Legal Lexikon

Wilderei


Begriff und Definition der Wilderei

Wilderei bezeichnet das rechtswidrige Erlegen, Fangen, Aneignen oder Entfernen von wildlebenden Tieren und Pflanzen ohne entsprechende behördliche Genehmigung oder unter Missachtung einschlägiger rechtlicher Vorschriften. Der Begriff ist sowohl historisch als auch gegenwärtig von großer Bedeutung und umfasst eine Vielzahl straf- und verwaltungsrechtlicher Aspekte in nationalen, europäischen und internationalen Kontexten. Die rechtlichen Grundlagen zur Bekämpfung der Wilderei zielen vor allem auf den Schutz der Artenvielfalt, die Erhaltung des ökologischen Gleichgewichts sowie den Schutz öffentlichen und privaten Eigentums.

Rechtslage in Deutschland

Strafrechtliche Regelungen (§ 292 StGB)

In Deutschland wird Wilderei gemäß § 292 Strafgesetzbuch (StGB) als Straftat behandelt. Der Tatbestand erfüllt sich grundsätzlich durch das unbefugte Erlegen, Fangen oder sich Aneignen von Wild, das auf fremdem Grund steht, geschossen wurde oder in Fallen geraten, sofern keine Erlaubnis des jagdausübungsberechtigten Eigentümers oder Pächters vorliegt.

Tatbestandsvoraussetzungen

  • Keine Befugnis: Die Handlung erfolgt ohne die erforderliche jagdrechtliche Erlaubnis.
  • Tatobjekt: Es muss sich um Wild im jagdrechtlichen Sinne handeln, das lebend gefunden oder getötet wird.
  • Orts- und Tathandlung: Die Tat kann auf fremdem oder eigenem Grund erfolgen, sofern die Jagdausübungsberechtigung nicht besteht.

Strafmaß

Wilderei wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. In besonders schweren Fällen, wie der Begehung mit Waffen oder gemeinschaftlich, erhöht sich das Strafmaß.

Qualifizierte Formen

§ 292 Absatz 2 StGB stellt schwere Fälle unter härtere Strafen. Dazu zählt Wilderei unter Verwendung von Schusswaffen, gemeinschaftlicher Tatausführung oder zum Zweck des gewerbsmäßigen Handels.

Bezug zu anderen Straftaten

Im Zusammenhang mit Wilderei stehen weitere Delikte, beispielsweise:

  • Jagdwilderei: Bezieht sich spezifisch auf Tierarten, die dem Jagdrecht unterliegen.
  • Fischwilderei (§ 293 StGB): Illegale Aneignung von Fischen aus Gewässern, für die keine Befugnis besteht.

Verwaltungsrechtliche Vorschriften

Neben den strafrechtlichen Aspekten regeln verschiedene verwaltungsrechtliche Gesetze und Verordnungen die Voraussetzungen und Rechtsfolgen von Wilderei.

Bundesjagdgesetz (BJagdG) und Landesjagdgesetze

Das BJagdG enthält umfassende Bestimmungen zu Jagdausübungsrechten, Hegeverpflichtungen und Wildschadensregelungen. Es begrenzt die Ausübung der Jagd auf berechtigte Personen (Jagscheininhaber, Revierpächter) und regelt Sanktionen bei Verstößen.

Artenschutzrechtliche Vorschriften

Das Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) schützt wildlebende Tiere und Pflanzen. Hierzu zählen insbesondere geschützte Arten, deren unbefugte Entnahme oder Tötung auch unabhängig von jagd- oder fischereirechtlichen Genehmigungen ahndungsfähig ist.

Strafprozessuale Maßnahmen

Bei Verdacht auf Wilderei kommen verschiedene Ermittlungsmaßnahmen in Betracht, etwa:

  • Durchsuchung von Wohnungen und Grundstücken (§§ 102 ff. StPO)
  • Beschlagnahme von Waffen und Wildbret (§§ 94 ff. StPO)
  • DNA-Analyse von Spurenmaterial zur Täterermittlung

Darüber hinaus kann im Falle einer Verurteilung eine Einziehung der Tatmittel (z. B. Waffen, Fahrzeuge) und des Erlöses aus der Wilderei erfolgen, § 73 ff. StGB.

Internationales und Europäisches Recht

Artenschutzkonventionen

Im internationalen Bereich sind zahlreiche Regelwerke zur Bekämpfung der Wilderei etabliert. Das Übereinkommen über den internationalen Handel mit gefährdeten Arten freilebender Tiere und Pflanzen (CITES) regelt den Handel und begegnet der Wilderei weltweit. Die Mitgliedstaaten verpflichten sich, die Einfuhr, Ausfuhr und Wiederausfuhr von Exemplaren bestimmter Arten zu kontrollieren und Sanktionen zu verhängen.

Europäische Gesetzgebung

Die Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH-RL, Richtlinie 92/43/EWG) und die Vogelschutzrichtlinie (Richtlinie 2009/147/EG) schützen gefährdete Arten. Verstöße, wie die illegale Entnahme, können sowohl zivil- als auch strafrechtliche Konsequenzen für Einzelpersonen und Unternehmen nach sich ziehen.

Relevanz im Tierschutz- und Umweltrecht

Wilderei steht in engem Zusammenhang mit Tierschutz- und Umweltrecht. Ziel ist der Erhalt von Populationen wildlebender Arten, der Schutz vor Tierleid und die Wahrung ökologischer Lebensräume. Dies umfasst insbesondere:

  • Die strikte Einhaltung der Schonzeiten, um Zucht und Nachwuchs zu sichern
  • Die Vermeidung von Tierquälerei (§ 17 Tierschutzgesetz)
  • Die Mitwirkung von Behörden und Naturschutzorganisationen bei der Überwachung und Durchsetzung einschlägiger Gesetze

Rechtliche Folgen und Sanktionen

Strafrechtliche Sanktionen

Neben Freiheits- oder Geldstrafe kommen weitere Maßnahmen in Betracht, darunter:

  • Entziehung der Jagderlaubnis
  • Einziehung des zur Tat verwendeten Geräts
  • Schadensersatzforderungen gegenüber Geschädigten

Ordnungswidrigkeiten

Nicht jede unerlaubte Handlung erfüllt einen Straftatbestand. Viele Verstöße gegen beispielsweise Schonzeiten, Bestandszahlen oder jagdrechtliche Auflagen gelten als Ordnungswidrigkeiten und sind mit Geldbußen bedroht.

Zivilrechtliche Ansprüche

Geschädigte Eigentümer (z. B. Jagdpächter, Grundbesitzer) können zivilrechtliche Ansprüche geltend machen, beispielsweise auf Ersatz von Wildschäden oder die Herausgabe widerrechtlich erlangter Beute.

Prävention und Bekämpfung der Wilderei

Überwachung und Kontrollmechanismen

Zur wirksamen Bekämpfung der Wilderei arbeiten Vollzugsorgane wie Polizei, Forst- und Jagdbehörden sowie Naturschutzverwaltungen eng zusammen. Technische Hilfsmittel wie Wildkameras, Drohnen und GPS-Überwachung werden zunehmend eingesetzt.

Sensibilisierung und Öffentlichkeitsarbeit

Aufklärungskampagnen und Maßnahmen zur Bewusstseinsbildung sind integraler Bestandteil der Wildereiprävention. Die Bevölkerung wird für die Folgen der Wilderei sensibilisiert und zur Mitarbeit in der Bekämpfung animiert.

Fazit

Wilderei stellt einen bedeutenden Verstoß gegen das geltende Jagd-, Tier- und Naturschutzrecht dar. Die straf- und verwaltungsrechtliche Ahndung sowie umfangreiche internationale und nationale Schutzmechanismen bilden ein Netz, das dem Erhalt der Artenvielfalt, dem Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen und der Verhütung von Vermögensschäden dient. Die nachhaltige Bekämpfung der Wilderei erfordert ein abgestimmtes Zusammenwirken gesetzlicher, technischer und gesellschaftlicher Maßnahmen.

Häufig gestellte Fragen

Inwiefern unterscheidet sich die strafrechtliche Behandlung von Wilderei von anderen Delikten gegen das Eigentum?

Wilderei wird im deutschen Recht nicht einfach als allgemeines Eigentumsdelikt behandelt, sondern unterliegt einer spezialgesetzlichen Normierung durch § 292 StGB sowie durch das Bundesjagdgesetz (BJagdG) und das Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG). Anders als etwa Diebstahl, der auf die Wegnahme fremder beweglicher Sachen abzielt, steht bei der Wilderei der unbefugte Zugriff auf wildlebende Tiere und deren Aneignung im Vordergrund. Besonders bedeutsam ist hierbei, dass Wildtiere bis zu ihrer Aneignung als herrenlos gelten und erst durch den Besitzer des Jagdrechts oder im Rahmen anderer gesetzlicher Freigaben angeeignet werden dürfen. Werden Tiere ohne erforderliche jagdrechtliche Erlaubnis gefangen, getötet oder sich oder anderen zugeeignet, erfüllt dies den Straftatbestand der Wilderei. Das Delikt ist zudem häufig mit weiteren Rechtsgütern wie dem Schutz der Artenvielfalt und der Umwelt verbunden, was bei der Strafzumessung berücksichtigt werden kann. Die Einordnung als eigenständiger Straftatbestand hebt die Bedeutung des Schutzes der Tierwelt und der Rechtsordnung im Jagdwesen hervor.

Welche Strafen drohen bei Wilderei nach deutschem Recht und gibt es Unterschiede bei besonders schweren Fällen?

Nach § 292 StGB kann Wilderei in Deutschland im Grundtatbestand mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe geahndet werden. Bei besonders schweren Fällen, die etwa gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande begangen werden, erhöht sich der Strafrahmen auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Hinzu tritt regelmäßig die Einziehung von Tatmitteln oder Erträgen sowie ein mögliches Jagdverbot nach dem Bundesjagdgesetz. Auch die versuchte Wilderei ist strafbar. Die Gerichte berücksichtigen im Strafmaß unter anderem die Art und Anzahl der gewilderten Tiere, die Motivlage des Täters sowie das Ausmaß der Umwelt- oder Tierschutzbeeinträchtigung. In besonders gravierenden Fällen kann sich zudem eine Qualifikation durch andere Delikte, wie Verstöße gegen das Tierschutzgesetz oder Waffengesetze, ergeben.

Ist ein Verstoß gegen jagdrechtliche Vorschriften automatisch als Wilderei zu werten?

Ein Verstoß gegen jagdrechtliche Vorschriften begründet nicht zwangsläufig den Straftatbestand der Wilderei. Für die Annahme von Wilderei ist erforderlich, dass das Wild im Jagdbezirk unbefugt erlegt, gefangen, zugeeignet oder sich einverleibt wird. Daraus ergibt sich, dass nicht jede Zuwiderhandlung im Zusammenhang mit dem Jagdbetrieb – beispielsweise eine geringfügige Überschreitung der Jagdzeiten – als Wilderei strafrechtlich relevant ist. Viele Verstöße werden vielmehr nur als Ordnungswidrigkeit nach dem Jagdrecht behandelt. Erst wenn die Schwelle zur strafbaren Aneignung oder sonstigen Beeinträchtigung von Wild mit Vorsatz überschritten wird, kommt eine Strafbarkeit nach § 292 StGB in Betracht.

Welche Bedeutung hat die Jagdberechtigung im Kontext der strafrechtlichen Bewertung von Wilderei?

Die Jagdberechtigung, d.h. die Erlaubnis zur Ausübung der Jagd auf einem bestimmten Gebiet, ist zentraler Anknüpfungspunkt für die Zulässigkeit der Jagdausübung. Wer ohne Jagderlaubnis wildlebende Tiere fängt, tötet oder sich zueignet, riskiert die Strafbarkeit wegen Wilderei. Liegt eine Jagdberechtigung vor, kann das Handeln zwar anderen gesetzlichen Restriktionen unterliegen (z.B. Jagdzeiten, Schonzeiten, Artenschutz), stellt aber grundsätzlich keine Wilderei dar. Fehlt hingegen die Jagdberechtigung, reicht bereits die Aneignung oder Schädigung von Wild zur Strafbarkeit aus. Daher ist die Legalität der Jagdausübung von einer genauen Prüfung des individuellen Jagdrechts abhängig.

Wie wirken sich Verstöße gegen das Waffenrecht auf die Strafbarkeit der Wilderei aus?

Wilderei wird häufig mit Verstößen gegen das Waffengesetz (WaffG) kombiniert. Das unerlaubte Führen oder Benutzen von Schusswaffen bei der Wilderei stellt einen strafschärfenden Umstand dar und kann zu weiteren eigenständigen Strafverfahren führen. Gemäß § 292 Abs. 2 Nr. 1 StGB wird schwerere Wilderei angenommen, wenn sie unter Anwendung von Waffen ausgeübt wird oder mit besonderen Gefahren für Dritte verbunden ist. Das Waffengesetz stellt zudem hohe Anforderungen an Erwerb, Besitz und Transport von Jagdwaffen. Liegen hier Verstöße vor (etwa Führen ohne Waffenschein, Besitz verbotener Waffen), kommen kumulative Strafen nach dem StGB und dem WaffG in Betracht.

Inwieweit sind internationale Aspekte (wie Artenschutzabkommen) bei der Strafverfolgung der Wilderei relevant?

Die internationale Dimension der Wilderei betrifft insbesondere grenzüberschreitende Delikte und besonders geschützte Tierarten gemäß internationalen Abkommen wie dem Washingtoner Artenschutzübereinkommen (CITES). Verstöße gegen artenschutzrechtliche Vorgaben (z.B. unerlaubter Handel mit geschützten Tierarten oder deren Teilen) sind neben der strafrechtlichen Verfolgung nach nationalem Recht auch Gegenstand völkerrechtlicher Verpflichtungen. Insofern können Fälle von Wilderei, die international geschützte Arten betreffen, sowohl nach dem StGB, dem Bundesnaturschutzgesetz als auch spezialgesetzlich verfolgt werden. Die Behörden kooperieren in derartigen Fällen regelmäßig über Landesgrenzen hinweg, etwa durch Interpol oder Europol. Die Ahndung erfolgt abgestimmt auf das jeweilige nationale und internationale Recht, wobei die Strafrahmen in Deutschland durch spezialgesetzliche Vorschriften wie § 71 BNatSchG ergänzt werden.