Begriffserklärung und rechtliche Stellung des Wechselnehmers
Definition und rechtliche Einordnung
Der Begriff Wechselnehmer stammt aus dem Wechselrecht, welches im deutschen Recht im Wechselgesetz (WG) geregelt ist. Der Wechselnehmer ist diejenige Person oder Institution, zu deren Gunsten ein Wechsel (meist ein gezogener Wechsel oder auch Tratte genannt) ausgestellt wird. Der Wechselnehmer wird häufig auch als Bezogener oder Remittent bezeichnet. Die genaue rechtliche Stellung des Wechselnehmers ergibt sich insbesondere aus den §§ 1 ff. WG und den hierzu ergangenen Vorschriften.
Rolle im Wechselverhältnis
Beim gezogenen Wechsel (Tratte) stehen grundsätzlich drei Parteien im Zentralverhältnis:
- der Aussteller (Trassant),
- der Bezogene (Trassat)
- der Wechselnehmer (Remittent).
Der Wechselnehmer ist derjenige, dem durch die Ausstellung des Wechsels das Recht auf Zahlung der im Wechsel bezeichneten Summe verschafft wird. Im praktischen Regelfall ist dies der Empfänger der Zahlungsschuld, also derjenige, dem Geld überwiesen oder gezahlt werden soll.
Rechte und Pflichten des Wechselnehmers
Anspruch auf Zahlung
Der Wechselnehmer ist Inhaber eines bedingten Zahlungsanspruchs gegen den Bezogenen, sofern dieser den Wechsel annimmt (Akzept). Mit der Annahme verpflichtet sich der Bezogene, bei Fälligkeit die Wechselvaluta auszuzahlen. Bis zur Annahme bleibt der Wechselnehmer Gläubiger der im Wechsel verbrieften Forderung, kann aber bereits vor Fälligkeit, wenn der Wechsel gesetzeskonform übertragen wurde, Rechte daraus geltend machen.
Wechselrechtliche Maßnahmen
Je nach Sachlage stehen dem Wechselnehmer verschiedene Möglichkeiten offen:
- Vorlage zur Annahme: Der Wechselnehmer kann, muss aber nicht, vor Fälligkeit den gezogenen Wechsel dem Bezogenen zur Annahme vorlegen. Diese Annahme (Akzept) wird auf dem Wechsel vermerkt und erhöht die rechtliche Sicherheit.
- Vorlage zur Zahlung: Nach Erreichen der Wechselverfallzeit ist der Wechselnehmer zur Vorlage des Wechsels zur Zahlung verpflichtet.
- Regressrechte: Wird der Wechsel durch den Bezogenen nicht anerkannt oder später nicht bezahlt, stehen dem Wechselnehmer umfassende Regressrechte gegen die anderen an dem Wechsel Beteiligten (insbesondere Aussteller und Indossanten) zu (§§ 43 ff. WG).
Übertragungsfähigkeit und Schutz des Wechselnehmers
Das Wechselrecht sieht ausdrücklich die Übertragbarkeit des Wechsels durch Indossament vor (§§ 11-19 WG). Der Wechselnehmer kann daher ein legitimer Ersterwerber oder späterer Inhaber werden.
- Gutschriftkraft: Bei einem Inhaber- oder Orderpapier (was Wechsel in aller Regel sind) kommt dem Wechselnehmer besondere Schutzwürdigkeit zu. Bei gutgläubigem Erwerb wird ihm die Forderung auch dann zuerkannt, wenn in der Indossamentenkette Fehlerhaften bestanden.
- Einwendungsdurchgriff: Dennoch können dem Wechselnehmer Einwendungen entgegengehalten werden, die sich aus dem unmittelbaren Verhältnis mit dem Bezogenen ergeben, etwa wenn die Wechselgrundlage nicht besteht (§ 17 WG).
Besonderheiten bei Wechselarten
Solawechsel und Eigenwechsel
Im Fall des Eigenwechsels (Solawechsel) fungiert der Aussteller selbst als Bezogener; der Wechselnehmer wird in der Forderungsposition dagegen nicht anders gestellt als beim gezogenen Wechsel. Die verteidigten Rechte und Pflichten bleiben bestehen.
Wechselnehmer beim Blankowechsel
Beim Blankowechsel ist der Name des Wechselnehmers zunächst offen. Erst mit späterem Ausfüllen der fehlenden Angabe erlangt der letztendliche Empfänger seine Rechtsstellung als Wechselnehmer. Damit kommt es hierzu zu besonderer Bedeutung der formalen Anforderungen an die Wechselurkunde.
Wechselnehmer und Sicherungsfunktionen
Im unternehmerischen Geschäftsverkehr fungiert der Wechselnehmer häufig als Sicherheitnehmer im Rahmen von Kreditgeschäften. Durch das Indossament kann der Wechselnehmer den Wechsel als Kreditsicherheit an Dritte weitergeben oder selbst als Sicherheit gegenüber Kreditinstituten verwenden.
Rechtsfolgen bei Nichtannahme oder Nichtzahlung
Protest und Regress
Lehnt der Bezogene die Annahme oder Zahlung ab, ist es Sache des Wechselnehmers, einen Wechselprotest nach den §§ 44 ff. WG zu veranlassen. Dieser ist insbesondere notwendig, um die Regressrechte gegen die übrigen Verpflichteten zu erhalten. Wird kein Protest erhoben, können Rechte verloren gehen.
Verjährung der Ansprüche
Auch für den Wechselnehmer gelten die besonderen wechselrechtlichen Verjährungsregelungen (§§ 77 ff. WG). Der Anspruch gegen den Akzeptanten verjährt nach drei Jahren ab Fälligkeitstag, während Regressansprüche gegen Indossanten und Aussteller binnen eines Jahres geltend gemacht werden müssen.
Wechselnehmer im internationalen Wechselrecht
Das Wechselrecht ist international angeglichen durch das Genfer Wechselrechtsübereinkommen von 1930, dem auch die Bundesrepublik Deutschland beigetreten ist. Im internationalen Geschäftsverkehr rekurrieren daher die Rechte und Pflichten des Wechselnehmers auch auf die jeweiligen internationalen Vorschriften sowie auf die Bestimmungen zur Geltendmachung im Ausland.
Zusammenfassung:
Der Wechselnehmer ist eine zentrale Person des Wechselrechts, dem durch den Wechsel ein Zahlungsanspruch eingeräumt wird. Seine Rechte und Pflichten bestimmen sich wesentlich nach dem Wechselgesetz und umfassen die Annahme, Übertragung sowie den Schutz der Forderung und insbesondere die Durchsetzung der Zahlung. Insbesondere im Falle der Nichterfüllung sichern Protest und Regressrechte sowie die Einbindung in das internationale Wechselrecht seine Rechtsstellung umfassend ab.
Häufig gestellte Fragen
Wer ist rechtlich als Wechselnehmer berechtigt, Rechte aus dem Wechsel geltend zu machen?
Der Wechselnehmer ist im rechtlichen Sinne die Person, die durch Indossament – also durch eine übertragende Unterschrift auf der Rückseite des Wechsels – oder durch ein anderes legitimes Übertragungsverfahren zum rechtmäßigen Inhaber des Wechsels wird. Er erlangt mit dem Besitz des Wechsels grundsätzlich alle mit diesem Wertpapier verbundenen Rechte, insbesondere das Recht, Zahlung der darauf ausgewiesenen Geldsumme zum vereinbarten Zeitpunkt zu verlangen. Voraussetzung ist, dass das Indossament ununterbrochen und ordnungsgemäß erfolgt ist, also jeder Übertragende auf dem Wechsel genannt und der Wechsel stichhaltig übergeben wurde. Eine Ausnahme gilt für den sogenannten „Inhaberwechsel“, der wie ein Inhaberpapier übertragen werden kann. Das Wechselgesetz (§ 14 WG) regelt detailliert, wie Indossamente erfolgen müssen und welche Nachweise im Streitfall zu erbringen sind. Der Wechselnehmer darf seine Ansprüche gerichtlich durchsetzen und ist primär für die Ausübung von Wechselrechten und -pflichten zuständig.
Welche Rechte stehen dem Wechselnehmer im Falle der Nichtzahlung zu?
Kommt es zur Nichtzahlung (Protest), stehen dem Wechselnehmer mehrere gesetzlich normierte Rechte zu. Er kann auf die Zahlungssumme nebst Zinsen, Wechselprovision und etwaigen Schadensersatz direkt klagen (§§ 48 ff. WG). Der Wechselnehmer hat insbesondere nach erfolglosem Protest das Recht, alle vorherigen Unterzeichner (Aussteller, Indossanten, Bezogener) gesamtschuldnerisch auf Zahlung in Anspruch zu nehmen. Zur Wahrung dieser Rechte muss der Wechselnehmer den Protest wegen Nichtzahlung oder gegebenenfalls wegen Nichtannahme fristgerecht erheben lassen. Versäumnisse im Protestverfahren können zum Verlust der Rückgriffsmöglichkeiten führen. Darüber hinaus kann der Wechselnehmer mit Zustimmung des Gerichtes Sicherheiten verlangen, und es stehen ihm Beschleunigungen im gerichtlichen Mahnverfahren zu. Schließlich kann er auch im Wechselprozess klagen, wobei für den Wechselprozess ein besonderes, beschleunigtes Verfahren gilt.
Unter welchen Voraussetzungen verliert der Wechselnehmer seine Rechte aus dem Wechsel?
Die Rechte des Wechselnehmers können insbesondere dann erlöschen, wenn er formale Anforderungen missachtet. Dazu gehört die Pflicht, den Protest fristgerecht zu erheben, falls nicht gezahlt oder angenommen wird – meist innerhalb von zwei Werktagen nach Fälligkeit (§ 44 WG). Erfolgt der Protest nicht ordnungsgemäß, verliert der Wechselnehmer seine Rückgriffsrechte gegen Indossanten sowie den Aussteller und sonstige Wechselverpflichtete, mit Ausnahme des Hauptschuldners (Bezogener). Weitere Gründe für den Verlust der Rechte können sein: eine ununterbrochene Indossamentkette liegt nicht vor, der Wechsel wurde nicht ordnungsgemäß übertragen, oder es besteht ein rechtlicher Einwand wie beispielsweise eine bereits erfolgte Zahlung oder Erlass der Forderung. Auch grobe Pflichtverletzungen, wie etwa eine missbräuchliche Weitergabe des Wechsels oder Manipulationen am Papier, können zum Rechteverlust führen.
Welche formellen Anforderungen muss der Wechselnehmer bei Ausübung seiner Ansprüche beachten?
Um seine Rechte durchzusetzen, muss der Wechselnehmer auf die Einhaltung strikter Formvorschriften achten. Dies beginnt mit der lückenlosen Indossamentkette, die über eine fortlaufende Übertragungsreihenfolge nachweisbar sein muss. Im Fall der Nichterfüllung sind relevante Fristen einzuhalten – insbesondere für den Protest und die Anzeige an den Vorindossanten. Der Wechselnehmer muss den Originalwechsel im gerichtlichen Verfahren vorlegen und, falls gefordert, seine Legitimation nachweisen. Besondere Aufmerksamkeit gilt im Wechselprozess: Hier besteht etwa kein Anwaltszwang in der ersten Instanz, und es gelten kürzere Beweisaufnahme- und Erwiderungsfristen. Zudem sollte der Wechselnehmer alle internen Absprachen und Nebenabreden nicht auf den Wechsel selbst vermerken, da der Wechsel ein abstraktes Schuldversprechen ist.
Kann sich der Bezogene (Schuldner) dem Anspruch des Wechselnehmers mit persönlichen Einwendungen widersetzen?
Grundsätzlich kann sich der Bezogene dem Anspruch des Wechselnehmers nicht mit persönlichen Einwendungen widersetzen, die vorzugsweise aus dem Deckungsverhältnis (zum Beispiel ein zugrunde liegendes Waren- oder Dienstleistungsgeschäft) herrühren, sofern der Wechselnehmer ein rechtmäßiger Inhaber ist und seine Legitimation auf einer lückenlosen Indossamentkette beruht (§ 17 WG). Im deutschen Wechselrecht ist der grundsätzliche Schutz des gutgläubigen Wechselnehmers in § 16 WG geregelt, wodurch Einwendungen gegen frühere Erwerbsvorgänge ausgeschlossen sind. Jedoch stehen dem Bezogenen Einwendungen zu, die direkt auf das Wechselverhältnis selbst zielen, etwa Unterschriftenfälschung, fehlende Geschäftsfähigkeit oder formelle Mängel am Papier.
Welche Pflichten treffen den Wechselnehmer im Insolvenzfall eines Wechselverpflichteten?
Im Insolvenzfall eines Wechselverpflichteten (z. B. des Bezogenen oder Ausstellers) ist der Wechselnehmer verpflichtet, seine Forderung fristgerecht zur Insolvenztabelle anzumelden. Ist der Wechsel protestiert worden, kann sich der Wechselnehmer bei mehreren haftenden Personen schadlos halten, muss hierbei jedoch Rücksicht auf die Masse und Rangfolge der Gläubiger nehmen. Zudem ist er verpflichtet, dem Insolvenzverwalter den Wechsel vorzulegen und ihm eventuelle Rechte oder Abtretungen offenzulegen. Die Anmeldung der Forderung aus dem Wechsel muss sämtliche Beweismittel und Nachweise umfassen, um eine fehlerhafte oder verspätete Anmeldung mit Rechtsverlust zu vermeiden. Besonderheiten ergeben sich zudem, wenn Wechselverpflichtete miteinander in einem Rückgriffsverhältnis stehen, da dann spezielle Verrechnungsverbote zu erfüllen sind.
Welche Besonderheiten gelten für den gutgläubigen Erwerb des Wechsels durch den Wechselnehmer?
Der gutgläubige Erwerb eines Wechsels durch den Wechselnehmer ist im deutschen Wechselrecht umfassend geschützt. Wenn der Wechselnehmer den Wechsel im guten Glauben und gegen Entgelt (also als echter Erwerber) erhält, erwirbt er ihn frei von Einwendungen, die gegen einen früheren Inhaber bestanden haben (§ 16 WG). Ausgenommen hiervon bleiben Einreden aus dem persönlichen Verhältnis des Bezogenen gegenüber dem aktuellen Inhaber, sofern dieser bei Erwerb des Wechsels bösgläubig war. Der gutgläubige Erwerber profitiert von einem erhöhten Verkehrsschutz, sodass etwa unberechtigte Indossamente oder Einwendungen aus vorangegangenen Rechtsbeziehungen nicht gegen ihn geltend gemacht werden können. Der Wechselnehmer muss hierfür nachweisen, dass er nicht wusste und nach den Umständen nicht wissen musste, dass ein rechtliches Hindernis dem Rechtserwerb entgegenstand.