Zurechnungsfähigkeit

Begriff und Bedeutung der Zurechnungsfähigkeit

Zurechnungsfähigkeit ist ein zentraler Begriff im deutschen Recht. Er beschreibt die Fähigkeit einer Person, das Unrecht einer Tat einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln. Die Zurechnungsfähigkeit spielt insbesondere im Strafrecht eine wichtige Rolle, da sie darüber entscheidet, ob jemand für sein Verhalten verantwortlich gemacht werden kann.

Voraussetzungen der Zurechnungsfähigkeit

Damit eine Person als zurechnungsfähig gilt, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Im Mittelpunkt steht dabei die geistige und seelische Verfassung des Menschen zum Zeitpunkt der Tat oder Handlung. Eine Person muss in der Lage sein, das Unrecht ihrer Handlung zu erkennen und entsprechend dieser Erkenntnis zu handeln.

Geistige Gesundheit als Grundlage

Die geistige Gesundheit ist entscheidend für die Beurteilung der Zurechnungsfähigkeit. Liegt beispielsweise eine schwere psychische Störung oder Erkrankung vor, kann dies dazu führen, dass die betreffende Person nicht zurechnungsfähig ist. Auch tiefgreifende Bewusstseinsstörungen oder Intelligenzminderungen können Einfluss auf die Beurteilung haben.

Kinder und Jugendliche

Bei Kindern wird davon ausgegangen, dass sie bis zu einem bestimmten Alter grundsätzlich nicht zurechnungsfähig sind. Erst ab einem gewissen Alter wird geprüft, ob ein Kind oder Jugendlicher in der Lage war, das Unrecht seiner Handlung einzusehen.

Zurechnungsfähigkeit im Strafrecht

Im Strafrecht ist die Frage nach der Zurechnungsfähigkeit besonders bedeutsam: Nur wer zurechnungsfähig ist, kann für eine Straftat verantwortlich gemacht werden. Ist jemand aufgrund seines Zustands nicht in der Lage gewesen einzusehen, dass er Unrecht tut oder konnte er nicht nach dieser Einsicht handeln – etwa wegen einer schweren psychischen Erkrankung -, so entfällt seine strafrechtliche Verantwortlichkeit ganz oder teilweise.

Eingeschränkte Zurechenbarkeit (verminderte Schuldfähigkeit)

Es gibt Fälle verminderter Schuldfähigkeit: Hierbei liegt zwar keine vollständige Aufhebung vor; jedoch war das Einsehen des Unrechts eingeschränkt möglich. Dies kann sich strafmildernd auswirken.

Zivil- und öffentlich-rechtliche Aspekte der Zurechnung

Auch außerhalb des Strafrechts spielt die Frage nach der Fähigkeit zur Verantwortung eine Rolle – etwa bei Verträgen (Geschäftsfähigkeit) oder bei Schadensersatzansprüchen (Deliktsfähigkeit). Wer nicht zurechnenbar handelt – zum Beispiel aufgrund von Krankheit -, haftet unter Umständen gar nicht selbst für verursachte Schäden; stattdessen können andere Regelungen greifen.

Bedeutung von Gutachten zur Feststellung

Ob jemand zum Zeitpunkt einer Tat zurechnenbar war oder nicht wird häufig durch Sachverständigengutachten festgestellt. Diese Gutachten berücksichtigen medizinische Befunde sowie den Gesamtzustand des Betroffenen während des relevanten Zeitraums.

Häufig gestellte Fragen zur Zurechnungsfähigkeit

Was bedeutet es rechtlich gesehen „zurechenbar“ zu sein?

Zurechenbar bedeutet rechtlich gesehen fähig zu sein einzuschätzen was richtig und falsch ist sowie entsprechend dieser Einschätzung auch tatsächlich handeln zu können.

Können Kinder überhaupt schon voll zurechenbar sein?

Kinder gelten bis zu einem bestimmten Alter grundsätzlich als noch nicht vollzurechenbar; erst ab einem festgelegten Lebensalter wird individuell geprüft ob sie bereits zwischen Recht und Unrecht unterscheiden konnten.

Muss jede psychische Erkrankung automatisch zur fehlenden Verantwortlichkeit führen?

Nicht jede psychische Erkrankung führt automatisch dazu dass jemand rechtlich unzurechnenbar ist; entscheidend sind Art Schweregrad sowie Auswirkungen auf Einsichts- bzw Steuerungsmöglichkeiten beim konkreten Geschehen.

Lässt sich fehlende Verantwortlichkeit dauerhaft feststellen?

Nicht immer bleibt fehlende Verantwortlichkeit dauerhaft bestehen; oft bezieht sich deren Feststellung nur auf einen bestimmten Zeitraum rund um das jeweilige Ereignis.

Kann man trotz eingeschränkter Fähigkeiten trotzdem haftpflichtig bleiben?

Sind Fähigkeiten nur teilweise eingeschränkt besteht unter Umständen weiterhin Haftpflicht allerdings mit möglichen Einschränkungen hinsichtlich Umfangs bzw Höhe möglicher Strafen/Schadensersatzforderungen.

Müssen Gerichte immer ein Gutachten anfordern um über diese Frage entscheiden zu können?

Nicht zwingend muss jedes Mal ein Gutachten eingeholt werden aber gerade bei Zweifeln an geistiger Gesundheit kommt diesem Instrument große Bedeutung bei gerichtlichen Entscheidungen über Verantwortung bzw Schuldfrage zu.