Legal Lexikon

Zusatzaktie


Begriff und rechtliche Einordnung der Zusatzaktie

Die Zusatzaktie ist ein Rechtsbegriff aus dem deutschen Aktienrecht und bezeichnet eine Aktie, die zusätzlich zu bestehenden Aktien einer Gesellschaft emittiert oder ausgegeben wird. In den einschlägigen Gesetzen, insbesondere im Aktiengesetz (AktG), findet sich der Begriff in unterschiedlichen Kontexten, stets im Zusammenhang mit Kapitalmaßnahmen der Aktiengesellschaft.

Definition

Eine Zusatzaktie entsteht entweder im Rahmen von Kapitalerhöhungen, bei denen neue Anteile ausgegeben werden, oder infolge gesellschaftsrechtlicher Umwandlungen und Strukturmaßnahmen. Zusatzaktien sind rechtlich vollwertige Aktien, die grundsätzlich dieselben Rechte und Pflichten wie bereits bestehende Aktien einer Gesellschaft begründen. Allerdings können sie im Einzelfall mit besonderen Rechten oder Bedingungen ausgestattet sein, etwa Vorteilsgewährungen bei der Gewinnbeteiligung oder bei der Stimmrechtsausübung.


Emission und Ausgabe von Zusatzaktien

Gesetzliche Grundlagen

Die Ausgabe von Zusatzaktien unterliegt den allgemeinen Regeln des Aktiengesetzes, insbesondere den Vorschriften zu Kapitalerhöhungen (§§ 182 ff. AktG) und Bezugsrechten (§§ 186 ff. AktG). Die Gesellschaft kann Zusatzaktien nur ausgeben, wenn die Hauptversammlung dies mit qualifizierter Mehrheit beschlossen hat und die weiteren rechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind.

Kapitalerhöhung gegen Einlagen (§ 182 AktG)

Zur Aufnahme neuen Kapitals und zur Stärkung der Eigenkapitalbasis können Aktiengesellschaften durch ordentliche Kapitalerhöhung neue Aktien emittieren. Diese neuen Aktien werden als Zusatzaktien bezeichnet, da sie das Grundkapital erhöhen und über die bisher im Umlauf befindlichen Aktien hinausgehen.

Bezugsrecht der Altaktionäre (§ 186 AktG)

Altaktionäre haben regelmäßig ein gesetzliches Bezugsrecht auf die neuen Zusatzaktien, sodass sie ihren prozentualen Anteil an der Gesellschaft wahren können. Das Bezugsrecht kann jedoch durch Hauptversammlungsbeschluss in besonderen Fällen ausgeschlossen werden.

Genehmigtes Kapital (§ 202 AktG) und bedingte Kapitalerhöhung (§§ 192 ff. AktG)

Auch im Rahmen genehmigten oder bedingten Kapitals sind Zusatzaktien ein wesentliches Element. Das genehmigte Kapital erlaubt der Gesellschaft, über einen festgelegten Zeitraum zusätzliche Aktien auszugeben, ohne jeweils einen neuen Hauptversammlungsbeschluss einholen zu müssen.


Formelle Anforderungen und Registereintragung

Die Ausgabe von Zusatzaktien bedarf zwingend der notariellen Beurkundung des Kapitalerhöhungsbeschlusses sowie der Eintragung der Kapitalerhöhung in das Handelsregister. Erst mit der Registereintragung werden die Zusatzaktien rechtlich wirksam und begründen Aktionärsrechte.


Rechte und Pflichten aus Zusatzaktien

Aktionärsrechte

Zusatzaktien verschaffen dem Erwerber grundsätzlich sämtliche Aktionärsrechte, darunter das Stimmrecht in der Hauptversammlung, das Recht auf Gewinnbeteiligung (Dividende) sowie Bezugsrechte bei zukünftigen Aktienemissionen. Abweichungen hiervon sind nur in gesetzlich ausdrücklich vorgesehenen Sonderfällen möglich, etwa bei sogenannten vinkulierten Namensaktien oder Vorzugsaktien ohne Stimmrecht.

Gleichbehandlungsgrundsatz (§ 53a AktG)

Der Grundsatz der Gleichbehandlung aller Aktionäre gilt auch für Zusatzaktien. Eine Ungleichbehandlung kann nur im Rahmen von gesetzlichen Sonderregelungen oder aufgrund satzungsmäßig zugelassener Vorrechte gerechtfertigt sein.

Handelbarkeit

Zusatzaktien sind, sofern keine anderweitigen Beschränkungen (z.B. durch Satzung) getroffen wurden, frei handelbar und können an Börsen oder außerbörslich gehandelt werden. Sie lauten wie die Altaktien entweder auf den Inhaber oder auf Namen.


Steuerliche Implikationen bei Zusatzaktien

Kapitalertragsteuer

Beim Erwerb und Verkauf von Zusatzaktien fallen grundsätzlich dieselben steuerlichen Pflichten an wie bei jeder Wertpapiertransaktion. Die Veräußerung von Zusatzaktien unterliegt der Abgeltungsteuer nach § 20 EStG.

Besonderheiten bei Bezugsrechten

Werden Bezugsrechte zur Zeichnung von Zusatzaktien entgeltlich veräußert, entsteht ebenfalls ein steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn. Die Zuteilung von Zusatzaktien im Rahmen eines Aktiensplits bleibt steuerneutral, während der Erwerb durch Kapitalmaßnahmen steuerpflichtig sein kann.


Anwendungsfälle und Besonderheiten

Aktiensplit und Gratisaktien

Ein häufiges Anwendungsgebiet für Zusatzaktien ist der Aktiensplit, bei dem das Grundkapital der Gesellschaft auf mehr Aktien aufgeteilt wird, ohne dass neues Kapital zufließt. Die dabei ausgegebenen Aktien sind Zusatzaktien im technischen Sinn, führen aber zu keiner Veränderung der Beteiligungsquoten.

Strukturmaßnahmen

Bei gesellschaftsrechtlichen Umwandlungen (z.B. Verschmelzung, Spaltung) können Zusatzaktien eingesetzt werden, um Umtauschverhältnisse auszugleichen oder neue Beteiligungsverhältnisse festzulegen.


Beispielhafte Rechtsprechung zu Zusatzaktien

Gerichte setzen sich im Zusammenhang mit Zusatzaktien häufig mit Fragen des Schutzes der Altaktionäre, der Wirksamkeit von Kapitalmaßnahmen oder der Ordnungsmäßigkeit von Bezugsrechtsausschlüssen auseinander. Insbesondere der Bundesgerichtshof (BGH) betont die strikte Bindung an die gesetzlichen Vorgaben des Aktiengesetzes beim Umgang mit Zusatzaktien, um Minderheitenschutz und Gleichbehandlung sicherzustellen.


Zusammenfassung

Zusatzaktien sind ein zentraler Begriff im Aktienrecht und erlauben Aktiengesellschaften flexible Kapitalmaßnahmen unter Wahrung der gesetzlichen und satzungsmäßigen Rechte der Aktionäre. Die rechtliche Behandlung ist umfassend im Aktiengesetz geregelt und folgt dem Grundsatz der Gleichbehandlung, Transparenz und Gläubigerschutz. Steuerliche und gesellschaftsrechtliche Besonderheiten sind bei der Ausgabe und beim Handel mit Zusatzaktien zu berücksichtigen, sodass sie ein wichtiges Instrument des modernen Aktienrechts darstellen.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen für die Ausgabe von Zusatzaktien geschaffen werden?

Für die Ausgabe von Zusatzaktien ist zunächst die Zustimmung der Hauptversammlung erforderlich, sofern die Satzung der Gesellschaft keine anderweitigen Regelungen enthält. Gemäß § 182 ff. AktG (Aktiengesetz) muss der Vorstand einen entsprechenden Beschluss fassen, der von Aufsichtsrat und Hauptversammlung genehmigt werden muss. Dabei sind insbesondere die §§ 182 (Bedingte Kapitalerhöhung) und 192 (Genehmigtes Kapital) zu beachten, da diese die Modalitäten und Einschränkungen regeln, unter denen neue Aktien ausgegeben werden dürfen. Zusätzlich ist eine Eintragung der Kapitalerhöhung sowie der Ausgabe von Zusatzaktien im Handelsregister erforderlich. Die Gesellschaft muss ferner sicherstellen, dass das Bezugsrecht der Altaktionäre nach § 186 AktG gewahrt oder ordnungsgemäß ausgeschlossen wird. Aufgrund der damit verbundenen Eingriffe in die Vermögens- und Mitbestimmungsrechte der Aktionäre verlangen die rechtlichen Voraussetzungen meist einen erhöhten Formalisierungsgrad und eine ausführliche Dokumentation der jeweiligen Beschlussfassungen.

Welche Fristen sind bei der Ausgabe von Zusatzaktien einzuhalten?

Die Einführung von Zusatzaktien ist an verschiedene gesetzliche und satzungsmäßige Fristen geknüpft. Nach dem Hauptversammlungsbeschluss zur Ausgabe von Zusatzaktien muss die Einladung zur Hauptversammlung mindestens 30 Tage vor dem Termin veröffentlicht werden (§ 123 AktG). Ist das Bezugsrecht der Aktionäre betroffen, gilt insbesondere die Mindestbezugsfrist von zwei Wochen gemäß § 186 Abs. 1 Satz 2 AktG. Darüber hinaus treten die neu ausgegebenen Zusatzaktien erst nach Eintragung ins Handelsregister in Kraft (§ 189 AktG).

Können Altaktionäre ihr Bezugsrecht einfordern, wenn Zusatzaktien ausgegeben werden?

Grundsätzlich steht den Altaktionären ein Bezugsrecht auf neue Aktien zu (§ 186 AktG), um eine Verwässerung ihrer Beteiligung zu verhindern. Das Bezugsrecht kann nur unter bestimmten Voraussetzungen mit qualifizierter Mehrheit durch die Hauptversammlung ausgeschlossen werden, etwa wenn dies im wohlverstandenen Interesse der Gesellschaft liegt (z.B. zur Durchführung einer Kapitalerhöhung gegen Sacheinlagen oder zur Bedienung von Mitarbeiterprogrammen). In diesen Fällen ist eine genaue Begründung und Einhaltung strenger gesetzlicher Anforderungen erforderlich, damit der Bezugsrechtsausschluss rechtmäßig ist und nicht gegen Aktionärsrechte verstößt.

Welche Offenlegungspflichten bestehen im Zusammenhang mit Zusatzaktien?

Die Gesellschaft ist verpflichtet, die wesentlichen Informationen zur Ausgabe von Zusatzaktien offen zu legen. Dies umfasst insbesondere die Veröffentlichung des Hauptversammlungsbeschlusses, die Mitteilung über die Bezugsfrist und Bezugsbedingungen sowie die Eintragung der Kapitalerhöhung im Handelsregister (§ 188 AktG). Zusätzlich besteht bei börsennotierten Gesellschaften die Pflicht zur Ad-hoc-Mitteilung gemäß MAR (Marktmissbrauchsverordnung), sofern die Ausgabe von Zusatzaktien als Insiderinformation zu werten ist. Die Offenlegungspflichten dienen dem Schutz der Aktionäre und der Gewährleistung der Markttransparenz.

Welche haftungsrechtlichen Risiken bestehen für die Organe der Gesellschaft bei der Ausgabe von Zusatzaktien?

Vorstand und Aufsichtsrat tragen die Verantwortung für die Einhaltung aller gesetzlichen und satzungsmäßigen Vorschriften bei der Ausgabe von Zusatzaktien. Werden dabei Fehler begangen, beispielsweise durch fehlerhafte Bezugsrechte oder unvollständige Angaben im Prospekt, können zivil- und strafrechtliche Haftungsansprüche gegen die Organe der Gesellschaft entstehen (§§ 93, 116 AktG). Insbesondere besteht die Gefahr persönlicher Haftung für den entstandenen Schaden, wenn Sorgfaltspflichten verletzt oder gesetzliche Formvorschriften missachtet werden. Daher ist eine sorgfältige Umsetzung aller rechtlichen Vorgaben zwingend erforderlich.

Inwiefern unterliegt die Ausgabe von Zusatzaktien der Prospektpflicht?

Die Ausgabe von Zusatzaktien kann prospektpflichtig im Sinne des Wertpapierprospektgesetzes (WpPG) sein, insbesondere bei einem öffentlichen Angebot oder einer Zulassung der Aktien zum Handel an einem organisierten Markt. Ausnahmen von der Prospektpflicht bestehen unter anderem, wenn die Gesamtgegenleistung aller im Zeitraum von zwölf Monaten ausgegebenen Aktien weniger als 8 Millionen Euro beträgt oder das Angebot ausschließlich an Altaktionäre erfolgt (§ 3 WpPG). Dennoch ist in jedem Fall eine sorgfältige Prüfung der Prospektpflicht und die Erstellung eines entsprechenden Wertpapierprospekts ratsam, um etwaigen Haftungsrisiken aus Verstößen gegen Kapitalmarktregeln vorzubeugen.

Welche Rolle spielt das Handelsregister bei der Ausgabe von Zusatzaktien?

Zentral für die rechtliche Wirksamkeit der Ausgabe von Zusatzaktien ist die Eintragung der entsprechenden Kapitalerhöhung ins Handelsregister (§ 183 AktG). Erst mit der Eintragung werden die Zusatzaktien rechtlich wirksam geschaffen und können an die Bezugsberechtigten ausgegeben werden. Die Anmeldung zur Eintragung muss unverzüglich nach Durchführung der Kapitalerhöhung erfolgen, wobei alle mit der Gesellschaftsform und den Aktien verbundenen Nachweise vorzulegen sind. Ohne Registereintragung sind die ausgegebenen Zusatzaktien rechtlich nicht existent und somit nicht zur Teilnahme an Stimmrechten und Dividenden berechtigt.

Gibt es Beschränkungen bei der Stückelung und dem Nennwert von Zusatzaktien?

Ja, laut § 8 AktG müssen neue Aktien entweder als Nennwertaktien mit einem Mindestnennbetrag von 1 Euro oder als Stückaktien ohne Nennwert, jedoch mit einem rechnerischen Anteil am Grundkapital, ausgegeben werden. Die neuen Zusatzaktien müssen denselben Aktiengattung aufweisen wie die bestehenden Aktien, um die Gleichbehandlung der Aktionäre sicherzustellen. Eine Änderung der Stückelung oder die Ausgabe von Vorzugsaktien im Rahmen der Zusatzaktien bedarf zusätzlicher Satzungsänderungen und kann weiteren Zustimmungserfordernissen unterliegen.