legal Rechtsanwälte bei weitergehenden rechtlichen Fragestellungen rund um Vertragsverhältnisse, Haftung bei verzögerter Lieferung und die Einbindung staatlicher Förderprogramme zur Seite.

Quelle: AG München, Urteil vom 19.02.2024, Az. 223 C 15954/23; urteile.news

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