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Zwischenzeugnis

Zwischenzeugnis: Begriff, Einordnung und Bedeutung

Ein Zwischenzeugnis ist eine schriftliche Beurteilung der bisherigen Leistung und des Verhaltens einer beschäftigten Person während eines laufenden Arbeitsverhältnisses. Es dokumentiert den Stand der Zusammenarbeit bis zu einem bestimmten Zeitpunkt und dient als Nachweis für berufliche Qualifikationen, Entwicklung und Einsatzbereiche. Anders als das Endzeugnis wird es nicht bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses erteilt, sondern anlassbezogen währenddessen.

Seine Funktionen sind vielfältig: Es schafft Transparenz über die bisherige Tätigkeit, erleichtert interne und externe Bewerbungen, unterstützt Personalentwicklungsprozesse und kann für Laufbahn- oder Vergütungsfragen von Bedeutung sein. Inhaltlich orientiert es sich am qualifizierten Arbeitszeugnis, bleibt jedoch auf den zurückliegenden Zeitraum begrenzt.

Rechtsnatur und Grundprinzipien

Das Zwischenzeugnis steht im Spannungsfeld zwischen wahrheitsgemäßer Darstellung und wohlwollender Formulierung. Es soll die tatsächlichen Leistungen und das gezeigte Verhalten zutreffend wiedergeben und zugleich den beruflichen Werdegang nicht ungerechtfertigt erschweren. Die Formulierungen müssen klar, verständlich und frei von Mehrdeutigkeiten sein.

Typische Maßstäbe sind:

  • Wahrheit: Keine objektiv unzutreffenden Darstellungen.
  • Wohlwollen: Keine missverständlichen Negativ-Codes oder herabsetzenden Andeutungen.
  • Klarheit: Verzicht auf versteckte Botschaften, die den Sinn entstellen.
  • Relevanz: Beschränkung auf arbeitsbezogene Tatsachen und Bewertungen.

Anspruchsvoraussetzungen und Anlässe

Ein allgemeiner dauerhafter Anspruch ohne Anlass besteht nicht. Ein berechtigtes Interesse ist maßgeblich. Solche Anlässe können insbesondere sein:

  • Wechsel der direkten Führungskraft oder der Organisationseinheit
  • Interne Versetzung, Beförderung oder Veränderung der Tätigkeit
  • Geplante berufliche Neuorientierung, Bewerbungen oder Fortbildungsmaßnahmen
  • Längere Unterbrechungen (z. B. Elternzeit) oder längere Firmenzugehörigkeit ohne aktuelle Beurteilung
  • Betriebsübergang, Umstrukturierungen oder wirtschaftliche Sondersituationen
  • Ablauf einer Befristungsvorvereinbarung oder Probezeit

Die Häufigkeit der Ausstellung orientiert sich am sachlichen Anlass und der Zumutbarkeit. Ein zeitlicher Zusammenhang zum Anlass ist üblich, damit die Beurteilung aktuell bleibt.

Form und äußere Gestaltung

Zwischenzeugnisse werden schriftlich erteilt, in der Regel auf offiziellem Firmenpapier mit Ort, Datum und eigenhändiger Unterschrift einer zeichnungsbefugten Person. Korrekturen, Durchstreichungen oder uneinheitliche Formatierung werden vermieden. Rechtschreibung, Gliederung und Lesbarkeit sind wesentliche Qualitätsmerkmale.

Eine digitale Erteilung ist möglich, wenn Authentizität und Integrität sichergestellt sind. Eine qualifizierte elektronische Signatur kann die Zuordnung und Unveränderbarkeit unterstützen. Die sprachliche Fassung erfolgt üblicherweise in Deutsch; übersetzte Fassungen sind als solche erkennbar.

Inhaltliche Struktur eines qualifizierten Zwischenzeugnisses

Stammdaten und Tätigkeitsbeschreibung

Üblich sind vollständiger Name, Beginn des Arbeitsverhältnisses sowie die aktuelle Funktion. Es folgt eine präzise Beschreibung der Aufgaben, Verantwortungsbereiche, Kompetenzen und etwaiger Leitungsfunktionen. Wichtige Änderungen der Position oder des Aufgabenprofils werden zeitlich eingeordnet.

Leistungsbeurteilung

Bewertet werden Arbeitsqualität, Fachkenntnisse, Auffassungsgabe, Selbstständigkeit, Zuverlässigkeit, Belastbarkeit, Ergebnisorientierung und besondere Erfolge. Bei Führungsverantwortung kommen Aspekte wie Mitarbeiterführung, Kommunikationsfähigkeit, Delegation, Motivation und Entwicklung des Teams hinzu.

Verhaltensbeurteilung

Das Sozialverhalten im Arbeitskontext wird gegenüber Vorgesetzten, Kolleginnen und Kollegen sowie externen Kontaktpersonen (z. B. Kundschaft, Geschäftspartner) dargestellt. Die Bewertung bleibt knapp, eindeutig und ohne wertende Details, die nicht arbeitsrelevant sind.

Schlussformel und Ausblick

Zwischenzeugnisse enthalten keine Beendigungsformeln. Dank- und Wunschformeln können vorkommen, sind aber nicht zwingend. Aussagen über Gründe einer möglichen Trennung sind nicht Bestandteil.

Notenskala, Sprache und zulässige Formulierungen

In der Praxis finden sich standardisierte Formulierungen, die einer Notenskala ähneln. Entscheidend ist die Verständlichkeit ohne versteckte Negativcodierungen. Unklare Andeutungen oder ironische Wendungen sind unzulässig. Die Bewertung muss in sich stimmig sein, d. h. Tätigkeitsbeschreibung, Leistungs- und Verhaltensurteil passen zusammen.

Unzulässig sind Hinweise auf private oder besonders schützenswerte Informationen, die für die Tätigkeit nicht erforderlich sind, darunter Gesundheitsdaten, Familienplanung, religiöse oder politische Ansichten, Gewerkschaftszugehörigkeit, ethnische Herkunft oder vergleichbare sensible Themen.

Besondere Konstellationen

Teilzeit, Befristung und Auszubildende

Die Grundsätze gelten unabhängig vom Beschäftigungsumfang. Bei befristeten Verhältnissen oder Ausbildung kann ein Zwischenzeugnis dem Nachweis des Lern- und Entwicklungsstandes dienen. Es wird an den Ausbildungs- und Tätigkeitsplan angepasst.

Längere Abwesenheiten

Längere Fehlzeiten können erwähnt werden, wenn sie den Beurteilungszeitraum wesentlich prägen. Angaben zur Ursache erfolgen nicht, sofern sie nicht arbeitsrelevant sind. Die Bewertung konzentriert sich auf die tatsächlich erbrachten Leistungen.

Öffentlicher Dienst und leitende Funktionen

Auch im öffentlichen Dienst gelten die Grundsätze der Wahrheit, Klarheit und wohlwollenden Sprache. Bei Leitungsfunktionen tritt die Führungs- und Ergebnisverantwortung stärker in den Vordergrund.

Grenzen, Pflichten und typische Fehlerquellen

  • Keine abwertenden, doppeldeutigen oder chiffrierten Aussagen.
  • Keine Erwähnung nicht arbeitsbezogener Privatsachverhalte.
  • Keine widersprüchlichen Bewertungen (etwa Spitzenleistung bei gleichzeitig geringer Ergebnisqualität).
  • Klarer zeitlicher Bezug zum Beurteilungszeitraum.
  • Einheitliches, professionelles Layout ohne Korrekturspuren.

Berichtigung und Streit über den Inhalt

Bei Uneinigkeit über Inhalt oder Bewertung kann eine Berichtigung verlangt werden. Streitpunkte betreffen häufig die Gesamtnote, die Gewichtung einzelner Leistungsaspekte, die Beschreibung der Aufgaben oder das Fehlen wesentlicher Tätigkeiten. Maßgeblich ist die sachliche, überprüfbare Darstellung des bisherigen Verlaufs.

Datenschutz, Aufbewahrung und Verwendung

Zwischenzeugnisse enthalten personenbezogene Daten und gehören regelmäßig zur Personalakte. Sie dürfen nur zweckgebunden verarbeitet und aufbewahrt werden. Betroffene Personen haben Anspruch auf transparente Informationen über die Verarbeitung. Unnötige oder veraltete Daten werden nicht dauerhaft vorgehalten, und die Weitergabe erfolgt nur im zulässigen Rahmen.

Abgrenzung zu Endzeugnis und einfacher Bestätigung

Das Endzeugnis wird bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses erteilt und umfasst den gesamten Beschäftigungszeitraum. Das Zwischenzeugnis beschränkt sich auf den Zeitraum bis zum Ausstellungsdatum. Neben qualifizierten Zeugnissen existieren einfache Bestätigungen, die nur Art und Dauer der Tätigkeit wiedergeben; beim Zwischenzeugnis ist die qualifizierte Form üblich, weil sie eine Bewertung enthält.

Internationale Bezüge

In internationalen Kontexten wird das Zwischenzeugnis häufig als Referenz oder interim reference bezeichnet. Inhalt und Bedeutung ähneln, sind jedoch nicht überall standardisiert. Übersetzungen sollen die Aussagen inhaltlich korrekt und ohne Sinnverschiebung wiedergeben.

Häufig gestellte Fragen (FAQ) zum Zwischenzeugnis

Was ist ein Zwischenzeugnis und wie unterscheidet es sich vom Endzeugnis?

Ein Zwischenzeugnis bewertet Leistung und Verhalten während eines bestehenden Arbeitsverhältnisses bis zum Ausstellungsdatum. Das Endzeugnis wird bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses erstellt und umfasst den gesamten Beschäftigungszeitraum. Dank- und Bedauernsformeln sind typischerweise dem Endzeugnis vorbehalten.

Wann besteht ein Anspruch auf ein Zwischenzeugnis?

Ein Anspruch entsteht in der Regel bei berechtigtem Interesse, etwa bei Wechsel der Führungskraft, interner Veränderung, Bewerbungen, längerer Unterbrechung oder wesentlichen organisatorischen Änderungen. Ein genereller Anspruch ohne Anlass besteht nicht.

Welche Inhalte darf ein Zwischenzeugnis enthalten?

Zulässig sind Angaben zur Person, Beschäftigungsdauer, Funktion, Tätigkeiten, Leistungs- und Verhaltensbeurteilung sowie besondere Erfolge. Unzulässig sind nicht arbeitsrelevante private Informationen oder sensible Daten.

Darf ein Zwischenzeugnis Codes oder versteckte Hinweise enthalten?

Versteckte Negativcodierungen oder doppeldeutige Formulierungen sind unzulässig. Die Aussagen müssen klar, verständlich und ohne Hintergedanken sein. Die Bewertung hat in sich stimmig und nachvollziehbar zu erfolgen.

In welcher Form muss ein Zwischenzeugnis erteilt werden?

Üblich ist die schriftliche Erteilung auf offiziellem Firmenpapier mit Datum und Unterschrift einer befugten Person. Eine digitale Erteilung ist möglich, wenn Authentizität und Integrität gewahrt sind, etwa durch eine geeignete elektronische Signatur.

Können Bewertungen aus dem Zwischenzeugnis im Endzeugnis übernommen werden?

Bewertungen aus dem Zwischenzeugnis können als Anhaltspunkt dienen. Maßgeblich für das Endzeugnis ist jedoch die Gesamtleistung bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Änderungen im Leistungsbild oder neue Entwicklungen werden berücksichtigt.

Wie wird mit längeren Fehlzeiten im Zwischenzeugnis umgegangen?

Längere Fehlzeiten können erwähnt werden, wenn sie den Beurteilungszeitraum prägen. Angaben zu Ursachen unterbleiben, sofern sie nicht arbeitsrelevant sind. Die Bewertung richtet sich nach den tatsächlich erbrachten Leistungen.

Welche datenschutzrechtlichen Aspekte sind zu beachten?

Zwischenzeugnisse enthalten personenbezogene Daten und werden zweckgebunden verarbeitet. Sie sind Bestandteil der Personalakte, werden vertraulich behandelt und nur in zulässiger Weise weitergegeben. Betroffene Personen haben Anspruch auf transparente Information über die Verarbeitung.