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Wiedereinstellung


Begriff und Definition der Wiedereinstellung

Die Wiedereinstellung bezeichnet im deutschen Arbeitsrecht die erneute Begründung eines Arbeitsverhältnisses zwischen einem Arbeitnehmer und einem Arbeitgeber, nachdem das ursprüngliche Arbeitsverhältnis beendet wurde oder zu enden drohte. Dieser Begriff unterscheidet sich sowohl inhaltlich als auch rechtlich von der Weiterbeschäftigung und von der sogenannten Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses.

Die Wiedereinstellung ist regelmäßig von einer vertraglichen oder gesetzlichen Grundlage abhängig. Sie kommt in der Praxis vor allem im Zusammenhang mit betriebsbedingten Kündigungen, gerichtlichen Kündigungsschutzverfahren sowie im Rahmen von Sozialplänen und Tarifverträgen zur Anwendung.

Rechtsgrundlagen und Voraussetzungen

Allgemeine Rechtslage

Ein Anspruch auf Wiedereinstellung ist gesetzlich im Regelfall nicht ausdrücklich normiert, sondern ergibt sich aus besonderen Umständen und Fallgestaltungen. Der Arbeitsvertrag wurde zunächst durch Kündigung oder Aufhebungsvertrag beendet; die Wiedereinstellung stellt demnach einen neuen Arbeitsvertrag dar, der meist inhaltlich an das ursprüngliche Arbeitsverhältnis anknüpft.

Situationen, die eine Wiedereinstellung begründen können

Betriebsbedingte Kündigung und Wegfall des Kündigungsgrundes

Eine der häufigsten Konstellationen für einen Anspruch auf Wiedereinstellung ergibt sich, wenn eine betriebsbedingte Kündigung ausgesprochen wurde und der Anlass für diese Kündigung noch vor Ablauf der Kündigungsfrist wegfällt. Das Bundesarbeitsgericht erkennt für diesen Fall in ständiger Rechtsprechung unter engen Voraussetzungen einen nachträglichen Wiedereinstellungsanspruch an. Dieser setzt insbesondere voraus, dass der Arbeitgeber erst nach Ausspruch der Kündigung erfährt, dass der Kündigungsgrund nicht mehr besteht und es dem Arbeitgeber zumutbar ist, das Arbeitsverhältnis neu zu begründen.

Wiedereinstellungszusage und Sozialpläne

Ein Anspruch auf Wiedereinstellung kann sich auch aus einer sogenannten Wiedereinstellungszusage ergeben. Diese ist regelmäßig Gegenstand von Sozialplänen, Interessenausgleichsvereinbarungen oder Tarifverträgen und kann ebenfalls vertraglich geregelt sein. In diesem Fall verpflichtet sich der Arbeitgeber, dem Arbeitnehmer bei zukünftigen Beschäftigungsmöglichkeiten ein Angebot auf Wiedereinstellung zu unterbreiten.

Tarifvertragliche und betriebliche Grundlagen

Einige Tarifverträge oder betriebliche Vereinbarungen sehen ausdrücklich die Möglichkeit oder sogar den Anspruch auf Wiedereinstellung vor. Inhalt, Voraussetzungen und Umfang sind dann im jeweiligen Tarifwerk bzw. in der Betriebsvereinbarung geregelt.

Gerichtliche Entscheidungen und Kündigungsschutzprozess

Vielfach wird im Rahmen eines Kündigungsschutzprozesses die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses durch Urteil festgestellt. Wenn nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses neue Umstände festgestellt werden, wie etwa der Fortfall des ursprünglich zugrundeliegenden Kündigungsgrundes, kann sich eine Verpflichtung zur Wiedereinstellung ergeben. Die arbeitsgerichtliche Rechtsprechung hat hierzu zahlreiche Fallgruppen entwickelt, innerhalb derer ein Wiedereinstellungsanspruch bejaht wurde, beispielsweise nach der gerichtlichen Unwirksamerklärung der ursprünglichen Kündigung.

Abgrenzung zu ähnlichen Begriffen

Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses

Im Gegensatz zur Wiedereinstellung bedeutet die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses, dass das ursprüngliche Arbeitsverhältnis niemals wirksam beendet wurde, etwa wenn eine Kündigung treuwidrig oder unwirksam war. Die Wiedereinstellung hingegen stellt arbeitsrechtlich einen Neuabschluss eines Arbeitsverhältnisses dar, auch wenn die Vertragsbedingungen an die vorangegangene Tätigkeit anknüpfen.

Weiterbeschäftigung

Unter Weiterbeschäftigung versteht man den Verbleib des Arbeitnehmers im Unternehmen auf der Grundlage des bestehenden Arbeitsvertrags, etwa nach Abschluss eines Kündigungsschutzprozesses mit Weiterbeschäftigungsanordnung durch das Gericht. Die Wiedereinstellung dagegen setzt regelmäßig bereits die Beendigung des Arbeitsverhältnisses voraus.

Rechtliche Folgen der Wiedereinstellung

Neues Arbeitsverhältnis

Mit der Wiedereinstellung kommt ein eigenständiges neues Arbeitsverhältnis zustande. In der Regel werden die vorherigen Arbeitsbedingungen übernommen, wobei jedoch eine erneute vertragliche Vereinbarung notwendig ist. Auch betriebsverfassungsrechtlich beginnt mit der Wiedereinstellung eine neue Beschäftigungszeit.

Unterbrechung der Betriebszugehörigkeit

Die Zeit zwischen Beendigung des alten und Beginn des neuen Arbeitsverhältnisses stellt grundsätzlich keine Beschäftigungszeit dar, es sei denn, es wird ausdrücklich etwas anderes vereinbart.

Sozialversicherungsrechtliche Aspekte

Für das sozialversicherungsrechtliche Meldewesen sind das Ende des alten und der Beginn des neuen Arbeitsverhältnisses zu beachten. Insbesondere können bei nahtloser Wiedereinstellung Besonderheiten im Bereich der Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung sowie beim Anspruch auf Arbeitslosengeld eintreten.

Gestaltungsmöglichkeiten und praktische Umsetzung

Schriftform und Vertragsgestaltung

Eine Wiedereinstellung sollte aus Gründen der Rechtssicherheit stets schriftlich vereinbart werden. Inhaltlich können die Konditionen des vorherigen Arbeitsvertrages übernommen oder im gegenseitigen Einvernehmen angepasst werden. Auch der Zeitpunkt des Wiedereintritts, Probezeitvereinbarungen und kollektivrechtliche Regelungen sind dabei zu prüfen.

Einschlägige Beteiligungsrechte

Der Betriebsrat besitzt bei jeder Wiedereinstellung nach § 99 Betriebsverfassungsgesetz ein Mitbestimmungsrecht, sofern ein solcher im Unternehmen existiert. Die Zustimmungspflicht umfasst sämtliche Maßnahmen der Einstellung, zu denen auch die Wiedereinstellung zählt.

Anspruchsdurchsetzung und Rechtsfolgen bei Verweigerung

Anspruchsdurchsetzung

Der Anspruch auf Wiedereinstellung kann außergerichtlich oder gerichtlich geltend gemacht werden. Bei bestehender Wiedereinstellungszusage oder Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen kann eine Klage auf Abschluss eines neuen Arbeitsvertrags vor dem Arbeitsgericht erhoben werden.

Rechtsfolgen bei Verweigerung der Wiedereinstellung

Verweigert ein Arbeitgeber eine Wiedereinstellung zu Unrecht, kann dies zum Schadensersatz verpflichten. Auch ein Annahmeverzugslohn kann unter Umständen geschuldet sein. Die genaue Anspruchsbasis richtet sich nach dem jeweiligen Einzelfall und den zugrundeliegenden rechtlichen Vereinbarungen.

Literatur und weiterführende Informationen

Weiterführende Informationen finden sich in Kommentaren und Handbüchern zum Kündigungsschutzrecht, in arbeitsrechtlichen Grundwerken sowie in der aktuellen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Aufwendige Einzelfallbetrachtungen sind insbesondere bei kollektivrechtlich geregelten Wiedereinstellungsansprüchen ratsam.


Fazit:
Die Wiedereinstellung ist ein bedeutendes rechtliches Instrument im deutschen Arbeitsrecht, das insbesondere nach beendeten Arbeitsverhältnissen unter bestimmten Voraussetzungen eine Rückkehr in das Unternehmen ermöglicht. Ihr Bestehen und Umfang hängen maßgeblich von arbeitsvertraglichen, tariflichen oder kollektivrechtlichen Regelungen ab und werden durch eine differenzierte arbeitsgerichtliche Rechtsprechung geprägt.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen für eine Wiedereinstellung nach einer Kündigung vorliegen?

Eine Wiedereinstellung nach einer Kündigung ist grundsätzlich nicht gesetzlich geregelt und setzt in der Regel das Einverständnis beider Parteien – des Arbeitgebers und des Arbeitnehmers – voraus. Rechtlich relevant wird das Thema jedoch vor allem dann, wenn ein sogenannter Wiedereinstellungsanspruch besteht. Ein solcher Anspruch kann sich in besonderen Ausnahmefällen ergeben, etwa wenn die Kündigung sozial ungerechtfertigt oder wegen eines nachträglich eingetretenen Wegfalls des Kündigungsgrundes rechtswidrig wurde. Beispielsweise kann dies in Betracht kommen, wenn ein Arbeitnehmer betriebsbedingt gekündigt wurde, sich die Sachlage aber noch vor Ablauf der Kündigungsfrist grundlegend ändert und der Arbeitsplatz wieder zur Verfügung steht. Hier hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass ein Wiedereinstellungsanspruch in engen Grenzen aus Treu und Glauben (§ 242 BGB) entstehen kann. Voraussetzung hierfür ist insbesondere, dass der Arbeitnehmer gegen die Kündigung rechtzeitig Kündigungsschutzklage erhoben hat, und dass die Voraussetzungen für einen Weiterbeschäftigungsanspruch vorliegen. Liegt ein solcher, ausnahmsweiser Anspruch nicht vor, bleibt es beim Ermessensspielraum des Arbeitgebers, der das Arbeitsverhältnis im Rahmen eines neuen Arbeitsvertrags freiwillig erneut begründen kann.

Wie wirkt sich eine gerichtliche Aufhebung oder Unwirksamkeit der Kündigung auf die Wiedereinstellung aus?

Wird eine Kündigung vom Arbeitsgericht als unwirksam aufgehoben – etwa im Falle einer Sozialwidrigkeit, unterlassener Anhörung des Betriebsrats oder fehlender Zustimmung erforderlicher Instanzen – lebt das ursprüngliche Arbeitsverhältnis rechtlich betrachtet unverändert weiter. In diesem Fall ist der Begriff der Wiedereinstellung im eigentlichen Sinne rechtlich nicht einschlägig, da der zuvor bestehende Arbeitsvertrag seine Wirksamkeit niemals verloren hat. Der Arbeitnehmer ist somit so zu stellen, als wäre die Kündigung nie ausgesprochen worden, was in der Regel auch eine Nachzahlung von Arbeitsentgelt für die Zeit zwischen Kündigung und gerichtlicher Entscheidung zur Folge hat. Ein neuer Arbeitsvertrag ist dafür nicht notwendig. Die rechtliche Besonderheit bei der gerichtlichen Feststellung der Unwirksamkeit ist, dass alle Rechte und Pflichten aus dem alten Arbeitsverhältnis fortbestehen.

Gibt es bei der Wiedereinstellung Formerfordernisse oder Fristen, die zu beachten sind?

Für die Wiedereinstellung selbst bestehen keine speziellen gesetzlichen Formerfordernisse; sie kann grundsätzlich mündlich vereinbart werden. Aus Beweisgründen und zur Klarstellung über das Zustandekommen und die Konditionen des Arbeitsverhältnisses empfiehlt sich jedoch eine schriftliche Fixierung, idealerweise in Form eines neuen Arbeitsvertrags oder eines Wiedereinstellungsvertrags. Einzige Ausnahme können tarifvertragliche oder betriebliche Regelungen sein, die eine bestimmte Form vorschreiben. Zu beachten ist ferner, dass der Anspruch auf Wiedereinstellung, soweit er entsteht (zum Beispiel durch Rechtsprechung aus Treu und Glauben), nur innerhalb bestimmter Fristen geltend gemacht werden kann. Wird die Änderung der Sachlage (z. B. Freiwerden eines Arbeitsplatzes) erst nach Ablauf der Kündigungsfrist bekannt, ist ein Wiedereinstellungsanspruch grundsätzlich ausgeschlossen. Arbeitnehmer sollten sich daher zeitnah, im Zweifel arbeitsgerichtlich, um eine Wiedereinstellung bemühen.

Welche Auswirkungen hat eine Wiedereinstellung auf bereits erhaltene Abfindungen?

Hat der Arbeitnehmer aufgrund einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindung erhalten – zum Beispiel als Ergebnis eines Aufhebungsvertrags oder eines Kündigungsschutzprozesses – hat die Wiedereinstellung unmittelbare rechtliche Auswirkungen auf die erhaltene Abfindung. Denn der Sinn und Zweck einer Abfindung liegt im Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes. Wird das Arbeitsverhältnis im Zuge einer Wiedereinstellung nahtlos oder zeitnah wieder aufgenommen, entfällt der Grund für die Zahlung. Der Arbeitgeber ist in diesem Fall berechtigt, die Abfindung – zumindest anteilig – zurückzufordern. Es empfiehlt sich daher, im Rahmen der Wiedereinstellungsvereinbarung eine klare Regelung zur Behandlung einer bereits gezahlten Abfindung zu treffen, um spätere rechtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden.

Muss bei einer Wiedereinstellung ein neuer Arbeitsvertrag abgeschlossen werden?

Im Regelfall endet das frühere Arbeitsverhältnis mit der Kündigung rechtlich endgültig, sofern keine gerichtliche Feststellung der Unwirksamkeit erfolgt ist. Eine Wiedereinstellung erfolgt deshalb juristisch als Neueinstellung, sodass ein neuer Arbeitsvertrag abzuschließen ist. Dieser neue Vertrag kann – muss aber nicht – inhaltlich mit dem vorherigen Arbeitsvertrag übereinstimmen. Es obliegt den Parteien, die Konditionen wie Vergütung, Tätigkeitsbereich, Probezeiten oder andere Bedingungen neu zu verhandeln. Bereits im Vorfeld sollte geprüft werden, ob einzelvertragliche, tarifliche oder betriebliche Regelungen bestimmte Vorgaben für wieder eingestellte Arbeitnehmer beinhalten (z.B. im Hinblick auf die Betriebszugehörigkeit oder sonstige Ansprüche).

Welche Auswirkungen hat eine Wiedereinstellung auf die Betriebszugehörigkeit und damit verbundene Ansprüche?

Die rechtlichen Auswirkungen einer Wiedereinstellung auf die Betriebszugehörigkeit hängen entscheidend davon ab, wie viel Zeit zwischen Beendigung des vorherigen und Beginn des neuen Arbeitsverhältnisses vergangen ist und wie die Parteien die neue Vereinbarung ausgestalten. Grundsätzlich beginnt mit der Neueinstellung eine neue Betriebszugehörigkeit zu laufen, sodass vorherige Beschäftigungszeiten – etwa für den Kündigungsschutz, das Jubiläumsdienstalter, Ansprüche auf betriebliche Altersversorgung oder Sonderzahlungen – nicht automatisch angerechnet werden. Es ist jedoch möglich, einzelvertraglich oder per Betriebsvereinbarung die Anrechnung vorheriger Zeiten zu vereinbaren. Tarifverträge können ebenfalls Regelungen enthalten, die bei kurzer Unterbrechung eine Zusammenrechnung gestatten.

Besteht ein Anspruch auf Wiedereinstellung nach dem Mutterschutz, der Elternzeit oder einer vergleichbaren Schutzzeit?

Nach Beendigung einer Mutterschutzfrist, einer Elternzeit oder einer vergleichbaren Schutzzeit besteht kein genereller Anspruch auf Wiedereinstellung, sondern rechtlich der Anspruch auf Rückkehr in das noch bestehende Arbeitsverhältnis inklusive des bisherigen, gleichwertigen Arbeitsplatzes. Wird das Arbeitsverhältnis während oder im Zusammenhang mit einer solchen Schutzzeit gekündigt, greifen die besonderen Kündigungsschutzvorschriften, die eine Wiedereinstellung regelmäßig überflüssig machen, da die Kündigung in der Regel unwirksam ist und das Arbeitsverhältnis fortbesteht. Wird jedoch ausnahmsweise eine rechtmäßige Beendigung des Arbeitsverhältnisses festgestellt, besteht kein automatischer Anspruch auf Wiedereinstellung – es sei denn, arbeits- oder tarifvertragliche Regelungen sehen dies explizit vor.

Welche Rolle spielen tarifvertragliche oder betriebliche Regelungen im Zusammenhang mit Wiedereinstellungen?

In bestimmten Branchen oder Betrieben können Tarifverträge oder betriebliche Vereinbarungen Regelungen über Wiedereinstellungsmöglichkeiten oder Wiedereinstellungsansprüche enthalten. Solche Regelungen betreffen häufig z.B. Saisonarbeitskräfte, befristet Beschäftigte oder Branchen mit besonderen Beschäftigungsbedürfnissen. Die Details solcher Abmachungen – z.B. Vorrang bei Einstellungen, Fristen oder Voraussetzungen – richten sich nach dem konkreten Wortlaut der jeweiligen Regelung. In solchen Fällen haben betroffene Arbeitnehmer unter Umständen einen einklagbaren Anspruch auf Wiedereinstellung, sofern sie alle normierten Voraussetzungen erfüllen, was gesondert juristisch zu prüfen ist. Betroffene sollten daher immer in die anwendbaren tariflichen oder betrieblichen Regelungen Einsicht nehmen.