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Zolltarifauskunft


Begriff und Bedeutung der Zolltarifauskunft

Die Zolltarifauskunft ist ein behördlicher Verwaltungsakt, mit dem eine zuständige Zollbehörde die korrekte Einreihung einer Ware in den Zolltarif rechtsverbindlich oder unverbindlich bestätigt. Sie hat insbesondere im grenzüberschreitenden Warenverkehr erhebliche Bedeutung, da von der Einreihung unter die jeweilige Zolltarifnummer die Höhe des anfallenden Zollabgaben sowie weitere handelspolitische Maßnahmen (z. B. Einfuhrverbote, Kontingente, Genehmigungspflichten) abhängen. Durch die erteilte Auskunft erhalten Wirtschaftsbeteiligte Rechtssicherheit und Planungssicherheit hinsichtlich der zu erwartenden Kosten und Formalitäten im Außenhandel.


Rechtsgrundlagen

Europäische Rechtsgrundlagen

Die Grundlage für die Erteilung von Zolltarifauskünften im europäischen Kontext bildet insbesondere das Unionszollkodex (UZK, Verordnung (EU) Nr. 952/2013) einschließlich zugehöriger Durchführungs- und Delegierter Rechtsakte. Hinsichtlich der Zolltarifauskunft im engeren Sinne differenziert der UZK zwischen zwei Formen:

  • Verbindliche Zolltarifauskunft (vZTA)
  • Unverbindliche Zolltarifauskunft

Die vZTA ist in Art. 33 UZK sowie in den Artikeln 19-22 des Delegierten Rechtsakts (DA) und den Artikeln 16-18 des Durchführungsrechtsakts (IA) geregelt.

Nationale Rechtsgrundlagen (Beispiel: Deutschland)

In Deutschland finden sich ergänzende Regelungen in der Abgabenordnung (AO) sowie im Zollverwaltungsgesetz (ZollVG). Weitere Detailregelungen werden im Zollrecht durch untergesetzliche Rechtsakte sowie Verwaltungsvorschriften vorgegeben.


Formen der Zolltarifauskunft

Verbindliche Zolltarifauskunft (vZTA)

Die vZTA stellt einen Verwaltungsakt dar, der Wirtschaftsbeteiligten eine rechtssichere Zuordnung ihrer jeweiligen Waren zu einer bestimmten Position im Zolltarif ermöglicht. Die Auskunft hat unionsweit verbindliche Wirkung gegenüber sämtlichen Zollbehörden der EU, soweit die Ware und Sach- und Rechtslage identisch sind.

Antragstellung

Eine vZTA ist auf schriftlichen (mittlerweile überwiegend elektronischen) Antrag des Wirtschaftsbeteiligten bei der jeweils zuständigen Zollbehörde zu beantragen. Der Antrag muss alle erforderlichen Angaben zur Ware, Beschreibung, Zusammensetzung und vorzulegende Unterlagen enthalten, die zur zutreffenden zolltariflichen Einreihung notwendig sind.

Wirkung und Bindungswirkung

Eine erteilte vZTA ist grundsätzlich drei Jahre ab Erteilungsdatum gültig, sie bindet den Inhaber sowie die Zollbehörden bei der Überführung der beanspruchten Ware in ein zollrechtliches Verfahren. Veränderungen der Rechtslage (z. B. durch Änderungen der Kombinierten Nomenklatur oder der Erläuterungen) können die Gültigkeit einer vZTA aufheben.

Veröffentlichung und Datenschutz

verbindliche Zolltarifauskünfte werden von der Europäischen Kommission anonymisiert in einer zentralen Datenbank veröffentlicht, wobei Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse berücksichtigt werden.

Rechtsbehelfe und Widerruf

Gegen die Versagung oder Aufhebung einer vZTA stehen Rechtsbehelfe nach nationalem Verwaltungsverfahrensrecht offen. Die vZTA kann von Amts wegen aufgehoben oder geändert werden, insbesondere bei nachträglicher Änderung der Rechtsgrundlage.

Unverbindliche Zolltarifauskunft

Die unverbindliche Zolltarifauskunft dient lediglich als Orientierungshilfe für den Wirtschaftsbeteiligten und entfaltet keine verbindliche Wirkung im Rechtsverkehr. Sie kann jedoch zur Vorbereitung einer Einreihung oder zur Absicherung von Fragen im Vorfeld einer geplanten Einfuhr hilfreich sein.


Verfahrensrechtliche Aspekte

Zulässigkeit und Voraussetzungen

Ein Antrag auf vZTA ist nur zulässig, wenn keine vZTA zur fraglichen Ware oder identischen Anheiratssachverhalt bereits erteilt wurde sowie wenn die handelnde Person ein berechtigtes Interesse an der Auskunft darlegt. Eine vZTA kann nur ausgestellt werden, wenn die erforderlichen Informationen und Nachweise vollständig vorliegen.

Inhalt und Aufbau

Die Zolltarifauskunft enthält insbesondere:

  • Ausführliche Warenbeschreibung,
  • verwendete Zolltarifnummer sowie die entsprechende Position der Kombinierten Nomenklatur,
  • Gültigkeitsdauer und Hinweise zu Aufhebung oder Änderung,
  • Mitteilung über Rechtsbehelfe.

Kosten

Für die Bearbeitung und Erstellung der Zolltarifauskunft können je nach nationaler Regelung Gebühren oder Auslagen erhoben werden. Die konkreten Kosten richten sich nach Landesrecht oder spezifischen Verwaltungsvorschriften.


Zolltarifauskunft und ihre Bedeutung im Rechtsverkehr

Die korrekte zolltarifliche Einreihung mittels einer Zolltarifauskunft ist Voraussetzung für eine rechtmäßige Abfertigung von Waren im Unionsgebiet und die Berechnung zutreffender Zölle. Fehlerhafte Einreihungen können erhebliche Sanktionen, Nachforderungen und weitere Verwaltungsmassnahmen nach sich ziehen.


Internationaler Bezug

Auch außerhalb der Europäischen Union existieren vergleichbare Instrumente auf völkerrechtlicher Grundlage, insbesondere nach den Bestimmungen des Internationalen Übereinkommens über das Harmonisierte System zur Bezeichnung und Codierung der Waren (HS-Übereinkommen, Kyoto-Konvention).


Literatur und weiterführende Hinweise

Unionszollkodex (Verordnung (EU) Nr. 952/2013)
Durchführungs- und Delegierte Rechtsakte zum UZK
Deutsche Zollverwaltung: Hinweise zur Antragstellung vZTA
Kombinierte Nomenklatur und amtliche Erläuterungen


Zusammenfassung

Die Zolltarifauskunft ist ein zentrales verwaltungsrechtliches Instrument im internationalen Warenverkehr, das Rechts- und Planungssicherheit hinsichtlich der zolltariflichen Einreihung bietet. Durch ihre unionsrechtliche Wirkung und die detaillierten gesetzlichen Vorgaben stellt sie eine wichtige Grundlage für einen ordnungsgemäßen Ablauf von Im- und Exporten innerhalb des europäischen Binnenmarktes dar. Die Vorabklärung per vZTA schützt Wirtschaftsbeteiligte vor nachträglichen finanziellen und rechtlichen Risiken und vereinfacht die Einhaltung geltender Zollvorschriften.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtliche Verbindlichkeit besitzt eine verbindliche Zolltarifauskunft (vZTA)?

Eine verbindliche Zolltarifauskunft (vZTA) besitzt in der Europäischen Union eine hohe rechtliche Bindungswirkung, die sich unmittelbar aus der Zollkodex-Durchführungsverordnung (Delegierte Verordnung (EU) 2015/2446) sowie aus dem Unionszollkodex (Verordnung (EU) Nr. 952/2013) ergibt. Die vZTA verpflichtet die Zollbehörden aller Mitgliedstaaten, das in der vZTA festgelegte Ergebnis der Warentarifierung für die Dauer ihrer Gültigkeit sowie hinsichtlich der betroffenen Waren und der genannten betroffenen Personen anzuerkennen. Sie gewährt dem Inhaber Rechtssicherheit bezüglich der Einreihung der Ware und der anzuwendenden Zollsätze bei der Überlassung zum zollrechtlich freien Verkehr und bei anderen Zollverfahren. Die vZTA kann jedoch ausnahmsweise ihre Wirkung verlieren oder geändert werden, etwa wenn sich die zugrundeliegende Rechtslage ändert, internationale Verpflichtungen der EU sich ändern oder Entscheidungen der europäischen Rechtsprechung anderweitige Auslegungen festlegen. Über diese Änderungs- oder Aufhebungsgründe ist der vZTA-Inhaber gesondert zu informieren. Im Allgemeinen gilt die vZTA für die Dauer von drei Jahren ab dem Ausstellungsdatum und kann vor Ablauf dieser Frist nur unter außergewöhnlichen Umständen widerrufen werden.

Kann eine erteilte Zolltarifauskunft (vZTA) von den Zollbehörden rückwirkend aufgehoben oder geändert werden?

Im Regelfall besitzt eine erteilte vZTA keine rückwirkende Aufhebung. Allerdings existieren hiervon Ausnahmefälle: Wenn sich beispielsweise die rechtlichen oder tatsächlichen Voraussetzungen, auf denen die Auskunft basiert, nachweislich als falsch erweisen, internationale Abkommen Anpassungen im Zollrecht erfordern oder der Zolltarif auf Basis von Rechtsakten oder Gerichtsurteilen rückwirkend geändert wird, kann die Zollbehörde die vZTA anpassen oder aufheben. Nach Art. 34 UZK-DA sind rückwirkende Aufhebungen nur zulässig, wenn dies zugunsten des Antragstellers erfolgt oder ein Missbrauch beziehungsweise eine arglistige Täuschung vorliegt. In allen anderen Fällen gelten Anpassungen ausschließlich für die Zukunft (ex nunc). Betroffene werden über die Änderung oder Aufhebung schriftlich informiert und es besteht ein Rechtsanspruch auf rechtliches Gehör, sodass der Inhaber zu den Gründen der Änderung Stellung nehmen kann.

Welche Rechtsmittel stehen bei einer Ablehnung oder Aufhebung einer vZTA zur Verfügung?

Gegen die vollständige oder teilweise Ablehnung sowie gegen die Aufhebung einer vZTA steht dem Antragsteller ein Rechtsmittelverfahren nach den allgemeinen Bestimmungen des Verwaltungsrechts zu. In Deutschland ist dies in der Regel der Einspruch gemäß § 347 ff. Abgabenordnung (AO); auf europäischer Ebene finden die Regelungen des Verwaltungsverfahrensrechts der Mitgliedstaaten Anwendung, wobei grundsätzlich auch der Rechtsweg zu nationalen Gerichten offen steht. Die Fristen für das Einlegen des Einspruchs oder einer Klage richten sich nach dem jeweiligen nationalen Recht; in Deutschland beträgt die Einspruchsfrist in der Regel einen Monat ab Bekanntgabe des Verwaltungsaktes. Im Rahmen eines solchen Rechtsmittelverfahrens wird die Sach- und Rechtslage umfassend überprüft. Besteht weiterhin Uneinigkeit, kann der Fall bis zum Europäischen Gerichtshof getragen werden, der für die Auslegung des Unionszollkodex zuständig ist.

Inwieweit bindet eine vZTA auch Dritte, zum Beispiel Importeure oder Exporteure, die nicht Antragsteller sind?

Die rechtliche Bindungswirkung einer vZTA erstreckt sich grundsätzlich ausschließlich auf die vom Auskunftsinhaber zur Zollabfertigung angemeldeten Waren. Dritte, die nicht Adressat der vZTA sind, können sich im Rechtssinne nicht auf die zugunsten eines anderen erteilte Auskunft berufen. Allerdings geben viele Mitgliedstaaten wesentliche Inhalte einer vZTA anonymisiert und mit Angaben zu Warenbeschreibung und Codenummer öffentlich wieder, sodass sie eine Orientierungshilfe darstellen können. Die Zollbehörden sind jedoch nicht verpflichtet, die in einer fremden vZTA festgelegte Einreihung für andere Importeure oder Exporteure anzuwenden. Nur wenn die in Frage stehenden Waren identisch zu jener in der vZTA beschriebenen Ware sind, kann im Rahmen der Gleichbehandlung eine vergleichbare zolltarifliche Behandlung erwartet werden, jedoch besteht kein Anspruch auf identische Tarifierung ohne eigenen Antrag.

Welche Pflichten bestehen im Zusammenhang mit der Nutzung und Vorlage einer vZTA bei der Zollanmeldung?

Der Inhaber einer vZTA ist gesetzlich verpflichtet, die vZTA bei der Zollanmeldung anzugeben und die Bezugnahme in seiner Zollanmeldung eindeutig zu kennzeichnen (über das entsprechende Datenfeld im Ausfuhrbegleitdokument oder in der elektronischen Zollanmeldung). Dies dient der Sicherstellung, dass die deklarierte Ware exakt jener entspricht, die auch Gegenstand der vZTA war. Werden Änderungen an der Beschaffenheit, Zusammensetzung oder Verwendungsbestimmung der Ware vorgenommen, entfällt die Bindungswirkung der vZTA. Die Nichtangabe oder falsche Anwendung der vZTA kann als Ordnungswidrigkeit beziehungsweise im Einzelfall als Zollverstoß verfolgt werden, mit den entsprechenden rechtlichen Konsequenzen (einschließlich Nachzahlungsforderungen, Verwaltungsstrafen oder weitergehenden Maßnahmen). Auch der Versuch, eine vZTA für nicht deckungsgleiche Waren zu nutzen, kann zu rechtlichen Sanktionen führen.

Wie lange ist eine vZTA gültig und was passiert nach Ablauf der Gültigkeit?

Eine vZTA ist gemäß Art. 20 UZK für drei Jahre ab Ausstellungsdatum gültig. Sie verliert nach diesem Zeitraum automatisch ihre rechtliche Bindungswirkung. Eine Verlängerung ist nicht vorgesehen; es muss gegebenenfalls ein neuer Antrag für eine erneute vZTA gestellt werden, wobei sich die Erteilung wiederum an den dann geltenden zolltariflichen und rechtlichen Vorgaben orientiert. Nach Ablauf der Gültigkeit kann die Zollbehörde weiterhin den in der alten vZTA dokumentierten Sachverhalt zur groben Orientierung nehmen, eine rechtliche Bindung gegenüber der Zollverwaltung besteht jedoch nicht mehr. Für alle Folgeimporte ist dann die aktuelle Rechts- und Datenlage maßgeblich. Wurde während der Laufzeit der vZTA eine Ware vertrauensschützend eingeführt, genießt der Einführer für den abgeschlossenen Vorgang Rechtssicherheit; nach Ablauf ist dies jedoch für zukünftige Vorgänge nicht mehr garantiert.

Welche Konsequenzen hat eine unrichtige oder unvollständige Angabe bei Beantragung der vZTA aus rechtlicher Sicht?

Wer bei der Beantragung einer vZTA unwahre Angaben macht oder entscheidungserhebliche Tatsachen verschweigt, riskiert, dass die erteilte Zolltarifauskunft mit sofortiger Wirkung aufgehoben wird. Nachträglich festgestellte Unrichtigkeiten führen je nach Schwere des Verschuldens zu rückwirkender oder ex-nunc-Wirkung der Aufhebung. Zusätzlich können steuerrechtliche Folgen, wie Nachversteuerungen, nach § 370 AO in Deutschland auch strafrechtliche Ermittlungen wegen Steuerhinterziehung oder Ordnungswidrigkeiten, nach sich ziehen. Die Zollbehörden sind verpflichtet, solche Vorgänge den Strafverfolgungsbehörden zu melden. Die Verpflichtung zur wahrheitsgemäßen und vollständigen Auskunftserteilung ist Grundlage für die Vertrauensschutzwirkung der vZTA. Entfällt diese Vertrauensgrundlage, stehen dem Zoll weitreichende Befugnisse zur Verfügung, etwa zur Nachprüfung, zum Widerruf und zur Geltendmachung von Schadenersatz.