Legal Lexikon

Wiki»Legal Lexikon»Arbeitsrecht»Zwischenzeugnis

Zwischenzeugnis


Definition und Bedeutung des Zwischenzeugnisses

Das Zwischenzeugnis ist eine besondere Form des Arbeitszeugnisses, die einem Arbeitnehmer während eines laufenden Arbeitsverhältnisses ausgestellt wird. Es dokumentiert die Tätigkeiten, Leistungen und das Verhalten des Arbeitnehmers bis zum Zeitpunkt der Ausstellung. Im Gegensatz zum Endzeugnis, das anlässlich der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erteilt wird, dient das Zwischenzeugnis insbesondere als Nachweis für den bisherigen Verlauf des Arbeitsverhältnisses und als Grundlage für berufliche Veränderungen oder interne Bewerbungen.

Rechtsgrundlagen und Anspruch auf ein Zwischenzeugnis

Gesetzliche Grundlagen

Das Recht auf ein Zwischenzeugnis ist, im Gegensatz zum Anspruch auf ein Endzeugnis gemäß § 109 Gewerbeordnung (GewO), nicht ausdrücklich gesetzlich geregelt. Allerdings hat sich im deutschen Arbeitsrecht ein Anspruch auf Ausstellung eines Zwischenzeugnisses aufgrund allgemeiner arbeitsrechtlicher Grundsätze entwickelt. Dieser Anspruch wird aus § 242 BGB (Grundsatz von Treu und Glauben) abgeleitet, insbesondere in Situationen, in denen ein berechtigtes Interesse des Arbeitnehmers vorliegt.

Anspruchsvoraussetzungen

Ein Zwischenzeugnis kann von Arbeitnehmern insbesondere in folgenden Fällen verlangt werden:

  • Vorgesetztenwechsel: Der Wechsel einer Führungskraft rechtfertigt regelmäßig das Interesse an einer schriftlichen Beurteilung der bisherigen Leistungen unter dem bisherigen Vorgesetzten.
  • Betriebs- oder Abteilungswechsel: Veränderungen in der betrieblichen Organisation oder ein Wechsel in eine andere Abteilung begründen in der Regel das Interesse an einer objektiven und unabhängigen Beurteilung.
  • Betriebsübernahme oder Umstrukturierung: Bei Fusionen, Betriebsteilungen oder -übernahmen kann ein Zwischenzeugnis zur Dokumentation des bisherigen Beschäftigungsverhältnisses erforderlich sein.
  • Langandauernde Abwesenheit: Bei längerer Elternzeit, Krankheit oder sonstigen Unterbrechungen wird ein Zwischenzeugnis zur Sicherung des Leistungsstandes empfohlen.
  • Bewerbung auf eine andere Stelle: Nicht selten dient das Zwischenzeugnis der Bewerbung auf interne oder externe Stellen.
  • Sonstige berechtigte Interessen: Auch konjunkturbedingt oder im Rahmen von Personalabbaumaßnahmen kann ein berechtigtes Interesse am Zwischenzeugnis bestehen.

Arbeitgeber sind verpflichtet, dem berechtigten Wunsch eines Arbeitnehmers auf Erstellung eines Zwischenzeugnisses nachzukommen.

Inhalt und Form des Zwischenzeugnisses

Form und Aufbau

Das Zwischenzeugnis unterliegt denselben formalen Anforderungen wie das Endzeugnis. Es wird in der Regel schriftlich erteilt und ist auf Geschäftspapier auszustellen. Es muss wahrheitsgemäß, wohlwollend sowie klar und verständlich formuliert sein. Das Zeugnis ist gemäß der Zeugniswahrheit und Zeugniswohlwollenspflicht zu verfassen.

Inhaltliche Anforderungen

Ein Zwischenzeugnis enthält folgende Elemente:

  • Persönliche und betriebliche Angaben: Darstellung von Name, Geburtsdatum, Position sowie Beschäftigungszeitraum und Abteilung(en).
  • Beschreibung der Tätigkeit: Detaillierte Schilderung der bisher ausgeübten Aufgaben und Verantwortungsbereiche.
  • Beurteilung der Arbeitsleistung: Bewertung der Arbeitsergebnisse, Fachkenntnisse, Arbeitsweise und Belastbarkeit.
  • Beurteilung des Sozialverhaltens: Aussage zum Verhalten gegenüber Vorgesetzten, Kollegen und gegebenenfalls Kunden.
  • Schlussformulierung: Aufgrund des andauernden Arbeitsverhältnisses fehlt im Zwischenzeugnis die Schlussformel, mit der üblicherweise Bedauern über das Ausscheiden oder Wünsche für die Zukunft geäußert werden.

Rechtliche Bedeutung und Funktion

Beweisfunktion und Schutzwirkung

Ein Zwischenzeugnis dient als wichtiger Nachweis über die bisherige Beschäftigungsdauer, Tätigkeiten und Leistungen. Im Falle späterer Streitigkeiten über die Bewertung im Endzeugnis kann das Zwischenzeugnis als Beweismittel dienen. Weicht das Endzeugnis negativ vom Zwischenzeugnis ab, ist der Arbeitgeber darlegungs- und beweispflichtig für eine nachträgliche Verschlechterung der Leistungen.

Bindungswirkung

Ein erteiltes Zwischenzeugnis entfaltet eine gewisse Bindungswirkung für das Abschlusszeugnis. Soweit keine wesentlichen negativen Ereignisse oder Veränderungen eingetreten sind, darf das Endzeugnis grundsätzlich nicht schlechter ausfallen als das Zwischenzeugnis. Dies folgt aus dem Grundsatz fairer Zeugnisvergabe und der Vermeidung von Willkür.

Anspruchsdurchsetzung

Verweigert der Arbeitgeber die Ausstellung eines Zwischenzeugnisses trotz berechtigtem Interesse, besteht die Möglichkeit, diesen Anspruch gerichtlich geltend zu machen. Das Arbeitsgericht kann im Wege der Leistungsklage den Arbeitgeber zur Ausstellung verpflichten. Der Arbeitnehmer hat hierbei keinen Anspruch auf ein Zwischenzeugnis mit frei wählbarem Inhalt, sondern lediglich auf eine wohlwollende, der Wahrheit entsprechende Beurteilung.

Unterschiede zu anderen Zeugnissen

Ein Zwischenzeugnis unterscheidet sich vom Endzeugnis vor allem dadurch, dass es das Arbeitsverhältnis nicht beendet und deshalb keine abschließende Bewertung oder Schlussformel enthält. Das einfache Zeugnis hingegen beschränkt sich lediglich auf Angaben zu Art und Dauer der Beschäftigung ohne Leistungsbewertung.

Praktische Hinweise zum Umgang mit dem Zwischenzeugnis

Änderungsverlangen und Berichtigung

Arbeitnehmer können auf Berichtigung eines fehlerhaften oder missverständlichen Zwischenzeugnisses bestehen. Im Streitfall ist das Arbeitsgericht zuständig. Bei gravierenden Änderungen der Leistungsverhältnisse oder Tätigkeiten kann grundsätzlich ein weiteres Zwischenzeugnis verlangt werden.

Aufbewahrung und Verwendung

Ein Zwischenzeugnis sollte sorgfältig aufbewahrt und in Bewerbungsunterlagen, insbesondere bei internen Stellenwechseln, verwendet werden. Es kann im Bewerbungsprozess ein wichtiges Auswahlkriterium darstellen.

Literatur und weiterführende Rechtsprechung

  • § 109 Gewerbeordnung (GewO)
  • § 242 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
  • Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 16. Oktober 2007 – 9 AZR 248/07
  • Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 14. Juli 1993 – 5 AZR 273/92

Hinweis: Der Artikel bietet eine umfassende und allgemein gehaltene Darstellung. Individuelle Besonderheiten können abweichen und bedürfen im Einzelfall einer eingehenden Prüfung anhand der aktuellen Gesetzeslage und Rechtsprechung.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen erfüllt sein, um Anspruch auf ein Zwischenzeugnis zu haben?

Ein Anspruch auf die Ausstellung eines Zwischenzeugnisses ergibt sich in Deutschland grundsätzlich aus den arbeitsrechtlichen Nebenpflichten des Arbeitgebers. Nach § 109 GewO (Gewerbeordnung) besteht zwar nur ein unmittelbarer Anspruch auf ein Endzeugnis bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses, jedoch leitet sich das Recht auf ein Zwischenzeugnis aus den allgemeinen Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) ab. Anspruchsberechtigt ist der Arbeitnehmer in Situationen, in denen ein berechtigtes Interesse an der Ausstellung besteht, beispielsweise bei einem Vorgesetztenwechsel, einer Versetzung, einer geplanten innerbetrieblichen Veränderung, längerer Abwesenheit (wie Elternzeit oder Krankheit), Bewerbung auf interne oder externe Stellen oder bei Unklarheiten über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses. Gesetzliche Fristen für einen Antrag auf ein Zwischenzeugnis bestehen nicht, jedoch sollte der Arbeitnehmer sein berechtigtes Interesse plausibel begründen können. Arbeitgeber sind zur wohlwollenden Ausstellung verpflichtet, dürfen jedoch im Rahmen des Zeugnisses nur wahre und vollständige Angaben machen.

Kann der Arbeitgeber die Ausstellung eines Zwischenzeugnisses verweigern?

Der Arbeitgeber darf die Ausstellung eines Zwischenzeugnisses nur dann verweigern, wenn kein triftiger Grund bzw. kein berechtigtes Interesse des Arbeitnehmers vorliegt. Im Falle eines berechtigten Interesses, das der Arbeitnehmer glaubhaft machen muss, besteht eine rechtliche Pflicht zur Ausstellung. Verweigert der Arbeitgeber dennoch die Ausstellung eines geforderten Zwischenzeugnisses trotz plausibel dargelegten Interesses, so kann der Arbeitnehmer seinen Anspruch gerichtlich durchsetzen, meist im Wege einer Klage vor dem zuständigen Arbeitsgericht. Die Beweislast für das Vorliegen des berechtigten Interesses liegt beim Arbeitnehmer, das Gericht prüft im Streitfall die Geeignetheit und Schlüssigkeit des vorgetragenen Grundes.

Welche Formvorschriften gelten für ein Zwischenzeugnis aus rechtlicher Sicht?

Zwischenzeugnisse müssen schriftlich erteilt werden, wobei die strengere „Schriftform“ im Sinn von § 126 BGB (mit eigenhändiger Unterschrift) nicht explizit verpflichtend ist. In der Praxis wird jedoch regelmäßig ein unterschriebenes Papierdokument verlangt und akzeptiert. Ein Zeugnis in elektronischer Form kann vom Arbeitnehmer abgelehnt werden (§ 109 Abs. 3 GewO). Inhaltlich muss das Zwischenzeugnis die wesentlichen Angaben zur Person des Arbeitnehmers, dessen Tätigkeitsbeschreibung sowie eine Leistungs- und Verhaltensbeurteilung enthalten. Der Arbeitgeber muss bei der Ausstellung denselben Maßstab anlegen wie bei einem Endzeugnis hinsichtlich Wahrheit, Klarheit (§ 109 Abs. 2 GewO) und Wohlwollen. Ein Arbeitszeugnis – und damit auch ein Zwischenzeugnis – darf keine Formulierungen enthalten, die eine andere als die aus der äußeren Form oder dem Wortlaut ersichtliche Aussage über den Arbeitnehmer treffen.

Auf welche Inhalte hat ein Arbeitnehmer beim Zwischenzeugnis aus rechtlicher Sicht Anspruch?

Rechtlich ist der Arbeitgeber verpflichtet, ein „wahres“ und „wohlwollendes“ Zeugnis zu erteilen, wobei diese beiden Anforderungen auch für ein Zwischenzeugnis maßgeblich sind. Die Mindestinhalte umfassen Angaben zu personenbezogenen Daten (Name, Geburtsdatum, Beschäftigungsdauer), eine genaue Tätigkeitsbeschreibung sowie eine Leistungs- und Verhaltensbeurteilung. Auf Verlangen des Arbeitnehmers können weitere Inhalte wie besondere Erfolge oder Qualifikationen aufgenommen werden, sofern dies der Wahrheit entspricht. Rechtsgrundlage ist auch hier § 109 GewO. Formulierungen, die den weiteren beruflichen Werdegang des Arbeitnehmers erschweren könnten, sind unzulässig. Zwischenzeugnisse dürfen im Grundsatz weder Andeutungen noch verschlüsselte Negativbewertungen oder sogenannte Geheimcodes enthalten.

Welche rechtlichen Möglichkeiten hat ein Arbeitnehmer, wenn das Zwischenzeugnis fehlerhaft oder unvorteilhaft formuliert wurde?

Erweist sich das ausgestellte Zwischenzeugnis als inhaltlich unrichtig, unvollständig oder durch versteckte Negativeinschätzungen als unvorteilhaft, steht dem Arbeitnehmer ein Berichtigungsanspruch zu. Zunächst sollte der Arbeitnehmer den Arbeitgeber zu einer Korrektur auffordern, gegebenenfalls unter Nennung der konkret gewünschten Änderungen, sofern diese der Wahrheit und Billigkeit entsprechen. Kommt der Arbeitgeber dem nicht nach, besteht die Option, Klage beim zuständigen Arbeitsgericht auf Berichtigung oder Ausstellung eines neuen Zwischenzeugnisses zu erheben. Das Gericht prüft dabei, ob die Formulierungen des Zeugnisses, insbesondere in Bezug auf Leistung und Verhalten, den tatsächlichen Verhältnissen entsprechen und ob sie geeignet sind, den Arbeitnehmer im beruflichen Fortkommen zu beeinträchtigen. Die Darlegungs- und Beweislast für die Erfüllung oder Nicht-Erfüllung bestimmter Arbeitsleistungen liegt grundsätzlich beim Arbeitgeber.

Darf ein erteiltes Zwischenzeugnis später als Grundlage für das Endzeugnis verwendet werden?

Rechtlich kann der Arbeitnehmer grundsätzlich verlangen, dass das Endzeugnis inhaltlich nicht ohne triftigen Grund schlechter bewertet ausfällt als das zuvor erteilte, wohlwollende Zwischenzeugnis. Die Rechtsprechung erkennt das sogenannte „Bindungswirkung“-Prinzip an (z.B. BAG, Urteil vom 16.10.2007 – 9 AZR 248/07), sodass der Arbeitgeber Abweichungen im Endzeugnis im Verhältnis zum Zwischenzeugnis begründen muss, wenn sich die Leistung und das Verhalten des Arbeitnehmers nicht wesentlich verschlechtert haben. Änderungen oder Verschlechterungen im Endzeugnis müssen daher objektiv nachvollziehbar und belegbar sein, anderenfalls hat der Arbeitnehmer einen Berichtigungsanspruch gegen das Endzeugnis.

Ist der Arbeitgeber verpflichtet, die Ausstellung des Zwischenzeugnisses zu einem bestimmten Zeitpunkt vorzunehmen?

Eine ausdrückliche gesetzliche Frist zur Ausstellung eines Zwischenzeugnisses ist nicht geregelt. Nach Zugang des Antrags auf ein Zwischenzeugnis muss der Arbeitgeber jedoch in angemessener Zeit reagieren. Was als „angemessen“ gilt, hängt vom Einzelfall ab, insbesondere von der betrieblichen Organisation und dem Umfang der zu beurteilenden Tätigkeiten. In der Regel wird ein Zeitraum von wenigen Werktagen als ausreichend angesehen. Zieht sich die Erstellung über einen längeren, nicht begründbaren Zeitraum hin, riskiert der Arbeitgeber eine arbeitsrechtliche Aufforderung oder im schlimmsten Fall eine gerichtliche Klärung. Der Arbeitnehmer kann verlangen, dass das Zwischenzeugnis entsprechend seinem Momentanantrag den aktuellen Stand widerspiegelt.

Können im Zwischenzeugnis Rechtsmittel gegen den Arbeitgeber eingelegt werden?

Formal besteht keine eigenständige „Berufung“ oder „Beschwerde“ gegen das Zeugnis als solches. Der juristische Weg zur Korrektur eines unzureichenden oder fehlerhaften Zwischenzeugnisses führt über den zivilrechtlichen Klageweg zum Arbeitsgericht. Der Arbeitnehmer kann hier auf Ausstellung, Berichtigung oder Ergänzung des Zeugnisses klagen. Während des Verfahrens gelten die allgemeinen arbeitsprozessualen Vorschriften. Eine außergerichtliche gütliche Einigung ist üblich und oft zweckmäßig. Im zivilrechtlichen Verfahren entscheidet das Gericht auf Antrag und innerhalb des Parteienvortrages, was im konkreten Fall angemessen und gemäß den gesetzlichen Anforderungen ist.