Wirecard-Aktionäre gelten als einfache Insolvenzgläubiger ohne Rückzahlung

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Kein Anspruch für Wirecard-Aktionäre auf die Insolvenzmasse: Aktuelle Entscheidung des BGH und ihre Auswirkungen

Mit Urteil vom 13. November 2025 (Az. IX ZR 127/24) hat der Bundesgerichtshof nachdrücklich klargestellt, dass Aktionäre der Wirecard AG im Rahmen des Insolvenzverfahrens nicht als einfache Insolvenzgläubiger an der Masse partizipieren können. Die Entscheidung des BGH steht im Fokus erheblicher gesellschaftsrechtlicher und insolvenzrechtlicher Diskussionen und versetzt viele Anteilseigner in eine schwierige Position. Nachfolgend wird die Entscheidung differenziert beleuchtet und in den Kontext bestehender haftungsrechtlicher Grundsätze gerückt.

Grundlagen: Insolvenzrechtliche Zuordnung von Aktionärsansprüchen

Gesellschafterstellung und Gläubigerprivilegierung

Bereits die gesellschaftsrechtliche Grundordnung sieht vor, dass Aktionäre aufgrund ihrer Stellung als Eigenkapitalgeber grundsätzlich nicht mit den Gläubigern der Gesellschaft gleichgestellt sind. Im Insolvenzfall bedeutet dies, dass sie mit ihren Ansprüchen auf Wertausgleich (z. B. infolge eines Kursverfalls oder vom Kurs abhängiger Investments) regelmäßig hinter die Forderungen gewöhnlicher Insolvenzgläubiger zurücktreten. Das Aktiengesetz sowie einschlägige Regelungen der Insolvenzordnung schließen eine privilegierte Gleichstellung mit externen Gläubigern explizit aus. Die Beteiligung am Unternehmenserfolg – und damit die Übernahme des unternehmerischen Risikos – begründet keine insolvenzrechtlich geschützte Forderungsposition.

Differenzierung nach Anspruchsgrundlagen

Der BGH legte in der aktuellen Entscheidung dar, dass der Erwerb von Wirecard-Aktien im Grundsatz keinen Schadensersatzanspruch gegen die Insolvenzmasse begründet, der im Insolvenzverfahren geltend gemacht werden kann. Dies gilt sowohl für unmittelbare Verlustzuweisungen (z. B. entgangene Dividende, Kursverlust) als auch für den kompensatorischen Ausgleich infolge börsenrelevanter Unregelmäßigkeiten. Selbst bei schwerwiegenden Pflichtverletzungen durch Organe bleibt der gesellschaftsrechtliche Haftungsvorrang unberührt, sodass Ansprüche vorrangig außerhalb des Insolvenzverfahrens zu verfolgen wären, beispielsweise durch Schadensersatzklagen gegen Haftungsadressaten.

Entscheidungsgründe des BGH im Kontext der Wirecard-Insolvenz

Ausschluss aktienrechtlicher Ersatzansprüche aus der Insolvenzmasse

Das zentrale Argument des BGH stützt sich auf den Charakter der Aktie als Repräsentantin einer gesellschaftlichen Beteiligung am Unternehmen. Demzufolge kann allein aus dem Rückgang des Börsenwerts oder der Insolvenz keine Masseforderung abgeleitet werden. Insolvenzrechtliche Forderungen setzen stattdessen ein echtes Schuldverhältnis zwischen Gesellschaft und Anleger voraus, welches durch die bloße Beteiligung am Gesellschaftskapital nicht entsteht. Der Erwerb von Aktien stellt keine vertragliche Grundlage für Ersatzleistungen dar, insbesondere keine solche, die zur Insolvenzforderung qualifiziert.

Zivilrechtliche Ersatzansprüche unter Vorbehalt

Der BGH betont überdies, dass außerhalb des Insolvenzverfahrens zivilrechtliche Ersatzansprüche durchaus denkbar sein können – etwa gegen haftpflichtige Vorstandsmitglieder, Abschlussprüfer oder andere für den Bilanzskandal verantwortliche Personen, sofern eine zurechenbare Pflichtverletzung nachweisbar ist. Jedoch unterliegen diese Ansprüche strengen Anspruchsvoraussetzungen und können nicht pauschal auf das Insolvenzverfahren erstreckt werden. Hinsichtlich der strafrechtlichen Aufarbeitung des Wirecard-Komplexes gilt darüber hinaus die Unschuldsvermutung bis zum endgültigen Abschluss der jeweiligen Verfahren (Stand: März 2024, Quelle: BGH IX ZR 127/24).

Fazit und Folgen für Anteilseigner

Das aktuelle BGH-Urteil bestätigt das traditionelle Verständnis, dass Aktionäre im Insolvenzfall kein privilegiertes Zugriffsrecht auf die Insolvenzmasse haben. Sie bleiben als Eigenkapitalgeber auf den företagsspezifischen Risikoanteil verwiesen und sind weitgehend von der Befriedigung aus der Insolvenzmasse ausgeschlossen. Wird dennoch ein Ersatzanspruch geltend gemacht, ist eine strenge Prüfung der Anspruchsgrundlage und der Haftungsadressaten angezeigt, wobei der Weg über die allgemeine Gläubigerposition für Aktionäre grundsätzlich versperrt ist.

Weiterführender Beratungsbedarf bei komplexen Insolvenzkonstellationen

Gerade in Fällen aufsehenerregender Unternehmensinsolvenzen – wie derjenigen der Wirecard AG – sind die gesellschafts- und insolvenzrechtlichen Abgrenzungen für Anleger und Investoren oft schwierig zu durchdringen. Wer im Zusammenhang mit insolvent gewordenen Aktiengesellschaften Unsicherheiten im Hinblick auf seine Rechtsposition verspürt, kann weiterführende Informationen und Unterstützung im Bereich Insolvenzrecht unter dem Link Rechtsberatung im Insolvenzrecht erhalten. So lassen sich erhebliche Risiken und Fehlinformationen im Vorfeld klären und individuelle Wege zur Anspruchsdurchsetzung prüfen.

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