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Warranties


Begriff und rechtliche Einordnung von Warranties

Der Begriff Warranties (deutsch: Garantien oder Zusicherungen) ist ein zentraler Begriff des Schuldrechts, der insbesondere im internationalen Handelsrecht und im Common Law eine bedeutende Rolle spielt. Warranties sind vertragliche Zusicherungen oder Gewährleistungen, die eine Partei einer anderen im Rahmen eines Vertrags gibt. Sie dienen dazu, bestimmte Eigenschaften, Zustände oder Umstände eines Vertragsgegenstandes oder der Vertragsparteien selbst zu gewährleisten. Warranties sind sowohl im Zivilrecht als auch im Handelsrecht relevant und unterscheiden sich in wesentlichen Punkten von anderen rechtlichen Zusicherungen wie Representations, Covenants und Conditions.

Rechtssystematische Grundlagen von Warranties

Warranties im Common Law

Im Rechtskreis des Common Law, insbesondere in den Vereinigten Staaten, Großbritannien, Australien und Kanada, bezeichnet „Warranty“ eine vertragliche oder gesetzliche Nebenverpflichtung, welche keine Bedingung („Condition“) im Sinne des Vertragsrechts darstellt. Die Verletzung einer Warranty begründet in der Regel einen Anspruch auf Schadensersatz, führt jedoch im Gegensatz zur Verletzung einer Condition nicht zur Vertragsaufhebung oder Rückabwicklung (Rescission).

Im englischen Vertragsrecht wird zwischen zwei wesentlichen Vertragspflichten unterschieden:

  • Conditions: Zentrale Vertragspflichten, deren Verletzung („Breach of Condition“) das Rücktrittsrecht („Right of Termination“) begründen kann.
  • Warranties: Nebenpflichten, deren Verletzung regelmäßig eine Schadensersatzpflicht, jedoch kein Rücktrittsrecht, nach sich zieht.

Warranties im deutschen Recht

Im deutschen Recht existiert kein exakter terminologischer Gegenbegriff zu „Warranty“. Die Begriffe „Garantie“ oder „Gewährleistung“ werden verwendet, sind jedoch inhaltlich abzugrenzen:

  • Gewährleistung regelt die gesetzlichen Rechte des Käufers bei Mängeln an der Kaufsache gemäß §§ 434 ff. BGB.
  • Garantie ist eine freiwillige, zusätzliche Leistung des Verkäufers oder des Herstellers, die über die gesetzliche Gewährleistung hinausgeht (§ 443 BGB).

Im Rahmen internationaler Verträge oder bei der Verwendung englischsprachiger Vertragsmuster sind die Begriffe möglichst präzise zu klären, um Missverständnisse und unterschiedliche Rechtsfolgen zu vermeiden.

Arten und Ausgestaltung von Warranties

Vertragliche Warranties

Vertragliche Warranties werden regelmäßig in Verträgen explizit vereinbart. Sie können sich auf verschiedenste Aspekte beziehen, beispielsweise:

  • Rechtsmängelfreiheit (no encumbrances)
  • Übereinstimmung mit Spezifikationen
  • Bestand von Rechten und Lizenzen
  • Richtigkeit von Bilanzen
  • Einhaltung von steuerlichen und regulatorischen Pflichten

Im Rahmen von Unternehmenskaufverträgen („Share Purchase Agreements“) und Asset Deals sind Warranties von besonderer Bedeutung. Hier stellen sie ein wesentliches Instrument zur Risikoverteilung zwischen den Vertragsparteien dar.

Gesetzliche Warranties

Neben vertraglichen Warranties bestehen in vielen Rechtssystemen gesetzliche Garantien. Beispiele finden sich im Verbraucherschutzrecht, wo bestimmte Qualitäts- und Funktionsgarantien vorgeschrieben sind. Im deutschen Recht entspricht dies etwa der gesetzlichen Mängelhaftung nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch.

Unterschied zwischen Warranties, Representations und Covenants

  • Warranties: Versichern bestimmte Eigenschaften und begründen Ansprüche auf Schadensersatz im Fall der Unrichtigkeit.
  • Representations: Sind vorvertragliche Zusicherungen; deren Unrichtigkeit kann zu Anfechtungsrechten oder Rückabwicklung führen.
  • Covenants: Verpflichten zur zukünftigen Handlung oder Unterlassung.

Dieser Unterschied ist besonders in internationalen Verträgen von Bedeutung, da die Auswahl der Begriffe unterschiedliche Rechtsfolgen auslöst.

Rechtsfolgen der Verletzung von Warranties

Schadensersatz

Bei Verletzung einer Warranty besteht in der Regel ein Anspruch auf Schadensersatz. Das Ziel ist, die benachteiligte Partei so zu stellen, wie sie stünde, wenn die Warranty korrekt gewesen wäre.

Haftungsbegrenzung und Geltendmachung

In der Praxis werden Warranties häufig durch sogenannte „Disclosures“ eingeschränkt. Dabei werden dem Käufer bestimmte bekannte Risiken offengelegt, für die keine Haftung übernommen wird. Darüber hinaus werden Haftungsgrenzen („Caps“), Mindestschwellen („De Minimis“) und Ausschlussfristen („Time Limits“) vereinbart. Diese Begrenzungen dienen der Risikominimierung und Planungssicherheit für beide Vertragsparteien.

Rücktritt und Vertragsaufhebung

Die Verletzung einer Warranty berechtigt nur ausnahmsweise zum Rücktritt vom Vertrag. Die Möglichkeit des Rücktritts besteht meist nur bei der Verletzung von Conditions oder bei wesentlichen Vertragspflichtverletzungen („Material Breach“).

Praktische Bedeutung und Einsatzgebiete von Warranties

Unternehmenskauf und M&A-Transaktionen

Warranties spielen im Rahmen von Unternehmensübernahmen und Fusionen eine herausragende Rolle. Sie dienen dazu, verborgene Risiken aufzudecken und die Verantwortlichkeit für bestimmte Sachverhalte klar zuweisen zu können. Typische Warranties betreffen Unternehmenszahlen, Verbindlichkeiten, Vertragsbeziehungen, Rechtsstreitigkeiten und Compliance-Themen.

Kaufrecht

Im Kaufrecht, insbesondere im Handelsverkehr, sichern Warranties die Eigenschaften des Kaufgegenstands ab. Im internationalen Warenkauf nach UN-Kaufrecht (CISG) orientiert sich das System eher an der deutschen Gewährleistung, verwendet jedoch ebenfalls Begrifflichkeiten von Warranties.

Projektrecht und Vertriebsverträge

Auch in projektbezogenen Verträgen wie Bauverträgen, Lizenzverträgen oder Vertriebsvereinbarungen werden regelmäßig Warranties vereinbart, um bestimmte Leistungs- oder Zustandsmerkmale zuzusichern.

Zusammenfassung

Warranties sind rechtlich relevante Zusicherungen im Vertragsrecht, die insbesondere im internationalen Wirtschaftsverkehr eine zentrale Rolle einnehmen. Sie unterscheiden sich von anderen Vertragspflichten durch den begrenzten Rechtsfolgenkanon und dienen der Risikoverteilung und Transparenz im Vertragsschluss. Die genaue Definition und rechtliche Ausgestaltung hängt maßgeblich vom jeweiligen Rechtssystem ab, weshalb eine sorgfältige Vertragsgestaltung und Begriffsbestimmung geboten ist.

Literaturhinweise

  • Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, aktuelle Auflage (Kommentierung zu § 443 BGB)
  • Müller, Gewährleistung und Garantie im Kaufrecht, NJW 2017, 1642
  • Duden, Rechtswörterbuch, Stichwort „Garantie“
  • Benjamin’s Sale of Goods, 10. Edition (englisches Recht)
  • Schwenzer/Hachem/Kee, Global Sales and Contract Law, 2. Auflage

Häufig gestellte Fragen

Welche Ansprüche bestehen bei einer Verletzung von Warranties?

Wird eine Warranty, also eine vertraglich vereinbarte Zusicherung oder Garantie, verletzt, stehen dem Vertragspartner in der Regel Schadensersatzansprüche zu. Im Unterschied zu sogenannten „Conditions“ berechtigt eine Verletzung einer Warranty jedoch in der Regel nicht zur Vertragsaufhebung, sondern beschränkt sich auf einen Ausgleich des entstandenen Schadens. Der geschädigte Vertragspartner muss darlegen und beweisen, dass ihm durch die Verletzung der Warranty ein konkreter Schaden entstanden ist. Die Höhe des Schadensersatzes bemisst sich dabei nach dem sogenannten „Expectation Damages“-Prinzip: Der Anspruchsteller wird so gestellt, als wäre der Vertrag ordnungsgemäß erfüllt worden. Zu beachten ist, dass häufig vertragliche Haftungsbegrenzungen greifen, und die Haftung für indirekte Schäden vertraglich ausgeschlossen werden kann. Auch Verjährungsfristen für Warranty-Ansprüche sind regelmäßig vertraglich geregelt und können kürzer als die gesetzliche Verjährungsfrist ausfallen.

In welchem Verhältnis stehen Warranties zu den gesetzlichen Gewährleistungsrechten?

Warranties sind rein vertragliche Zusicherungen und stehen deshalb grundsätzlich neben den gesetzlichen Gewährleistungsrechten. Während gesetzliche Gewährleistungsrechte, etwa im Kaufrecht nach § 437 BGB, bei Sach- oder Rechtsmängeln greifen und zwingendes Recht darstellen, basieren Warranties auf einer individuellen Abrede zwischen den Vertragsparteien. In internationalen Vertragswerken, insbesondere im anglo-amerikanischen Rechtsraum, haben Warranties eine größere Bedeutung als im deutschen Recht, weil sie spezifische Risiken durch individuell zugeschnittene Regelungen abdecken können. Häufig werden im Vertrag darüber hinaus die gesetzlichen Gewährleistungsrechte durch sogenannte „Entire Agreement“ oder „Exclusion Clauses“ ausgeschlossen oder eingeschränkt, so dass die vertraglichen Warranties die einzige Anspruchsgrundlage darstellen können.

Welche Unterschiede bestehen zwischen „Warranties“ und „Representations“?

„Warranties“ und „Representations“ sind beides vertragliche Zusicherungen, unterscheiden sich aber grundlegende im Haftungsumfang und der rechtlichen Behandlung. Eine „Representation“ ist im anglo-amerikanischen Recht eine Tatsachenbehauptung, die eine Partei vor Vertragsschluss macht. Wird sie falsch oder irreführend abgegeben, kann sie zu vorvertraglicher Haftung (Misrepresentation) und sogar zur Anfechtung des Vertrages berechtigen. Demgegenüber stellen „Warranties“ eigenständige Zusicherungen im Vertrag dar, deren Verletzung zum Anspruch auf Schadensersatz, jedoch nicht zur Anfechtung oder für gewöhnlich zur Vertragsaufhebung berechtigt. In Verträgen, insbesondere in englischsprachigen, ist daher genau darauf zu achten, wie und mit welchen Rechtsfolgen einzelne Zusicherungen formuliert werden.

Wie werden Warranties in M&A-Verträgen geregelt?

In M&A-Transaktionen (Mergers & Acquisitions) nehmen Warranties eine zentrale Rolle ein. Der Verkäufer gibt eine Vielzahl von Warranties, etwa zur Korrektheit von Jahresabschlüssen, zur ordnungsgemäßen Steuerschuld oder zum Bestehen wesentlicher Verträge. Ziel der Warranties ist es, dem Käufer möglichst umfassenden Schutz vor bislang unbekannten Risiken zu bieten. Umfang, Inhalt und Dauer der Warranties werden individuell ausgehandelt: Üblich ist eine spezifische Aufzählung aller relevanten Themen, wobei für bestimmte Warranties (z.B. Steuer- oder Umweltwarranties) verlängerte Haftungsfristen vereinbart werden können. Häufig werden in M&A-Verträgen auch Haftungsobergrenzen („Caps“) oder Bagatellgrenzen („Thresholds“) für Ansprüche aus Warranties festgelegt, um die Haftung der Verkäuferseite kalkulierbar zu machen.

Können Warranties ausgeschlossen oder eingeschränkt werden?

Grundsätzlich steht es den Vertragsparteien frei, Warranties ganz oder teilweise auszuschließen oder inhaltlich zu beschränken. Insbesondere im unternehmerischen Verkehr schreiben weder deutsches noch internationales Vertragsrecht zwingende Mindeststandards für Warranties vor. Allerdings können allgemeine Beschränkungen durch das AGB-Recht (§§ 305 ff. BGB) unwirksam sein, wenn sie überraschend, unangemessen benachteiligend oder intransparent sind. Ferner bleibt die Haftung für Vorsatz oder arglistige Täuschung in der Regel unberührt; vertragliche Haftungsausschlüsse greifen bei vorsätzlichem Handeln regelmäßig nicht (§ 276 Abs. 3 BGB). Bei Verbraucherverträgen sind Ausschlüsse zudem häufig gesetzlich eingeschränkt.

Welche Bedeutung haben Knowledge Qualifiers bei Warranties?

Im Zusammenhang mit Warranties sind sogenannte „Knowledge Qualifiers“ weit verbreitet. Dabei wird der Umfang einer Warranty an das tatsächliche oder hypothetische Wissen („Knowledge“) des Verkäufers oder einer anderen Person geknüpft. In der Praxis bedeutet dies, dass eine Warranty nicht absolut, sondern nur im Rahmen des dem Verkäufer zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bekannten oder fahrlässig unbekannten Umstands gilt. Der genaue Maßstab („actual knowledge“, „constructive knowledge“, „best knowledge“) sollte im Vertrag präzise definiert werden. Dies hat erhebliche Auswirkungen auf die Durchsetzbarkeit von Ansprüchen, da der Käufer im Streitfall substantiiert darlegen muss, dass die im Kenntnisbereich liegende Tatsache dem Verkäufer bekannt war oder hätte bekannt sein müssen.

Wie lange können Ansprüche aus Warranties geltend gemacht werden?

Die Geltendmachung von Ansprüchen aus Warranties ist in der Regel durch vertraglich vereinbarte Fristen beschränkt. Diese Haftungsfristen variieren stark je nach Vertragsgegenstand und individuellem Verhandlungsergebnis. Während für allgemeine Warranties oftmals Fristen zwischen 12 und 24 Monaten ab Vertragsschluss vereinbart werden, können für spezielle Warranties – etwa bezüglich Steuern oder Umwelt – deutlich längere Fristen, von bis zu fünf oder gar sieben Jahren, einzeln geregelt sein. Sofern keine gesonderte Vereinbarung getroffen wurde, gelten die allgemeinen gesetzlichen Verjährungsfristen, etwa drei Jahre ab Kenntnis des Anspruchs nach § 195, § 199 BGB. Zu beachten ist außerdem, dass Fristbeginn und Ablauf exakt definiert werden sollten, um Streitigkeiten vorzubeugen.

Was ist beim internationalen Einsatz von Warranties zu beachten?

Beim Einsatz von Warranties in grenzüberschreitenden Verträgen ist besonders die Rechtswahl und die Anpassung an das jeweilige nationale Recht von großer Bedeutung. Länder wie Großbritannien, die USA oder andere Common-Law-Länder kennen einen anderen Begriffsumfang und eine andere Rechtsfolge der Warranty als das deutsche oder kontinentaleuropäische Recht. Insbesondere besteht im anglo-amerikanischen Recht eine klare Unterscheidung zwischen „Representations“, „Warranties“ und „Indemnities“. Auch die Frage der Durchsetzbarkeit, etwa vor Gerichten im Heimatland einer der Vertragsparteien, richtet sich nach dem gewählten Recht und Gerichtsstand. Vertragsparteien sollten daher anwaltlichen Rat einholen, um zu klären, welche rechtlichen Wirkungen die vereinbarten Warranties im jeweiligen Vertragskontext tatsächlich entfalten.