Begriff und rechtliche Einordnung des Wirtschaftlichen Vereins
Der Wirtschaftliche Verein ist eine besondere Rechtsform des deutschen Gesellschaftsrechts, die im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) verankert ist. Wirtschaftliche Vereine sind Vereinigungen, denen durch behördliche Verleihung ausdrücklich Rechtsfähigkeit zuerkannt wird (§ 22 BGB). Im Gegensatz zu anderen Vereinsformen dient der wirtschaftliche Verein primär einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb und verfolgt keinen ideellen Hauptzweck.
Rechtlicher Rahmen für Wirtschaftliche Vereine
Grundlagen und Abgrenzung
Ideelle und wirtschaftliche Vereine
Das BGB unterscheidet grundsätzlich zwischen dem nicht wirtschaftlichen (ideellen) Verein gemäß § 21 BGB und dem wirtschaftlichen Verein nach § 22 BGB. Während der ideelle Verein nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb ausgerichtet sein darf, ist dies beim wirtschaftlichen Verein gerade der Hauptzweck.
Unterschied zu anderen Gesellschaftsformen
Im Gegensatz zu Kapitalgesellschaften (z.B. GmbH, AG) oder Personengesellschaften (z.B. GbR, OHG) kommt ein wirtschaftlicher Verein nicht automatisch durch Eintragung als Gesellschaft zustande, sondern bedarf einer besonderen staatlichen Zulassung und Anerkennung.
Voraussetzungen und Verfahren der Rechtsfähigkeit
Antrag und Verleihungsverfahren
Die Verleihung der Rechtsfähigkeit für einen wirtschaftlichen Verein erfolgt in der Regel durch die zuständige Landesbehörde (zumeist ein Innenministerium oder eine Aufsichtsbehörde). Voraussetzung ist, dass der Verein nicht unter eine bereits vorhandene Rechtsform (z.B. Genossenschaft, GmbH) subsumiert werden kann und ein anerkennenswerter Ausnahmefall vorliegt.
Regelungsinhalte
Der Antrag muss die Satzung, eine Darstellung des wirtschaftlichen Zwecks und die Gründe darlegen, warum keine andere Rechtsform in Betracht kommt. Nach Prüfung der Voraussetzungen entscheidet die Behörde über die Rechtsfähigkeit und erteilt diese per Verwaltungsakt.
Rechte und Pflichten des Wirtschaftlichen Vereins
Rechtsfähigkeit und Haftung
Mit Erhalt der Rechtsfähigkeit kann der wirtschaftliche Verein im eigenen Namen Rechte erwerben, Verbindlichkeiten eingehen, klagen und verklagt werden. Die Haftung beschränkt sich regelmäßig auf das Vereinsvermögen. Eine persönliche Haftung der Mitglieder besteht grundsätzlich nicht, es sei denn, die Satzung sieht hiervon abweichende Regelungen vor.
Satzung und Organisation
Die Satzung ist das zentrale interne Regelungsdokument eines wirtschaftlichen Vereins und regelt insbesondere den Vereinszweck, die Mitgliedschaft, die Vertretung, die Organstruktur (z.B. Vorstand, Mitgliederversammlung) sowie die Verwendung von Gewinnen.
Aufsicht und Kontrolle
Wirtschaftliche Vereine unterliegen einer behördlichen Aufsicht, die sich insbesondere auf die Einhaltung des angegebenen wirtschaftlichen Zwecks und der Satzung erstreckt. Verstöße können zum Entzug der Rechtsfähigkeit führen.
Besonderheiten und Anwendungsfälle
Seltenheit und Besonderheit der Rechtsform
Wirtschaftliche Vereine stellen im deutschen Rechtswesen aufgrund der restriktiven Vergabepraxis der Behörden eine Ausnahmeerscheinung dar. In der Praxis wird zur Ausübung eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs überwiegend auf andere Rechtsformen, etwa die Genossenschaft oder Gesellschaft mit beschränkter Haftung, zurückgegriffen.
Typische Anwendungsfälle, bei denen ein wirtschaftlicher Verein veranlasst wird, sind beispielsweise Altschützenbruderschaften, Forstbetriebsvereine oder einzelne historische Versicherungsvereine. Hier steht meist ein gesetzlicher Bestandsschutz im Vordergrund, der die Rechtsformübertragung auf moderne Gesellschaftsformen erschwert.
Keine Eintragung ins Vereinsregister
Anders als der eingetragene Verein wird der wirtschaftliche Verein nicht in das Vereinsregister eingetragen, sondern die Rechtsfähigkeit wird durch Verwaltungsakt verliehen. Erst mit dieser behördlichen Genehmigung besteht der wirtschaftliche Verein als eigenständige juristische Person.
Beendigung und Auflösung des Wirtschaftlichen Vereins
Gründe der Beendigung
Ein wirtschaftlicher Verein kann sich durch Beschluss der Mitgliederversammlung, infolge des Wegfalls seines Zwecks oder durch behördliche Verfügung auflösen. Kommt es zur Auflösung, erfolgt regelmäßig eine Liquidation, in deren Rahmen das Vereinsvermögen verteilt wird.
Folgen der Auflösung
Mit Abschluss der Liquidation und vollständiger Vermögensverteilung erlischt der Verein. Auch die Entziehung der Rechtsfähigkeit durch die Verleihungsbehörde aus wichtigen Gründen führt zur Beendigung der Vereinigung als juristische Person.
Zusammenfassung
Der wirtschaftliche Verein ist eine seltene und besonders regulierte Vereinsform des deutschen Privatrechts. Er ermöglicht Gruppen von Personen, für einen spezifisch wirtschaftlichen Geschäftszweck eine eigene Rechtspersönlichkeit zu erhalten, vorausgesetzt, dies ist ausnahmsweise notwendig und keine anderweitige Gesellschaftsform sachgerecht. Die Beschränkung auf Ausnahmefälle, die Notwendigkeit der behördlichen Genehmigung sowie die umfassende Kontrolle durch die Aufsichtsbehörden machen den wirtschaftlichen Verein zur Ausnahmeerscheinung im deutschen Gesellschaftsrecht.
Häufig gestellte Fragen
Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen für die Gründung eines wirtschaftlichen Vereins erfüllt sein?
Die Gründung eines wirtschaftlichen Vereins in Deutschland unterliegt besonderen gesetzlichen Bestimmungen. Im Gegensatz zu Idealvereinen, die hauptsächlich ideelle Zwecke verfolgen, verfolgt ein wirtschaftlicher Verein eigenwirtschaftliche Ziele, d.h., er ist auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet. Eine Gründung als wirtschaftlicher Verein ist gemäß § 22 BGB nur in Ausnahmefällen zulässig und bedarf der staatlichen Verleihung der Rechtsfähigkeit durch die zuständige Landesbehörde. Dies bedeutet, dass ein wirtschaftlicher Verein nicht wie ein eingetragener Verein (e.V.) durch Eintrag in das Vereinsregister entsteht, sondern explizit durch behördlichen Akt. Der Antrag auf Verleihung muss eine Satzung, die Mitgliederliste und den Nachweis des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes enthalten. Die Genehmigung wird nur erteilt, wenn keine andere Rechtsform (z.B. GmbH, Genossenschaft) zur Verfügung steht und das angestrebte Ziel auf keine andere Weise erreicht werden kann. Erst nach staatlicher Verleihung der Rechtsfähigkeit darf der Verein als wirtschaftlicher Verein auftreten und unterliegt anschließend den Vorschriften für rechtsfähige Vereine, soweit sie nicht mit dem wirtschaftlichen Charakter unvereinbar sind.
Wie erfolgt die staatliche Anerkennung und Verleihung der Rechtsfähigkeit?
Die staatliche Anerkennung und Verleihung der Rechtsfähigkeit für einen wirtschaftlichen Verein erfolgt in einem formalisierten Verwaltungsverfahren, das bei der jeweils zuständigen Landesbehörde (meist Innenministerium oder Senatsverwaltung) beantragt werden muss. Der Antragsteller hat umfangreiche Unterlagen einzureichen, darunter eine ausführliche Satzung, einen Nachweis über den Sitz des Vereins, die Mitgliederliste sowie eine Darstellung des geplanten wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes und seiner Notwendigkeit als Vereinsform. Die Behörde prüft insbesondere zwei Aspekte: Erstens, ob tatsächlich eine wirtschaftliche Tätigkeit im Vordergrund steht und zweitens, ob diese in keiner anderen Rechtsform (etwa als Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder Genossenschaft) durchgeführt werden kann. Wird das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen festgestellt, so erfolgt die Rechtsfähigkeitsverleihung mittels Verwaltungsakt und öffentlicher Bekanntmachung. Der Verein erhält sodann die volle Rechtsfähigkeit und kann im Rechtsverkehr auftreten und klagen sowie verklagt werden. Eine bloße Registrierung beim Vereinsregister genügt hingegen nicht; ohne staatliche Verleihung ist der Verein nicht rechtsfähig.
Welche Haftungsregelungen gelten für wirtschaftliche Vereine?
Die Haftungsregelungen wirtschaftlicher Vereine unterscheiden sich wesentlich von denen nichtrechtsfähiger Idealvereine. Der wirtschaftliche Verein als juristische Person haftet selbstständig mit seinem Vereinsvermögen für sämtliche Verbindlichkeiten, die im Rahmen des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes eingegangen werden. Die persönliche Haftung der Mitglieder ist hierbei grundsätzlich ausgeschlossen, es sei denn, die Satzung enthält abweichende Regelungen oder das Mitglied hat sich ausdrücklich durch vertragliche Nebenabrede zur Haftung verpflichtet (zum Beispiel als Bürge). Die Haftung des Vereinsvorstands wird durch die allgemeinen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) für Organvertreter geregelt (§ 31 BGB). Der Vorstand haftet dem Verein gegenüber für Pflichtverletzungen nur bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit. Gegenüber Dritten haftet ausschließlich der Verein selbst, außer in Fällen der sogenannten Durchgriffshaftung, bspw. bei vorsätzlicher Schädigung oder bei einer Vermögensvermischung mit den privaten Mitteln der Vorstandsmitglieder.
Was sind die wichtigsten Vorschriften zur Satzungsgestaltung eines wirtschaftlichen Vereins?
Die Satzung eines wirtschaftlichen Vereins muss laut den Vorgaben des Bürgerlichen Gesetzbuches (§§ 57-59 BGB) bestimmte Mindestanforderungen erfüllen. Dazu zählen insbesondere: Name und Sitz des Vereins, der Vereinszweck mit genauer Beschreibung der wirtschaftlichen Tätigkeit, Regelungen über Erwerb und Verlust der Mitgliedschaft, die Bildung und Befugnisse des Vorstands, die Einberufung und Beschlussfassung der Mitgliederversammlung sowie die Art der Vermögensnutzung und Gewinnverwendung. Da der Verein wirtschaftlich tätig ist, müssen darüber hinaus klare Regelungen zum Geschäftsbetrieb, zur Haftungsverteilung, zur Gewinnerzielung oder -verwendung sowie zu Buchführungs- und Rechnungslegungspflichten enthalten sein. Rücklagenbildung, eventuelle Kapitalverpflichtungen der Mitglieder und Regelungen zur Revision oder Wirtschaftsprüfung sind ebenso dringend zu regeln, um Transparenz und Rechtssicherheit zu gewährleisten. Die Satzung bedarf außerdem der ausdrücklichen Genehmigung im Rahmen der Rechtsfähigkeitsverleihung durch die Behörde.
Welche steuerrechtlichen Besonderheiten gelten für wirtschaftliche Vereine?
Wirtschaftliche Vereine sind aus steuerrechtlicher Sicht grundsätzlich wie Kapitalgesellschaften oder eingetragene Genossenschaften zu behandeln, da sie eigenwirtschaftliche Zwecke verfolgen und regelmäßig Gewinne anstreben. Sie unterliegen daher der Körperschaftsteuer, der Gewerbesteuer und in bestimmten Fällen der Umsatzsteuer. Für wirtschaftliche Vereine gelten keine steuerlichen Privilegierungen wie für gemeinnützige oder idealistische Vereine; Befreiungen sind nur in Ausnahmefällen-bei Nebenzwecken oder klar abgegrenzten nichtwirtschaftlichen Tätigkeiten-möglich. Die Führung korrekter Bücher und regelmäßige Erstellung von Jahresabschlüssen sowie gegebenenfalls die Prüfung durch einen Wirtschaftsprüfer sind erforderlich. Darüber hinaus sind wirtschaftliche Vereine verpflichtet, sämtliche Steuererklärungen fristgerecht einzureichen und etwaige steuerliche Pflichten, wie den Einbehalt von Lohnsteuer bei Anstellung von Personal, zu erfüllen. Verstöße gegen steuerliche Pflichten können erhebliche Rechtsfolgen bis hin zur Aufhebung der Rechtsfähigkeit nach sich ziehen.
Welche Aufsichts- und Prüfpflichten bestehen für wirtschaftliche Vereine?
Wirtschaftliche Vereine unterliegen einer verstärkten behördlichen Aufsicht, die sich aus der Tatsache ergibt, dass ihre Rechtsfähigkeit unabhängig vom Vereinsregister durch die Landesbehörde verliehen wurde. Die Aufsichtsbehörde überwacht insbesondere die Einhaltung der rechtlichen Vorgaben zur Geschäftsführung, zur Verwendung von Vereinsvermögen sowie zur Umsetzung des wirtschaftlichen Zwecks. Daneben besteht eine Pflicht zur regelmäßigen Vorlage von Geschäftsberichten, Haushaltsplänen sowie – abhängig von der Größe und Tätigkeit des Vereins – eine Prüfpflicht der Jahresabschlüsse durch externe Stellen, wie beispielsweise einen vereidigten Buchprüfer oder Wirtschaftsprüfer. Die Aufsicht kann sowohl anlassbezogen (z.B. bei Verdacht auf Misswirtschaft oder satzungswidrige Zweckverfolgung) als auch im Rahmen von turnusmäßigen Überprüfungen erfolgen. Bei festgestellten Verstößen stehen der Behörde verschiedene Sanktionsmöglichkeiten bis hin zum Entzug der Rechtsfähigkeit zur Verfügung.
In welchen Fällen kann einem wirtschaftlichen Verein die Rechtsfähigkeit wieder entzogen werden?
Dem wirtschaftlichen Verein kann die Rechtsfähigkeit durch die zuständige Landesbehörde entzogen werden, wenn die rechtlichen Voraussetzungen für ihre Verleihung nicht mehr gegeben sind. Dies ist zum Beispiel dann der Fall, wenn der Verein seinen satzungsmäßigen, wirtschaftlichen Zweck nicht mehr verfolgt, gegen behördliche Auflagen oder gesetzliche Bestimmungen verstößt oder eine ordnungsgemäße Geschäftsführung dauerhaft nicht mehr gewährleistet ist. Auch grobe Verstöße gegen die Satzung, das Vereinsrecht oder sich aus dem wirtschaftlichen Zweck ergebende steuer- oder handelsrechtliche Pflichten können zum Entzug führen. Die Behörde wird vorab eine Anhörung sowie gegebenenfalls eine Abmahnung aussprechen; erst nach erfolgloser Fristsetzung erfolgt der formelle Entzug der Rechtsfähigkeit durch Verwaltungsakt. Mit bestandskräftigem Entzug ist der Verein aufzulösen und das Vereinsvermögen gemäß den Bestimmungen der Satzung oder des BGB abzuwickeln.