Legal Lexikon

Wohnrecht

Wohnrecht: Begriff und Einordnung

Das Wohnrecht ist das vertraglich oder dinglich eingeräumte Recht einer Person, bestimmte Räumlichkeiten in einem Gebäude zu bewohnen und zu nutzen, ohne Eigentümerin oder Eigentümer dieser Immobilie zu sein. Es dient häufig der Absicherung von Angehörigen, etwa im Rahmen der Übertragung eines Hauses auf die nächste Generation, kann aber auch in anderen Konstellationen vereinbart werden. Der rechtliche Gehalt und die Wirkung eines Wohnrechts hängen maßgeblich davon ab, in welcher Form es eingeräumt wurde.

Arten des Wohnrechts

Dingliches Wohnrecht

Das dingliche Wohnrecht ist ein an der Immobilie selbst haftendes Recht. Es wird im Grundbuch eingetragen und wirkt damit auch gegenüber Dritten, etwa bei einem Eigentümerwechsel. Es ist in der Regel höchstpersönlich, nicht übertragbar und nicht vererblich, und erlischt regelmäßig mit dem Tod der berechtigten Person oder mit Ablauf einer vereinbarten Befristung.

Schuldrechtliches Wohnrecht

Das schuldrechtliche Wohnrecht entsteht aus einer Vereinbarung zwischen den Beteiligten (z. B. im Rahmen eines Übergabe- oder Nutzungsvertrags). Es wirkt primär nur zwischen den Vertragsparteien und entfaltet ohne Eintragung kein unmittelbares Recht gegenüber späteren Erwerbern der Immobilie. Inhalt, Dauer und Umfang ergeben sich aus der jeweiligen Vereinbarung.

Abgrenzung zu verwandten Rechten

Nießbrauch

Der Nießbrauch gewährt in der Regel weitergehende Befugnisse als ein Wohnrecht. Er umfasst üblicherweise das Recht, die Sache zu nutzen und die Früchte zu ziehen, was auch die Vermietung einschließen kann. Das Wohnrecht ist typischerweise auf die eigene Nutzung zu Wohnzwecken beschränkt.

Mietrecht

Das Mietrecht beruht auf einem Austauschverhältnis gegen Entgelt. Es verschafft die Nutzung für die vereinbarte Zeit, ist aber grundsätzlich kündbar und richtet sich nach dem jeweiligen Vertrag. Ein dingliches Wohnrecht ist demgegenüber stärker an die Immobilie gebunden und weniger flexibel kündbar.

Inhalt und Umfang des Wohnrechts

Räumlicher und persönlicher Umfang

Das Wohnrecht erstreckt sich auf die konkret bezeichneten Räume. Häufig wird eine bestimmte Wohnung oder ein Teil des Hauses benannt. Die berechtigte Person darf die Räumlichkeiten zu Wohnzwecken nutzen; Art, Maß und Grenzen der Nutzung ergeben sich aus der Vereinbarung und, beim dinglichen Wohnrecht, aus der Eintragung.

Mitbenutzung und Gemeinschaftsflächen

Nebenräume und Gemeinschaftsflächen wie Küche, Bad, Flur, Treppenhaus, Keller oder Garten können mitumfasst sein. Ob und in welchem Umfang eine Mitbenutzung besteht, ergibt sich aus Vereinbarung und üblichen Gepflogenheiten. Klarheit schafft eine konkrete Beschreibung der Räume und Flächen.

Besuch, Mitbewohner, Haustiere

Besuch ist grundsätzlich zulässig, soweit die Wohnnutzung nicht überschritten wird. Die Aufnahme weiterer Personen (z. B. Partner oder Pflegekräfte) kann erlaubt oder beschränkt sein; maßgeblich ist die getroffene Regelung. Haustiere sind je nach Vereinbarung möglich, soweit sie die Nutzung nicht unzumutbar beeinträchtigen.

Nutzungseinschränkungen

Das Wohnrecht dient dem Wohnen. Eine gewerbliche Nutzung ist grundsätzlich nicht umfasst, sofern nichts Abweichendes vereinbart ist. Veränderungen an der Substanz oder umfangreiche Umbauten bedürfen in der Regel der Zustimmung der Eigentümerseite.

Entstehung und Form

Begründung des dinglichen Wohnrechts

Das dingliche Wohnrecht entsteht durch eine entsprechende Vereinbarung und die Eintragung im Grundbuch. Erst mit der Eintragung entfaltet es seine volle Wirkung gegenüber Dritten. Inhalt und Umfang sollten klar bestimmt sein, damit sich die Berechtigung der Nutzung unmittelbar aus der Eintragung ergibt.

Begründung des schuldrechtlichen Wohnrechts

Ein schuldrechtliches Wohnrecht wird durch Vertrag zwischen den Beteiligten begründet. Es wirkt in erster Linie zwischen den Vertragsparteien. Ohne Grundbucheintragung besteht keine dingliche Absicherung gegenüber späteren Erwerbern der Immobilie.

Grundbuch und Rang

Beim dinglichen Wohnrecht bestimmt der Rang im Grundbuch, in welcher Reihenfolge Rechte im Konfliktfall zu berücksichtigen sind. Ein vorrangiges Wohnrecht behält in der Regel seine Wirkung auch bei Eigentumswechseln oder Belastungen der Immobilie.

Rechte und Pflichten der Beteiligten

Rechte der wohnberechtigten Person

Die berechtigte Person darf die bezeichneten Räume bewohnen und sie in üblichem Umfang nutzen. Sie hat Anspruch darauf, dass die Eigentümerseite oder Dritte die Nutzung nicht beeinträchtigen. Übliche Besuchsrechte und die Mitbenutzung vereinbarter Gemeinschaftsflächen sind umfasst.

Pflichten der wohnberechtigten Person

Die berechtigte Person hat die Räume pfleglich zu behandeln, typische Betriebskosten des eigenen Verbrauchs zu tragen und vermeidbare Beeinträchtigungen zu unterlassen. Ohne ausdrückliche Vereinbarung ist die Überlassung an Dritte, insbesondere eine entgeltliche Vermietung, nicht gestattet.

Pflichten der Eigentümerseite

Die Eigentümerseite hat die Nutzung im vereinbarten Umfang zu ermöglichen und darf die Ausübung des Wohnrechts nicht stören. Größere Instandsetzungen und Erhaltungsmaßnahmen an der Gebäudesubstanz obliegen typischerweise der Eigentümerseite, sofern nichts Abweichendes vereinbart ist.

Kosten- und Lastentragung

Häufig trägt die berechtigte Person laufende Verbrauchskosten (z. B. Heizung, Strom) und kleinere Instandhaltungen, während außergewöhnliche Reparaturen und strukturelle Sanierungen in den Verantwortungsbereich der Eigentümerseite fallen. Abweichungen sind vertraglich möglich.

Dauer, Übertragbarkeit und Beendigung

Lebenslanges und befristetes Wohnrecht

Ein Wohnrecht kann lebenslang oder befristet vereinbart werden. Lebenslange Wohnrechte enden in der Regel mit dem Tod der berechtigten Person, befristete mit Ablauf der vereinbarten Zeit. Bedingungen und auflösende Ereignisse können festgelegt werden, sofern sie eindeutig bestimmbar sind.

Nichtübertragbarkeit und Unvererblichkeit

Das dingliche Wohnrecht ist im Grundsatz höchstpersönlich. Eine Übertragung auf andere Personen oder eine Vererbung sind regelmäßig ausgeschlossen. Beim schuldrechtlichen Wohnrecht ergeben sich Übertragbarkeit und Fortbestand ausschließlich aus dem Vertrag.

Erlöschensgründe und Löschung

Ein Wohnrecht erlischt regelmäßig durch Tod der berechtigten Person, Zeitablauf, Aufhebungsvertrag, Verzicht oder Vereinigung von Recht und Eigentum in einer Hand. Beim dinglichen Wohnrecht erfolgt eine Löschung im Grundbuch, wenn die Voraussetzungen dafür gegeben sind.

Wirkung gegenüber Dritten und in besonderen Situationen

Verkauf, Schenkung oder Erbfall

Ein im Grundbuch eingetragenes Wohnrecht bleibt bei Eigentümerwechsel grundsätzlich bestehen. Erwerbende müssen das Recht beachten. Ein rein vertragliches Wohnrecht entfaltet ohne Eintragung keine unmittelbare Wirkung gegenüber Dritten.

Zwangsversteigerung und Insolvenz

Die Stellung eines Wohnrechts in einer Zwangsversteigerung hängt von seinem Rang und seinem Inhalt ab. Ein vorrangiges, eingetragenes Wohnrecht kann bestehen bleiben; nachrangige Rechte können unter Umständen beeinträchtigt werden.

Modernisierung und Umbau

Geplante Veränderungen am Gebäude berühren das Wohnrecht, wenn sie dessen Ausübung beeinträchtigen. Die Interessen der berechtigten Person und der Eigentümerseite sind in Einklang zu bringen. Vereinbarungen zum Zugang, zur Duldung von Arbeiten und zu Ersatzflächen schaffen Klarheit.

Bewertung und wirtschaftliche Bedeutung

Einfluss auf den Immobilienwert

Ein Wohnrecht mindert in der Regel den Verkehrswert der belasteten Immobilie, da es die freie Nutzung und Verfügbarkeit einschränkt. Die Höhe der Wertminderung hängt unter anderem von der Dauer, dem Umfang und der Rangstelle des Rechts ab.

Steuerliche Einordnung in Grundzügen

Wohnrechte können bei der Bewertung von Immobilien im Rahmen von Erb- oder Schenkungsvorgängen berücksichtigt werden. Je nach Ausgestaltung beeinflussen sie die Bemessung und die Bewertung der wirtschaftlichen Belastung des Eigentums. Einzelheiten richten sich nach den jeweils einschlägigen steuerlichen Vorgaben.

Typische Anwendungsfälle

Familien- und Hofübergaben

Bei der Übertragung eines Hauses oder Hofs innerhalb der Familie wird häufig ein lebenslanges Wohnrecht zugunsten der übergebenden Person vereinbart, um deren Absicherung zu gewährleisten.

Trennung und Scheidung

In Vereinbarungen anlässlich einer Trennung kann ein befristetes Wohnrecht für eine Partei festgelegt werden, um die Nutzung der Wohnung für eine Übergangszeit zu ordnen.

Absicherung naher Angehöriger

Wohnrechte dienen dazu, nahen Angehörigen eine gesicherte Wohnmöglichkeit einzuräumen, ohne das Eigentum an der Immobilie zu übertragen.

Durchsetzung und Konfliktlösung

Sicherung der Nutzung

Die berechtigte Person kann verlangen, dass die Ausübung des Wohnrechts nicht gestört wird. Bei Beeinträchtigungen kommen Ansprüche auf Unterlassung und Beseitigung in Betracht. Die konkrete Reichweite ergibt sich aus der individuellen Ausgestaltung des Rechts.

Dokumentation und Auslegung

Maßgeblich für Rechte und Pflichten sind Wortlaut und Zweck der Vereinbarung sowie die Eintragung im Grundbuch. Eine klare Beschreibung der Räume, der Mitbenutzungsrechte und der Kostenregelung vermindert Auslegungsspielräume.

Häufig gestellte Fragen

Was bedeutet ein lebenslanges Wohnrecht?

Ein lebenslanges Wohnrecht berechtigt die genannte Person, die bezeichneten Räume bis zu ihrem Lebensende zu bewohnen. Es ist in der Regel höchstpersönlich, nicht übertragbar und erlischt mit dem Tod der berechtigten Person, sofern keine abweichende Vereinbarung besteht.

Kann ein Wohnrecht vererbt oder übertragen werden?

Das dingliche Wohnrecht ist grundsätzlich unvererblich und nicht übertragbar. Es ist an die Person gebunden, der es eingeräumt wurde. Beim vertraglichen Wohnrecht ergibt sich die Übertragbarkeit ausschließlich aus der getroffenen Vereinbarung.

Darf die wohnberechtigte Person untervermieten?

Die entgeltliche Überlassung an Dritte ist beim Wohnrecht typischerweise nicht umfasst. Eine Untervermietung ist nur möglich, wenn dies ausdrücklich vereinbart wurde oder sich aus der Auslegung der Vereinbarung ergibt.

Wer trägt die Kosten bei einem Wohnrecht?

Üblicherweise trägt die berechtigte Person laufende Betriebskosten und kleinere Instandhaltungen. Größere Instandsetzungen und strukturelle Maßnahmen liegen meist bei der Eigentümerseite. Die konkrete Verteilung ergibt sich aus der Vereinbarung.

Bleibt ein Wohnrecht nach einem Verkauf der Immobilie bestehen?

Ein im Grundbuch eingetragenes Wohnrecht wirkt grundsätzlich auch gegenüber Erwerberinnen und Erwerbern fort. Ein lediglich vertragliches Wohnrecht ohne Eintragung entfaltet gegenüber Dritten keine unmittelbare Wirkung.

Wie wird ein Wohnrecht gelöscht?

Ein Wohnrecht kann durch Zeitablauf, Tod der berechtigten Person, Aufhebungsvereinbarung, Verzicht oder Vereinigung von Recht und Eigentum erlöschen. Beim dinglichen Wohnrecht erfolgt die Löschung durch einen entsprechenden Antrag und Nachweis der Voraussetzungen.

Worin unterscheidet sich das Wohnrecht vom Nießbrauch?

Das Wohnrecht beschränkt sich auf das Bewohnen der bezeichneten Räume. Der Nießbrauch gewährt in der Regel weitergehende Nutzungsbefugnisse und kann die Vermietung einschließen. Die Reichweite der Rechte ist beim Nießbrauch daher umfassender.

Welche Rolle spielt das Grundbuch beim Wohnrecht?

Das Grundbuch sichert das dingliche Wohnrecht ab und bestimmt dessen Rang im Verhältnis zu anderen Rechten. Die Eintragung legt den Inhalt fest, macht das Recht gegenüber Dritten wirksam und schafft Rechtssicherheit.