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Zweiteilung der Straftaten

Zweiteilung der Straftaten: Begriff, Bedeutung und Systematik

Die Zweiteilung der Straftaten bezeichnet die Einordnung strafbarer Handlungen in zwei Hauptkategorien: Verbrechen und Vergehen. Diese Einteilung erfolgt nach der im Gesetz vorgesehenen Strafandrohung und dient als grundlegendes Ordnungsprinzip des Strafrechts. Sie erleichtert das Verständnis der Schwere eines Delikts, bestimmt die Reichweite strafrechtlicher Regeln und hat vielfältige Auswirkungen auf das Strafverfahren.

Verbrechen

Verbrechen sind Straftaten mit besonders hoher gesetzlicher Mindeststrafe. Sie kennzeichnen sich durch erhebliche Rechtsgutsverletzungen und werden mit entsprechend gewichtigen Sanktionen bedroht. In der Praxis sind Verbrechen regelmäßig vorsätzlich begangene Taten von erheblicher Schwere.

Vergehen

Vergehen sind Straftaten geringerer Schwere. Die gesetzlich angedrohte Mindeststrafe liegt niedriger als bei Verbrechen oder umfasst Geldstrafe. Vergehen decken ein breites Spektrum ab, das von alltäglichen Delikten bis zu gravierenderen, aber nicht schwersten Rechtsverstößen reicht.

Abgrenzung zu Ordnungswidrigkeiten

Ordnungswidrigkeiten sind keine Straftaten und gehören nicht zur Zweiteilung. Sie werden mit Geldbußen geahndet und dienen vor allem der Ahndung von Regelverstößen mit geringerer Unrechtsintensität. Die Unterscheidung ist bedeutsam, weil auf Ordnungswidrigkeiten andere verfahrensrechtliche und materiellrechtliche Regeln angewendet werden.

Historische und systematische Einordnung

Von der Dreiteilung zur Zweiteilung

Historisch existierten Rechtsordnungen mit einer Dreiteilung in Verbrechen, Vergehen und Übertretungen. Im deutschen Rechtskreis wurde die Kategorie der Übertretungen abgeschafft und durch das System der Ordnungswidrigkeiten außerhalb des Strafrechts ersetzt. Heute ist die Zweiteilung in Verbrechen und Vergehen das prägende System.

Vergleichbare Einteilungen in anderen Rechtskreisen

International bestehen ähnliche Kategorien. In manchen Staaten wird in schwere und leichtere Delikte (etwa als „felonies“ und „misdemeanors“) unterschieden. Andere Rechtsordnungen behalten eine Dreiteilung bei. Diese Vergleiche zeigen, dass die systematische Abstufung der Deliktsschwere ein verbreitetes Ordnungsprinzip ist, das jedoch je nach Land unterschiedlich ausgestaltet wird.

Rechtsfolgen der Einteilung

Strafrahmen und Strafzumessung

Die Einordnung bestimmt den gesetzlichen Strafrahmen und prägt die konkrete Zumessung. Verbrechen unterliegen regelmäßig höheren Mindest- und Höchststrafen. Bei Vergehen ist das Spektrum breiter und reicht häufig bis zur Geldstrafe. Die Zweiteilung wirkt damit unmittelbar auf die mögliche Sanktion.

Versuch und Rücktritt

Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar. Beim Versuch eines Vergehens ist die Strafbarkeit davon abhängig, ob das Gesetz sie ausdrücklich vorsieht. Rücktrittsregelungen, die das Absehen von Strafe oder eine Milderung ermöglichen können, gelten unabhängig von der Einteilung, knüpfen aber an die Versuchssituation an.

Teilnahmeformen (Anstiftung und Beihilfe)

Die allgemeinen Regeln zur Teilnahme gelten sowohl für Verbrechen als auch für Vergehen. Die Einordnung kann jedoch mittelbar Bedeutung gewinnen, etwa wenn die Versuchsstrafbarkeit bei Vergehen fehlt und damit auch eine Teilnahme am bloßen Versuch nicht in Betracht kommt.

Fahrlässiges Verhalten

Fahrlässige Delikte zählen in der Praxis regelmäßig zu den Vergehen. Verbrechen setzen typischerweise vorsätzliches Handeln voraus, da sie an eine hohe Mindeststrafe anknüpfen. Ein fahrlässiges Verbrechen ist im geltenden System äußerst ungewöhnlich.

Prozessuale Folgen

Die Zweiteilung hat spürbare Auswirkungen im Verfahren:

  • Zuständigkeit der Gerichte: Schwere Delikte (typisch Verbrechen) werden häufiger vor höheren Gerichten verhandelt; bei Vergehen ist oftmals das Eingangsgericht zuständig.
  • Pflichtverteidigung: Bei dem Vorwurf eines Verbrechens greifen besondere Verteidigungsregeln, die einen Beistand im Verfahren sicherstellen.
  • Strafbefehlsverfahren: Dieses vereinfachte Verfahren ist grundsätzlich auf Vergehen zugeschnitten; Verbrechen sind davon ausgenommen.
  • Ermittlungsmaßnahmen: Bestimmte, besonders eingriffsintensive Maßnahmen knüpfen an die Schwere der Tat an, die häufig bei Verbrechen erreicht ist.

Verjährung und Registereintragungen

Verjährungsfristen und Eintragungen in behördliche Register orientieren sich regelmäßig an der gesetzlichen Strafandrohung. Da Verbrechen typischerweise höhere Strafrahmen aufweisen, ergeben sich hieraus mittelbar längere Fristen oder strengere Folgen. Die Einordnung ist damit nicht allein ausschlaggebend, aber ein wichtiger Indikator über die Schwere der Rechtsfolgen.

Jugendstrafrecht und Kollektivträger

Auch im Jugendstrafrecht bleibt die Einteilung in Verbrechen und Vergehen bestehen; die Rechtsfolgen richten sich jedoch nach eigenständigen Grundsätzen, die stärker erzieherisch ausgerichtet sind. Für Kollektivträger bestehen in Deutschland keine allgemeinen Straftatbestände; stattdessen kommen besondere Sanktionen außerhalb des Strafrechts in Betracht. Die Zweiteilung betrifft daher in erster Linie natürliche Personen.

Grenzfälle und Umqualifizierung

Gesetzesänderungen

Ändert der Gesetzgeber den Strafrahmen eines Delikts, kann sich die Einordnung verschieben. Maßgeblich ist grundsätzlich die Rechtslage zum Tatzeitpunkt. Wird das Gesetz später milder, ist zu prüfen, ob das mildere Recht zur Anwendung kommt. Eine reine Umbenennung ohne Veränderung der Strafandrohung ändert die Einordnung nicht.

Mehrere Delikte in Tateinheit oder Tatmehrheit

Bei mehreren gleichzeitig zu beurteilenden Taten kann ein Verbrechen das Gewicht des Verfahrens prägen, auch wenn daneben Vergehen stehen. Dies beeinflusst etwa die Gerichtsbesetzung und die Verfahrensführung. Die Einordnung erfolgt für jede Einzeltat gesondert; prozessual kann jedoch die schwerste Tat maßgeblich sein.

Häufig gestellte Fragen

Was bedeutet „Zweiteilung der Straftaten“?

Die Zweiteilung ist die systematische Einordnung aller Straftaten in zwei Gruppen: Verbrechen (schwere Taten mit hoher Mindeststrafe) und Vergehen (weniger schwere Taten mit niedrigerer Mindeststrafe oder Geldstrafe). Sie ordnet das Strafrecht nach der Deliktsschwere.

Woran erkennt man, ob eine Tat ein Verbrechen oder ein Vergehen ist?

Entscheidend ist die im Gesetz vorgesehene Mindeststrafe. Liegt sie besonders hoch, handelt es sich um ein Verbrechen; liegt sie niedriger oder ist eine Geldstrafe vorgesehen, handelt es sich um ein Vergehen.

Ist der Versuch eines Vergehens strafbar?

Der Versuch eines Verbrechens ist immer strafbar. Beim Vergehen ist der Versuch nur strafbar, wenn das Gesetz dies ausdrücklich bestimmt. Fehlt eine solche Bestimmung, bleibt der Versuch eines Vergehens straflos.

Können fahrlässige Taten Verbrechen sein?

In der Praxis sind fahrlässige Taten Vergehen. Verbrechen setzen regelmäßig vorsätzliches Handeln voraus, da sie mit einer hohen Mindestfreiheitsstrafe belegt sind.

Welche Auswirkungen hat die Einteilung auf das Gerichtsverfahren?

Die Einteilung beeinflusst unter anderem die Zuständigkeit der Gerichte, die Frage einer Pflichtverteidigung, die Zulässigkeit eines Strafbefehlsverfahrens und teilweise die Voraussetzungen für bestimmte Ermittlungsmaßnahmen.

Hat die Einteilung Einfluss auf die Verjährung?

Mittelbar ja. Verjährungsfristen orientieren sich an der gesetzlichen Strafandrohung. Da Verbrechen in der Regel höhere Strafrahmen haben, sind die Verjährungsfristen häufig länger als bei Vergehen.

Wie unterscheidet sich die Zweiteilung von Ordnungswidrigkeiten?

Ordnungswidrigkeiten sind keine Straftaten. Sie werden mit Geldbußen belegt und unterliegen einem eigenen Verfahrensrecht. Die Zweiteilung betrifft ausschließlich Straftaten und unterscheidet innerhalb dieser zwischen Verbrechen und Vergehen.

Gilt die Zweiteilung auch im Jugendstrafrecht?

Ja. Die Einordnung als Verbrechen oder Vergehen bleibt bestehen. Allerdings sind die Rechtsfolgen im Jugendstrafrecht eigenständig ausgestaltet und stärker erzieherisch geprägt.