Legal Lexikon

Wohnungsamt


Begriff und Funktion des Wohnungsamts

Das Wohnungsamt ist eine kommunale Behörde oder Dienststelle, die im Rahmen der öffentlichen Verwaltung insbesondere Aufgaben im Bereich des Wohnungswesens, der Wohnungsaufsicht und der sozialen Wohnraumförderung wahrnimmt. Es bildet einen zentralen Bestandteil des Wohnungswesens in Deutschland und agiert auf Grundlage verschiedener bundes- und landesgesetzlicher Regelungen. Die Bezeichnung und der Umfang der Aufgaben können je nach Bundesland und Kommune abweichen, gebräuchliche Synonyme sind beispielsweise „Amt für Wohnungswesen“ oder „Amt für Wohnungsangelegenheiten“.


Rechtsgrundlagen

Bundesrechtliche Regelungen

Die Tätigkeit des Wohnungsamts stützt sich maßgeblich auf zahlreiche Rechtsgrundlagen, insbesondere auf:

  • Grundgesetz (GG)
  • Wohnraumförderungsgesetz (WoFG)
  • Wohnungsbindungsgesetz (WoBindG)
  • Zweckentfremdungsverbot-Gesetze der Länder
  • Sozialgesetzbuch (SGB I und II), soweit Unterstützungsleistungen betroffen sind
  • Landesgesetze zur Wohnraumversorgung und -nutzung

Ergänzend gelten weitere Vorschriften, etwa aus dem Baurecht, Ordnungsrecht und den jeweiligen Satzungen der Kommunen.

Landesrechtliche Besonderheiten

Die Gesetzgebungskompetenz im Bereich Wohnungswesen liegt zum Teil bei den Ländern, wodurch spezifische landesrechtliche Regelungen entstehen, beispielsweise im Bereich des Mieterschutzes, der Wohnberechtigungsscheine sowie von Förderprogrammen zum sozialen Wohnungsbau.


Aufgaben und Zuständigkeiten

Vergabe von Sozialwohnungen

Eine der Hauptaufgaben besteht in der Verwaltung und Vergabe öffentlich geförderter Wohnungen. Das Wohnungsamt prüft hierzu die Anspruchsberechtigung potenzieller Mieter nach §§ 27-31 WoFG und erteilt bei Vorliegen der Voraussetzungen einen Wohnberechtigungsschein (WBS). Voraussetzung ist die Einhaltung gesetzlich vorgeschriebener Einkommensgrenzen und weiterer persönlicher Merkmale gemäß landesrechtlicher Vorschriften.

Wohnberechtigungsschein (WBS)

Der Wohnberechtigungsschein ist Voraussetzung für den Bezug einer mit öffentlichen Mitteln geförderten Wohnung. Das Wohnungsamt prüft die Einkommen und Familienverhältnisse der Antragstellenden, bestimmt den maximal zulässigen Wohnraum und erstellt den entsprechenden Schein.

Überwachung der Wohnraumzweckbindung

Das Wohnungsamt kontrolliert die Einhaltung der Bindungsauflagen für Sozialwohnungen, insbesondere im Hinblick auf Zweckentfremdung, Überbelegung, Untervermietung und Weitervermietung. Die Rechtsgrundlage ergibt sich aus dem Wohnungsbindungsgesetz und den jeweiligen Zweckentfremdungsverbotsverordnungen der Länder. Bei Verstößen können Bußgelder verhängt und Verpflichtungen zur Rückführung in den bestimmungsgemäßen Gebrauch ausgesprochen werden.

Wohnraumschutz

Im Rahmen des Wohnraumschutzes überwacht das Wohnungsamt die Einhaltung baurechtlicher und sozialer Mindeststandards und wird bei unzureichenden Wohnverhältnissen, beispielsweise bei erheblichem Schimmelbefall oder Überbelegung, tätig. Es kann Eigentümer zur Instandsetzung verpflichten, Wohnungen beschlagnahmen oder Nutzungsuntersagungen aussprechen.

Durchführung von Förderprogrammen

Viele Wohnungsämter sind für die Verwaltung und Umsetzung von Fördermitteln für den sozialen Wohnungsbau, energetische Sanierungen oder barrierefreie Umgestaltungen zuständig. Die Aufgaben enthalten dabei sowohl die Beratung von Antragstellern über Fördervoraussetzungen als auch die Bewilligung und Kontrolle der Mittelverwendung.

Zweckentfremdung und Leerstand

Das Wohnungsamt ahndet Verstöße gegen das Verbot zweckwidriger Nutzung von Wohnraum, z. B. Umwandlung zu Gewerberäumen, Leerstand oder ungenehmigte Kurzzeitvermietung etwa als Ferienwohnung. Grundlage bilden jeweils landesrechtliche Zweckentfremdungsverbotsgesetze und kommunale Satzungen.

Unterstützung bei Wohnungsverlust und Wohnungslosigkeit

In Kooperation mit anderen Ämtern hilft das Wohnungsamt bei der Prävention von Wohnungsverlust und der Unterbringung wohnungsloser Personen. Maßgeblich ist hier neben den Vorschriften des SGB II auch die Koordination von Hilfen zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten nach § 67 SGB XII.


Beteiligung an mietrechtlichen Regelungen

Mietspiegel und Mietpreisbremsen

Wohnungsämter nehmen Aufgaben bei der Erstellung und Fortschreibung des Mietspiegels wahr, der als Orientierungshilfe bei der Festlegung ortsüblicher Vergleichsmieten nach § 558 BGB dient. Außerdem unterstützen sie die Durchsetzung mietpreisrechtlicher Vorschriften, wie etwa der Mietpreisbremse.

Schlichtung und Mediation

Zahlreiche Wohnungsämter wirken bei streitigen wohnungsbezogenen Anlässen als Schlichtungsstelle, insbesondere bei Differenzen über die Wohnungsüberlassung, Mietzahlungen oder bei Modernisierungsstreitigkeiten. Rechtsgrundlagen sind hier oftmals kommunale Satzungen.


Verwaltungsverfahren und Rechtsschutz

Antrags- und Verwaltungsverfahren

Die Tätigkeit des Wohnungsamts ist geprägt von Verwaltungsverfahren nach Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) und den jeweiligen, landesrechtlichen Regelungen. Hierzu zählen u.a. die Prüfung von Anträgen auf Wohnberechtigung, Fördermittel oder Unterstützungsleistungen sowie Verwaltungsakte im Bereich Zweckentfremdung oder Wohnraumschutz.

Widerspruch und Klage

Gegen Entscheidungen des Wohnungsamts kann im Regelfall binnen eines Monats Widerspruch eingelegt werden. Nach erfolglosem Widerspruch besteht die Möglichkeit der Anfechtungsklage vor den Verwaltungsgerichten. Verfahren richten sich nach Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).


Datenschutz und Datenverarbeitung

Für personenbezogene Daten, die im Rahmen der amtlichen Aufgabenerledigung verarbeitet werden, gelten die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) und landesrechtliche Datenschutzvorschriften. Das Wohnungsamt ist verpflichtet, die Daten ausschließlich zweckgebunden und unter Einhaltung der gesetzlichen Löschfristen zu verarbeiten.


Organisation und Rechtsstellung

Das Wohnungsamt ist in der Regel organisatorisch einem Fachbereich „Soziales“, „Bauen“ oder „Ordnung“ innerhalb der Stadt- oder Kreisverwaltung zugeordnet. Die konkrete behördeninterne Gliederung und Aufgabenverteilung können kommunal unterschiedlich ausgestaltet sein. Es nimmt seine Aufgaben als Teil der mittelbaren oder unmittelbaren Landesverwaltung wahr.


Bedeutung für den Wohnungsmarkt und die soziale Sicherung

Wohnungsämter leisten einen entscheidenden Beitrag zur sozialen Durchmischung, zur Sicherung des Wohnungsangebots für einkommensschwache Bevölkerungsschichten sowie zur Prävention von Ausgrenzung und Wohnungslosigkeit. Insbesondere im Rahmen der Wohnraumlenkung und der Verwaltung der Wohnraumförderung nehmen sie eine Schlüsselfunktion im System der sozialen Sicherung wahr.


Literatur und weiterführende Normen

  • Wohnraumförderungsgesetz (WoFG)
  • Wohnungsbindungsgesetz (WoBindG)
  • Sozialgesetzbuch (SGB I, II, XII)
  • Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG)
  • Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO)
  • Landeswohnraumfördergesetze und Zweckentfremdungsgesetze

Fazit

Das Wohnungsamt ist eine zentrale Institution des kommunalen Wohnungswesens und übernimmt zahlreiche hoheitliche und rechtsverbindliche Aufgaben im Bereich der Wohnraumvermittlung, Wohnraumsicherung und sozialen Wohnraumförderung. Die umfassende rechtliche Ausgestaltung seiner Tätigkeiten trägt wesentlich zur Umsetzung des Grundrechts auf Wohnen und zur sozialen Gerechtigkeit in Deutschland bei.

Häufig gestellte Fragen

Welche Unterlagen muss ich beim Wohnungsamt für einen Wohnberechtigungsschein einreichen?

Für die Beantragung eines Wohnberechtigungsscheins (WBS) verlangt das Wohnungsamt in der Regel eine Vielzahl von Unterlagen, die sowohl die persönliche Situation als auch die wirtschaftlichen und gegebenenfalls rechtlichen Verhältnisse des Antragstellers belegen. Hierzu zählen in der Regel: ein vollständig ausgefüllter und unterzeichneter Antrag auf Ausstellung des WBS, gültige Personalausweise oder Reisepässe aller Haushaltsmitglieder, aktuelle Einkommensnachweise aller Haushaltsangehörigen (z. B. Lohn- und Gehaltsabrechnungen der letzten drei Monate, Rentenbescheide, Nachweise über Sozialleistungen oder Unterhaltsleistungen), Nachweise über sonstige Einnahmen (wie Kindergeld, Elterngeld, Arbeitslosengeld I oder II, Wohngeld), Meldebescheinigungen sowie Geburtsurkunden, Heiratsurkunden oder Scheidungsurteile, sofern dies für die Haushaltszusammensetzung von Bedeutung ist. Je nach individueller Lebenssituation können zusätzliche Nachweise angefordert werden, etwa bei Schwangerschaft, Behinderung oder Pflegebedürftigkeit, Nachweise über den Grad der Behinderung oder vergleichbare Dokumente. Wichtig ist, dass das Wohnungsamt berechtigt ist, weitere Nachweise anzufordern, falls die Angaben im Antrag nicht ausreichend belegt sind.

Welche Rechte habe ich bei Ablehnung meines Antrags beim Wohnungsamt?

Wird ein Antrag beim Wohnungsamt – etwa auf Erteilung eines Wohnberechtigungsscheins oder auf Leistungen der Wohnungsfürsorge – abgelehnt, steht dem Antragsteller grundsätzlich der Verwaltungsrechtsweg offen. Zunächst ist es erforderlich, einen schriftlichen, mit Begründung versehenen Ablehnungsbescheid durch das Wohnungsamt zu erhalten. Gegen diesen Bescheid kann der Antragsteller innerhalb eines Monats Widerspruch einlegen. Dies ist bei der Behörde zu tun, die den Bescheid erlassen hat. Der Widerspruch muss schriftlich oder zur Niederschrift eingelegt werden und Gründe für die Anfechtung enthalten. Bleibt auch der Widerspruch erfolglos, wird ein Widerspruchsbescheid erlassen – gegen diesen kann der Antragsteller innerhalb eines Monats Klage beim zuständigen Verwaltungsgericht erheben. Es besteht die Möglichkeit Akteneinsicht zu fordern und sich durch einen Rechtsanwalt beraten zu lassen, insbesondere wenn komplexe Rechtsfragen oder etwaige Fristversäumnisse vorliegen.

Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen für die Zuteilung einer Sozialwohnung erfüllt sein?

Die rechtlichen Voraussetzungen für die Zuteilung einer Sozialwohnung sind im Wesentlichen im jeweiligen Landesrecht geregelt, insbesondere in den Landeswohnraumfördergesetzen sowie ergänzend im Wohnraumförderungsgesetz (WoFG). Grundlegend müssen Wohnungssuchende nachweisen, dass sie einen entsprechenden Bedarf haben, also die maßgeblichen Einkommensgrenzen nach § 9 WoFG nicht überschreiten. Ferner werden die Größe und der Zuschnitt der beantragten Wohnung auf die Haushaltsgröße und -zusammensetzung abgestimmt (§ 10 WoFG). Manche Bundesländer verlangen zusätzliche soziale Dringlichkeitsnachweise (zum Beispiel bei Behinderung, drohender Wohnungslosigkeit oder besonderen sozialen Notlagen). Weiterhin darf keine andere ausreichende Wohnung zur Verfügung stehen. Die Zuteilung erfolgt unter Berücksichtigung der Dringlichkeit und nach Maßgabe der verfügbaren Wohnungen.

Was kann ich tun, wenn mir Eigenbedarf durch den Vermieter einer Sozialwohnung wegen fehlerhafter Information des Wohnungsamts gekündigt wurde?

Im Fall einer Eigenbedarfskündigung, die auf fehlerhaften Auskünften des Wohnungsamts beruht, empfiehlt sich zunächst die unverzügliche Prüfung des zugrundeliegenden Sachverhalts und des behördlichen Handelns. Nach § 839 BGB kann unter Umständen ein Amtshaftungsanspruch gegen die betreffende Behörde bestehen, wenn ein schuldhaftes pflichtwidriges Verhalten vorliegt und hierdurch ein Schaden verursacht wurde. Zudem ist zu prüfen, ob die Eigenbedarfskündigung tatsächlich wirksam ist; dies unterliegt den Voraussetzungen des § 573 BGB. Sozialwohnungen unterliegen zudem besonderen Kündigungsbeschränkungen. Empfehlenswert ist es, frühzeitig anwaltlichen Rat in Anspruch zu nehmen, insbesondere um etwaige Schadensersatzansprüche gegen das Wohnungsamt zu wahren. Parallel kann geprüft werden, ob gegen den Verwaltungsakt des Wohnungsamts Rechtsmittel eingelegt werden sollten.

Welche Pflichten habe ich als Empfänger einer vom Wohnungsamt bewilligten Sozialleistung?

Empfänger von vom Wohnungsamt bewilligten Sozialleistungen wie Wohngeld oder im Rahmen der Wohnungsfürsorge sind verpflichtet, alle Änderungen in den die Bewilligung betreffenden Verhältnissen umgehend mitzuteilen. Dies betrifft insbesondere Veränderungen im Einkommen, im Familienstand, beim Bezug von Sozialleistungen oder bei der Haushaltsgröße (§§ 22, 24 WoGG sowie einschlägige landesrechtliche Vorschriften). Zudem müssen die Angaben im Antrag vollständig und wahrheitsgemäß erfolgen; falsche oder unvollständige Angaben können zur Rückforderung der gewährten Leistungen, zu Bußgeldern oder strafrechtlichen Konsequenzen führen. Die Mitwirkungspflicht umfasst weiterhin die Vorlage aller angeforderten Nachweise und eine etwaige Duldung von Hausbesuchen oder Überprüfungen durch die Behörde.

Kann das Wohnungsamt meinen Wohnberechtigungsschein nachträglich entziehen?

Das Wohnungsamt kann einen bereits erteilten Wohnberechtigungsschein nachträglich entziehen oder widerrufen, wenn sich herausstellt, dass die Voraussetzungen für dessen Erteilung nicht vorlagen oder nachträglich weggefallen sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der WBS auf Grund unrichtiger Angaben erteilt wurde oder ein sonstiger Missbrauch vorliegt. Der Rechtgrundlage hierzu finden sich in den jeweiligen Landesgesetzen sowie analog im Verwaltungsverfahrensgesetz (§§ 48, 49 VwVfG). Vor dem Entzug ist in der Regel eine Anhörung des Betroffenen durchzuführen. Gegen einen etwaigen Widerrufsbescheid können die gleichen Rechtsmittel wie gegen einen Ablehnungsbescheid eingelegt werden (Widerspruch, nachfolgend Anfechtungsklage).

Werden bei der Wohnungsvergabe bestimmte Personengruppen vom Wohnungsamt bevorzugt berücksichtigt?

Das Wohnungsamt muss bei der Vergabe geförderter Wohnungen, also bei der Zuteilung von Sozialwohnungen oder Erteilung eines Wohnberechtigungsscheins, die gesetzlichen Vorgaben zur sozialen Dringlichkeit und Bedürftigkeit beachten. Hierzu gehören typischerweise Haushalte mit Kindern, Alleinerziehende, Menschen mit Behinderung, Senioren, Schwangere sowie Personen, bei denen besondere soziale Notlagen – zum Beispiel drohende Obdachlosigkeit oder Trennung – vorliegen. Eine eindeutige Rangfolge ergibt sich aus den landesrechtlichen Vorschriften und den Wohnungsvermittlungsrichtlinien der jeweiligen Kommune. Die Zuteilung muss jedoch immer unter Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes (Art. 3 GG) nachvollziehbar und dokumentierbar erfolgen. Bei Streitfällen kann die Entscheidung durch Beschwerde oder gerichtliche Überprüfung beanstandet werden.