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Wehrmittelsabotage


Begriff und rechtliche Einordnung der Wehrmittelsabotage

Definition der Wehrmittelsabotage

Wehrmittelsabotage bezeichnet im deutschen Recht die vorsätzliche Beeinträchtigung oder Zerstörung von für die Landesverteidigung wesentlichen Gegenständen, Einrichtungen oder Produktionsprozessen mit dem Ziel, die Wehrfähigkeit der Bundesrepublik Deutschland zu schädigen. Das Delikt ist eng an den Begriff der „Sabotage“ geknüpft, wobei unter Wehrmitteln insbesondere Waffen, Munition, Transportmittel und andere kriegswichtige Güter fallen.

Die Strafbarkeit der Wehrmittelsabotage ist im Strafgesetzbuch (StGB) niedergelegt und stellt ein spezielles Schutzgesetz zur Abwehr von Angriffen auf die Funktionsfähigkeit der deutschen Verteidigungsbereitschaft dar.


Gesetzliche Grundlagen

Strafrechtsnorm (§ 109e StGB)

Das zentrale Tatbestandsmerkmal der Wehrmittelsabotage findet seine Regelung in § 109e des Strafgesetzbuches (StGB) mit dem Titel „Wehrmittel­ oder Wehrmachtssabotage“. Die Vorschrift ist Teil der Abschnitte zur Landesverteidigung und des Schutzes staatlicher Einrichtungen.

Wortlaut von § 109e StGB (Auszug):

(1) Wer zur Verhinderung oder wesentlichen Erschwerung der Verteidigung der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Bündnispartner ein Wehrmittel unbrauchbar macht, beschädigt, zerstört oder dessen Herstellung oder Bereitstellung verhindert oder erheblich erschwert, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Der Gesetzgeber verfolgt mit dieser Vorschrift das Ziel, die Funktionsfähigkeit der Landesverteidigung sowie die vertragsrechtlichen Verpflichtungen Deutschlands gegenüber Bündnispartnern zu sichern.

Tatobjekte der Sabotage

Tatobjekte sind insbesondere:

  • Waffen aller Art,
  • Munition und Sprengstoffe,
  • militärische Fahrzeuge (z. B. Panzer, Flugzeuge, Schiffe),
  • Ausrüstungsgegenstände und Kommunikationsmittel,
  • Anlagen zur Herstellung, Lagerung oder dem Transport dieser Mittel.

Tatbestandsvoraussetzungen

Tathandlungen

Zu den typischen Tathandlungen zählen:

  • Unbrauchbarmachen durch mechanische, elektronische oder chemische Beeinträchtigung,
  • Beschädigung oder Zerstörung,
  • Verhindern der Herstellung, Wartung oder Bereitstellung,
  • erhebliche Erschwerung der strategischen Einsatzbereitschaft.

Schon der Versuch der Wehrmittelsabotage ist strafbar, § 109h StGB.

Vorsatz und subjektiver Tatbestand

Es ist erforderlich, dass der Täter vorsätzlich handelt und die Handlungen mit dem Ziel oder in Kenntnis verübt, die Verteidigungsbereitschaft Deutschlands oder eines Bündnispartners zu beeinträchtigen. Fahrlässige Delikte werden von § 109e StGB nicht erfasst.

Schutzzweck der Norm

Der Schutz der Wehrmittel vor Sabotage dient der Wahrung der inneren und äußeren Sicherheit des Staates sowie der Vertragstreue gegenüber Partnern im Verteidigungsbündnis.


Strafzumessung und Strafbarkeit

Strafrahmen und Qualifikationen

Die Grundtat wird mit einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe geahndet. In besonders schweren Fällen, etwa bei Gefährdung von Menschenleben oder drohenden erheblichen militärischen Nachteilen, kann der Strafrahmen erhöht werden. Der Gesetzestext sieht entsprechende Strafschärfungen vor, wenn durch die Tat große Schäden entstehen oder das Leben anderer gefährdet wird.

Versuch, Vorbereitung und Beteiligung

Bereits der Versuch, die Tat durchzuführen, ist strafbar (§ 109h StGB). Die Vorbereitung von Wehrmittelsabotagehandlungen, wenn sie eine konkrete Gefährdungslage begründen, kann unter bestimmten Voraussetzungen als eigenständiges Delikt verfolgt werden.

Die Beteiligung an der Tat, etwa durch Anstiftung oder Beihilfe, ist nach den allgemeinen Regeln (§§ 26, 27 StGB) ebenfalls strafbar.


Abgrenzung zu anderen Straftatbeständen

Sachbeschädigung (§ 303 StGB)

Während gewöhnliche Sachbeschädigung in § 303 StGB geregelt ist, zeichnet sich die Wehrmittelsabotage durch den besonderen Bezug zur Verteidigungsfähigkeit aus. Die Gefährdung von Wehrmitteln unterliegt strengeren Bestimmungen und erhöhtem Strafmaß.

Hochverrat und Gefährdung der äußeren Sicherheit (§§ 81 ff., 88a StGB)

Wehrmittelsabotage kann zugleich Elemente von Hochverrat oder des Gefährdungstatbestandes der äußeren Sicherheit aufweisen. Im konkreten Einzelfall können mehrere Delikte nebeneinanderstehen; das schwerwiegendere Delikt verdrängt das minder schwere im Konkurrenzverhältnis.


Prozessuale Besonderheiten

Verfolgungsinteresse und Zuständigkeiten

Straftaten der Wehrmittelsabotage werden in der Regel von den Staatsanwaltschaften mit Schwerpunktaufgaben im Bereich Staatsschutz bearbeitet. Ermittlungen können von den Polizeibehörden besonderer Abteilungen – etwa des Bundeskriminalamtes – geführt werden.

Verjährung

Die Verjährungsfrist für Wehrmittelsabotage richtet sich nach der Höhe der angedrohten Strafe. Da es sich regelmäßig um ein schwerwiegendes Delikt handelt, beträgt die Frist mindestens fünf Jahre, im Falle qualifizierter Tatbestände bis zu zehn Jahren (§ 78 StGB).


Bedeutung der Wehrmittelsabotage im deutschen Recht

Wehrmittelsabotage ist ein bedeutendes Schutzgut im deutschen Strafrecht. Sie dient der Sicherung der Einsatzfähigkeit der Streitkräfte und dem Schutz militärischer Infrastruktur. Das Delikt spiegelt die besondere Stellung der Landesverteidigung als zentrales Schutzinteresse des Staates wider.

Die Normen zur Wehrmittelsabotage kommen insbesondere in Zeiten politischer Krisen, erhöhter Terrorgefahr oder kriegerischer Auseinandersetzungen zum Tragen. Bereits der Versuch oder die Vorbereitung entsprechender Handlungen wird mit zahlreichen Ermittlungsmaßnahmen bedacht. Die Einbindung von Deutschland in internationale Verteidigungsbündnisse verstärkt die Bedeutung des Straftatbestandes weiter.


Literatur und weiterführende Quellen

  • Strafgesetzbuch (StGB), insbesondere §§ 109e-h und einschlägige Kommentierungen
  • Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch, Kommentar
  • Tröndle/Fischer, StGB-Kommentar
  • Bundestagsdrucksachen zur Reform der strafrechtlichen Vorschriften über Landesverteidigung

Zusammenfassung

Wehrmittelsabotage ist im deutschen Strafrecht als besonders schützenswertes Delikt ausgestaltet, das gezielt auf den Schutz staatlicher Verteidigungsressourcen abzielt. Die Strafbarkeit setzt vorsätzliches Handeln mit dem Ziel voraus, die Verteidigungsfähigkeit zu beeinträchtigen. Die gesetzlichen Vorgaben umfassen sowohl aktive Schädigungen als auch das Verhindern oder Erschweren der Verfügbarkeit von Wehrmitteln. Die Norm genießt im Staatsinteresse eine herausragende Stellung und unterliegt strengen maßgeblichen Vorschriften hinsichtlich Strafbarkeit, Strafzumessung und Verfahrensführung.

Häufig gestellte Fragen

Welche strafrechtlichen Konsequenzen drohen bei Wehrmittelsabotage?

Wehrmittelsabotage ist im deutschen Strafrecht schwerwiegend sanktioniert, insbesondere durch § 109e StGB (Sabotagehandlungen an Wehrmitteln). Bei Tatbegehung können Täter mit einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr bis hin zu zehn Jahren rechnen. In minder schweren Fällen kann das Gericht eine Freiheitsstrafe zwischen sechs Monaten und fünf Jahren verhängen. Die Strafschärfung greift insbesondere, wenn die Tat während eines Spannungs- oder Verteidigungsfalls begangen wird (§ 109h StGB), was eine Mindeststrafe von fünf Jahren Freiheitsstrafe nach sich ziehen kann. Zudem sind Versuch und Vorbereitung ebenfalls strafbar (§ 109f StGB), sodass schon vorbereitende Handlungen – etwa Beschaffung geeigneter Mittel oder Absprachen zur Ausführung – unter Strafe stehen. Neben der eigentlichen Freiheitsstrafe drohen, etwa bei Beamten, auch dienstrechtliche Konsequenzen wie Entlassung und Aberkennung von Ruhegehaltsansprüchen.

Welche Tathandlungen fallen unter Wehrmittelsabotage im rechtlichen Sinne?

Unter Wehrmittelsabotage fallen sämtliche Handlungen, die geeignet sind, Wehrmittel (wie Waffen, Munition, Fahrzeuge und Anlagen, die zur Landesverteidigung dienen) funktionsunfähig zu machen, zu beschädigen, unbrauchbar zu machen oder deren bestimmungsgemäßen Gebrauch zu beeinträchtigen. Hierzu zählen nicht nur physische Beschädigungen, sondern auch Manipulationen an Steuerungssystemen, das Einbringen von Schadsoftware, Entfernen von Ersatzteilen oder Wegnahme betriebsnotwendiger Komponenten. Rechtsrelevant ist auch das Veranlassen oder Unterstützen solcher Handlungen, zum Beispiel das Weitergeben von technisch notwendigen Insiderinformationen zur gezielten Störung. Entscheidend ist stets das Ziel, die Einsatzbereitschaft deutscher Streitkräfte oder deren Verbündeter zu beeinträchtigen.

Wer kann als Täter einer Wehrmittelsabotage strafrechtlich belangt werden?

Als Täter kommen sowohl interne Personen, wie Soldaten, zivile Mitarbeiter der Bundeswehr, Angestellte in der Rüstungsindustrie, als auch externe Dritte infrage. Der Täterkreis ist weit gefasst – es muss keine unmittelbare Bindung zur Bundeswehr bestehen, solange eine bewusste Schädigungsabsicht hinsichtlich Wehrmitteln vorliegt. Auch juristische Personen können über das OWiG in Betracht kommen, etwa wenn Unternehmen die Sabotage systematisch dulden oder durch organisatorische Mängel begünstigen. Für Mittäter und Anstifter gelten die gleichen Strafen wie für unmittelbare Täter, auch Gehilfen haften strafrechtlich, wenn ihre Unterstützung kausal zur Sabotage gehandelt hat.

Wie ist das Verhältnis zwischen Wehrmittelsabotage und anderen Straftatbeständen wie Landesverrat oder Spionage?

Wehrmittelsabotage kann häufig mit anderen Deliktsbereichen wie Landesverrat (§ 94 StGB) oder Spionage (§§ 98 ff. StGB) zusammentreffen. Während Landesverrat sich auf das kollektive Gefährden der äußeren Sicherheit der Bundesrepublik durch Preisgabe von Staatsgeheimnissen bezieht, fokussiert sich Wehrmittelsabotage auf die praktische Schwächung militärischer Stärke durch Manipulation oder Zerstörung von Wehrmitteln. Liegt eine Überschneidung mit anderen Straftatbeständen vor, kommt es zur Strafbarkeit wegen aller verwirklichten Delikte, wobei das Gericht auf Grundlage der Strafzumessungsregeln eine Gesamtstrafe bildet. Eine Strafbarkeit wegen Wehrmittelsabotage besteht unabhängig davon, ob zusätzlich klassischer Verrat oder Spionage vorliegt.

Unterliegt Wehrmittelsabotage der besonderen Verfolgungsermächtigung?

Ja, Straftaten nach den §§ 109e ff. StGB unterliegen teilweise dem sogenannten Verfolgungsermessen der Bundesregierung (§ 153c StPO). Das bedeutet, eine Strafverfolgung kann unterbleiben, wenn überwiegende öffentliche Interessen – wie etwa diplomatische Rücksichten oder die Wahrung von Staatsgeheimnissen – entgegenstehen. Insbesondere bei Bezügen zum Ausland oder zu Alliierten kann diese Ermächtigung eine praktische Rolle bei der Aufnahme staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen spielen. Grundsätzlich gilt jedoch der Vorrang der Strafverfolgung zur Abwehr schwerwiegender Angriffe auf die Verteidigungskraft der Bundesrepublik.

Welche besonderen prozessualen Vorschriften gelten im Ermittlungsverfahren zu Wehrmittelsabotage?

Im Ermittlungsverfahren gelten für Wehrmittelsabotage erhebliche Besonderheiten: Die Zuständigkeit obliegt häufig Bundesbehörden, insbesondere dem Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof. Ermittlungen erfolgen in enger Zusammenarbeit mit den Nachrichtendiensten und der Militärischen Abwehr. Mobiltelefonüberwachung, Online-Durchsuchung, Telekommunikationsüberwachung und verdeckte Ermittlungen sind unter erleichterten Voraussetzungen zulässig. Der Schutz von Verschlusssachen hat Vorrang, weswegen Gerichtsverfahren häufig unter Ausschluss der Öffentlichkeit geführt oder abgebrochen werden, sofern die Offenlegung von Verteidigungsgeheimnissen droht.

Ist eine Strafverfolgung auch bei Versuchen oder Vorbereitungshandlungen möglich?

Ja, das Strafrecht stellt nicht nur die vollendete Wehrmittelsabotage, sondern auch schon den Versuch (§ 109f StGB) und in bestimmten Fällen die bloße Vorbereitung (§ 109g StGB) unter Strafe. Schon das Verschaffen oder Bereithalten von Werkzeugen und Plänen sowie Absprachen können ausreichen, um strafbar zu sein, sofern sie in erkennbarer Absicht zur Ausführung einer Wehrmittelsabotage erfolgen. Damit verfolgt das Gesetz einen Präventionsansatz, der darauf abzielt, bereits mögliche Gefährdungen der Funktionsfähigkeit deutscher Streitkräfte im Vorfeld zu unterbinden.

Gibt es für Whistleblower oder Hinweisgeber eine Möglichkeit auf Strafmilderung?

Das Strafrecht sieht in § 109f Abs. 2 StGB und § 46b StGB (Kronzeugenregelung) Strafmilderung oder auch das Absehen von Strafe vor, wenn der Täter freiwillig ernsthaft zur Abwendung der drohenden Gefahr beiträgt oder wesentlich zur Aufklärung der Tat oder deren Vermeidung nachträglich beiträgt. Diese Möglichkeit besteht jedoch nur, solange der Schaden noch abwendbar ist oder die Behörden durch die Informationen substanzielle Erkenntnisse zur Täteridentifikation oder Gefahrenabwehr gewinnen können. Zudem sind beamten- und dienstrechtliche Folgen für Whistleblower gesondert zu prüfen.