Begriff und Definition des Wechselregresses
Der Begriff Wechselregress beschreibt im Wechselrecht das Recht eines Wechselforderungsinhabers, sich im Falle der Nichtzahlung oder der Nichtannahme eines Wechsels an die vorangegangenen wechselmäßig haftenden Personen zu halten. Der Wechselregress ist geregelt im Wechselgesetz (WG), insbesondere in den §§ 44 ff. WG. Demnach dient der Wechselregress dazu, die Interessen des Wechselgläubigers im Fall einer Wechselprotestierung zu schützen und Rechtsklarheit hinsichtlich der Haftungskette zu gewährleisten.
Grundlagen und rechtliche Einordnung des Wechselregresses
Der Wechsel ist ein Wertpapier, das eine bedingungslose Zahlungsanweisung enthält. Am Geschäftsverkehr mit einem Wechsel können verschiedene Personen beteiligt sein, unter anderem Aussteller, Bezogener und Indossanten. Im Gegensatz zu vielen anderen Wertpapieren entstehen durch die Unterschrift auf dem Wechsel eigenständige, abstrakte Verpflichtungen. Kommt es zur Nichtzahlung am Fälligkeitstag oder zur Weigerung, den Wechsel anzunehmen (Nichtannahme), entsteht für den Wechselgläubiger ein Regressanspruch gegen die früheren wechselverpflichteten Personen.
Gesamtschuldnerische Haftung im Wechselrecht
Im deutschen Wechselrecht haften alle am Wechselgeschäft Beteiligten, insbesondere Aussteller, Indossanten und Akzeptant, gesamtschuldnerisch für die wechselforderung. Das ergibt sich aus § 47 Abs. 1 WG. Der Berechtigte kann bei Nichteinlösung des Wechsels frei wählen, gegen wen er vorgehen möchte. Die Haftung ist dabei eigenständig und unabhängig von anderen Verpflichtungen, sie entsteht aus der bloßen Unterschrift.
Voraussetzungen für den Wechselregress
Fälligkeit und Protest
Der Wechselgläubiger kann den Regress erst dann geltend machen, wenn der Wechsel bei Fälligkeit nicht eingelöst wird. Der Protest ist ein formaler Akt (§ 48 WG), der meist durch einen Notar beglaubigt ist und als Nachweis der Nichtzahlung oder Nichtannahme dient. Der Protest ist zwingend, wenn gegen die Indossanten oder den Aussteller Regress genommen werden soll, es sei denn, es wurden Protestverzichtserklärungen eingebracht (Klauseln wie „ohne Protest“ bzw. „sans frais“).
Rechtzeitige Vornahme des Protestes
Der Wechsel muss am Tag der Fälligkeit oder an einem der beiden nächsten Werktage vorgelegt werden (§ 38 WG). Ein Protest wegen Nichtannahme muss innerhalb der Präsentationsfrist, spätestens jedoch innerhalb von zwei Werktagen nach der Verweigerung erhoben werden. Fehler bei der Protesterhebung können zum Verlust der Regressansprüche gegen die indossierende Reihe und den Aussteller führen (§ 59 WG).
Umfang und Durchsetzung des Wechselregresses
Regressfähige Beträge
Im Falle des geltend gemachten Wechselregresses sehen die §§ 48, 52 WG vor, dass der letzte Wechselforderungsinhaber von den wechselverpflichteten Personen verlangen kann:
- Den Wechselbetrag (Nennwert des Papiers)
- Die gesetzlichen Verzugszinsen seit dem Fälligkeitstag
- Die notwendigen Unkosten des Wechselprotests und etwaiger Benachrichtigungen
- Eine Provision von bis zu einem Drittelprozent des Gesamtbetrags (für ausländische Wechsel)
Reihenfolge der Inanspruchnahme und Übergang der Rechte
Der Wechselgläubiger ist in seiner Auswahl frei, wen er in Anspruch nimmt (Aussteller, Indossanten, Akzeptant). Wer gezahlt hat, kann seinerseits gegen die weiteren rückwärtigen Wechselverpflichteten Regress nehmen (§ 59 WG). Mit Zahlung gehen sämtliche Rechte aus dem Wechsel und die zugehörigen Sicherheiten auf den Zahlenden über (Legalzession).
Rückgriffskette und Rückgriff mehrerer Beteiligter
Die Kette der Rückgriffsansprüche setzt sich soweit fort, bis der gesamte Wechselforderungsbetrag ausgeglichen ist. Jeder Indossant, der gezahlt hat, wird zum neuen Gläubiger bezüglich der nachfolgenden Indossanten und des Akzeptanten.
Ausschluss des Wechselregresses
Der Wechselregress kann ausgeschlossen werden, wenn der Protest nicht rechtzeitig oder nicht ordnungsgemäß erhoben wurde. Darüber hinaus kann der Wechselregress durch entsprechende Verzichtsklauseln („ohne Protest“, „sans frais“) ausgeschlossen werden. Der Bezogene (Akzeptant) und der Aussteller haften jedoch, auch bei Protestverzicht, auf die „Urverpflichtung“.
Verjährung der Wechselregressansprüche
Nach § 77 WG verjähren Wechselregressansprüche in folgenden Fristen:
- Gegen den Bezogenen (Akzeptanten): 3 Jahre ab Fälligkeit des Wechsels
- Gegen Indossanten und Aussteller: 1 Jahr ab Protest oder Fälligkeit (bei Protestverzicht)
Diese Fristen dienen der Rechtssicherheit im Wechselverkehr und begrenzen die Inanspruchnahme rückwärtiger Verpflichteter auf absehbare Zeiträume.
Internationale Aspekte des Wechselregresses
Im internationalen Handelsrecht finden sich im Genfer Wechselgesetz weitgehend übereinstimmende Regelungen zum Wechselregress. Unterschiede ergeben sich teilweise im Hinblick auf Formalien und Fristen (z. B. im anglo-amerikanischen Recht), jedoch ist das Grundprinzip der gesamtschuldnerischen Haftung und des Regresses im internationalen Wechselrecht weitgehend anerkannt.
Bedeutung des Wechselregresses im Wirtschaftsleben
Der Wechselregress gewährleistet die Fungibilität und Sicherheit des Wechsels als Zahlungsmittel im Handel. Durch die Möglichkeit, bei Ausfall sofort gegen alle vorangegangenen Unterschriftsleisten vorzugehen, wird das Wechselpapier für Banken und Unternehmen zu einem wichtigen Instrument der Liquiditätssicherung und Forderungsdurchsetzung.
Zusammenfassung:
Der Wechselregress ist ein zentrales Instrument des Wechselrechts, das dem Inhaber eines Wechsels im Falle der Nichtzahlung ein umfassendes Rückgriffsrecht gegen alle vorhergehenden Verpflichteten gibt. Die strengen Formalitäten und Fristen im Zusammenhang mit dem Protest und der Geltendmachung des Regressanspruchs haben eine hohe praktische Bedeutung für die Rechtssicherheit und Effizienz des nationalen und internationalen Handelsverkehrs.
Häufig gestellte Fragen
Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen für die Geltendmachung eines Wechselregresses erfüllt sein?
Für die Geltendmachung eines Wechselregresses müssen verschiedene rechtliche Voraussetzungen erfüllt sein. Zunächst muss der Anspruchsteller, oftmals ein Indossant oder Bezogener, im Rahmen des Wechsels als Beteiligter – etwa durch Indossament oder Akzept – auf dem Wechsel aufgeführt sein. Weiterhin setzt der Regressanspruch voraus, dass der Zahlungsanspruch gegen den Hauptschuldner (in der Regel der Bezogene im Falle eines gezogenen Wechsels) nicht erfüllt wurde, das heißt, dass der Wechsel nicht ordnungsgemäß eingelöst wurde. Ein weiteres zentrales Erfordernis ist die rechtzeitige Protesterhebung, sofern der Wechsel nicht fristgerecht eingelöst wurde (§ 45 WG – Wechselgesetz). Der Wechselgläubiger muss beweisen, dass dieser Protest, welcher in einer bestimmten, gesetzlich vorgeschriebenen Form zu erfolgen hat, innerhalb der vorgeschriebenen Fristen erfolgt ist. Abschließend ist es weiterhin erforderlich, dass der Regressanspruch innerhalb der gesetzlichen Fristen, insbesondere unter Beachtung der Verjährungsregelungen, geltend gemacht wird. Das Nichtbeachten einzelner Frist- oder Formvorschriften kann zu einem vollständigen Verlust des Regressanspruchs führen.
Gegen welche Personen kann der Wechselregress geltend gemacht werden?
Beim Wechselregress besteht das Recht, sich bei Nichterfüllung des Wechsels an bestimmte, im Wechselrecht genau definierte Personen zu halten. Dazu zählen insbesondere frühere Indossanten sowie der Aussteller eines Wechsels und der Bezogene (bei Akzeptleistung). Entscheidend bei der Haftungsreihenfolge ist die Stellung der jeweiligen Person auf dem Wechsel. Indossanten haften gesamtschuldnerisch nebeneinander – das bedeutet, der Wechselinhaber kann sich nach seiner Wahl an einen, mehrere oder alle rückwärtigen Beteiligten wenden, die vor dem konkreten Indossanten oder Aussteller unterschrieben haben. Der Wechselregress kann demnach gegen alle vorangehenden Indossanten, den Aussteller sowie den Akzeptanten geltend gemacht werden. Jeder in Anspruch Genommene kann im Anschluss wiederum seinerseits Regress gegen die hinter ihm stehenden Parteien nehmen. Es haftet also eine sogenannte Wechselkette, bis zurück zum Aussteller.
Welche Fristen sind beim Wechselregress zu beachten?
Die Fristen beim Wechselregress richten sich strikt nach den Vorschriften des Wechselgesetzes und müssen zwingend beachtet werden. Der sogenannte Protest (das amtliche Zeugnis der Weigerung, den Wechsel einzulösen oder zu akzeptieren) muss grundsätzlich spätestens am nächsten Werktag nach der Fälligkeit erhoben werden (§ 44 Abs. 1 WG). Wird der Protest nicht rechtzeitig oder nicht formgerecht erhoben, geht das Regressrecht verloren (§ 59 WG). Nach ordnungsgemäßer Protesterhebung sind weitere Fristen für die gerichtliche Geltendmachung zu beachten: Die Regressansprüche gegen den Aussteller und die Indossanten verjähren nach einem Jahr ab dem Tage, an dem der Protest erhoben wurde oder hätte erhoben werden müssen (§ 77 WG). Für akzessorische Klagen gegen andere Wechselverpflichtete gelten je nach Anspruchsgrundlage teils längere Fristen, insgesamt gilt jedoch, dass die Nichteinhaltung der gesetzlichen Fristen zur endgültigen Rechtsverlust des Regressanspruchs führt.
Welche Einreden oder Verteidigungsmöglichkeiten haben in Anspruch genommene Personen beim Wechselregress?
Im Wechselrecht gilt grundsätzlich eine strikte Wechselstrenge (Wechselstriktheit), wonach sogenannte persönliche Einwendungen grundsätzlich ausgeschlossen sind. In Anspruch genommene Personen – beispielsweise Indossanten oder Aussteller – können gegenüber dem Regressgläubiger (dem jeweiligen Wechselinhaber) daher nur sehr eingeschränkte Einreden erheben. Zulässig sind sogenannte „formelle“ oder „wechselmäßige“ Einwendungen, wie etwa das Fehlen einer notwendigen Unterschrift, Fehler im Protest oder die Nichteinhaltung wesentlicher Fristen. Persönliche Einreden, die sich aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis ergeben (zum Beispiel im Fall einer bereits erloschenen zugrundeliegenden Forderung), können in der Regel nur gegenüber dem unmittelbaren Vertragspartner, nicht aber gegenüber Dritten geltend gemacht werden. Einwendungen wie etwa Zahlung, Erlass oder Erlöschen der Schuld sind hingegen nur dann zu berücksichtigen, wenn sie zwischen den konkreten Parteien des Regresses bestehen.
Welche Regressforderungen können im Rahmen des Wechselregresses geltend gemacht werden?
Der Wechselregress umfasst rechtlich eine Vielzahl von Forderungsposten, die im Wechselgesetz ausdrücklich benannt werden. Neben der eigentlichen Wechselsumme (Nennbetrag des Wechsels) kann der Regressgläubiger auch die anfallenden Zinsen ab dem Fälligkeitstag, etwaige Protestkosten (Gebühren für die amtliche Protesterhebung) sowie die notwendigen Auslagen für die Benachrichtigung der anderen Wechselschuldner verlangen. Hinzu kommen gegebenenfalls Rückzahlungsbeträge aus bereits geleisteten Zahlungen. Darüber hinaus steht dem Gläubiger auch das Recht zu, eine sogenannte Provision (im Regelfall 1/3 Prozent der Wechselsumme) für sich geltend zu machen, sofern er den Wechsel diskontiert oder zum Inkasso eingelöst hat. All diese Einzelposten sind im § 48 WG und den zugehörigen Folgeparagraphen detailliert geregelt.
In welchen Fällen erlischt das Wechselregressrecht?
Das Wechselregressrecht kann in verschiedenen Konstellationen erlöschen. Hauptursache dafür ist regelmäßig die Nichteinhaltung gesetzlicher Fristen – insbesondere für die Protesterhebung und die Verjährung der Regressansprüche. Wird der Wechsel ohne berechtigten Grund nicht oder nicht rechtzeitig protestiert, verlieren alle rückwärtigen Parteien ihr Regressrecht. Ebenso kann das Regressrecht durch Zahlung der Wechselsumme durch einen der Verpflichteten erlöschen; in diesem Fall gehen gegebenenfalls die Rechte an den Zahlenden über (Legalzession). Schließlich führt ein freiwilliger Verzicht des Wechselinhabers auf den Wechselregress oder eine zwischen den Parteien individualrechtlich getroffene Abrede zum Erlöschen des Rechts. Auch formale Mängel im Wechsel oder im Protestverfahren können den Anspruch vereiteln.