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Wohnungseinbruchsdiebstahl


Begriff und rechtliche Einordnung des Wohnungseinbruchsdiebstahls

Der Wohnungseinbruchsdiebstahl ist eine besondere, strafrechtlich relevante Form des Diebstahls, bei welcher das geschützte Tatobjekt durch das gewaltsame Eindringen in eine Wohnung oder durch das Eindringen unter Verwendung von Werkzeugen oder falschen Schlüsseln angegriffen wird. Er ist insbesondere durch § 244 Absatz 1 Nummer 3 des deutschen Strafgesetzbuches (StGB) geregelt und wird als Qualifikationstatbestand behandelt. Der Schutz von Wohnungen vor unbefugtem Zugriff und die Sicherung des persönlichen Lebensbereichs sind die zentralen Anliegen dieser Strafnorm.


Gesetzliche Regelung

Diebstahl als Grundtatbestand (§ 242 StGB)

Der Wohnungseinbruchsdiebstahl baut auf dem Grundtatbestand des Diebstahls gem. § 242 StGB auf. Danach macht sich strafbar, wer fremde bewegliche Sachen einem anderen in der Absicht wegnimmt, diese sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen.

Qualifikation: Wohnungseinbruchsdiebstahl (§ 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB)

Der Qualifikationstatbestand ist in § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB geregelt. Hiernach liegt Wohnungseinbruchsdiebstahl vor, wenn der Täter

  • zur Ausführung der Tat in eine dauerhaft genutzte Privatwohnung einbricht,
  • einsteigt,
  • mit einem falschen Schlüssel oder anderen nicht zur ordnungsgemäßen Öffnung bestimmten Werkzeug eintritt, oder
  • sich in der Wohnung verborgen hält.

Definition der „Wohnung“

Dabei ist eine Wohnung jede umschlossene und überdachte Räumlichkeit, welche Menschen zumindest vorübergehend zum Aufenthalt dient und dabei als Lebensmittelpunkt genutzt wird. Dazu zählen insbesondere Wohnhäuser, Apartments, Hotelzimmer und Wohnmobile, solange dort übernachtet wird. Betrieblich oder gewerblich genutzte Räume gelten grundsätzlich nicht als Wohnung im Sinne dieser Vorschrift.

Begrifflichkeiten: Einbrechen, Einsteigen, Eindringen, Verbergen

  • Einbrechen: Gewaltsames Öffnen einer Verschlussvorrichtung zur Ermöglichung des Zutritts.
  • Einsteigen: Überwinden von Hindernissen unter körperlicher Anstrengung, um in die Räumlichkeit zu gelangen.
  • Eindringen mit Werkzeug oder falschem Schlüssel: Verwenden von Instrumenten, die nicht zum ordnungsgemäßen Öffnen bestimmt sind.
  • Verbergen: Sich nach Tatentschluss in der Wohnung so aufhalten, dass die Anwesenheit unbemerkt bleibt, um später stehlen zu können.

Verschärfte Strafe

Der Wohnungseinbruchsdiebstahl ist mit einer erhöhten Mindeststrafe bedroht. Nach § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB beträgt die Strafe Freiheitsstrafe zwischen sechs Monaten und zehn Jahren. In besonders schweren Fällen, vor allem bei gewerbsmäßigem oder bandenmäßigen Vorgehen (§ 244a StGB), kann das Strafmaß noch weiter ansteigen.


Besonderheiten des Wohnungseinbruchsdiebstahls

Unterschied zu anderen Qualifikationen des Diebstahls

Im Unterschied zu anderen qualifizierten Diebstahlstatbeständen (wie besonders schwerem Diebstahl gemäß § 243 StGB oder bewaffnetem Diebstahl nach § 244 Abs. 1 Nr. 1 und 2 StGB), bezieht sich der Wohnungseinbruchsdiebstahl explizit auf das rechtswidrige Eindringen in persönlichen Lebensbereiche als besonders intensiven Eingriff in die Privatsphäre. Damit wird nicht primär das Eigentum, sondern insbesondere auch das subjektive Gefühl der Sicherheit geschützt.

Versuch und Vollendung

Sowohl der Versuch als auch die vollendete Tat sind strafbar. Ein Versuch liegt bereits vor, wenn der Täter nach seiner Vorstellung zur Tat ansetzt, beispielsweise durch Überwinden eines Fensters oder einer Tür mithilfe von Werkzeugen.

Tatmittel und Begehungsformen

Die Tat kann auf verschiedene Weise begangen werden:

  • Aufbrechen von Türen oder Fenstern
  • Nutzung von Werkzeugen oder Schlüsseln, die zur ordnungsgemäßen Öffnung nicht bestimmt sind
  • Verstecken und späterer Zugriff auf Gegenstände

Hinzu kommt, dass der Gesetzgeber insbesondere die Verwendung von besonders gefährlichen Mitteln oder das Agieren in einer Bande mit erhöhter Strafe bedroht, um dem hohen Unrecht der Tat zu begegnen.


Strafprozessuale und polizeiliche Aspekte

Anzeige, Ermittlungsverfahren und Beweisführung

Wohnungseinbruchsdiebstähle werden in der Regel auf Anzeige hin verfolgt und lösen polizeiliche Ermittlungsverfahren aus. Die Aufklärung erfordert die Sicherung von Spuren am Tatort, die Vernehmung von Zeuginnen und Zeugen sowie ggf. die Auswertung von Überwachungskameras. Gerade bei Wohnungseinbruchsdiebstählen ist die Beweislage jedoch häufig problematisch, da Täter oftmals keine Spuren hinterlassen und die Aufklärungsquote im Vergleich zu anderen Delikten tendenziell niedrig ist.

Verfahrensrechtliche Folgen für Beschuldigte

Beschuldigte eines Wohnungseinbruchsdiebstahls müssen mit schwerwiegenden strafrechtlichen Sanktionen rechnen. Aufgrund der gesetzlichen Mindeststrafe ist eine Einstellung des Verfahrens wegen Geringfügigkeit regelmäßig ausgeschlossen.


Bedeutung im deutschen Strafrecht und kriminalpolitischer Kontext

Schutzgut

Der qualifizierte Schutz der Wohnung dient dem besonderen Schutz der Intimsphäre und der persönlichen Lebensgestaltung. Einbrüche in Wohnräume werden als besonders empfindlicher Eingriff in den Lebensbereich der betroffenen Personen gewertet.

Kriminalitätsstatistik und Präventionsmaßnahmen

Statistisch gesehen gehört der Wohnungseinbruchsdiebstahl zu den zentralen Deliktsbereichen im Bereich der Eigentumskriminalität. Zur Bekämpfung wurden zahlreiche Präventionsprogramme entwickelt, darunter Aufklärungskampagnen, technische Sicherheitsvorkehrungen an Gebäuden sowie verstärkte Kontrollen durch die Polizei.


Rechtsprechung und Auslegung

Bundesgerichtshof und Rechtsprechungsentwicklung

Der Bundesgerichtshof hat die einzelnen Tatbestandsmerkmale präzisiert und insbesondere die Auslegung von „Wohnung“ und den verschiedenen Begehungsformen immer wieder klargestellt. Wichtige Urteile betreffen unter anderem die Zuordnung von Hotelzimmern oder Ferienwohnungen sowie die Anforderungen an das „Verbergen“ im Sinne des Gesetzes.


Zusammenfassung

Der Wohnungseinbruchsdiebstahl ist ein besonders schwerer Diebstahlstatbestand, der durch das unbefugte Eindringen in private Wohnräume qualifiziert wird und damit neben dem Schutz fremden Eigentums insbesondere die private Lebenssphäre sichert. Aufgrund der hohen Strafandrohung und der gesellschaftlichen Relevanz steht dieser Deliktbereich im Mittelpunkt strafrechtlicher und polizeilicher Bemühungen. Die gesetzliche Regelung findet sich in § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB, mit weiteren Verschärfungen bei bandenmäßigem oder besonders schwerwiegendem Vorgehen. Maßgeblich für die Beurteilung sind die genauen Umstände der Tatausführung sowie die betroffene Räumlichkeit.


Literatur und weiterführende Normen

  • Strafgesetzbuch (StGB), §§ 242, 243, 244, 244a
  • Bundesgerichtshof, diverse Entscheidungen zu den Tatbestandsmerkmalen
  • Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS)

Dieser Lexikonartikel bietet eine umfassende Darstellung des Begriffs Wohnungseinbruchsdiebstahl im deutschen Recht.

Häufig gestellte Fragen

Welche Strafe droht bei Wohnungseinbruchsdiebstahl?

Beim Wohnungseinbruchsdiebstahl handelt es sich um eine besonders schwere Form des Diebstahls, die in Deutschland nach § 244 Abs. 1 Nr. 3 und § 244a StGB unter Strafe gestellt ist. Grundsätzlich wird der einfache Wohnungseinbruchsdiebstahl mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft. In besonders schweren Fällen, etwa wenn eine Waffe mitgeführt wird (sog. schwerer Bandendiebstahl oder bewaffneter Einbruch), sieht das Gesetz eine Mindeststrafe von einem Jahr Freiheitsstrafe vor, ein minderschwerer Fall kann mit einer Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren geahndet werden. Eine Geldstrafe ist beim Wohnungseinbruchsdiebstahl grundsätzlich ausgeschlossen. Das Strafmaß hängt dabei insbesondere vom Wert der Beute, dem Ausmaß der Zerstörung, den Vorstrafen des Täters sowie von etwaigen strafmildernden oder -schärfenden Umständen ab. Versuchte Delikte werden ebenfalls nach Maßgabe des § 23 Abs. 2 StGB bestraft, wobei der Versuch stets strafbar ist. Das Gericht kann zudem Sicherungsverwahrung anordnen, wenn der Täter als besonders gefährlich eingestuft wird.

Ist Wohnungseinbruchsdiebstahl immer ein Offizialdelikt?

Ja, Wohnungseinbruchsdiebstahl zählt zu den sogenannten Offizialdelikten, was bedeutet, dass die Strafverfolgungsbehörden – also Polizei und Staatsanwaltschaft – von Amts wegen ein Ermittlungsverfahren einleiten müssen, sobald sie von einer entsprechenden Tat Kenntnis erlangen. Ein Strafantrag des Opfers ist für die Verfolgung der Tat nicht erforderlich. Die Ermittlungen werden unabhängig vom Willen des Geschädigten geführt; selbst ein nachträglicher Wunsch des Opfers, das Verfahren einzustellen, ist für die Behörden nicht bindend. Das gilt sowohl für vollendete als auch für versuchte Einbruchsdiebstähle in Wohnungen.

Welche Rolle spielt das Tatobjekt „Wohnung“ im juristischen Sinne?

Die Qualifikation des Wohnungseinbruchsdiebstahls im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB setzt voraus, dass der Einbruch in eine Wohnung erfolgt. Nach ständiger Rechtsprechung umfasst der Begriff „Wohnung“ jede Räumlichkeit, die ihrer Bestimmung nach Menschen zumindest vorübergehend zum Aufenthalt dient. Dazu zählen nicht nur klassische Wohnräume, sondern etwa auch Hotelzimmer, Wohnwagen oder Gartenhäuser, solange diese tatsächlich als Unterkunft genutzt werden. Nebengebäude wie Kellerräume oder Dachböden werden nur dann erfasst, soweit sie in den geschützten Bereich der Wohnung einbezogen sind. Garagen oder gemeinschaftlich genutzte Flure fallen hingegen regelmäßig nicht unter den Begriff Wohnung. Die Abgrenzung zur „Geschäftsräumen“ ist entscheidend für die Strafzumessung und die Anwendung des erhöhten Strafrahmens.

Was versteht man unter „Einbrechen“ oder „Eindringen“ gemäß § 244 StGB?

Für die Tatbestandsverwirklichung ist entscheidend, wie der Täter Zugang zur Wohnung erhält. „Einbrechen“ bedeutet, gewaltsam eine Verschlussvorrichtung zu überwinden, beispielsweise durch Aufhebeln einer Tür oder eines Fensters. „Eindringen“ setzt voraus, dass der Täter ohne oder gegen den Willen des Berechtigten in den Wohnraum gelangt, zum Beispiel mittels Nachschlüssel oder ausgespähtem Code. Auch das „sich Einschleichen“ – unbemerktes Hineingelangen in die Wohnung – ist vom Tatbestand umfasst. Die Tatvariante „mit einem falschen Schlüssel oder einem anderen nicht zur ordnungsgemäßen Öffnung bestimmten Werkzeug“ greift bereits dann, wenn der Schlüssel nicht (mehr) zur Nutzung durch den Täter bestimmt ist, etwa nach Entzug der Zutrittsberechtigung.

Gibt es besondere Verjährungsfristen beim Wohnungseinbruchsdiebstahl?

Die Verjährungsfrist für Wohnungseinbruchsdiebstahl richtet sich nach dem Strafmaß. Da der gesetzlich angedrohte Strafrahmen eine Höchststrafe von zehn Jahren Freiheitsstrafe vorsieht (§ 244a StGB), beträgt die regelmäßige Verfolgungsverjährung zehn Jahre gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 3 StGB. Die Frist beginnt mit Beendigung der Tat, grob gesagt also mit dem Abschluss des Einbruchs und der Beuteerlangung bzw. dem Versuch. Bei fortgesetztem Diebstahl oder Serienfällen beginnt die Verjährung jeweils mit der letzten zum Tatkomplex gehörenden Handlung. Während eines laufenden Ermittlungs- oder Gerichtsverfahrens kann die Verjährung unterbrochen werden.

Welche Rechte und Pflichten hat das Opfer im Strafverfahren?

Opfer eines Wohnungseinbruchsdiebstahls haben verschiedene Rechte im Strafverfahren. Sie sind berechtigt, eine Strafanzeige zu erstatten, als Zeuge auszusagen und ihre Interessen als Nebenkläger zu vertreten (§ 395 StPO), sofern die Tat schwerwiegende Folgen hatte, etwa eine persönliche Traumatisierung. Das Opfer hat Anspruch auf Akteneinsicht über einen anwaltlichen Beistand und gegebenenfalls auf psychosoziale Prozessbegleitung. Pflicht ist insbesondere die wahrheitsgemäße Zeugenaussage bei Ladung durch das Gericht oder die Staatsanwaltschaft. Außerdem kann das Opfer zivilrechtliche Ansprüche – zum Beispiel Schadenersatz oder Schmerzensgeld – im sogenannten Adhäsionsverfahren unmittelbar im Strafprozess geltend machen.

Kann ein Jugendlicher wegen Wohnungseinbruchsdiebstahls ebenso hart bestraft werden wie ein Erwachsener?

Jugendliche und Heranwachsende, die einen Wohnungseinbruchsdiebstahl begehen, unterfallen meist dem Jugendgerichtsgesetz (JGG). Das Gericht prüft individuell, welche strafrechtlichen Sanktionen geeignet, erforderlich und angemessen sind, um erzieherisch auf den jungen Täter einzuwirken. Typischerweise werden Erziehungsmaßregeln, Zuchtmittel (wie Jugendarrest) oder – bei schwerwiegenden Delikten – auch Jugendstrafe verhängt. Die Strafrahmen des StGB gelten für Jugendliche nur eingeschränkt; für Heranwachsende (18 bis 21 Jahre alt) kann das Gericht je nach persönlicher Reife wahlweise Jugend- oder Erwachsenenstrafrecht anwenden (§ 105 JGG). Die Verhängung langjähriger Freiheitsstrafen ist bei Minderjährigen eher selten und an enge Voraussetzungen geknüpft.