Zeitlich begrenzte Gesellschaftsbeteiligung für Geschäftsführer und Mitarbeiter: Rechtliche Grundlagen und Praxisrelevanz
Die Beteiligung von Führungskräften und Mitarbeitern an der sie beschäftigenden Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) ist in der Unternehmenspraxis ein gängiges Mittel zur Mitarbeiterbindung und Interessengleichrichtung. Insbesondere in Start-ups und wachstumsorientierten Mittelstandsunternehmen werden Mitarbeiterbeteiligungsmodelle zunehmend genutzt, um leistungsorientierte Anreize zu setzen und Schlüsselpersonen am Unternehmenserfolg teilhaben zu lassen. Dabei stellt sich regelmäßig die Frage, inwieweit solche Beteiligungen zeitlich befristet werden dürfen, ohne gegen zwingendes Gesellschaftsrecht oder die Grundrechte der Beteiligten zu verstoßen. Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 26. September 2005 (II ZR 173/04 und II ZR 342/03) hat hierzu grundlegende Leitlinien formuliert.
Gesellschaftsanteile als Bindungsinstrument: Praxis und Motive
Die Überlassung von Gesellschaftsanteilen an Manager und qualifizierte Mitarbeiter verfolgt primär das Ziel, deren Engagement eng an das Wohl der Gesellschaft zu koppeln. Insbesondere bei Geschäftsführern und Führungskräften soll über einen gesellschaftsrechtlichen Mitwirkungseinfluss und eine unmittelbare Beteiligung am wirtschaftlichen Erfolg eine hohe Identifikation erzeugt werden. In der Regel ist diese Koppelung an das bestehende Organ- oder Anstellungsverhältnis gebunden.
Unternehmen streben dabei einen Gleichlauf zwischen der aktiven Mitarbeit und der gesellschaftsrechtlichen Einflussnahme an. Der Erwerb und die Haltepflicht der Anteile werden folglich vertraglich oft an das Fortbestehen der Dienst- oder Organstellung geknüpft, wobei das Ausscheiden regelmäßig den Verlust oder die Pflicht zur Rückübertragung der gehaltenen Anteile zur Folge hat.
Beschränkung der Beteiligungsdauer und gesellschaftsrechtliche Zulässigkeit
Vertragsautonomie und Grenzen der Gestaltungsfreiheit
Die Vertragsparteien sind grundsätzlich darin frei, die Bedingungen für die Gewährung und Aufrechterhaltung der Beteiligung individuell zu regeln. Hierzu zählen insbesondere Laufzeitregelungen sowie Wiedereinziehungs- oder Abtretungsverpflichtungen beim Ausscheiden aus der Organstellung oder aus dem Dienstverhältnis. Der BGH hat in seinen Urteilen klargestellt, dass eine zeitliche Beschränkung der Beteiligung kein unzulässiger Eingriff in die Rechte des Gesellschafters darstellt, sofern kein Gesetzesverstoß, insbesondere gegen zwingende gesellschaftsrechtliche Vorschriften oder wesentliche Allgemeininteressen vorliegt.
Zulässigkeit der Befristung aus gesellschaftsrechtlicher Perspektive
Durch die Möglichkeit, Beteiligungsverhältnisse zeitlich beschränken zu können, wird die Gestaltungsfreiheit der Gesellschaften gestärkt. Nach Auffassung des BGH verstößt es nicht gegen vorgegebene Strukturprinzipien der GmbH, wenn Anteile unter der Bedingung der Aufrechterhaltung eines Dienst- oder Organverhältnisses eingeräumt und für den Fall des Wegfalls dieser Voraussetzung der obligatorische Rückerwerb oder die Übertragung der Anteile an die Gesellschaft oder Dritte vereinbart wird. Der Kernbestand des Gesellschafterstatus bleibt hiervon unberührt, da der Zugang zu den Gesellschafterrechten während der aktiven Zugehörigkeit ungehindert ermöglicht wird.
Vorausgesetzt wird allerdings, dass die Modalitäten für eine solche Rücknahme der Anteile sowie deren Bewertung klar und transparent geregelt sind, sodass der betroffene Gesellschafter nicht unangemessen benachteiligt wird. Ein willkürlicher oder nicht sachlich gerechtfertigter Entzug von Gesellschaftsrechten wäre hingegen unzulässig.
Abgrenzungsfragen zum Kündigungsschutz und zum Verbot der Koppelungsgeschäfte
Mit derartigen Beteiligungsmodellen ist auch die Frage verknüpft, inwiefern hierdurch das zwingende Kündigungsschutzrecht berührt wird oder Umgehungstatbestände vorliegen könnten. Die Rechtsprechung stellt klar, dass die Bindung gesellschaftsrechtlicher Teilhabe an die Organstellung oder das fortbestehende Arbeitsverhältnis für sich genommen keinen Missbrauchstatbestand begründet, solange keine widerrechtliche Druckausübung erfolgt und dem Betroffenen kein existenzsichernder Anteil entzogen wird.
Gestaltungsspielräume und praktische Konsequenzen
Unterschiedliche Ausprägungen von Rückgabeklauseln
In der Vertragspraxis sind vielfältige Ausgestaltungen von Rückgabeklauseln verbreitet. Neben der verpflichtenden Übertragung der Gesellschaftsanteile an andere Gesellschafter oder an die GmbH gegen eine Entschädigung werden auch Andienungsrechte, Vorkaufsrechte oder Call-Optionen vereinbart. Für die Wirksamkeit ist entscheidend, dass die Voraussetzungen für die Beendigung des Beteiligungsverhältnisses eindeutig und für den Beteiligten vorhersehbar geregelt sind.
Bewertungsfragen bei Rückgabe und Abfindung
Ein streitträchtiges Feld bleibt die Bewertung der Anteile im Falle der Rückgabe. Die Rechtsprechung verlangt eine angemessene und sachgerechte Festlegung des Rücknahmepreises, um zu verhindern, dass scheidende Gesellschafter unangemessen benachteiligt werden. Dies gebietet eine gewisse Transparenz der Bewertungsmethoden und die Berücksichtigung der wirtschaftlichen Entwicklung der Gesellschaft bis zum Zeitpunkt der Rückübertragung.
Zusammenfassung und rechtlicher Ausblick
Die aktuelle höchstrichterliche Rechtsprechung hat die grundsätzliche Zulässigkeit zeitlich befristeter Gesellschaftsbeteiligungen von Managern und Mitarbeitern an der sie anstellenden GmbH bestätigt – vorausgesetzt, die vertraglichen Regelungen genügen den Anforderungen des Gesellschafts- und allgemeinen Zivilrechts, benachteiligen die Beteiligten nicht unangemessen und sichern insbesondere die Transparenz der Rückgabe- und Bewertungsmodalitäten. Gesellschaftsrechtliche Konstruktionen und Mitarbeiterbeteiligungsmodelle sind damit einem ausdifferenzierten Gestaltungsregime unterworfen, das sowohl die Unternehmensinteressen als auch die Rechte der Manager und Mitarbeiter in ein faires Gleichgewicht zu bringen versucht.
Angesichts der Komplexität bei der individuellen Ausgestaltung dieser Modelle, insbesondere an den Schnittstellen von Gesellschafts-, Arbeits- und Steuerrecht, empfiehlt es sich, bei der Prüfung der Rechtsposition und Ausgestaltung der Beteiligungsverträge kompetente Unterstützung im Gesellschaftsrecht in Anspruch zu nehmen. Weitere Informationen und Ansprechpartner finden Sie unter Rechtsberatung im Gesellschaftsrecht bei MTR Legal.