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Windenergiegebiete

Begriff und Einordnung

Windenergiegebiete sind räumlich festgelegte Flächen, auf denen die Nutzung der Windenergie planungsrechtlich gebündelt und gegenüber anderen Nutzungen gesteuert wird. Sie dienen dazu, geeignete Standorte zu identifizieren, Konflikte zu minimieren und Genehmigungsverfahren auf eine nachvollziehbare planerische Grundlage zu stellen. Der Begriff wird in der Praxis für verschiedene planungsrechtliche Festsetzungen verwendet, etwa für Vorranggebiete, Eignungsgebiete oder Konzentrationszonen, die je nach Ebene der Planung unterschiedliche Bezeichnungen und Wirkungen haben.

Rechtsdogmatisch sind Windenergiegebiete keine Genehmigungen für einzelne Anlagen, sondern Elemente der Raumordnung und Bauleitplanung. Sie legen fest, wo Windenergieanlagen grundsätzlich erwünscht sind und wo sie aus planungsrechtlichen Gründen ausgeschlossen werden sollen. Die konkrete Errichtung einzelner Anlagen bleibt gesonderten Zulassungsverfahren vorbehalten.

Planungsrechtliche Verortung

Ebene der Raumordnung von Ländern und Regionen

Auf Ebene der Landes- und Regionalplanung werden Windenergiegebiete im Rahmen von Raumordnungsplänen festgelegt. Diese Pläne koordinieren überörtliche Nutzungen und bilden die Leitlinie für nachgeordnete Planungen und Entscheidungen der Behörden. Typische Festsetzungen sind:

  • Vorranggebiete: Flächen, auf denen die Windenergienutzung vorrangig zu berücksichtigen ist.
  • Eignungsgebiete mit Ausschlusswirkung: Flächen, die für Windenergie vorgesehen sind, während außerhalb dieser Gebiete die Nutzung planungsrechtlich ausgeschlossen wird.

Ausschlusswirkung und Steuerungsfunktion

Die sogenannte Ausschlusswirkung bedeutet, dass die Windenergienutzung auf die ausgewiesenen Flächen konzentriert wird. Damit wird eine räumliche Bündelung erreicht, die die Verträglichkeit mit anderen Nutzungen verbessert und die Planungssicherheit erhöht. Die Ausschlusswirkung setzt eine schlüssige Abwägung und flächendeckende Betrachtung des Planungsraums voraus.

Kommunale Bauleitplanung

Auf Gemeindeebene erfolgt die Feinsteuerung. Der Flächennutzungsplan kann Konzentrationszonen für Windenergie ausweisen. In Bebauungsplänen können darüber hinaus konkrete Festsetzungen zu Baukörpern, Höhen, Erschließung und Nebenanlagen getroffen werden. Kommunale Planung muss sich an den Vorgaben der überörtlichen Raumordnung ausrichten und diese umsetzen.

Zusammenspiel der Ebenen

Die Landes- und Regionalplanung setzt den Rahmen, die kommunale Planung konkretisiert. Entscheidungen in Genehmigungsverfahren haben sich an beide Ebenen zu halten. Abweichungen bedürfen regelmäßig einer planerischen Rechtfertigung.

Abgrenzung zu Offshore-Windflächen

Maritime Raumordnung

Auf See werden Windenergieflächen durch maritime Raumordnungspläne festgelegt. Diese regeln die Nutzung in der ausschließlichen Wirtschaftszone und im Küstenmeer koordiniert mit Schifffahrt, Naturschutz, Rohstoffgewinnung und militärischen Belangen. Offshore-Flächen unterliegen eigenständigen Planungs- und Vergabemechanismen sowie besonderen Zulassungsverfahren.

Küstennahe Zuständigkeiten

Im Küstenbereich greifen die Zuständigkeiten von Bund und Ländern ineinander. Die Abgrenzung bestimmt sich nach der Lage der Fläche und den jeweils einschlägigen planerischen Instrumenten. Onshore-Windenergiegebiete an Land folgen den Regeln der Raumordnung und Bauleitplanung; Offshore-Flächen der maritimen Planung.

Festlegungskriterien und Prüfmaßstäbe

Planerische Auswahlmethodik

Die Ausweisung von Windenergiegebieten erfolgt anhand nachvollziehbarer Kriterien. Üblich ist eine zweistufige Betrachtung:

  • Zwingende Ausschlussgründe: Bereiche, in denen eine Nutzung aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht in Betracht kommt, etwa aus Gründen der Sicherheit, des Schutzes besonders sensibler Gebiete oder wegen unvereinbarer Infrastruktur.
  • Abwägungskriterien: Bereiche, in denen Belange gegeneinander abzuwägen sind, etwa Landschaftsbild, Siedlungsabstände, Artenschutz, Erholungsfunktion oder land- und forstwirtschaftliche Nutzung.

Die resultierende Flächenauswahl muss transparent, flächendeckend und konsistent sein. Quantitative Flächenziele auf übergeordneter Ebene beeinflussen die erforderliche Ausweisungstiefe.

Schutzgüter und Belange

Rechtlich zu berücksichtigen sind insbesondere die Belange von Menschen (Lärm, Schattenwurf, Gesundheit), Natur und Landschaft (Gebiete, Arten, Biotope), Kultur- und Sachgüter (Denkmäler, archäologische Stätten), öffentliche Sicherheit (Luftverkehr, Flugsicherung, militärische Anlagen, Wetter- und Funkanlagen) sowie technische Infrastruktur (Stromnetze, Leitungen, Straßen).

Rechtswirkungen von Windenergiegebieten

Steuerungs- und Konzentrationswirkung

Windenergiegebiete entfalten eine Steuerungswirkung zugunsten der Windenergienutzung innerhalb der ausgewiesenen Flächen. Zugleich entsteht – je nach Planart – eine Konzentrations- und Ausschlusswirkung, die Vorhaben außerhalb der Gebiete regelmäßig ausschließt oder erheblich erschwert.

Bindungswirkung für Behörden

Raumordnerische Festlegungen sind für nachgeordnete Behörden verbindlich. Sie sind bei der Aufstellung kommunaler Pläne, bei Fachplanungen und bei Einzelentscheidungen zu beachten. Abweichungen bedürfen einer planerischen oder rechtlichen Grundlage.

Bedeutung für Genehmigungen

Die Ausweisung eines Windenergiegebiets ersetzt nicht die erforderlichen Einzelgenehmigungen. Sie erleichtert jedoch die Beurteilung der Standortverträglichkeit und bündelt relevante Belange. Innerhalb eines ausgewiesenen Gebiets sind die Erfolgsaussichten eines Zulassungsverfahrens typischerweise höher als außerhalb, vorbehaltlich der konkreten Umwelt- und Sicherheitsprüfungen.

Genehmigungsrechtliche Bezüge

Umweltprüfung und Artenschutz

Schon im Planungsverfahren werden Umweltauswirkungen geprüft. Auf Vorhabenebene sind je nach Anlagengröße und Standort vertiefte Umweltprüfungen erforderlich. Zentrale Bedeutung hat der Schutz bestimmter Arten und ihrer Lebensstätten. Maßnahmen zur Vermeidung, Minderung und zum Ausgleich von Eingriffen werden planerisch und genehmigungsrechtlich zugeordnet.

Immissionsschutz: Lärm und Schattenwurf

Lärm- und Schattenimmissionen sind regelmäßig entscheidungsrelevant. Die Zulassung berücksichtigt standortbezogene Prognosen und legt Nebenbestimmungen fest, um schädliche Umweltauswirkungen zu verhindern. Abstände zu schutzbedürftigen Nutzungen werden planerisch berücksichtigt und genehmigungsrechtlich konkretisiert.

Luftverkehr, Flugsicherung und sonstige Sicherheitsbelange

Die Belange des Luftverkehrs sowie der Flugsicherung werden in Planung und Genehmigung eingebunden. Zusätzlich sind mögliche Beeinträchtigungen von Wetterradar, Funkstrecken, Leitstellen oder militärischen Einrichtungen zu prüfen und, soweit erforderlich, zu vermeiden.

Denkmalschutz und Landschaftsbild

Belange des Denkmal- und Kulturgutschutzes sowie die Wirkung auf das Landschaftsbild fließen in die Abwägung ein. In sensiblen Bereichen können diese Aspekte gegen die Ausweisung oder die konkrete Zulassung sprechen.

Netzanschluss und Infrastruktur

Netzanbindung und Kapazität

Windenergiegebiete werden auch mit Blick auf die Netzinfrastruktur geplant. Die Sicherung geeigneter Trassen für Leitungen und die Abstimmung mit Netzbetreibern sind Teil der planerischen Koordination. Die tatsächliche Anschlussmöglichkeit wird im Genehmigungs- und Netzanschlussverfahren geklärt.

Flächenzugang und dingliche Sicherungen

Für die Realisierung sind Grundstücksrechte erforderlich. Diese werden regelmäßig zivilrechtlich gesichert, etwa durch Nutzungsverträge oder Dienstbarkeiten. Planungsrechtliche Festsetzungen begründen keine unmittelbaren Eigentumsrechte, schaffen aber einen Rahmen für vertragliche Vereinbarungen.

Beteiligung und Rechtsschutz

Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung

Planung und Genehmigung von Windenergie unterliegen formellen Beteiligungsverfahren. Betroffene, Träger öffentlicher Belange und anerkannte Vereinigungen können Stellung nehmen. Die eingehenden Belange sind in der Abwägung zu berücksichtigen und abwägungsfehlerfrei zu behandeln.

Rechtsschutz und Planerhaltung

Gegen planerische Festlegungen und Einzelzulassungen bestehen gerichtliche Rechtsschutzmöglichkeiten. Klagebefugnisse variieren je nach Betroffenheit und Verfahrensart. Planerhaltungsinstrumente dienen der Sicherung von Plänen trotz einzelner Mängel, sofern diese das Abwägungsergebnis nicht tragen.

Weiterentwicklung und Repowering

Aktualisierung von Plänen

Windenergiegebiete werden in regelmäßigen Abständen überprüft und an neue technische, ökologische und rechtliche Rahmenbedingungen angepasst. Quantitative Flächenziele sowie Entwicklungen im Artenschutz, im Luftverkehr und im Netzbereich können Aktualisierungen erforderlich machen.

Repowering, Rückbau und Nachsorge

Repowering bezeichnet den Ersatz älterer Anlagen durch leistungsfähigere Technik, häufig innerhalb bestehender Gebiete. Dabei sind die aktuellen planungs- und genehmigungsrechtlichen Anforderungen maßgeblich. Für den späteren Rückbau und die Nachsorge werden im Zulassungsverfahren Sicherheiten und Pflichten festgelegt, um eine ordnungsgemäße Beseitigung und Flächennachnutzung sicherzustellen.

Häufig gestellte Fragen

Was ist ein Windenergiegebiet im rechtlichen Sinne?

Es handelt sich um eine durch Raumordnung oder Bauleitplanung festgelegte Fläche, auf der die Nutzung der Windenergie gebündelt und gegenüber konkurrierenden Nutzungen gesteuert wird. Die Festsetzung dient der räumlichen Konzentration und schafft einen Rahmen für nachfolgende Genehmigungen, ersetzt diese jedoch nicht.

Welche Wirkungen hat die Ausweisung eines Windenergiegebiets?

Die Ausweisung entfaltet eine Steuerungs- und je nach Planart eine Ausschlusswirkung. Innerhalb der Gebiete ist die Windenergienutzung planungsrechtlich bevorzugt, außerhalb kann sie ausgeschlossen sein oder höheren Hürden unterliegen. Behörden sind an die Festsetzungen gebunden.

Worin liegt der Unterschied zwischen Vorranggebiet, Eignungsgebiet und Konzentrationszone?

Alle Begriffe beschreiben Flächen, die für Windenergie vorgesehen sind. Vorranggebiete betonen die vorrangige Berücksichtigung, Eignungsgebiete verbinden dies häufig mit einer Ausschlusswirkung außerhalb, Konzentrationszonen dienen der Bündelung im Flächennutzungsplan. Die genaue Rechtswirkung ergibt sich aus der jeweiligen Planebene und Planbegründung.

Benötigt man trotz Windenergiegebiet eine Genehmigung für einzelne Anlagen?

Ja. Die Ausweisung regelt den Standortrahmen, ersetzt aber nicht die erforderlichen Zulassungen. Im Genehmigungsverfahren werden unter anderem Umweltauswirkungen, Immissionen, Artenschutz, Luftverkehrsbelange und Netzanbindung für das konkrete Vorhaben geprüft.

Nach welchen Kriterien werden Windenergiegebiete festgelegt?

Die Auswahl beruht auf einer flächendeckenden Betrachtung mit zwingenden Ausschlussgründen und abwägenden Kriterien. Berücksichtigt werden insbesondere Siedlungsabstände, Natur- und Artenschutz, Landschaftsbild, Kulturdenkmäler, Infrastruktur, Luftverkehr, Funk und Netzkapazitäten. Die Abwägung muss transparent und konsistent sein.

Können bestehende Windenergiegebiete geändert oder aufgehoben werden?

Ja. Planungen werden fortgeschrieben, wenn sich rechtliche Vorgaben, technische Rahmenbedingungen oder Abwägungsgrundlagen ändern. Änderungen erfolgen in formellen Verfahren mit Beteiligung und erneuter Abwägung. Übergangsfragen können durch Planerhaltungs- und Anpassungsinstrumente adressiert werden.

Welche Bedeutung hat ein Windenergiegebiet für das Repowering?

Repowering wird häufig innerhalb bestehender Gebiete umgesetzt, unterliegt jedoch den aktuellen planungs- und genehmigungsrechtlichen Anforderungen. Maßgeblich sind die geltenden Festsetzungen, Schutzgüterprüfungen und technischen Randbedingungen zum Zeitpunkt der Neu- oder Ersatzplanung.

Wie verhalten sich Windenergiegebiete zu Offshore-Flächen?

Onshore-Windenergiegebiete beruhen auf Raumordnung und Bauleitplanung an Land. Offshore-Flächen werden durch maritime Raumordnung festgelegt und unterliegen eigenständigen Vergabe- und Zulassungsmechanismen. Beide Systeme sind aufeinander abgestimmt, folgen aber unterschiedlichen Zuständigkeiten.