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Weiterbildung


Begriff und rechtliche Einordnung der Weiterbildung

Der Begriff „Weiterbildung“ bezeichnet sämtliche Bildungsmaßnahmen, die nach Abschluss einer ersten Berufsausbildung oder eines Hochschulstudiums erfolgen und der Vertiefung, Erweiterung, Erneuerung oder Ergänzung von Kenntnissen und Fähigkeiten dienen. Im deutschen Recht ist die Weiterbildung nicht nur im Arbeitsrecht, sondern auch im Bildungsrecht sowie im Sozialrecht von erheblicher Relevanz. Sie unterscheidet sich dabei grundlegend von der Erst- und Erstausbildung sowie von der Fortbildung.

Rechtliche Grundlagen der Weiterbildung in Deutschland

Weiterbildung im Berufsbildungsgesetz (BBiG)

Das Berufsbildungsgesetz (BBiG) bildet eine der zentralen gesetzlichen Grundlagen für die Weiterbildung im Rahmen der beruflichen Aus- und Weiterbildung. Nach § 1 Abs. 1 BBiG umfasst die berufliche Bildung neben der Berufsausbildung auch die berufliche Fortbildung und die berufliche Umschulung. Die Weiterbildung im Sinne des BBiG bezieht sich insbesondere auf die berufliche Fortbildung, die zur Anpassung und Erweiterung von Qualifikationen dient. Dazu zählen Anpassungsfortbildungen, Aufstiegsfortbildungen (z. B. Meister oder Fachwirt) und Umschulungen.

Abgrenzung zur Fort- und Umschulung

Obwohl im allgemeinen Sprachgebrauch die Begriffe Weiterbildung und Fortbildung vielfach synonym gebraucht werden, unterscheidet das BBiG klar zwischen diesen Formen. Die Fortbildung ist Teil der Weiterbildung, während Umschulungen von einer grundlegenden beruflichen Neuorientierung ausgehen.

Arbeitsrechtliche Aspekte der Weiterbildung

Anspruch auf Weiterbildung

Ein allgemeiner gesetzlicher Anspruch auf Weiterbildung besteht nicht. Einzelne Anspruchsgrundlagen können sich unter anderem aus Tarifverträgen, Betriebsvereinbarungen oder individuellen Arbeitsverträgen ergeben. Bestimmte gesetzliche Regelungen gewähren jedoch einzelnen Beschäftigtengruppen spezifische Ansprüche oder Schutzrechte, beispielsweise im Rahmen des Bildungsurlaubs (§§ 5-7 des Bildungsurlaubsgesetzes der Länder).

Verpflichtung zur Weiterbildung

Arbeitgebende können auf Grundlage bestehender Arbeitsverträge oder auf Basis berechtigter betrieblicher Interessen Beschäftigte zur Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen verpflichten. Eine solche Verpflichtung ist jedoch regelmäßig an die Zumutbarkeit gebunden und kann nicht ohne weitere Rücksicht auf die Interessen der Arbeitnehmenden einseitig durchgesetzt werden. Sie ist im Einzelfall sorgfältig mit den Rechten des Arbeitnehmers abzuwägen.

Kostenübernahme und Freistellung

Die Regelungen zur Kostenübernahme und Freistellung während einer Weiterbildung sind weder im BBiG noch im Arbeitsrecht abschließend gesetzlich geregelt. In der Praxis werden diese Aspekte häufig in Betriebsvereinbarungen oder vertraglichen Vereinbarungen festgehalten. Im Allgemeinen besteht kein Anspruch auf Kostenerstattung oder Freistellung, sofern sich dies nicht aus entsprechenden Tarifverträgen oder gesetzlichen Vorschriften (beispielsweise dem Bildungsurlaub) ergibt.

Weiterbildung im Sozialrecht und SGB III

Im Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) finden sich zahlreiche Regelungen zur Förderung der beruflichen Weiterbildung von Arbeitssuchenden und Beschäftigten. Ziel dieser Vorschriften ist es, die Beschäftigungsfähigkeit zu erhalten oder zu verbessern und Arbeitslosigkeit zu vermeiden.

Förderung beruflicher Weiterbildung

Der § 81 SGB III ermöglicht die Förderung der Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen für bestimmte Personengruppen. Die Agentur für Arbeit kann unter bestimmten Voraussetzungen die Kosten für Lehrgänge, Fahrtkosten und gegebenenfalls Kinderbetreuung übernehmen. Der Anspruch richtet sich nach festgelegten Kriterien, etwa dem drohenden Verlust des Arbeitsplatzes oder der Notwendigkeit einer Qualifizierung zur beruflichen Integration.

Rechtsanspruch auf Weiterbildung

Ein Rechtsanspruch im Sinne von § 81 SGB III kann sich dann ergeben, wenn die individuellen Voraussetzungen vorliegen und die Maßnahme von einem anerkannten Bildungsträger durchgeführt wird. Oft muss die Weiterbildung in einem Katalog der Arbeitsagentur (KURSNET) gelistet sein.

Weiterbildung und Datenschutz

Die Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen berührt häufig auch datenschutzrechtliche Fragen. Nach der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) sind personenbezogene Daten, die im Rahmen von Weiterbildungsmaßnahmen erhoben werden, besonders zu schützen. Dies betrifft insbesondere sensible Daten wie Leistungsnachweise oder Gesundheitsdaten etwa im Falle einer betrieblichen Umschulung.

Weiterbildung und Mitbestimmungsrechte

Die betriebliche Weiterbildung unterliegt in Unternehmen mit Betriebsrat der Mitbestimmung nach dem Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG). Nach § 98 BetrVG hat der Betriebsrat bei der Durchführung von betrieblichen Bildungsmaßnahmen ein Mitbestimmungsrecht. Dies schließt sowohl die Auswahl der Teilnehmer als auch die Inhalte und Methoden von Weiterbildungsangeboten ein.

Steuerrechtliche Aspekte der Weiterbildung

Ausgaben für die eigene berufliche Weiterbildung können nach § 9 Einkommensteuergesetz (EStG) als Werbungskosten abgesetzt werden, sofern ein Zusammenhang mit dem ausgeübten Beruf besteht. Unter bestimmten Voraussetzungen sind auch Weiterbildungsmaßnahmen während einer Unterbrechung der Erwerbstätigkeit steuerbegünstigt.

Weiterbildung im internationalen und europäischen Recht

Die Anerkennung von Weiterbildungsabschlüssen und -maßnahmen kann im Rahmen grenzüberschreitender Tätigkeiten oder bei Migration eine Rolle spielen. Europarechtliche Vorgaben, insbesondere die Richtlinie 2005/36/EG zur Anerkennung von Berufsqualifikationen, schaffen Regelungen zur gegenseitigen Anerkennung von Qualifikationen innerhalb der Europäischen Union.

Arten der Weiterbildung

Nicht-formale und informelle Weiterbildung

Neben der formalen Weiterbildung, die in direktem Zusammenhang mit anerkannten Abschlüssen steht, sind auch nicht-formale und informelle Weiterbildungen rechtlich von Interesse, insbesondere im Zusammenhang mit Bildungsförderung und Anerkennung von im Ausland erworbenen Kompetenzen.

Staatlich anerkannte und private Weiterbildungsträger

Bildungsangebote können sowohl von staatlich kontrollierten, als auch von privaten Trägern bereitgestellt werden. Maßgeblich ist hierbei, ob der Träger nach den einschlägigen gesetzlichen Vorschriften als anerkannt gilt, beispielsweise nach § 178 SGB III, um Zugang zu staatlichen Förderung zu eröffnen.

Pflichten von Weiterbildungsanbietern

Weiterbildungsanbieter unterliegen zahlreichen Pflichten hinsichtlich Zulassung, Qualitätskontrolle und Dokumentation. Bei öffentlich geförderten Maßnahmen kommen Dokumentations- und Nachweispflichten hinzu, zum Teil bestehen auch besondere Transparenzanforderungen.

Fazit

Weiterbildung ist ein komplexer Rechtsbegriff mit vielfältigen Facetten, die sich aus unterschiedlichen Rechtsgebieten ergeben. Die besondere Bedeutung zeigt sich vor allem im Zusammenhang mit dem Erhalt und der Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit, der betrieblichen Personalentwicklung sowie dem sozialen Aufstieg. Die rechtlichen Rahmenbedingungen reichen von arbeits- und sozialrechtlichen Fragen über Datenschutz und Mitbestimmungsrechte bis hin zu steuer- und europarechtlichen Aspekten. Eine präzise rechtliche Einordnung setzt stets die Berücksichtigung des jeweiligen Einzelfalls und der einschlägigen gesetzlichen Vorgaben voraus.

Häufig gestellte Fragen

Welche arbeitsrechtlichen Ansprüche bestehen auf Weiterbildung?

Nach deutschem Arbeitsrecht gibt es keinen generellen gesetzlichen Anspruch jedes Arbeitnehmers auf Weiterbildung. Allerdings können sich Ansprüche auf Weiterbildung aus mehreren Quellen ergeben: Zum einen kann der Arbeitsvertrag oder ein geltender Tarifvertrag eine Pflicht oder ein Recht auf Weiterbildung normieren. Zum anderen kann auch eine betriebliche Übung oder eine Betriebsvereinbarung einen Weiterbildungsanspruch begründen. Unabhängig davon verpflichtet das Berufsbildungsgesetz (BBiG) den Arbeitgeber, Arbeitnehmer im Rahmen ihrer Tätigkeit zu fördern, was auch Weiterbildungsmaßnahmen umfassen kann. In bestimmten Fällen, beispielsweise für schwerbehinderte Menschen nach § 164 SGB IX, bestehen besondere Vorschriften zur Förderung der Weiterbildung. Darüber hinaus gibt es Regelungen auf Landesebene, etwa im Rahmen von Bildungsurlaubsgesetzen, die abhängig vom Bundesland einen individuellen Anspruch gewähren können.

Ist der Arbeitgeber verpflichtet, die Kosten der Weiterbildung zu übernehmen?

Eine grundsätzliche gesetzliche Verpflichtung des Arbeitgebers zur Übernahme von Weiterbildungskosten besteht nicht. Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) und das Berufsbildungsgesetz (BBiG) machen hierzu keine generellen Vorgaben. Kostenübernahme kann sich daher nur aus dem Arbeitsvertrag, Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung ergeben. Wird die Weiterbildung vom Arbeitgeber ausdrücklich angeordnet oder ist sie zwingend für das Erfüllen der arbeitsvertraglichen Aufgaben erforderlich, muss der Arbeitgeber in der Regel die Kosten übernehmen. Werden Weiterbildungen hingegen aus eigenem Antrieb des Arbeitnehmers besucht und liegen sie nicht im direkten betrieblichen Interesse, ist die Kostenübernahme Verhandlungssache. Werden Vereinbarungen zur Kostenübernahme geschlossen, sollten auch Rückzahlungsklauseln beachtet werden, die bei Ausscheiden aus dem Unternehmen eine Rückzahlungspflicht des Arbeitnehmers regeln können.

Darf der Arbeitgeber eine Weiterbildung anordnen?

Ja, im Rahmen seines Weisungsrechts (§ 106 GewO) kann der Arbeitgeber – sofern nicht vertraglich ausgeschlossen – Weiterbildungen anordnen, wenn diese einen Bezug zur ausgeübten Tätigkeit haben und zumutbar sind. Die Anordnung ist insbesondere dann gerechtfertigt, wenn gesetzliche Fortbildungspflichten bestehen oder die Weiterbildung notwendig ist, um arbeitsvertraglich geschuldete Leistungen weiterhin erfüllen zu können, etwa bei technischen Neuerungen. Dabei müssen die Interessen des Arbeitnehmers berücksichtigt werden (Abwägung). Rechtsgrundlagen hierzu ergeben sich oft auch aus Tarifverträgen, Betriebsvereinbarungen oder dem BBiG. Die Pflicht, einer solchen Weisung Folge zu leisten, besteht jedoch nicht grenzenlos; verweigert ein Arbeitnehmer die Teilnahme ohne triftigen Grund, kann dies arbeitsrechtliche Konsequenzen bis hin zu einer Abmahnung nach sich ziehen.

Hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Freistellung für die Teilnahme an einer Weiterbildung?

Ein gesetzlicher Anspruch auf bezahlte oder unbezahlte Freistellung für Weiterbildungen besteht nicht bundesweit. Jedoch haben viele Bundesländer sog. Bildungsurlaubsgesetze (z. B. Bildungsurlaubsgesetz NRW, Hamburgisches Bildungsurlaubsgesetz), die Arbeitnehmern einen Anspruch auf bezahlte Freistellung für anerkannte Weiterbildungsmaßnahmen gewähren. Die Voraussetzungen und der Umfang – meist fünf Tage im Kalenderjahr – variieren je nach Bundesland. Ein Anspruch auf Freistellung kann sich außerdem aus dem Arbeitsvertrag, Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung ergeben. Ohne ausdrückliche Regelung muss die Teilnahme an einer Weiterbildung grundsätzlich in die Freizeit fallen, sofern sie nicht durch den Arbeitgeber initiiert wurde.

Welche rechtlichen Folgen hat eine Rückzahlungsvereinbarung für Weiterbildungskosten?

Rückzahlungsvereinbarungen sind rechtlich grundsätzlich zulässig, unterliegen jedoch strengen Anforderungen durch die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Sie sind nur wirksam, wenn sie die Interessen des Arbeitnehmers angemessen berücksichtigen und die Bindungsdauer fair angesetzt ist. Die Rückzahlungspflicht darf nur dann greifen, wenn der Arbeitnehmer auf eigenen Wunsch oder grob schuldhaft vor Ablauf der vereinbarten Bindungsdauer aus dem Unternehmen ausscheidet. Die Bindungsdauer muss in einem angemessenen Verhältnis zur Dauer und zu den Kosten der Weiterbildung stehen (z. B. sechs Monate bei kurzen Lehrgängen, bis zu fünf Jahre bei aufwendigen, teuren berufsbegleitenden Ausbildungen). Unklare oder einseitig benachteiligende Klauseln können nach § 307 BGB unwirksam sein.

Besteht Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei Weiterbildungsmaßnahmen?

Der Betriebsrat hat nach § 98 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) in Unternehmen mit Betriebsrat ein umfassendes Mitbestimmungsrecht bei der Durchführung von Weiterbildungsmaßnahmen. Der Arbeitgeber muss über Art, Inhalt, Teilnehmerkreis und Durchführung der Maßnahmen mit dem Betriebsrat beraten und dessen Zustimmung einholen. Lehnt der Betriebsrat ab, kann das Einigungsstellenverfahren eingeleitet werden. Zudem kann der Betriebsrat auch die Einführung von Weiterbildungsmaßnahmen beim Arbeitgeber anregen (§ 97 BetrVG). Ohne die Zustimmung des Betriebsrats sind arbeitgeberseitig angeordnete Weiterbildungsmaßnahmen, die unter § 98 BetrVG fallen, nicht zulässig.

Kann der Arbeitnehmer einen Nachweis über absolvierte Weiterbildungen verlangen?

Ja, der Arbeitnehmer kann gemäß § 109 Gewerbeordnung (GewO) nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein qualifiziertes Arbeitszeugnis verlangen, in welchem auch absolvierte Weiterbildungen aufgeführt werden sollten, wenn diese von Bedeutung für das Arbeitsverhältnis waren. Zudem sieht das Nachweisgesetz (§ 2 NachwG) vor, dass wesentliche Arbeitsbedingungen schriftlich niederzulegen sind, wobei auch abgeschlossene Weiterbildungsvereinbarungen hierzu gehören können. Für einzelne durchgeführte Maßnahmen kann der Arbeitnehmer zudem spezifische Teilnahmebescheinigungen oder Zertifikate beanspruchen, insbesondere wenn diese vom Arbeitgeber organisiert oder finanziert wurden.