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Zusage, behördliche


Zusage, behördliche – Definition, Rechtsgrundlagen und Bedeutung

Begriff und allgemeine Einordnung

Die behördliche Zusage ist ein bedeutsames Rechtsinstitut im deutschen Verwaltungsrecht. Sie bezeichnet die verbindliche Erklärung einer Behörde gegenüber einer oder mehreren Personen, ein bestimmtes Verwaltungshandeln zukünftig vorzunehmen oder zu unterlassen. Die behördliche Zusage ist ein Instrument zur Herstellung von Rechtssicherheit und Vertrauensschutz im Verhältnis zwischen Bürger und Verwaltung. Sie wird insbesondere im Bereich des Verwaltungsverfahrensrechts relevant.

Arten und Abgrenzung

Zusage im Unterschied zum Verwaltungsakt

Die behördliche Zusage ist von anderen verwaltungsrechtlichen Handlungsformen, insbesondere vom Verwaltungsakt, zu unterscheiden. Während der Verwaltungsakt eine unmittelbare Regelung eines Einzelfalls (§ 35 VwVfG) darstellt und unmittelbare Rechtswirkungen entfaltet, bezieht sich die Zusage auf ein künftiges Verwaltungshandeln. Auch eine Zusage kann Bindungswirkung entfalten, jedoch erst hinsichtlich der angekündigten zukünftigen Maßnahme.

Zusage und Auskunft

Von einer behördlichen Zusage abzugrenzen ist die behördliche Auskunft. Während die behördliche Auskunft lediglich eine unverbindliche Information über die Rechtsanwendung oder einen Sachverhalt gibt, beinhaltet die Zusage die Verpflichtung der Behörde, in einer bestimmten Weise tätig zu werden.

Nebenbestimmungen: Zusicherung, Zusage, Vorbescheid

Innerhalb der Kategorie der behördlichen Zusagen ist insbesondere die Zusicherung hervorzuheben (§ 38 VwVfG). Sie stellt eine besonders geregelte Form der behördlichen Zusage dar und verpflichtet die Behörde zum Erlass eines bestimmten Verwaltungsakts in Aussicht, sofern alle gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen. Der Unterschied zur Zusage allgemein besteht darin, dass die Zusicherung auf einen Verwaltungsakt gerichtet ist, während es daneben auch Zusagen hinsichtlich sonstigen Verwaltungshandelns geben kann.

Der Vorbescheid und die Vorabentscheidung spielen im Zusammenhang mit der behördlichen Zusage ebenfalls eine Rolle, stellen jedoch eigene verwaltungsrechtliche Instrumente mit spezifischer rechtlicher Ausgestaltung dar.

Rechtsgrundlagen

Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG)

Die maßgebliche Rechtsgrundlage ist § 38 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG), der die Zusicherung, als besondere Form der Zusage, regelt:

  • § 38 Abs. 1 S. 1 VwVfG: „Die Zusicherung eines Verwaltungsakts ist nur mit schriftlicher Bestätigung der Behörde wirksam.“
  • Abs. 2: Betont die Bindungswirkung der Zusage für die Behörde und beschreibt Voraussetzungen und Grenzen dieser Bindung.
  • Abs. 3: Regelt die Widerruflichkeit und Rücknahme der Zusicherung sowie deren Folgen.

Daneben enthalten viele Fachgesetze (z.B. SGB, AO, BauGB) zusätzliche oder abweichende Regelungen zu behördlichen Zusagen.

Bindungswirkung und Vertrauensschutz

Mit Zugang einer wirksamen behördlichen Zusage entsteht ein Vertrauenstatbestand für die begünstigte Person. Die daraus resultierende Bindung der Verwaltung dient dem Prinzip des Vertrauensschutzes und der Planungssicherheit im Verwaltungsverfahren.

Voraussetzungen wirksamer Zusagen

Für die Wirksamkeit einer behördlichen Zusage, insbesondere einer Zusicherung, gelten folgende formelle und materielle Voraussetzungen:

  • Zuständigkeit: Die zusagende Behörde muss sachlich und örtlich zuständig sein.
  • Form: Die Zusicherung ist schriftlich zu erteilen.
  • Inhaltliche Bestimmtheit: Die erklärte Maßnahme muss hinreichend bestimmt sein.
  • Kein Gesetzesverstoß: Die zugesagte Maßnahme darf nicht gegen höherrangiges Recht verstoßen.
  • Kein Widerrufsgrund: Gesetzlich vorgesehene Widerrufs- oder Rücknahmetatbestände dürfen nicht vorliegen.

Rechtliche Wirkung und Grenzen

Bindungswirkung

Mit der wirksamen Erteilung entsteht eine rechtliche Bindung der Verwaltung. Die Behörde muss die zugesicherte Handlung vornehmen, sofern die weiteren Voraussetzungen erfüllt sind. Die Bindungswirkung kann jedoch durch Widerruf oder Rücknahme gemäß § 38 VwVfG aufgehoben werden.

Widerruf und Rücknahme

Eine bereits ausgesprochene behördliche Zusage kann nur unter den gesetzlichen Voraussetzungen widerrufen oder zurückgenommen werden. Dies ist insbesondere möglich, wenn sich wesentliche tatsächliche oder rechtliche Umstände nachträglich ändern oder wenn die Zusage durch unlauter erlangte Angaben erwirkt wurde. Im Falle eines Widerrufs bestehen Entschädigungsansprüche, wenn die begünstigte Person im Vertrauen auf die Zusage Dispositionen getroffen hat (§ 38 Abs. 3 VwVfG, § 48 ff. VwVfG).

Folgen der Nichteinhaltung

Hält die Behörde eine rechtlich bindende Zusage nicht ein, so hat die begünstigte Person Anspruch auf das zugesicherte Verwaltungshandeln. Gegebenenfalls kann eine Verpflichtungsklage vor dem Verwaltungsgericht erhoben werden, um die Einhaltung der Zusage zu erzwingen.

Übertragung von Zusagen

Die Übertragung und Anwendung behördlicher Zusagen erfolgt häufig in Genehmigungsverfahren unterschiedlichster Rechtsbereiche, z.B. im Bau-, Umwelt-, Gewerbe- oder Sozialrecht.

Bedeutung in der Verwaltungspraxis

Funktion

Behördliche Zusagen sind ein zentraler Bestandteil von Planungs- und Investitionsvorhaben. Sie ermöglichen frühzeitige Rechtsklarheit und die Absicherung von Investitionen durch verbindliche Erklärungen der Verwaltung.

Anwendungsbeispiele

  • Bauleitplanung: Zusagen über einen späteren Bebauungsplan
  • Subventionsrecht: Zusage über spätere Bewilligung öffentlicher Mittel
  • Genehmigungsverfahren: Zusicherungen im Hinblick auf spätere Genehmigungserteilungen oder -änderungen

Typische Problemlagen

  • Unklare oder voreilig erteilte Zusagen, die gegen zwingendes Recht verstoßen
  • Widerruf oder Verweigerung aus haushaltsrechtlichen Gründen
  • Streitigkeiten um den Umfang und die Wirksamkeit der Bindungswirkung

Literaturhinweise und Weiterführende Regelungen

  • Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG), §§ 35, 38, 48, 49
  • Bundesverfassungsgericht, Entscheidungen zur Zusicherung
  • Fachkommentare und Verwaltungslexika zum Verwaltungsrecht

Fazit

Die behördliche Zusage stellt im deutschen Verwaltungsrecht ein wichtiges Instrument zum Ausgleich von Rechtsklarheit und Flexibilität im Verwaltungshandeln dar. Ihre Ausgestaltung, Bindungswirkung und die Voraussetzungen ihrer Wirksamkeit sind rechtlich präzise geregelt. Sie dient dem Zweck, Vertrauen und Planungssicherheit herzustellen und ist für die Verwaltung wie auch für die betroffenen Personen von hoher praktischer Relevanz. Die sorgfältige Beachtung der gesetzlichen Vorgaben ist für die Wirksamkeit einer behördlichen Zusage unerlässlich.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Konsequenzen hat der Widerruf einer behördlichen Zusage?

Ein Widerruf einer behördlichen Zusage stellt einen Verwaltungsakt dar, der nur unter den Voraussetzungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes (insbesondere § 48 und § 49 VwVfG) zulässig ist. Grundsätzlich sind Zusagen für die Behörde verbindlich, sodass der Widerruf eine Ausnahme darstellt. Der Widerruf bedarf einer rechtlichen Grundlage, die zumeist in der Zusage selbst als Widerrufsvorbehalt formuliert sein kann. Fehlt ein solcher Vorbehalt, ist ein Widerruf nur zulässig, wenn das öffentliche Interesse das Festhalten an der Zusage unzumutbar erscheinen lässt. In solchen Fällen ist zudem eine Interessenabwägung durchzuführen. Ein Widerruf kann zudem Schadensersatzansprüche aus Amtshaftung (§ 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG) auslösen, wenn der Betroffene im Vertrauen auf den Fortbestand der Zusage bereits Dispositionen getroffen hat. Hierbei ist stets zwischen einer rechtmäßigen und einer rechtswidrigen Zusage zu unterscheiden, da die Rücknahme oder der Widerruf einer rechtmäßigen begünstigenden Zusage stets strenger gehandhabt wird.

Ist eine behördliche Zusage rechtlich bindend und unter welchen Voraussetzungen?

Eine behördliche Zusage ist rechtlich bindend, wenn sie formell korrekt erteilt wurde, also insbesondere von einer zuständigen Behörde, in Schrift- oder Textform unter Einhaltung der maßgeblichen Verfahrensregeln. Sie muss hinreichend bestimmt sein und eine verbindliche Entscheidung oder ein zukünftiges Verwaltungsverhalten in Aussicht stellen. Bindend wird eine Zusage grundsätzlich erst durch ausdrückliche Erklärung gegenüber dem Betroffenen. Voraussetzung für die Bindungswirkung ist weiterhin, dass keine rechtlichen Hindernisse wie ein Verstoß gegen zwingendes Recht oder die guten Sitten bestehen. Die Behörde ist an die Zusage gebunden, es sei denn, gesetzliche Änderungs- oder Wiederaufhebungsgründe liegen vor. Auf Grundsätze wie das Vertrauensschutzprinzip kann sich der Betroffene berufen, sofern er im berechtigten Vertrauen auf die Zusage bereits Dispositionen getroffen hat.

Kann eine behördliche Zusage nachträglich mit Auflagen versehen werden?

Nachträgliche Auflagen zu einer behördlichen Zusage sind grundsätzlich nur möglich, wenn dies im Gesetz ausdrücklich vorgesehen ist oder ein entsprechender Widerrufsvorbehalt bzw. Änderungsvorbehalt Bestandteil der ursprünglichen Zusage war (§ 36 VwVfG). Ohne solche Vorbehalte ist die Veränderung der Zusage zum Nachteil des Begünstigten nur zulässig, wenn ein zwingendes öffentliches Interesse dies erfordert und keine schutzwürdigen Interessen des Betroffenen entgegenstehen. Zudem kommt es auch auf das Stadium der Zusage an: Handelt es sich noch um eine Auskunft oder wurde schon eine verbindliche Zusage in Form eines Verwaltungsaktes erteilt? In letzterem Fall ist die nachträgliche Beifügung von Auflagen als Verwaltungsakt zu qualifizieren und unterliegt den entsprechenden verfahrensrechtlichen Anforderungen, wie z. B. Anhörung und ggf. Rechtsschutz.

In welchen Fällen kann eine behördliche Zusage zurückgenommen werden?

Die Rücknahme einer behördlichen Zusage ist im Verwaltungsverfahrensrecht abschließend geregelt. Eine Rücknahme ist vor allem möglich, wenn die Zusage rechtswidrig war (§ 48 Abs. 1 VwVfG) und das öffentliche Interesse das Festhalten an der Zusage überwiegt. Die Behörde muss hierbei insbesondere prüfen, ob der Betroffene im Vertrauen auf die Zusage Vermögensdispositionen getroffen hat; in diesem Falle ist sein Vertrauensschutz gegenzurechnen. Die Rücknahme darf nicht erfolgen, wenn das Vertrauen des Adressaten auf den Bestand der Zusage schutzwürdig ist und das öffentliche Rücknahmeinteresse im Einzelfall zurücktritt. Außerdem können Fristen für die Rücknahme bestehen, die beachtet werden müssen.

Besteht ein Anspruch auf Erteilung einer behördlichen Zusage?

Ein Anspruch auf Erteilung einer behördlichen Zusage besteht nur, wenn ein entsprechender gesetzlicher Anspruch vorliegt oder wenn Ermessen zwingend im Sinne des Bürgers auszuüben ist. In den meisten Fällen steht die Entscheidung über eine Zusage im Ermessen der Behörde. Dennoch ist die Behörde an den Gleichheitssatz aus Art. 3 GG gebunden und muss Ermessensentscheidungen sachgerecht, willkürfrei und verhältnismäßig treffen. Besteht ein Anspruch aufgrund einer gesetzlichen Vorschrift, z.B. im Rahmen von Genehmigungsverfahren bei Vorliegen aller Voraussetzungen, kann der Bürger eine Zusage erzwingen. In anderen Fällen besteht lediglich ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung.

Kann eine behördliche Zusage durch Zeitablauf erlöschen?

Eine behördliche Zusage kann durch Zeitablauf erlöschen, wenn sie ausdrücklich befristet erteilt wurde oder sich die Befristung aus dem Sachzusammenhang ergibt. Nach Ablauf der Frist entfaltet die Zusage keine Bindungswirkung mehr. Auch der Eintritt einer auflösenden Bedingung (z. B. Nichtantritt eines bestimmten Verhaltens bis zu einem bestimmten Stichtag) kann zum Erlöschen der Zusage führen. Wurde die Zusage stillschweigend für eine bestimmte Dauer erteilt (z.B. für die Dauer eines bestimmten Verfahrens), so endet deren Wirksamkeit ebenfalls mit dem Ablauf dieses Zeitraums oder dem Eintritt des Ereignisses. Eine unbegrenzt wirkende Zusage kann ausnahmsweise erlöschen, wenn sich die Sach- oder Rechtslage grundlegend ändert und das öffentliche Interesse eine Bindung unzumutbar macht.

Welche Rechtsmittel stehen gegen den Widerruf oder die Rücknahme einer behördlichen Zusage zur Verfügung?

Gegen den Widerruf oder die Rücknahme einer behördlichen Zusage steht dem Betroffenen grundsätzlich der Verwaltungsrechtsweg offen. Betroffene können innerhalb der gesetzlichen Fristen Widerspruch gegen den Widerrufsbescheid oder Rücknahmebescheid einlegen (§ 68 ff. VwGO), sofern das jeweilige Landesrecht ein Vorverfahren vorschreibt. Nach erfolglosem Widerspruch kann Klage vor dem zuständigen Verwaltungsgericht erhoben werden. Mit der Klage kann insbesondere die Rechtswidrigkeit des Widerrufs/Rücknahme geltend gemacht und die Fortgeltung der Zusage beansprucht werden. Eilrechtsschutz gemäß § 80 Abs. 5 VwGO (Anordnung der aufschiebenden Wirkung) ist ebenfalls möglich, wenn der Widerruf bzw. die Rücknahme sofort vollziehbar ist.