Begriffsbestimmung und Allgemeines zum Thema Winterreifen
Winterreifen sind eine spezielle Bauart von Kraftfahrzeugreifen, die für den Gebrauch bei niedrigen Temperaturen sowie bei winterlichen Straßenverhältnissen, insbesondere Schnee, Eis und Matsch, vorgesehen sind. Sie dienen der Verbesserung von Fahrsicherheit und Fahrzeugkontrolle während der kalten Jahreszeit. Rechtlich betrachtet unterscheidet sich die Verwendung sowie die Ausstattungspflicht von Winterreifen in Europa, insbesondere in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Die gesetzliche Definition und Anforderungen sind im Straßenverkehrsrecht verankert.
Rechtliche Rahmenbedingungen in Deutschland
Gesetzliche Vorschriften zur Nutzung von Winterreifen
In Deutschland folgt die Pflicht zur Nutzung von Winterreifen der sogenannten „situativen Winterreifenpflicht“. Die maßgeblichen gesetzlichen Grundlagen finden sich insbesondere in der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO), konkret in § 2 Absatz 3a StVO. Demnach müssen Kraftfahrzeuge bei Glatteis, Schneeglätte, Schneematsch, Eis- oder Reifglätte mit Reifen ausgestattet sein, die für solche Wetterverhältnisse geeignet sind. Die Ausrüstungspflicht bezieht sich auf alle Kraftfahrzeuge, einschlägig also auch für Lastkraftwagen und Busse.
Definition und Kennzeichnung
Ein Reifen gilt als Winterreifen, wenn er über das Alpine-Symbol („Three-Peak-Mountain-Snowflake“-Symbol, 3PMSF) verfügt. Ältere M+S (Matsch und Schnee)-Reifen ohne dieses Symbol waren bis 30. September 2024 noch anerkannt, seitdem ist ausschließlich das Alpine-Symbol rechtlich maßgeblich.
Ausnahmen von der Winterreifenpflicht
Bestimmte Fahrzeugtypen, insbesondere einspurige Kraftfahrzeuge (Motorräder, Motorroller) sind ausdrücklich von der Winterreifenpflicht ausgenommen (§ 2 Absatz 3a Satz 2 StVO). Ebenso gibt es Ausnahmen für Einsatz- und Sonderfahrzeuge unter bestimmten Voraussetzungen.
Mindestprofil und technischer Zustand
Gemäß § 36 StVZO (Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung) gilt für Winterreifen wie für andere Reifen eine gesetzliche Mindestprofiltiefe von 1,6 mm. Sicherheitshalber wird aber für Winterreifen ein Profil von mindestens 4 mm empfohlen. Weiter müssen Winterreifen frei von Schäden sein, eine sachgemäße Montage und ein technisch einwandfreier Zustand sind erforderlich.
Sanktionen und Haftungsfragen
Ordnungswidrigkeiten und Bußgelder
Die Nichtbeachtung der situativen Winterreifenpflicht stellt eine Ordnungswidrigkeit dar. Bei einem Verstoß drohen gemäß aktuellem Bußgeldkatalog ein Verwarnungsgeld in Höhe von 60 Euro sowie ein Punkt im Fahreignungsregister (FAER) in Flensburg. Wird die Sicherheit oder der Verkehrsfluss durch den Verstoß beeinträchtigt, etwa durch eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer oder einen Unfall, erhöhen sich Bußgeld und Punktezahl.
Auswirkungen auf Versicherungsschutz
Kommt es infolge nicht sachgerechter Bereifung bei winterlichen Straßenverhältnissen zu einem Unfall, kann dies versicherungsrechtliche Konsequenzen haben. Die Kfz-Haftpflichtversicherung muss grundsätzlich für entstandene Schäden aufkommen, kann aber bei grober Fahrlässigkeit Regress nehmen. Die Kaskoversicherung kann in derartigen Fällen die Leistungen kürzen.
Regelungen zu Winterreifen im europäischen und internationalen Kontext
Österreich
In Österreich besteht eine gesetzliche Verpflichtung zum Umrüsten auf Winterreifen in der Zeit vom 1. November bis 15. April bei winterlichen Fahrbahnverhältnissen. Die Anforderungen sind ähnlich den deutschen Regelungen, jedoch beträgt die vorgeschriebene Mindestprofiltiefe von Winterreifen bei Pkw und Leicht-Lkw 4 mm.
Schweiz
In der Schweiz gibt es keine generelle Winterreifenpflicht, jedoch verlangen die Vorschriften eine „dem Wetter angepasste Bereifung“. Bei Unfällen oder Verkehrsbehinderungen infolge unzureichender Bereifung drohen Bußgelder sowie Einschränkungen im Versicherungsschutz.
Weitere europäische Staaten
Die gesetzlichen Vorgaben zur Winterreifenpflicht unterscheiden sich in Europa teils erheblich. Eine Übersicht und Beachtung der jeweiligen nationalen Vorschriften ist insbesondere für grenzüberschreitende Fahrten ratsam, da die Missachtung erhebliche Haftungsrisiken birgt.
Technische Anforderungen und Zulassungsvorschriften
Kennzeichnung nach UNECE-Regelung Nr. 117
Die technischen Anforderungen an Winterreifen werden durch die UNECE-Regelung Nr. 117 geregelt. Dieses Regelwerk stellt Mindestanforderungen an das Reifenprofil, die Traktion auf Schnee und nassen Straßen sowie die Geräuschentwicklung im Straßenverkehr. Das Alpine-Symbol als Kennzeichen für Schneetauglichkeit ist darin fest verankert.
Produktions- und Zulassungsfristen
Die zeitliche Übergangsregelung bezüglich der M+S-Kennung und der verpflichtenden Alpine-Kennzeichnung wurde 2017 in Deutschland eingeführt. Seit 1. Januar 2018 hergestellte Winterreifen müssen für eine Anerkennung im Sinne der StVO über das Alpine-Symbol verfügen. Für zuvor produzierte Reifen galt eine Übergangsfrist bis 30. September 2024.
Pflichten für Fahrzeughalter und Fahrzeugführer
Verantwortung des Halters
Der Fahrzeughalter hat Sorge zu tragen, dass das Fahrzeug vorschriftsmäßig ausgerüstet ist (§ 31 Abs. 2 StVZO). Kommt der Halter dieser Verpflichtung nicht nach, drohen Verwarnungen und Bußgelder.
Verantwortung des Fahrers
Für das tatsächliche Führen eines Kraftfahrzeuges bei winterlichen Bedingungen ist der Fahrer verantwortlich. Die Benutzung ungeeigneter Bereifung kann zu Bußgeldern, Punkten und Gefahr im Sinne der Fahreignung führen.
Begriffsabgrenzung: Winterreifen, Ganzjahresreifen und Sommerreifen
Im rechtlichen Sinne gelten nur Reifen mit Alpine-Symbol als Winterreifen. Ganzjahresreifen mit dieser Kennzeichnung erfüllen somit auch die Winterreifenpflicht gemäß StVO. Sommerreifen sind für winterliche Straßenverhältnisse ausdrücklich ungeeignet und entsprechend untersagt.
Zusammenfassung
Winterreifen unterliegen einer Vielzahl rechtlicher Regelungen, die von der Pflicht zur Benutzung bei winterlichen Straßenverhältnissen über Mindestanforderungen an Profil und Kennzeichnung bis hin zu haftungs- und versicherungsrechtlichen Folgen bei Verstößen reichen. Die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen ist für Fahrzeughalter und -führer verbindlich und wird durch Bußgeldvorschriften sowie zivilrechtliche Sanktionen flankiert. Im europäischen Kontext bestehen zudem unterschiedliche, country-spezifische Anforderungen, die insbesondere bei Fahrten ins Ausland zu beachten sind. Winterreifen tragen entscheidend zur Verkehrssicherheit bei und sind rechtlich integraler Bestandteil einer ordnungsgemäßen Fahrzeugausstattung in der kalten Jahreszeit.
Häufig gestellte Fragen
Wann besteht in Deutschland eine gesetzliche Pflicht zum Fahren mit Winterreifen?
In Deutschland gilt die sogenannte situative Winterreifenpflicht. Das bedeutet, es gibt keine expliziten Kalendervorschriften, sondern die rechtliche Verpflichtung, bei bestimmten Wetterbedingungen – konkret bei Glatteis, Schneeglätte, Schneematsch, Eis- oder Reifglätte – mit Winterreifen zu fahren (§ 2 Abs. 3a StVO). Sommerreifen sind unter diesen Bedingungen unzulässig. Die situative Winterreifenpflicht richtet sich also nach den tatsächlichen Straßen- und Witterungsverhältnissen und verpflichtet die Halter und Fahrer von Kraftfahrzeugen, ihr Fahrzeug entsprechend auszurüsten. Diese Vorschrift betrifft Pkw, Lkw bis 3,5 t, Busse und auch Motorräder. Nutzungszeitraum und unmittelbar damit zusammenhängende Bedingungen werden nicht genannt; vielmehr sind Fahrer dafür verantwortlich, bei entsprechenden Wetterlagen rechtzeitig auf geeignete Bereifung zu wechseln und diese zu nutzen.
Welche Eigenschaften müssen Reifen aufweisen, um als Winterreifen im rechtlichen Sinne zu gelten?
Damit ein Reifen rechtlich als Winterreifen anerkannt wird, muss er über das Alpine-Symbol (dreizackiges Bergpiktogramm mit Schneeflocke), das sogenannte „Three Peak Mountain Snowflake (3PMSF)“-Symbol, verfügen. Bis zum 30. September 2024 sind noch Reifen mit der alten M+S-Kennzeichnung (Matsch und Schnee) als Winterreifen zugelassen, sofern sie bis zum 31. Dezember 2017 produziert wurden (Produktionsdatum anhand der DOT-Nummer prüfbar). Reifen, die nach dem Stichtag produziert wurden, müssen das Alpine-Symbol tragen, um der Vorschrift zu entsprechen. Ganzjahresreifen dürfen diese Kennzeichen ebenfalls tragen und entsprechen damit ebenfalls den gesetzlichen Anforderungen an Winterreifen. Die reine M+S-Kennzeichnung reicht seit dem 1. Januar 2018 alleine nicht mehr aus, da sie keine standardisierte Prüfmethode voraussetzt.
Welche Konsequenzen drohen beim Verstoß gegen die Winterreifenpflicht?
Ein Verstoß gegen die Winterreifenpflicht wird als Ordnungswidrigkeit nach dem bundeseinheitlichen Bußgeldkatalog geahndet. Wird ein Kraftfahrzeug unter winterlichen Bedingungen mit unzulässigen Reifen geführt, droht dem Fahrer ein Bußgeld von 60 Euro sowie ein Punkt im Fahreignungsregister in Flensburg. Wird durch die falsche Bereifung eine Verkehrsbehinderung verursacht, steigt das Bußgeld auf 80 Euro und es bleibt bei einem Punkt. Für den Fahrzeughalter, der das Fahren ohne geeignete Bereifung gestattet oder anordnet, beträgt das Bußgeld 75 Euro sowie ebenfalls ein Punkt. Darüber hinaus kann die Kfz-Versicherung im Schadenfall ihre Leistungen kürzen oder Regressansprüche geltend machen, wenn das Fahrverhalten grob fahrlässig war.
Gilt die Winterreifenpflicht für alle Fahrzeugarten?
Die Winterreifenpflicht gilt gemäß § 2 Abs. 3a StVO für Kraftfahrzeuge – das schließt Pkw, Lkw, Busse und Motorräder ein. Allerdings gibt es für bestimmte Fahrzeuge Ausnahmen: Spezielle Nutzfahrzeuge der Land- und Forstwirtschaft, bestimmte Einsatzfahrzeuge und Fahrzeuge mit bauartbedingter Höchstgeschwindigkeit bis 25 km/h (beispielsweise manche landwirtschaftliche Fahrzeuge) sind von der Pflicht ausgenommen. Zudem besteht für bei Anhängern keine gesetzliche Verpflichtung zur Nutzung von Winterreifen (sie müssen lediglich für winterliche Straßenverhältnisse geeignet sein und dem technischen Stand entsprechen).
Wie lange dürfen rechtlich zulässig Winterreifen genutzt werden?
Das Gesetz nennt keine Maximallaufzeit für Winterreifen, jedoch müssen diese stets den Anforderungen der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) entsprechen, insbesondere hinsichtlich der Mindestprofiltiefe von 1,6 mm (§ 36 Abs. 3 StVZO). Allerdings empfehlen Experten, Winterreifen nicht länger als sechs bis acht Jahre zu nutzen, weil das Material mit der Zeit aushärtet und dadurch die Haftung auch bei ausreichendem Profil abnimmt. Für die rechtliche Zulässigkeit ist ausschließlich die Profiltiefe und das Vorhandensein des vorgeschriebenen Symbols (siehe oben) maßgeblich. Das Herstellungsdatum (DOT-Nummer) ist relevant, wenn es um Übergangsfristen bei der M+S-Kennzeichnung geht.
Besteht eine Pflicht, Winterreifen auch im Ausland zu verwenden, wenn man mit einem in Deutschland zugelassenen Fahrzeug fährt?
Die Winterreifenpflicht richtet sich stets nach den gesetzlichen Vorschriften des Landes, in dem sich das Fahrzeug aktuell befindet. In vielen europäischen Ländern gibt es entweder eine situative oder eine kalendarische Winterreifenpflicht, teils mit unterschiedlichen Zeiträumen und Anforderungen an das Reifenprofil oder das Reifenlabel (z.B. 3PMSF-Symbol). Werden diese Vorschriften missachtet, können Bußgelder, Fahrverbote oder Haftungsausschlüsse bei Unfällen drohen, auch wenn das Fahrzeug in Deutschland zugelassen ist. Autofahrer sind verpflichtet, sich vor Fahrtantritt über die jeweiligen nationalen Anforderungen zu informieren und diese zu beachten.
Muss bei Mietwagen oder Leasingfahrzeugen auf die Bereifung geachtet werden?
Für Miet- und Leasingfahrzeuge gilt ebenso die situative Winterreifenpflicht. In erster Linie haftet der Fahrer bei Verstoß gegen die Vorschriften. Allerdings trifft den Fahrzeughalter (also die Vermietung bzw. das Leasingunternehmen) die Pflicht, das Fahrzeug grundsätzlich vorschriftsmäßig zu übergeben. Im Schadensfall oder bei Verstößen kann unter Umständen auch eine Mithaftung der Vermieter entstehen, wenn sie trotz Anfrage keine wintertaugliche Bereifung sicherstellen. Vor Antritt einer winterlichen Fahrt sollte also stets kontrolliert und ggf. schriftlich bestätigt werden, dass das Fahrzeug mit den rechtlich erforderlichen Winterreifen ausgestattet ist.