Begriff und Einordnung des Wohnungsbesetzungs(belegungs)rechts
Das Wohnungsbesetzungs- oder Wohnungsbelegungsrecht bezeichnet das Recht einer öffentlichen Stelle oder eines sonstigen Berechtigten, über die Vergabe bestimmter Wohnungen an berechtigte Wohnungssuchende mitzuentscheiden. Es geht dabei nicht um das unbefugte Besetzen von Wohnungen, sondern um die gesteuerte Belegung – meist im Zusammenhang mit gefördertem oder sozial gebundenem Wohnraum.
Wortbedeutung und Abgrenzung
Der Begriff „Belegung“ meint die Zuordnung einer Wohnung an eine Person oder einen Haushalt. „Besetzung“ wird teils synonym verwendet und beschreibt in diesem Kontext die rechtlich geordnete Ermittlung und Auswahl von Mietparteien. Davon zu unterscheiden sind Themen wie unerlaubte Hausbesetzungen, die nicht Gegenstand des Belegungsrechts sind.
Ziel und Funktion
Das Belegungsrecht dient der sozial ausgewogenen, bedarfsorientierten und transparenten Vergabe von Wohnungen. Es unterstützt die Versorgung von Haushalten mit besonderen Wohnbedarfen, fördert Durchmischung in Quartieren und stellt sicher, dass Fördermittel zweckentsprechend genutzt werden.
Rechtsgrundlagen und Entstehung
Belegungsrechte entstehen typischerweise im Zusammenhang mit öffentlicher Förderung, durch vertragliche Vereinbarungen oder aufgrund kommunaler Programme. Die konkrete Ausgestaltung richtet sich nach regionalen Regelungen und den jeweils abgeschlossenen Bindungs- und Fördervereinbarungen.
Öffentliche Förderung und Bindungen
Erfolgt der Neubau oder die Modernisierung einer Wohnung mit Unterstützung der öffentlichen Hand, wird häufig eine mehrjährige Belegungsbindung vereinbart. Diese legt fest, dass die betroffenen Wohnungen ausschließlich an bestimmte Zielgruppen vergeben werden und die Vergabe in Abstimmung mit dem Belegungsrechtsinhaber erfolgt.
Vertragliche Belegungsrechte
Auch ohne direkte Bau- oder Modernisierungsförderung können Eigentümer und Kommunen Belegungsrechte vertraglich vereinbaren. Dabei stellen Eigentümer der Kommune Wohnungen für die Vergabe an berechtigte Haushalte zur Verfügung; im Gegenzug können etwa Planungssicherheit, Kontingente oder andere Vorteile vereinbart sein.
Zeitliche Bindung und Erlöschen
Belegungsrechte sind regelmäßig befristet. Die Dauer variiert und kann von wenigen Jahren bis zu mehreren Jahrzehnten reichen. Mit Ablauf der Bindungsfrist erlöschen die Belegungsrechte grundsätzlich; bestehende Mietverhältnisse bleiben davon unberührt. Unter bestimmten Voraussetzungen können Bindungen verlängert, umgewandelt oder abgelöst werden.
Arten des Belegungsrechts
Benennungsrecht
Beim Benennungsrecht schlägt der Belegungsrechtsinhaber geeignete Wohnungssuchende vor. Der Vermieter schließt grundsätzlich eigenverantwortlich den Mietvertrag, berücksichtigt dabei jedoch die Vorgaben des Benennungsverfahrens und die Zielgruppenbindung.
Zuweisungsrecht
Das Zuweisungsrecht geht weiter: Hier kann eine zuständige Stelle die Wohnung konkret einem Haushalt zuweisen. Der Vermieter ist dann an diese Zuweisung gebunden, soweit die vereinbarten Voraussetzungen erfüllt sind.
Quoten- und Kontingentrechte
Mancherorts gelten Quoten oder Kontingente, nach denen ein bestimmter Anteil des Wohnungsbestands einer Belegungssteuerung unterliegt. Diese Instrumente dienen einer fortlaufenden, planbaren Versorgung definierter Bedarfsgruppen.
Drittbelegungsrechte
In Einzelfällen können auch andere Träger (z. B. gemeinnützige Wohnungsunternehmen, Stiftungen oder Arbeitgeber im Werkswohnungsbereich) Belegungsrechte innehaben, sofern dies vertraglich geregelt ist.
Beteiligte und ihre Rollen
Träger der Belegungsrechte
Inhaber sind häufig Gemeinden, Städte oder übergeordnete öffentliche Stellen. Sie prüfen Berechtigungen, führen Listen, benennen oder weisen zu und kontrollieren die Einhaltung der Bindungen.
Eigentümer und Vermieter
Eigentümer stellen die gebundenen Wohnungen bereit, informieren rechtzeitig über Freiwerden, führen das Vergabeverfahren in Abstimmung mit dem Belegungsrechtsinhaber durch und dokumentieren die Vergabe. Sie bleiben Vertragspartner der Mietenden und verantworten die laufende Bewirtschaftung.
Wohnungssuchende
Wohnungssuchende müssen die Voraussetzungen für die jeweilige Zielgruppe erfüllen und dies regelmäßig durch geeignete Nachweise belegen. Aufnahme und Führung auf Wartelisten, Fristen, Aktualität von Nachweisen und Mitwirkung im Verfahren sind hierbei entscheidend.
Vergabe- und Auswahlverfahren
Zugangsvoraussetzungen
Vorgesehen sind meist Einkommens- und Bedarfskriterien sowie die Eignung der Wohnung zur Haushaltsgröße. Die Berechtigung wird durch entsprechende Nachweise belegt, die zeitlich befristet sein können und regelmäßig zu aktualisieren sind.
Auswahlkriterien
Typische Kriterien sind Dringlichkeit, Haushaltsgröße, Einkommen, besondere Bedarfe (z. B. Barrierefreiheit), Bindung an den Wohnort oder berufsbedingte Gründe. Die Gewichtung kann regional unterschiedlich ausgestaltet sein.
Vorrangregelungen
Für bestimmte Gruppen können Vorrangregelungen gelten, etwa für Haushalte mit Kindern, Alleinerziehende, Menschen mit Behinderungen, Personen in systemrelevanten Tätigkeiten oder akut wohnungslose Menschen, soweit dies vorgesehen ist.
Datenschutz und Dokumentation
Die Erhebung und Verarbeitung personenbezogener Daten im Vergabeverfahren erfolgen zweckgebunden. Transparente Kriterien, nachvollziehbare Entscheidungen und revisionssichere Dokumentation sichern die Nachprüfbarkeit.
Rechtsfolgen und typische Pflichten
Mietvertragsabschluss und Bindungen
Der Mietvertrag wird grundsätzlich zwischen Vermieter und Mieter geschlossen. Bei gebundenen Wohnungen gelten zusätzlich die Belegungs- und häufig auch Mietpreisbindungen, die den zulässigen Mietenrahmen und die Zielgruppenfestlegung betreffen.
Informations- und Mitwirkungspflichten
Eigentümer haben in der Regel anzuzeigen, wenn eine gebundene Wohnung frei wird, und müssen an den Benennungs- oder Zuweisungsverfahren mitwirken. Fristen und Formvorgaben können festgelegt sein.
Prüf- und Kontrollrechte
Belegungsrechtsinhaber können Vergaben prüfen, Unterlagen einsehen und die Einhaltung der Bindungen kontrollieren. Dies umfasst regelmäßig Stichproben, Auswertungen und Abstimmungen mit den Vermietern.
Folgen bei Verstößen
Bei Verstößen kommen verwaltungsrechtliche Maßnahmen, Rückforderungen von Fördervorteilen, Vertragsstrafen oder Bußgelder in Betracht. Vergaben können beanstandet und eine ordnungsgemäße Belegung verlangt werden. Zivilrechtliche Mietverhältnisse bleiben in vielen Konstellationen wirksam; flankierend kann die Aufsicht einschreiten, um die Bindungen künftig sicherzustellen.
Abgrenzungen zu anderen Instrumenten
Allgemeines Mietrecht
Das Belegungsrecht ergänzt das allgemeine Mietrecht. Mieterrechte und -pflichten, Kündigungsschutz, Betriebskosten und Instandhaltung richten sich weiterhin nach dem allgemeinen Zivilrecht, soweit die Belegungsbindung nichts Abweichendes vorsieht.
Zweckentfremdungs- und Belegungsgebote
Regeln zur Vermeidung von Leerstand oder zur Unterbindung zweckfremder Nutzung verfolgen andere Ziele. Das Belegungsrecht steuert primär die Vergabe an berechtigte Haushalte, während Zweckentfremdungsregeln die Nutzung sichern.
Soziale Erhaltungs- und Quartiersinstrumente
Weitere städtebauliche Instrumente schützen soziale Strukturen in Gebieten, ohne zwingend individuelle Vergaberechte zu begründen. Das Belegungsrecht greift spezifischer auf der Ebene einzelner Wohnungen.
Ordnungsrechtliche Wohnungszuweisung
In Ausnahmesituationen kann eine hoheitliche Wohnungszuweisung zur Gefahrenabwehr erfolgen. Dies ist von der befristeten, planmäßigen Belegungssteuerung zu unterscheiden und dient akuten Notlagen.
Übertragbarkeit, Verkauf und Umwandlung
Eigentümerwechsel
Belegungsrechte wirken regelmäßig objektbezogen. Bei einem Eigentümerwechsel bleiben die Bindungen für den neuen Eigentümer bestehen, solange die Bindungsfrist läuft.
Modernisierung und Umwidmung
Maßnahmen am Gebäude berühren die Belegungsbindung grundsätzlich nicht. Änderungen der Nutzung oder Umwandlungen können Anpassungen erfordern und sind an die vereinbarten Bindungen geknüpft.
Ende der Bindungen
Mit Ablauf der Bindungsdauer entfällt die belegungsrechtliche Steuerung für künftige Vergaben. Bereits bestehende Mietverhältnisse bleiben hiervon unberührt. In Einzelfällen können Folgevereinbarungen die Belegungssteuerung fortsetzen.
Regionale Ausprägungen
Die konkrete Ausgestaltung des Belegungsrechts variiert regional. Unterschiede bestehen bei Bindungsdauern, Einkommensgrenzen, Auswahlsystemen, Quoten, Kontrollintensität und Sanktionen. Gemeinsam ist der Fokus auf die Versorgung definierter Zielgruppen und die transparente Vergabe knappen Wohnraums.
Häufig gestellte Fragen zum Wohnungsbesetzungs(belegungs)recht
Was bedeutet Wohnungsbelegungsrecht und worin unterscheidet es sich vom Wohnungsbesetzungsrecht?
Beide Begriffe werden häufig gleichbedeutend verwendet und meinen das Recht, die Vergabe bestimmter Wohnungen an berechtigte Haushalte zu steuern. „Besetzungsrecht“ ist dabei kein Recht zur unbefugten Inbesitznahme, sondern eine andere Bezeichnung für die rechtlich geregelte Belegung.
Wer kann Belegungsrechte innehaben und wie entstehen sie?
Inhaber sind meist Kommunen oder andere öffentliche Stellen. Belegungsrechte entstehen vor allem durch öffentliche Förderung oder vertragliche Vereinbarungen mit Eigentümern. Sie sind zeitlich befristet und an Bedingungen geknüpft.
Muss ein Vermieter jeden vorgeschlagenen oder zugewiesenen Mieter akzeptieren?
Beim Benennungsrecht erfolgt eine Vorschlagsliste; der Vertragsabschluss bleibt grundsätzlich in der Verantwortung des Vermieters unter Beachtung der Bindungen. Beim Zuweisungsrecht ist der Vermieter an die Zuweisung gebunden, sofern die Voraussetzungen erfüllt sind und keine Ausschlussgründe bestehen, die im Rahmen der Bindungen anerkannt sind.
Welche Position haben Wohnungssuchende im Vergabeverfahren?
Wohnungssuchende müssen die Zugangsvoraussetzungen erfüllen und die erforderlichen Nachweise erbringen. Sie werden nach transparenten Kriterien berücksichtigt, etwa Dringlichkeit, Einkommen und Haushaltsgröße. Ein Anspruch auf eine bestimmte Wohnung ergibt sich daraus regelmäßig nicht.
Wie lange dauern Belegungsbindungen typischerweise?
Die Dauer variiert je nach Region und Fördermodell. Üblich sind mehrjährige Bindungen, die bis in den Bereich mehrerer Jahrzehnte reichen können. Mit Ablauf endet die belegungsrechtliche Steuerung für künftige Vermietungen.
Welche Folgen hat ein Verstoß gegen Belegungsbindungen?
In Betracht kommen verwaltungsrechtliche Beanstandungen, Rückforderungen von Fördervorteilen, Vertragsstrafen oder Bußgelder. Die Mietverträge bleiben in vielen Fällen bestehen; parallel kann eine Korrektur künftiger Vergaben verlangt werden.
Gilt das Belegungsrecht bei einem Eigentümerwechsel weiter?
Ja, Belegungsbindungen sind regelmäßig objektbezogen und wirken auch gegenüber Rechtsnachfolgern fort, bis die Bindungsdauer abläuft.
Kann die Miete in gebundenen Wohnungen frei vereinbart werden?
In gebundenen Wohnungen bestehen häufig Mietpreisbindungen oder Obergrenzen, die den zulässigen Mietenrahmen festlegen. Diese sind zusätzlich zu den allgemeinen mietrechtlichen Regeln zu beachten.