Legal Lexikon

Wohnbesitz


Begriff und rechtliche Grundlagen des Wohnbesitzes

Der Begriff Wohnbesitz bezeichnet im deutschen Recht die tatsächliche Sachherrschaft über eine zu Wohnzwecken dienende Immobilie oder Teile einer solchen. Wohnbesitz kann sowohl das Eigentum an einer Wohnung oder einem Wohnhaus als auch das Besitzrecht an einer gemieteten oder durch ein anderes Nutzungsrecht überlassenen Wohnimmobilie umfassen. Der rechtliche Rahmen des Wohnbesitzes ist vielschichtig und tangiert zahlreiche Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG), des Mietrechts sowie öffentlich-rechtliche Vorschriften des Bau- und Wohnungswesens.

Unterscheidung nach Art des Wohnbesitzes

Eigentumswohnungsbesitz

Beim Eigentumswohnungsbesitz liegt sowohl das Eigentum als auch der unmittelbare Besitz der Wohnfläche beim Inhaber. Die rechtliche Grundlage bildet vor allem das Wohnungseigentumsgesetz (WEG). Dieses unterscheidet das Sondereigentum an der konkret zu Wohnzwecken bestimmten Wohnung und das Miteigentum am gemeinschaftlichen Eigentum der Wohnanlage.

Mieterischer Wohnbesitz

Anders als beim Eigentum ist der mieterseitige Wohnbesitz als Besitz (im Sinne von § 854 BGB) ausgeprägt, nicht als Eigentum. Der Mieter ist berechtigt, die Wohnung auf Basis des geschlossenen Mietvertrags zu nutzen und daran den unmittelbaren Besitz auszuüben. Hierbei kommt insbesondere dem Schutz des Wohnraums im Rahmen des sozialen Mietrechts (§§ 535 ff. BGB, Mieterschutzvorschriften) große Bedeutung zu.

Wohnbesitz durch dingliche Rechte Dritter

Wohnbesitz kann auch auf Grundlage anderer dinglicher Rechte wie Nießbrauch (§§ 1030 ff. BGB) oder Wohnungsrecht (§§ 1093 BGB) entstehen. Dann steht dem Berechtigten an einer Immobilie ein Besitzrecht zur Nutzung zu, ohne gleichzeitig Eigentümer zu sein.

Rechtliche Aspekte des Wohnbesitzes

Besitzrechtlicher Schutz des Wohnbesitzenden

Der Besitz – unabhängig von der Eigentumslage – wird im deutschen Recht im Wesentlichen durch § 859 BGB („Selbsthilferecht des Besitzers“) vor verbotener Eigenmacht geschützt. Wohnbesitzende haben Abwehrrechte gegen widerrechtliche Eingriffe, etwa durch unerlaubtes Betreten oder Räumung der Wohnung durch Dritte.

Wohnbesitz im Mietrecht

Die Ausübung des Wohnbesitzes durch Mieter ist durch das Mietrecht umfassend geregelt. Zentrale Aspekte sind:

  • Gebrauchsrecht: Der Mieter darf die Wohnung zum vertragsgemäßen Zweck uneingeschränkt selbst nutzen.
  • Schutz bei Beendigung: Der Besitz wird auch nach Vertragsende durch besonderen Räumungsschutz (z.B. § 940a ZPO; § 721 ZPO) und Kündigungsschutzvorschriften gesichert.
  • Besitzstörung: Bei Störungen des Besitzes durch den Vermieter (z.B. eigenmächtiger Zutritt zur Wohnung) bestehen Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche zugunsten des Mieters.

Wohnungseigentum und Wohnbesitz

Im Rahmen des Wohnungseigentumsrechts ist zu beachten:

  • Das Recht auf Besitz und Nutzung des Sondereigentums (der Wohnung) ist von § 13 WEG geschützt.
  • Nutzungsregelungen und Beschlüsse der Eigentümerversammlung können den Wohnbesitz beschränken.
  • Bei Streitigkeiten besteht zivilrechtlicher Schutz, insbesondere durch Beschlussanfechtung und gerichtliche Schlichtungsverfahren (§ 43 WEG).

Besonderheiten des Wohnungsrechts nach § 1093 BGB

Das Wohnungsrecht gewährt einer Person das Recht, bestimmte Räume in einem Gebäude zu bewohnen, ohne deren Eigentümer zu sein. Es handelt sich um ein unveräußerliches, nicht übertragbares Recht. Der Wohnrechtsinhaber ist unmittelbarer Besitzer der Wohnräume, während der Eigentümer lediglich mittelbarer Besitzer ist.

Öffentliche-rechtliche Beschränkungen des Wohnbesitzes

Der Gebrauch des Wohnbesitzes ist an eine Vielzahl öffentlich-rechtlicher Vorgaben gebunden, etwa durch das Baugesetzbuch (BauGB), die Landesbauordnungen, das Meldegesetz und gegebenenfalls durch das Zweckentfremdungsverbot. Hierdurch werden bestimmte Anforderungen an den Umfang, die Art und Weise der Nutzung sowie an die bauliche Ausgestaltung gestellt.

Übertragung von Wohnbesitz

Eigentumsübergang

Beim Kauf einer Wohnimmobilie geht Wohnbesitz in aller Regel erst mit der Übergabe und Verschaffung des unmittelbaren Besitzes, nicht bereits mit der Eigentumseintragung, auf den Erwerber über (§ 985 BGB).

Übertragung im Erbfall

Mit dem Erbfall treten die Erben kraft Gesetzes in die Rechtsstellung des Erblassers ein und übernehmen auch den Wohnbesitz. Besonderheiten können sich durch Testamente oder Erbverträge ergeben, etwa wenn ein Wohnungsrecht oder Nießbrauch zugunsten Dritter eingeräumt ist.

Beendigung und Entzug des Wohnbesitzes

Kündigung und Räumung

Der Entzug des Wohnbesitzes erfolgt im Regelfall durch Beendigung von Mietverhältnissen oder Erlöschen dinglicher Rechte. Danach kann die zwangsweise Räumung beantragt werden, sofern der Wohnbesitzende die Herausgabe verweigert.

Entziehung des Eigentums

In Ausnahmefällen kann das Eigentum zwangsweise entzogen werden (z.B. Enteignung nach BauGB, Zwangsvollstreckung), wodurch auch der Wohnbesitz endet.

Schutz des Wohnbesitzes im Grundgesetz

Artikel 13 des Grundgesetzes (Unverletzlichkeit der Wohnung) garantiert einen hohen Schutz vor staatlichen Eingriffen in den Wohnbesitz. Jede Durchsuchung oder Beschlagnahme unterliegt strengen Anforderungen.


Diese Darstellung bietet einen umfassenden Überblick über die verschiedenen rechtlichen Dimensionen des Begriffs Wohnbesitz und verdeutlicht die herausragende Bedeutung sowohl im Privat- als auch im öffentlichen Recht. Wohnbesitz ist eine zentrale Rechtsposition, die sowohl individuelle Lebensgestaltung als auch rechtlichen und sozialen Schutz umfasst.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen für den Erwerb von Wohnbesitz in Deutschland erfüllt sein?

Um Wohnbesitz in Deutschland zu erwerben, ist grundsätzlich ein notariell beurkundeter Kaufvertrag notwendig. Der Kaufvertrag regelt alle Rechte und Pflichten von Käufer und Verkäufer und wird durch einen zugelassenen Notar entworfen und beurkundet. Erst durch die Eintragung des Eigentumswechsels im Grundbuch beim zuständigen Grundbuchamt wird das Eigentum rechtlich übertragen (§§ 873, 925 BGB). Darüber hinaus prüft der Notar die Identität der Vertragsparteien sowie deren Geschäftsfähigkeit und stellt sicher, dass keine rechtlichen Hinderungsgründe (z.B. Insolvenz, Vorkaufsrechte Dritter, Auflagen im Grundbuch) vorliegen. Für Ausländer gelten zusätzliche Vorschriften, ihre Erwerbsfähigkeit kann durch Aufenthaltsstatus oder Erfordernis besonderer behördlicher Genehmigungen eingeschränkt sein. Bei Ehepaaren und eingetragenen Lebenspartnerschaften müssen eventuell Besonderheiten bezüglich des Güterstandes und erforderlicher Zustimmungen beachtet werden. Grundsätzlich müssen alle gesetzlichen Vorgaben zu Steuern, wie Grunderwerbsteuer, erfüllt sein und die Finanzierung des Kaufs (z.B. Hypothek) rechtlich abgesichert werden.

Welche Rechte und Pflichten ergeben sich aus dem Besitz einer Eigentumswohnung im Rahmen des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG)?

Der Besitz einer Eigentumswohnung ist im Wohnungseigentumsgesetz (WEG) umfassend geregelt. Eigentümer erhalten das Sondereigentum an ihrer Wohnung und Miteigentum am Gemeinschaftseigentum, zu dem u. a. Dach, Treppenhaus und Außenanlagen gehören. Sie sind verpflichtet, sich an den Kosten für Instandhaltung, Verwaltung und sonstige Gemeinschaftsausgaben zu beteiligen. Die Nutzung des Sondereigentums ist im Rahmen der geltenden Hausordnung und Gemeinschaftsordnung erlaubt, darüber hinausgehende Nutzungen (z. B. gewerbliche Nutzung) können einer Zustimmung der Eigentümergemeinschaft bedürfen. Eigentümer haben das Recht auf Teilnahme an Eigentümerversammlungen, dort können sie mit abstimmen und Anträge stellen. Sie müssen dafür Sorge tragen, dass ihre Wohnung keine Schäden am Gemeinschaftseigentum verursacht, haften also anteilig auch für daraus entstehende Kosten. Streitigkeiten werden meist vor den Zivilgerichten verhandelt, wobei je nach Streitwert eine Schlichtungspflicht bestehen kann.

Wie läuft eine Eigentumsübertragung im Grundbuch ab und welche Kosten fallen dabei an?

Die Eigentumsübertragung erfolgt in Deutschland durch Eintragung des neuen Eigentümers im Grundbuch. Zunächst wird der notarielle Kaufvertrag geschlossen. Auf dessen Basis stellt der Notar einen Antrag beim Grundbuchamt auf Vormerkung des neuen Eigentümers (Auflassungsvormerkung), die den Käufer rechtlich absichert. Nach Erfüllung aller Bedingungen (u. a. Zahlung des Kaufpreises, Vorlage von Unbedenklichkeitsbescheinigungen, Löschungsbewilligungen für alte Grundschulden) erfolgt die endgültige Umschreibung. Kosten fallen hierbei für die notarielle Beurkundung (Notargebühren nach GNotKG), die Grundbuchkosten, sowie die Grunderwerbsteuer an. Je nach Wert der Immobilie können diese Nebenkosten insgesamt etwa 7-10 % des Kaufpreises ausmachen. Auch die Gebühren für eventuelle Eintragungen oder Löschungen von Grundpfandrechten sind zu berücksichtigen.

Welche gesetzlichen Regelungen gelten für bauliche Veränderungen am eigenen Wohnbesitz?

Grundsätzlich darf ein Eigentümer bauliche Veränderungen an seinem Wohnbesitz vornehmen, soweit diese sich innerhalb des Rahmens der Eigentümerrechte bewegen. Für Eigentumswohnungen schreibt das WEG jedoch vor, dass Veränderungen am Gemeinschaftseigentum (z. B. Durchbrüche von tragenden Wänden, Anbau von Balkonen) der Zustimmung der Eigentümergemeinschaft bedürfen. Baumaßnahmen, die ausschließlich das Sondereigentum betreffen und keine Auswirkungen auf das Gemeinschaftseigentum oder die Rechte anderer Miteigentümer haben, können eigenständig durchgeführt werden. Zusätzlich ist das öffentliche Baurecht zu beachten: Viele Maßnahmen erfordern eine Baugenehmigung nach Landesbauordnung, deren Einholung von Größe, Umfang und Art der Veränderung abhängig ist. Illegale Maßnahmen können zu Rückbauverfügungen und erheblichen Bußgeldern führen.

Kann der Wohnbesitz durch Zwangsversteigerung verloren gehen und unter welchen Voraussetzungen?

Wohnbesitz kann durch Zwangsversteigerung verloren gehen, wenn der Eigentümer seinen Zahlungsverpflichtungen (z. B. aus Hypotheken, Grundsteuern, Beiträgen zur Eigentümergemeinschaft oder öffentlichen Abgaben) nicht mehr nachkommt. Der Gläubiger – typischerweise die finanzierende Bank – kann beim zuständigen Amtsgericht die Zwangsversteigerung beantragen. Voraussetzung ist, dass eine vollstreckbare Forderung vorliegt, meist in Form einer notariellen Urkunde oder eines Titels. Das Gericht setzt einen Versteigerungstermin fest, der öffentlich bekanntgemacht wird. Im Rahmen des Zwangsversteigerungsverfahrens werden die Rechte von vorrangig eingetragenen Gläubigern und Belastungen im Grundbuch gewahrt; Eigentümer und Gläubiger können bis zum Zuschlag Einwendungen erheben. Restbeträge nach Begleichung aller Verbindlichkeiten gehen an den ehemaligen Eigentümer.

Welche Schutzmechanismen bestehen für Wohnbesitzer im Falle von Scheidung oder Trennung?

Im Falle von Scheidung oder Trennung gelten besondere Schutzmechanismen, die je nach Rechtsform des Eigentums und Güterstand differieren. Bei gemeinsamem Besitz im gesetzlichen Güterstand (Zugewinngemeinschaft) erfolgt grundsätzlich ein Zugewinnausgleich, der alle während der Ehe erworbenen Vermögenswerte berücksichtigt. Ist der Wohnbesitz gemeinsames Eigentum, kann er – falls eine Einigung nicht erzielt wird – gerichtlich geteilt oder zur Teilungsversteigerung gebracht werden. Bei Alleineigentum eines Ehepartners können Trennungs- oder nacheheliche Unterhaltsansprüche zur zeitweiligen Nutzung durch den nicht-eigentümer Ehepartner führen, besonders wenn minderjährige Kinder betroffen sind (§ 1361b BGB). Im Rahmen von Eheverträgen lassen sich hiervon abweichende Regelungen vereinbaren.

Welche rechtlichen Möglichkeiten bestehen bei Streitigkeiten mit Nachbarn bezüglich Nutzungsrechten oder Immissionen?

Bei Streitigkeiten mit Nachbarn über Nutzungsrechte (z. B. Wegerechte, Überfahrtsrechte) oder Immissionen (z. B. Lärm, Gerüche), kann zunächst eine einvernehmliche Klärung durch direkte Kommunikation oder Mediation angestrebt werden. Rechtliche Grundlage bietet das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB), insbesondere §§ 903 ff. BGB zur Ausübung des Eigentumsrechts sowie § 1004 BGB (Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch). Beeinträchtigungen, die das ortsübliche Maß überschreiten oder die übliche Nutzung wesentlich beeinträchtigen, können gerichtlich untersagt werden. Vor Gericht sind bei nachbarschaftsrechtlichen Streitigkeiten teilweise vorherige Schlichtungsversuche vorgeschrieben (je nach Bundesland). Auch öffentlich-rechtliche Vorschriften (z. B. Immissionsschutzgesetz) können herangezogen werden. Bei Miteigentümerstreitigkeiten greifen spezielle Regelungen des WEG.