Abmahnung im Zusammenhang mit illegalem Streaming: Rechtliche Hintergründe und Handlungsmöglichkeiten
Mit der stetig wachsenden Nutzung von Streaming-Angeboten im Internet ist auch die Zahl der Abmahnungen gestiegen, die aufgrund vermeintlicher oder tatsächlicher Urheberrechtsverletzungen ausgesprochen werden. Insbesondere das Streaming urheberrechtlich geschützter Inhalte über nicht lizenzierte Plattformen steht dabei im Fokus der Rechteinhaber und ihrer Vertreter. Eine Abmahnung stellt dabei ein bedeutendes Instrument zum Schutz geistigen Eigentums dar und kann weitreichende rechtliche Folgen nach sich ziehen.
Grundlagen: Urheberrecht und Streaming
Das Urheberrechtsgesetz (UrhG) schützt kreative Leistungen wie Musik, Filme oder Serien vor unberechtigter Nutzung. Während der Konsum legaler Streaming-Dienste, die entsprechende Lizenzen vorhalten, zulässig ist, kann das Ansehen von Inhalten auf illegalen Plattformen rechtliche Unsicherheiten bergen. Entscheidend ist, dass das bloße Ansehen eines Streams sich rechtlich vom Herunterladen (Filesharing) unterscheidet. Während beim klassischen Filesharing eine Datei dauerhaft und i.d.R. auch anderen Nutzern zur Verfügung gestellt wird, verbleiben beim Streaming meist temporäre Kopien im Arbeitsspeicher des Endgerätes. Dennoch birgt auch das Streaming potenziell eine Rechtsverletzung, wenn dadurch ein Werk entgegen der Zustimmung des Rechteinhabers öffentlich zugänglich gemacht wird.
Abmahnung: Inhalt und Zielsetzung
Inhalt einer Abmahnung
Eine Abmahnung dient grundsätzlich dem Zweck, eine außergerichtliche Einigung zu erzielen und weitere Rechtsverletzungen zu unterbinden. Sie informiert den Empfänger über eine vermeintliche Verletzung von Urheberrechten und fordert zur Abgabe einer Unterlassungserklärung wie auch zur Zahlung von Schadensersatz und/oder Aufwendungsersatz (i.d.R. Rechtsanwaltskosten) auf.
Abmahnungen im Streaming-Kontext enthalten regelmäßig Angaben zu
- der beanstandeten Rechtsverletzung,
- den zugrunde liegenden Werken,
- dem verletzten Verwertungsrecht,
- einer Frist zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung,
- einer Forderung nach Kostenerstattung.
Zielsetzung der Rechteinhaber
Für Rechteinhaber steht die Verfolgung unrechtmäßiger Nutzung ihrer Werke im Vordergrund, dies umfasst insbesondere Abschreckung und Prävention. Die Identifikation mutmaßlicher Rechtsverletzer erfolgt typischerweise über IP-Adressen, welche von Plattformbetreibern oder im Rahmen richterlicher Anordnungen erhoben werden können.
Rechtslage und aktuelle Entwicklungen
Grenzen der Haftung beim Streaming
Die Rechtsprechung zur Verantwortlichkeit privater Nutzer für illegales Streaming ist komplex und wird kontrovers diskutiert. In der Vergangenheit ging die überwiegende Auffassung davon aus, dass die Vervielfältigungshandlungen beim reinen Streaming (Cache-Speicherung) nicht eindeutig als urheberrechtswidrig eingestuft werden könnten (§ 44a UrhG – flüchtige Vervielfältigungen). Inzwischen existieren jedoch differenziertere Betrachtungen, insbesondere vor dem Hintergrund einschlägiger Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, Urteil v. 26.04.2017, C-527/15). Demnach kann das bewusste Streamen von offensichtlich unrechtmäßig eingestellten Inhalten eine Urheberrechtsverletzung darstellen und damit auch abmahnfähig sein.
Anforderungen an „offensichtliche Rechtswidrigkeit“
Maßgeblich für eine Haftung ist, ob die Rechtswidrigkeit der Quelle für durchschnittliche Nutzer erkennbar ist. Fehlen Impressum, Lizenzangaben oder weisen sonstige Merkmale auf ein rechtswidriges Angebot hin, kann dies zur Annahme bewussten Handelns führen. Bei Unsicherheiten und im Zweifelsfall sollten Nutzer sich daher inhaltlich und technisch umfassend informieren.
Ermittlungsverfahren und Datenschutz
Die Identifikation einzelner Nutzer, insbesondere anhand von IP-Adressen, ist mit strengen datenschutzrechtlichen Anforderungen verbunden. Gerichte müssen in jedem Einzelfall abwägen, ob ein Herausgabeanspruch gegenüber Internetanbietern besteht. Verfahren zu IP-Adressermittlung und deren datenschutzrechtliche Zulässigkeit sind weiterhin Gegenstand gerichtlicher Überprüfungen, es gilt das Prinzip der Unschuldsvermutung.
Folgen einer Abmahnung im Fall von illegalem Streaming
Wird eine Abmahnung wegen angeblich illegalen Streamings zugestellt, stehen Empfänger in einem Spannungsfeld zwischen erheblichen Zahlungsforderungen und der Frage der eigenen Verantwortlichkeit. Gefordert werden zumeist
- Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung,
- Ersatz von Rechtsverfolgungskosten gemäß §§ 97a ff. UrhG,
- (unter Umständen) Schadensersatz aufgrund entgangener Lizenzgebühren.
Eine vorbehaltlose Anerkennung der Forderungen kann mit weitreichenden Konsequenzen verbunden sein, da eine Unterlassungserklärung über Jahre hinaus bindend ist.
Praktische Hinweise zum Umgang mit Abmahnungen
Abmahnungen sind rechtlich relevante Schriftstücke, die keinesfalls ignoriert werden sollten. Es empfiehlt sich stets, die Sach- und Rechtslage sorgfältig zu prüfen – auch unter Berücksichtigung des Einzelfalls und eventueller Besonderheiten im Sachverhalt. Insbesondere sollten Fristen beachtet und eine etwaige Vertragsstrafenregelung hinsichtlich Reichweite und Angemessenheit bewertet werden. Die Beurteilung, ob tatsächlich eine Urheberrechtsverletzung vorliegt, setzt in der Regel eine fundierte Prüfung aller Umstände voraus.
Ausblick und Gesetzesentwicklung
Das Thema illegales Streaming bleibt weiterhin dynamisch, insbesondere mit Blick auf technologische Entwicklungen und Anpassungen im Urheber- und Datenschutzrecht. Gesetzgeber und Gerichte sind bestrebt, einen fairen Ausgleich zwischen den Interessen der Rechteinhaber und der Allgemeinheit zu schaffen. Laufende Verfahren können neue Maßstäbe setzen, deren Auswirkungen jedoch stets im Lichte des konkreten Einzelfalls zu betrachten sind.
Hinweis auf die Rechtslage
Der hier dargestellte Sachverhalt spiegelt den Stand der Gesetzgebung und Rechtsprechung zum Zeitpunkt der Erstellung wider. Verschiedene Gerichte kommen im Einzelfall zu abweichenden Ergebnissen; es besteht daher eine hohe Einzelfallabhängigkeit.
Kontaktaufnahme bei rechtlichen Fragestellungen
Sollten sich in Bezug auf Abmahnungen wegen angeblich illegalem Streaming oder zu den hier behandelten Rechtsfragen Unsicherheiten oder weitergehender Klärungsbedarf ergeben, stehen die Rechtsanwälte von MTR Legal als Ansprechpartner zur Verfügung. Die bundesweit tätige Kanzlei bearbeitet komplexe Sachverhalte in diesem wie in verwandten Rechtsgebieten und kann etwaige Fragen in einem individuellen Rahmen erörtern.