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Wettbewerbsstraftaten

Wettbewerbsstraftaten: Begriff und Einordnung

Wettbewerbsstraftaten sind gesetzlich mit Strafe bedrohte Handlungen, die den fairen Leistungswettbewerb zwischen Unternehmen beeinträchtigen. Sie unterscheiden sich von rein zivilrechtlichen Unlauterkeitsverstößen oder behördlich geahndeten Kartellverstößen dadurch, dass sie in einem Strafverfahren verfolgt werden und für Beteiligte persönliche Sanktionen nach sich ziehen können. Geschützt werden dabei vor allem die Funktionsfähigkeit des Marktes, die Integrität geschäftlicher Entscheidungsprozesse, die Vertraulichkeit von Unternehmenswissen sowie das Vertrauen von Kundinnen und Kunden.

Schutzziele und typische Lebenssachverhalte

Das Strafrecht greift insbesondere dort ein, wo unlautere Methoden den Wettbewerb gravierend verzerren, etwa durch Absprachen bei Ausschreibungen, Bestechung im geschäftlichen Verkehr, die Ausspähung oder Verwertung fremder Geschäftsgeheimnisse oder durch schwerwiegende Kennzeichen- und Produktpiraterie. Je nach Einzelfall können daneben auch allgemeine Vermögensdelikte mit Wettbewerbsbezug einschlägig sein.

Abgrenzung zu anderen Rechtsbereichen

Zivilrechtliche Lauterkeitsverstöße

Unlautere Geschäftspraktiken werden überwiegend zivilrechtlich geahndet, etwa durch Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche. Hier stehen die Beseitigung des Wettbewerbsverstoßes und die Wiederherstellung fairer Marktbedingungen im Vordergrund. Eine persönliche Bestrafung der Handelnden ist damit nicht verbunden.

Kartellrechtliche Ordnungswidrigkeiten

Preis- und Mengenabsprachen, Marktaufteilungen oder Informationsaustausch zwischen Wettbewerbern werden primär durch das Kartellrecht mit behördlichen Bußgeldern verfolgt. Diese Bußgelder können sehr hoch ausfallen und auch Unternehmen selbst betreffen. Bestimmte Konstellationen, insbesondere Absprachen bei öffentlichen Ausschreibungen, können zusätzlich strafbar sein.

Wirtschaftsstrafrecht im weiteren Sinn

Wettbewerbsstraftaten bilden einen Ausschnitt des Wirtschaftsstrafrechts. Sie grenzen sich von anderen wirtschaftsbezogenen Delikten, etwa aus dem Bilanz-, Steuer- oder Umweltbereich, dadurch ab, dass sie unmittelbar die Ordnung des Wettbewerbs und marktrelevante Vertrauensgüter schützen.

Typische Erscheinungsformen

Geheimnisverrat und unbefugte Informationsbeschaffung

Die unbefugte Erlangung, Weitergabe oder Nutzung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen zum Zwecke des Wettbewerbsvorteils ist strafbewehrt. Dazu zählen etwa das Abgreifen interner Kundendaten, Preislisten, Prototypen, Rezepturen oder Quellcodes sowie das Ausnutzen solcher Informationen durch Dritte.

Bestechung und Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr

Vorteilsgewährung oder -annahme, um Einkaufs-, Vergabe- oder Vertragsentscheidungen zu beeinflussen, kann eine Wettbewerbsstraftat darstellen. Der Schutz richtet sich auf die Unbestechlichkeit und Lauterkeit geschäftlicher Entscheidungen, unabhängig davon, ob der Vorteil in Geld oder in anderer Form gewährt wird.

Absprachen bei Ausschreibungen

Verabredungen, die den Ausgang von Vergabeverfahren manipulieren, sind strafbar. Dazu gehören etwa Scheinangebote, Preisabsprachen oder die abgestimmte Abgabe bzw. Zurückhaltung von Geboten, um den Zuschlag zu steuern.

Produkt- und Herkunftstäuschung sowie Verletzungen von Kennzeichen- und Schutzrechten

Schwerwiegende Fälschungen, Nachahmungen oder Täuschungen über die Herkunft von Waren und Dienstleistungen können strafrechtlich relevant sein. Das gilt insbesondere bei systematischer Marken- oder Produktpiraterie, umfangreichen Verstößen gegen Schutzrechte oder irreführender Kennzeichnung mit erheblichem Marktbezug.

Geschäftsschädigende Täuschungen mit Marktbezug

Konstellationen, in denen durch Täuschung Vermögensschäden mit Wettbewerbsbezug herbeigeführt werden, können strafrechtliche Relevanz entfalten. Maßgeblich sind der Täuschungscharakter, die Absicht der Vorteilsverschaffung und die Auswirkungen auf Marktteilnehmer.

Beteiligte und Verantwortlichkeit

Täterkreis

Verantwortlich sein können Mitarbeitende, Führungskräfte und Organe von Unternehmen, aber auch externe Dritte wie Lieferanten oder Wettbewerber. Entscheidend ist die individuelle Tatbeteiligung, also wer eine Handlung ausführt, veranlasst oder daran mitwirkt.

Organisations- und Aufsichtszusammenhänge

Leitungspersonen können in den Fokus geraten, wenn pflichtwidriges Verhalten im Unternehmen begünstigt wurde. Auch mangelnde Aufsicht oder unzureichende interne Abläufe kann für die Zurechnung von Taten Bedeutung erlangen, insbesondere mit Blick auf Geldbußen gegen Unternehmen.

Teilnahmeformen und Versuch

Neben der unmittelbaren Begehung sind Anstiftung und Beihilfe relevant. In vielen Konstellationen ist bereits der Versuch strafbar. Nachweisbar sind hierfür vorbereitende oder bereits eingeleitete, aber noch nicht vollendete Handlungen.

Ermittlungs- und Verfahrensaspekte

Ermittlungsbehörden und Maßnahmen

Wettbewerbsstraftaten werden von Strafverfolgungsbehörden aufgeklärt. In Betracht kommen Durchsuchungen, Sicherstellungen, Auswertung elektronischer Kommunikation und Vernehmungen. In kartellrechtlich relevanten Sachverhalten arbeiten Ermittlungs- und Aufsichtsbehörden oft zusammen.

Beweisfragen und Datenzugriffe

Die Beweisführung stützt sich regelmäßig auf digitale Spuren, interne Unterlagen, E-Mail-Verkehr, Chatprotokolle sowie Aussagen Beteiligter. Dokumentationsqualität, Zugriffsmöglichkeiten und die Trennung interner und externer Kommunikation spielen eine zentrale Rolle.

Internationale Dimension

Bei grenzüberschreitenden Sachverhalten erfolgt häufig eine Zusammenarbeit mit ausländischen Behörden. Zuständigkeit, anwendbares Recht und Übermittlung von Beweisen richten sich nach allgemeinen Regeln der internationalen Rechtshilfe und können das Verfahren wesentlich prägen.

Rechtsfolgen und Nebenfolgen

Sanktionen für Einzelpersonen

In Betracht kommen Geld- und Freiheitsstrafen. Deren Höhe richtet sich nach Schwere und Umfang der Tat, Rolle der Beteiligten und wirtschaftlicher Bedeutung. Wiederholung, bandenmäßiges Vorgehen oder besondere Vertrauensbrüche können erschwerend wirken.

Geldbußen gegen Unternehmen

Unternehmen können mit erheblichen Geldbußen belegt werden, insbesondere bei Verstößen durch Leitungspersonen oder bei Organisationsmängeln. Maßgeblich sind regelmäßig Unternehmensgröße, wirtschaftlicher Vorteil aus der Tat und die Intensität der Pflichtverletzungen.

Einziehung und Gewinnabschöpfung

Vermögenswerte, die aus der Tat erlangt wurden, können eingezogen werden. Das betrifft sowohl unmittelbar erzielte Gewinne als auch mittelbare Vorteile. Die Abschöpfung zielt darauf ab, unrechtmäßige Wettbewerbsvorteile zu neutralisieren.

Weitere Folgen außerhalb des Strafverfahrens

Neben strafrechtlichen Sanktionen kommen zivilrechtliche Schadensersatzforderungen, handels- und berufsrechtliche Konsequenzen sowie vergaberechtliche Auswirkungen in Betracht. Relevanz hat auch die Eintragung in das Wettbewerbsregister, die den Zugang zu öffentlichen Aufträgen beeinträchtigen kann.

Verjährung

Die Verfolgungsverjährung richtet sich nach der Schwere des jeweiligen Delikts. Je gravierender die Tat, desto länger können Behörden ermitteln und anklagen. Unterbrechungen und Ruhen der Verjährung sind möglich, etwa durch bestimmte Ermittlungsmaßnahmen oder Verfahrenshandlungen.

Rolle betriebsinterner Regeln

Interne Richtlinien und Kontrollen haben bei Wettbewerbsstraftaten eine doppelte Bedeutung: Sie können für die Bewertung der Verantwortlichkeit von Leitungspersonen und für die Zumessung von Sanktionen relevant sein und dienen zugleich der Aufklärung von Sachverhalten innerhalb von Unternehmen.

Häufig gestellte Fragen

Was versteht man unter Wettbewerbsstraftaten?

Hierunter fallen strafbare Handlungen, die den fairen Wettbewerb beeinträchtigen, etwa durch Absprachen bei Ausschreibungen, Bestechung im geschäftlichen Verkehr, Ausspähen oder Verwerten von Geschäftsgeheimnissen sowie schwerwiegende Kennzeichen- und Produktpiraterie.

Worin unterscheiden sich Wettbewerbsstraftaten von kartellrechtlichen Bußgeldsachen?

Kartellrechtliche Verstöße werden vorwiegend behördlich mit Bußgeldern geahndet und betreffen häufig Unternehmen als solche. Wettbewerbsstraftaten führen zu strafrechtlicher Verfolgung natürlicher Personen; bestimmte Sachverhalte können allerdings sowohl bußgeld- als auch strafrechtlich relevant sein.

Wer kann für Wettbewerbsstraftaten verantwortlich sein?

Verantwortlich sind die unmittelbar Handelnden sowie gegebenenfalls Anstifter oder Gehilfen. In den Blick geraten außerdem Leitungspersonen, wenn sie Taten veranlassen oder Aufsichtspflichten verletzen. Unternehmen selbst können mit Geldbußen belegt werden.

Welche Sanktionen kommen in Betracht?

Möglich sind Geld- oder Freiheitsstrafen für Einzelpersonen, Geldbußen gegen Unternehmen, Einziehung von Taterträgen sowie vergaberechtliche Konsequenzen. Die Höhe richtet sich nach Schwere, Umfang und wirtschaftlicher Bedeutung der Tat.

Wie werden Wettbewerbsstraftaten typischerweise aufgedeckt?

Aufdeckung erfolgt häufig durch interne Hinweise, Meldungen von Marktteilnehmern, Auswertungen digitaler Daten, Durchsuchungen, Kooperation mit Aufsichtsbehörden und internationale Zusammenarbeit.

Ist bereits der Versuch strafbar?

In vielen Fallgruppen ist bereits das vorläufige Ansetzen zur Tatbegehung strafbar. Die Abgrenzung zwischen Vorbereitung und Versuch richtet sich nach den konkreten Umständen und der Nähe zur Tatvollendung.

Welche Rolle spielt die Vermögensabschöpfung?

Durch Einziehung sollen unrechtmäßig erlangte Vorteile neutralisiert werden. Dies kann unmittelbare Erlöse, ersparte Aufwendungen oder mittelbare Gewinne betreffen und sowohl Einzelpersonen als auch Unternehmen erfassen.