Wilderei: Begriff, Bedeutung und rechtliche Einordnung
Wilderei bezeichnet das unbefugte Jagen, Fangen, Töten oder Sich-aneignen von wildlebenden Tieren in einem Gebiet, in dem eine andere Person das ausschließliche Recht zur Jagd oder Fischerei innehat. Der Begriff umfasst sowohl das klassische Erlegen von Wild ohne Erlaubnis als auch das Nachstellen, das Aufstellen von Fangvorrichtungen, das Ausnehmen von Fallen sowie das Entfernen oder Mitnehmen erlegten oder gefangenen Wildes durch Unbefugte. Im Ergebnis wird nicht primär das Eigentum an Tieren geschützt, sondern das ausschließliche Nutzungsrecht (Jagd- und Fischereirecht) und die ordnungsgemäße Bewirtschaftung der Bestände.
Was gilt als Wilderei?
Rechtlich als Wilderei erfasst sind Handlungen, durch die ohne Berechtigung in das Jagd- oder Fischereirecht eingegriffen wird. Dazu zählen insbesondere:
- Nachstellen, Fangen oder Töten von Wild in einem fremden Jagdbezirk ohne Erlaubnis;
- Sich-aneignen von Wild oder Teilen davon, das von Berechtigten erlegt oder gefangen wurde (auch das „Leerräumen“ fremder Fallen oder Netze);
- Verwendung unzulässiger Mittel, etwa verbotener Fanggeräte, Köder oder Methoden;
- Entsprechende Handlungen im Bereich der Binnen- oder Küstenfischerei ohne Erlaubnis der Berechtigten.
Wild im Sinne des Jagdrechts sind wildlebende, dem Jagdrecht unterliegende Tierarten. Für Fische und andere Wassertiere gelten eigenständige fischereirechtliche Regelungen, die im Ergebnis vergleichbare Schutzmechanismen vorsehen.
Schutzgut und betroffene Rechte
Wilderei verletzt das ausschließliche Jagd- oder Fischereirecht, das einem Grundstückseigentümer oder einem Inhaber entsprechender Nutzungsrechte (z. B. Jagdpächter, Fischereiberechtigte) zusteht. Geschützt werden zudem die nachhaltige Bestandsbewirtschaftung sowie damit verbunden die öffentliche Ordnung, die Tiergesundheit und die Sicherheit im Umgang mit Waffen und Fanggeräten. Bei besonders geschützten Arten berührt Wilderei zusätzlich den Artenschutz.
Abgrenzungen
Wilderei ist von bloßen Verstößen gegen jagd- oder fischereirechtliche Vorschriften abzugrenzen. Nicht jede Regelverletzung ist Wilderei; viele Verstöße (etwa Missachtung administrativer Auflagen) sind als Ordnungswidrigkeiten eingestuft. Von einem Diebstahl unterscheidet sich Wilderei dadurch, dass Wildtiere grundsätzlich herrenlos sind, bis sie durch den Berechtigten rechtmäßig erlegt und angeeignet werden. Wilderei kann daneben mit weiteren Delikten zusammentreffen, beispielsweise mit Verstößen gegen den Arten- oder Tierschutz sowie mit Waffen- und Sprengstoffverstößen.
Rechtsfolgen und Sanktionen
Strafrechtliche Folgen
Wilderei ist eine Straftat. Je nach Schwere der Tat und den Umständen drohen Geld- oder Freiheitsstrafen. Das Gesetz kennt dafür Regelbeispiele und qualifizierende Umstände, die zu höheren Strafen führen können, etwa:
- Benutzen von Waffen oder gefährlichen Mitteln;
- Nachtzeit oder Jagd in Schonzeiten;
- Tatbegehung in abgegrenzten Schutz- oder Ruhgebieten;
- Handeln als Gruppe oder mit organisierter Struktur;
- Verursachung eines erheblichen Schadens.
Erfasst werden nicht nur vollendete Aneignungshandlungen. Bereits das unbefugte Nachstellen und Fangen kann den Tatbestand erfüllen. Neben der Hauptstrafe kommen Nebenstrafen und Maßregeln in Betracht.
Verwaltungsrechtliche Maßnahmen und Nebenfolgen
Zusätzlich zu strafrechtlichen Sanktionen sind verwaltungsrechtliche Konsequenzen möglich. Dazu zählen insbesondere:
- Widerruf oder Ruhenlassen von Jagdschein oder Fischereischein;
- Waffenrechtliche Maßnahmen, etwa Unzuverlässigkeit im waffenrechtlichen Sinn mit Entzug waffenrechtlicher Erlaubnisse;
- Betretungs- oder Nutzungsverbote in bestimmten Gebieten;
- Einziehung oder Verfall von Tatmitteln und Taterträgen (z. B. Waffen, Fallen, Fahrzeuge, Netze, Wildbret).
Zivilrechtliche Ansprüche
Geschädigte Berechtigte können Ersatz für entgangene Werte des Wildes, Folgeschäden (z. B. an Vorrichtungen, Zäunen oder Hochsitzen) sowie Aufwendungen verlangen. In Betracht kommen Wertersatz, Schadensersatz und die Herausgabe unrechtmäßig erlangter Gegenstände. Solche Ansprüche bestehen unabhängig von der strafrechtlichen Bewertung.
Besondere Konstellationen
Fischwilderei
Die unbefugte Entnahme von Fischen, Krebsen oder Muscheln aus Gewässern wird eigenständig erfasst. Typisch sind das Setzen und Leeren fremder Netze oder Reusen, der Einsatz verbotener Fangmethoden oder die Entnahme aus privat bewirtschafteten Gewässern ohne Erlaubnis. Zuständig sind neben Strafverfolgungsbehörden oft auch Fischereiaufsicht und Wasserbehörden.
Artenschutz und geschützte Arten
Werden besonders oder streng geschützte Arten betroffen, überlagern sich die Regeln der Wilderei mit dem Arten- und Naturschutz. Das unerlaubte Fangen, Töten, Zerstören von Fortpflanzungs- und Ruhestätten, der Besitz oder die Vermarktung von Teilen geschützter Arten kann eigenständige Straftatbestände erfüllen. Solche Fälle weisen regelmäßig erhöhte Strafrahmen und weitergehende Beschlagnahme- und Einziehungsbefugnisse auf.
Organisierte und gewerbsmäßige Wilderei
Strukturen, die planmäßig und mit Gewinnerzielungsabsicht handeln, werden deutlich schärfer sanktioniert. Kennzeichnend sind abgestimmte Tathandlungen, Verwendung von Fahrzeugen und Technik, arbeitsteiliges Vorgehen und Absatzwege für Wildbret, Trophäen oder Körperteile. In solchen Konstellationen greifen häufig zusätzliche Vorschriften zu Geldwäsche, Steuer- und Lebensmittelrecht sowie Transport- und Veterinärrecht.
Verfahrensablauf und Beweisfragen
Ermittlungen
Ermittlungen erfolgen regelmäßig aufgrund von Kontrollen, Anzeigen, Fallenfunden, Schüssen, Wildfunden oder Wildkamerabildern. Maßgeblich sind Spuren am Tatort, ballistische und genetische Untersuchungen, Auswertung von Ortungs- und Wildkameradaten sowie Zeugenaussagen. Auch die Zuordnung von Wildbret, Trophäen und Werkzeugen spielt eine wichtige Rolle.
Sicherstellungen und Einziehungen
Waffen, Fallen, Fahrzeuge, Netze, Lampen und sonstige Tatmittel können sichergestellt und eingezogen werden. Gleiches gilt für erlangtes Wildbret, Häute, Felle oder Trophäen. Bei geschützten Arten ist die Einziehung regelmäßig angeordnet; Lager- und Vernichtungsfragen werden verwaltungsrechtlich begleitet.
Nebenfolgen für Erlaubnisse
Taten im Zusammenhang mit Wilderei können die persönliche Zuverlässigkeit in jagd-, fischerei- und waffenrechtlicher Hinsicht entfallen lassen. Daraus resultieren Entziehungen, Versagungen und Sperrfristen für die Wiedererteilung von Erlaubnissen. Maßgeblich ist eine Gesamtwürdigung der Tat und der persönlichen Eignung.
Internationale Bezüge
Grenzüberschreitende Aspekte und Handel
Wilderei berührt häufig das internationale Artenschutzrecht. Der grenzüberschreitende Handel mit Wildtieren und -produkten unterliegt umfangreichen Ein- und Ausfuhrregeln. Zuwiderhandlungen können parallel in mehreren Staaten verfolgt werden. Zusammenarbeit zwischen Sicherheits-, Zoll- und Naturschutzbehörden ist üblich, einschließlich Informationsaustausch und gemeinsamer Kontrollen.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Wilderei
Ist bereits das Betreten eines Jagdbezirks mit Waffe Wilderei?
Das bloße Betreten stellt für sich genommen noch keine Wilderei dar. Entscheidend sind Handlungen, die dem Jagen zuzurechnen sind, etwa Nachstellen, Anlocken, Fangen oder Erlegen. Begleitumstände wie Waffentragen, Nachtzeit oder das Mitführen von Fanggeräten können die Bewertung beeinflussen.
Kann Wilderei ohne Erlegen eines Tieres vorliegen?
Ja. Schon das unbefugte Nachstellen, Fangen oder der Versuch, Wild zu erlangen, kann den Tatbestand erfüllen. Auch die Aneignung bereits erlegten oder gefangenen Wildes durch Unbefugte ist erfasst.
Welche Rolle spielen Schonzeiten und Schutzgebiete?
Schonzeiten und Schutzgebiete dienen dem Bestandsschutz. Zuwiderhandlungen können die Tat erheblich gewichten und zu strengeren Sanktionen führen. Das gilt auch für das Bejagen elterntierabhängiger Jungtiere oder das Stören von Fortpflanzungsstätten.
Worin besteht der Unterschied zwischen Wilderei und einfachen Jagdverstößen?
Wilderei setzt einen unbefugten Eingriff in fremde Jagd- oder Fischereirechte voraus. Demgegenüber betreffen einfache Jagdverstöße häufig die Nichteinhaltung administrativer Vorschriften innerhalb eines bestehenden Erlaubnissystems und werden regelmäßig als Ordnungswidrigkeiten geahndet.
Welche Besonderheiten gelten bei Fischen und Gewässern?
Für Gewässer gelten gesonderte Fischereirechte. Unbefugtes Fischen, das Leeren fremder Netze oder der Einsatz verbotener Fangmethoden wird eigenständig als Fischwilderei geahndet. Zuständig sind neben der Polizei häufig Fischereiaufsicht und Wasserbehörden.
Was geschieht mit sichergestelltem Wildbret, Trophäen und Tatmitteln?
Unrechtmäßig erlangtes Wildbret, Trophäen und verwendete Tatmittel können eingezogen werden. Bei geschützten Arten ist eine Einziehung regelmäßig zwingend; Lagerung und Vernichtung werden behördlich angeordnet. Tatmittel wie Waffen, Fallen oder Fahrzeuge können dauerhaft eingezogen werden.
Welche Nebenfolgen drohen neben einer Strafe?
Neben Geld- oder Freiheitsstrafe kommen Entzug von Jagd- oder Fischereischeinen, waffenrechtliche Maßnahmen, Betretungsverbote sowie die Pflicht zum Ersatz von Schäden und Werten in Betracht. Die Folgen richten sich nach den Umständen des Einzelfalls.