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Wirtschafts-Identifikationsnummer


Begriff und Einführung zur Wirtschafts-Identifikationsnummer

Die Wirtschafts-Identifikationsnummer (W-IdNr.) ist eine eindeutige, dauerhaft vergebene und einheitliche Identifikationsnummer für Unternehmen, Organisationen und wirtschaftlich tätige Vereinigungen in Deutschland. Sie wurde im Zuge der fortschreitenden Digitalisierung und zur Verbesserung der Verwaltungsabläufe im Steuerwesen eingeführt. Die W-IdNr. dient der eindeutigen Identifizierung von wirtschaftlichen Einheiten gegenüber der Finanzverwaltung und anderen Behörden, unabhängig von der Rechtsform und dem Steuersubjekt.

Gesetzliche Grundlagen

Entstehung und gesetzliche Verankerung

Die rechtliche Grundlage für die Einführung der Wirtschafts-Identifikationsnummer findet sich im § 139c der Abgabenordnung (AO). Das Gesetz zur Einführung einer Wirtschafts-Identifikationsnummer wurde mit dem Gesetz zur Einführung einer Identifikationsnummer in der öffentlichen Verwaltung und ergänzenden Regelungen umgesetzt. Hintergrund ist die Notwendigkeit einer bundesweit einheitlichen und zentral verwalteten Unternehmensidentifikation, mit dem Ziel, bürokratische Vorgänge und die Kommunikation mit der Finanzverwaltung zu vereinfachen.

Zweck und Ziele

Der Zweck der W-IdNr. liegt insbesondere in der:

  • Eindeutigen Identifikation von Unternehmen und wirtschaftlich tätigen Personen
  • Vereinfachung innerstaatlicher und grenzüberschreitender Verwaltungs- und Meldeverfahren
  • Verbesserung der steuerlichen Transparenz und Bekämpfung von Steuerhinterziehung
  • Unterstützung des Bürokratieabbaus im Umgang mit Behörden

Vergabe und Aufbau der Wirtschafts-Identifikationsnummer

Zuständige Behörde und Verfahren

Die Vergabe der Wirtschafts-Identifikationsnummer erfolgt durch das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt). Jedes Unternehmen oder jede wirtschaftlich tätige Organisation, die im Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland tätig ist, erhält ex officio eine W-IdNr., sofern die entsprechenden Voraussetzungen vorliegen.

Die Zuweisung erfolgt automatisch auf der Grundlage der Meldedaten, die seitens der Finanzverwaltung erfasst werden. Für den betroffenen Rechtsträger entsteht kein gesonderter Antragspfad, was die Einführung administrativ erheblich vereinfacht.

Aufbau und Struktur

Die W-IdNr. besteht aus einer zwölfstelligen Ziffernfolge, welche nach einem nicht sprechenden, maschinenlesbaren Schema gebildet wird. Sie stellt keinen Rückschluss auf das Unternehmen, dessen Sitz oder andere unternehmensbezogene Informationen dar. Dies dient dem Datenschutz und verhindert eine missbräuchliche Nutzung der Nummer.

Abgrenzung von anderen Identifikationsnummern

Die Wirtschafts-Identifikationsnummer tritt neben bereits bestehende Identifikationsmerkmale wie die Steuernummer oder die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-IdNr.). Die existierenden Nummern bleiben nach wie vor gültig, bis eine vollständige Umstellung erfolgt. Ein Austausch der bisherigen Systeme ist auf mittlere und längere Sicht vorgesehen, jedoch ist gesetzlich keine sofortige Abschaffung der bisherigen Nummern geregelt.

Rechtliche Bedeutung und Pflichten

Funktion im Rechts- und Steuerverkehr

Unternehmen sind verpflichtet, die W-IdNr. im Geschäftsverkehr und insbesondere im Verkehr mit öffentlichen Stellen anzugeben, soweit dies gesetzlich gefordert ist. Bei steuerlichen Meldungen, Registrierungen und Verwaltungsakten, bei denen eine eindeutige Zuordnung nötig ist, wird die W-IdNr. genutzt.

Auskunftsrechte und Datenverarbeitung

Die dem BZSt obliegende Speicherung und Verarbeitung der Wirtschafts-Identifikationsnummer und der zugehörigen Unternehmensdaten unterliegt strengen datenschutzrechtlichen Vorgaben nach der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und den nationalen Ausführungsgesetzen. Die Daten dürfen ausschließlich für die im Gesetz bestimmten Zwecke verwendet werden. Unberechtigte Offenlegung oder Nutzung ist rechtswidrig und kann mit Aufsichtsmaßnahmen sowie Bußgeldern geahndet werden.

Verwendungsbereiche

Typische Anwendungsfelder umfassen:

  • Steuerliche Erklärungen und Meldungen an die Finanzverwaltung
  • Registrierung und Anmeldungen zu amtlichen oder halbamtlichen Systemen (bspw. elektronische Vergabeverfahren)
  • Teilnahme an grenzüberschreitenden Meldepflichten im EU-Binnenmarkt
  • Meldeverfahren in der Sozialversicherung und anderen Rechtsgebieten, soweit gesetzlich eingeführt

Datenschutzrechtliche Aspekte

Die Einführung der W-IdNr. steht unter dem besonderen Schutz der informationellen Selbstbestimmung. Es wurde geregelt, dass die Nummer als reines technisches Hilfsmittel dient und keine personenbezogenen oder unternehmensspezifischen Informationen in ihr kodiert werden dürfen. Die Weitergabe der W-IdNr. ist auf die Fälle beschränkt, in denen eine gesetzliche Verpflichtung hierzu besteht.

Recht auf Auskunft und Berichtigung

Betroffene Unternehmen haben das Recht, Auskunft über die im Zusammenhang mit der Wirtschafts-Identifikationsnummer gespeicherten Daten zu verlangen. Unrichtige oder unvollständige Daten sind vom BZSt zu berichtigen beziehungsweise zu vervollständigen (§ 139c Abs. 7 AO).

Besonderheiten bei Umstrukturierungen und Nachfolge

Bei rechtlicher oder wirtschaftlicher Umstrukturierung (wie Verschmelzung, Spaltung oder Rechtsformwechsel) legt das Gesetz fest, dass eine neue Wirtschafts-Identifikationsnummer zugeteilt wird, sofern die Identität des Wirtschaftssubjekts im Sinne des Gesetzes nicht fortbesteht. Im Fall der Unternehmensnachfolge oder Vererbung gelten besondere Übergangsvorschriften, die eine eindeutige Zuordnung und Dokumentation im zentralen Register sicherstellen.

Sanktionen und Bußgelder

Ein Verstoß gegen Melde-, Auskunfts- oder Verwendungsverpflichtungen der Wirtschafts-Identifikationsnummer kann bußgeldrechtliche Konsequenzen haben. Die Sanktionen orientieren sich an den allgemeinen Grundsätzen der Abgabenordnung sowie den Vorschriften des Ordnungswidrigkeitengesetzes (OWiG).

Internationale Aspekte und EU-Bezug

Mit Einführung der Wirtschafts-Identifikationsnummer trägt Deutschland europäischen Vorgaben zur Vereinheitlichung und Digitalisierung verwaltungsübergreifender Prozesse im internationalen Steuerrecht Rechnung. Die W-IdNr. kann zukünftig als Schnittstelle zu europäischen Identifikationssystemen dienen, insbesondere bei der Bekämpfung von Steuerbetrug im Binnenmarkt.

Abgrenzung zu weiteren Identifikationsnummern

Die Wirtschafts-Identifikationsnummer ist klar abzugrenzen von:

  • der Steuernummer, welche länderspezifisch durch das zuständige Finanzamt individuell vergeben wird,
  • der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-IdNr.) mit EU-weitem Format für umsatzsteuerliche Zwecke,
  • der elektronischen Steuer-Identifikationsnummer (IdNr.) für natürliche Personen.

Zusammenfassung und Ausblick

Die Wirtschafts-Identifikationsnummer markiert einen bedeutenden Schritt in Richtung einer modernen und einheitlichen Verwaltungskultur in Deutschland. Sie ermöglicht eine effizientere Kommunikation und einfachere Prozesse mit der Finanzverwaltung und anderen öffentlichen Stellen. Die rechtssichere Ausgestaltung und der Datenschutz stehen im Mittelpunkt des gesamten Systems. Mit fortschreitender Digitalisierung der Verwaltung werden die Funktionen und der Anwendungsbereich der W-IdNr. weiter ausgebaut. Eine kontinuierliche Anpassung an gesetzliche, technische und europäische Entwicklungen bleibt dabei unerlässlich.

Häufig gestellte Fragen

Wer ist rechtlich zur Beantragung einer Wirtschafts-Identifikationsnummer verpflichtet?

Die rechtliche Verpflichtung zur Beantragung einer Wirtschafts-Identifikationsnummer (W-IdNr.) besteht grundsätzlich für alle in Deutschland wirtschaftlich tätigen natürlichen und juristischen Personen, soweit sie als Steuerpflichtige im Sinne der Abgabenordnung identifiziert werden müssen. Die Erteilung erfolgt im Regelfall automatisch durch die Finanzverwaltung, sobald eine wirtschaftliche Tätigkeit aufgenommen und entsprechende steuerliche Erklärungen, wie beispielsweise eine Gewerbeanmeldung oder die Anmeldung zur Umsatzsteuer, abgegeben werden. Unternehmer und wirtschaftlich tätige Organisationen sind verpflichtet, dem Finanzamt alle erforderlichen Angaben zu ihrer Identität zur Verfügung zu stellen, damit die Zuordnung und Ausstellung der W-IdNr. erfolgen kann. In Ausnahmefällen kann das Finanzamt eine explizite Beantragung verlangen, insbesondere wenn Unklarheiten bezüglich der bereits bestehenden Identifikationsnummern bestehen oder weitere Identifikationsmerkmale erforderlich sind.

Welche rechtlichen Pflichten ergeben sich aus dem Besitz einer Wirtschafts-Identifikationsnummer?

Mit dem Besitz einer Wirtschafts-Identifikationsnummer sind verschiedene rechtliche Pflichten verbunden. Die Inhaber müssen die Nummer auf sämtlichen für steuerliche Zwecke relevanten Schriftwechseln, insbesondere gegenüber der Finanzverwaltung, korrekt angeben. Dies betrifft insbesondere Steueranmeldungen, Steuererklärungen, und Anträge im Zusammenhang mit unternehmerischen Aktivitäten. Die W-IdNr. dient darüber hinaus zur eindeutigen Zuordnung steuerrelevanter Daten und Vorgänge und muss gegebenenfalls auch bei Betriebsprüfungen oder im Rahmen automatisierter Datenübermittlungen (z.B. an andere Behörden) verwendet werden. Verstöße gegen die Pflicht, die W-IdNr. korrekt anzugeben, können gemäß den Bestimmungen der Abgabenordnung (AO) zu ordnungswidrigkeitsrechtlichen Konsequenzen führen.

Dürfen Dritte rechtlich auf die Wirtschafts-Identifikationsnummer zugreifen?

Der Zugriff auf die Wirtschafts-Identifikationsnummer durch Dritte ist rechtlich streng limitiert. Grundsätzlich dürfen lediglich befugte Behörden und nachgewiesen berechtigte Stellen im Rahmen steuerlicher oder gesetzlicher Pflichten Auskünfte über die W-IdNr. erhalten. Dies betrifft insbesondere Finanzbehörden, Sozialversicherungsträger, sowie Gerichte, wenn die Herausgabe im Rahmen eines Verwaltungs- oder Gerichtsverfahrens notwendig ist. Die Weitergabe an unbefugte Dritte ist durch datenschutzrechtliche Vorgaben, insbesondere durch die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG), untersagt und kann mit Bußgeldern oder anderen Sanktionen geahndet werden.

Wie ist die Wirtschafts-Identifikationsnummer im Falle einer Rechtsformänderung zu behandeln?

Kommt es zu einer Änderung der Rechtsform, etwa durch Umwandlung einer GmbH in eine Aktiengesellschaft oder bei Änderungen im Gesellschafterbestand, stellt dies regelmäßig einen neuen Identifikationsfall für die Finanzverwaltung dar. Die bestehende Wirtschafts-Identifikationsnummer verliert in vielen Fällen ihre Gültigkeit, und eine neue Nummer wird zugeteilt. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn eine neue Rechtspersönlichkeit entsteht, etwa beim Formwechsel nach dem Umwandlungsgesetz (UmwG). Die betroffenen Unternehmen sind verpflichtet, solche Änderungen der Finanzverwaltung unverzüglich anzuzeigen, sodass eine korrekte steuerliche Erfassung gewährleistet ist. Die konkrete Handhabung ergibt sich aus den §§ 22a ff. AO sowie nachgeordneten Verwaltungsvorschriften.

Wie verhält sich die Wirtschafts-Identifikationsnummer zu anderen steuerlichen Identifikationsmerkmalen im rechtlichen Sinne?

Rechtlich ist klar geregelt, dass die Wirtschafts-Identifikationsnummer (W-IdNr.) nicht mit der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-IdNr.) oder der Steuernummer gleichzusetzen ist. Jedes dieser Identifikationsmerkmale folgt einem eigenen rechtlichen Zweck und Anwendungsbereich. Die W-IdNr. dient der eindeutigen und dauerhaften Identifikation eines Wirtschaftssubjekts im Inland, unabhängig von der Art der steuerlichen Pflichten oder der Umsätze. Demgegenüber steht die USt-IdNr., die für den grenzüberschreitenden Waren- und Dienstleistungsverkehr innerhalb der EU vorgesehen ist. Die Steuernummer bleibt weiterhin das maßgebliche Identifikationsmerkmal im nationalen Besteuerungsverfahren. Die parallele Verwendung mehrerer Identifikationsnummern ist ausdrücklich gesetzlich vorgesehen, und eine eindeutige Abgrenzung der jeweiligen Anwendungsfälle muss stets erfolgen.

Welche rechtlichen Konsequenzen drohen bei Missbrauch oder falscher Verwendung der Wirtschafts-Identifikationsnummer?

Ein Missbrauch oder die vorsätzliche Falschangabe der Wirtschafts-Identifikationsnummer zieht erhebliche rechtliche Konsequenzen nach sich. Dies reicht von ordnungswidrigkeitsrechtlichen Sanktionen, wie Bußgeldern gemäß § 379 AO (leichtfertige Steuerverkürzung), bis hin zu strafrechtlichen Folgen bei Betrug oder Steuerhinterziehung (§ 370 AO). Bereits die fahrlässige Falschangabe kann zu erheblichen Nachteilen führen, insbesondere wenn daraus eine fehlerhafte steuerliche Zuordnung oder ein Missbrauch von Steuervergünstigungen resultiert. Zusätzlich kann die fehlerhafte Verwendung Meldepflichten gegenüber der Finanzverwaltung auslösen und die unternehmensinterne Compliance belasten.