Legal Lexikon

Wahlschein


Rechtliche Grundlagen des Wahlscheins

Definition und Bedeutung des Wahlscheins

Der Wahlschein ist ein amtliches Dokument, das Wahlberechtigten ausgestellt wird, um ihnen die Ausübung des Wahlrechts außerhalb des eigenen Wahlbezirks zu ermöglichen. Im deutschen Wahlrecht spielt der Wahlschein eine zentrale Rolle im Zusammenhang mit der Briefwahl sowie bei der Stimmabgabe in fremden Wahllokalen. Das Ziel ist es, die Ausübung des Wahlrechts auch für Personen sicherzustellen, die am Wahltag ortsabwesend oder aus anderen Gründen verhindert sind, ihr zugewiesenes Wahllokal aufzusuchen.

Gesetzliche Regelungen des Wahlscheins

Bundes- und Landesrechtliche Grundlagen

Die Vergabe, Nutzung und rechtlichen Anforderungen an den Wahlschein sind in verschiedenen Wahlgesetzen und -verordnungen geregelt. Im Rahmen der Bundestagswahlen ist § 27 des Bundeswahlgesetzes (BWG) sowie die Bundeswahlordnung (BWO), insbesondere § 13 ff., maßgeblich. Für Landtags-, Kommunal- und Europawahlen existieren jeweils analoge Regelungen in den entsprechenden Gesetzen und Verordnungen.

Voraussetzungen für die Ausstellung eines Wahlscheins

Ein Wahlschein wird in folgenden Hauptfällen ausgestellt:

  • Der Wahlberechtigte hält sich am Wahltag außerhalb seines Wahlbezirks auf (z. B. Urlaub, Dienstreisen, Umzug).
  • Es liegt eine körperliche Beeinträchtigung oder Erkrankung vor, die die persönliche Stimmabgabe im Wahllokal verhindert.
  • Es bestehen sonstige gewichtige Gründe (z. B. Altersgründe, plötzliche Verhinderung).

Für die Ausstellung eines Wahlscheins ist ein rechtzeitiger Antrag bei der zuständigen Gemeindebehörde erforderlich. Gesetzlich geregelt ist, dass der Antrag spätestens bis zum Freitag vor dem Wahltag, 18:00 Uhr, gestellt werden kann (§ 27 Abs. 1 BWG).

Funktion und Verwendung des Wahlscheins

Stimmabgabe per Briefwahl

Mit dem Wahlschein erhält die wahlberechtigte Person das Recht, per Briefwahl an der betreffenden Wahl teilzunehmen (§ 36 BWG). Dem Wahlschein sind die erforderlichen Briefwahlunterlagen beizufügen, darunter amtlicher Stimmzettel und Umschlag. Nach den gesetzlichen Vorgaben ist der ausgefüllte Stimmzettel im verschlossenen Umschlag und zusammen mit dem unterschriebenen Wahlschein an die auf dem Wahlschein angegebene Adresse der Wahlbehörde zurückzusenden.

Stimmabgabe in fremden Wahllokalen

Wahlberechtigte, denen ein Wahlschein ausgestellt wurde, sind zur Stimmabgabe in einem beliebigen Wahllokal innerhalb des Wahlkreises berechtigt. Der Wahlschein ist als Nachweis über die Wahlberechtigung dem Wahlvorstand vorzulegen. Eine Doppelstimmabgabe ist ausgeschlossen; bei Vorlage eines Wahlscheins entfällt die Stimmabgabe anhand des Wählerverzeichnisses im ursprünglichen Wahlbezirk.

Form des Wahlscheins und Inhalt

Der Wahlschein wird zumeist als fälschungssichiges, amtliches Formular ausgestellt. Er enthält mindestens folgende Angaben:

  • Name, Geburtsdatum und Anschrift des Wahlberechtigten
  • Bezeichnung der Wahl und des Wahltermins
  • Ausstellende Gemeinde/Stelle
  • Wahlscheinnummer und gegebenenfalls maschinenlesbarer Code
  • Unterschrift oder Authentifizierung durch die ausstellende Behörde
  • Belehrung zur Stimmabgabe

Die Einzelheiten zur Gestaltung und zu Sicherheitsmerkmalen regeln die jeweiligen Wahlordnungen.

Rechtsfolgen und strafrechtliche Aspekte beim Wahlschein

Betrug und Missbrauch

Das Wahlrecht zählt zu den elementaren politischen Grundrechten. Die Manipulation oder der Missbrauch eines Wahlscheins ist strafbar. § 107a Strafgesetzbuch (StGB) stellt insbesondere den Wahlbetrug, wie die unbefugte Beantragung oder Vorlage eines Wahlscheins, unter Strafe. Die unrechtmäßige Entwendung, Weitergabe oder Nutzung von Wahlscheinen kann je nach Ausprägung auch den Tatbestand der Urkundenfälschung (§ 267 StGB) erfüllen.

Verlust und Ungültigkeit des Wahlscheins

Verliert der Wahlberechtigte seinen Wahlschein, kann bei rechtzeitiger Antragstellung ein Ersatzwahlschein beantragt werden. Bei mehrfacher Beantragung oder bekannt gewordenen Unregelmäßigkeiten erlischt die Wahlberechtigung über den Wahlschein zur Verhinderung von Missbrauch. Nicht ordnungsgemäß ausgefüllte oder offenbar gefälschte Wahlscheine sind ungültig und berechtigen nicht zur Stimmabgabe.

Praktische Hinweise und Verfahrensfragen

Antragstellung und Fristen

Der Wahlscheinantrag kann schriftlich, mündlich oder – sofern angeboten – elektronisch (z. B. per Onlineformular oder E-Mail) gestellt werden. Eine telefonische Antragstellung ist ausgeschlossen. Nach Fristablauf ist die Beantragung nur noch möglich, wenn eine plötzliche Erkrankung glaubhaft gemacht werden kann, die eine persönliche Stimmabgabe unmöglich macht.

Zustellung und Rückgabe der Wahlunterlagen

Die Zustellung des Wahlscheins und der Briefwahlunterlagen erfolgt in der Regel per Post. Die Rücksendung ausgefüllter Unterlagen muss spätestens am Wahltag zur angegebenen Uhrzeit bei der zuständigen Stelle eingegangen sein, um Berücksichtigung zu finden.

Bedeutung des Wahlscheins im Rahmen der Wahlgrundsätze

Der Wahlschein leistet einen bedeutenden Beitrag zur praktischen Umsetzung der im Grundgesetz verankerten Wahlgrundsätze, insbesondere der Allgemeinheit, Freiheit und Geheimheit der Wahl (Art. 38 GG). Er gewährleistet die Teilhabe am Wahlprozess auch bei Abwesenheit vom Wohnsitz und reduziert die Gefahr der Stimmenthaltung aus pragmatischen Gründen.

Zusammenfassung

Der Wahlschein ist ein zentrales Instrument des deutschen Wahlrechts, das die Wahrnehmung des Wahlrechts flexibel und diskriminierungsfrei ermöglicht. Seine rechtliche Ausgestaltung und Administration sind detailliert im Bundeswahlgesetz und den Wahlordnungen geregelt. Die sachgerechte Handhabung des Wahlscheins trägt wesentlich zur Integrität und Legitimität demokratischer Wahlen bei und sichert zugleich den Grundsatz der allgemeinen Wahl. Zuwiderhandlungen gegen die rechtlichen Vorschriften zum Wahlschein werden mit empfindlichen strafrechtlichen Konsequenzen geahndet.

Häufig gestellte Fragen

Wer ist berechtigt, einen Wahlschein zu beantragen?

Grundsätzlich ist jede wahlberechtigte Person, die am Wahltag nicht in ihrem zugeordneten Wahllokal durch persönliche Stimmabgabe wählen kann, rechtlich dazu berechtigt, einen Wahlschein zu beantragen. Dies ist insbesondere relevant für Personen, die sich während der Wahl nicht in ihrem Wahlbezirk aufhalten, etwa wegen Ortsabwesenheit, Krankheit, körperlicher Beeinträchtigung oder beruflicher Verpflichtungen. Der Antrag auf einen Wahlschein ist im Regelfall schriftlich, elektronisch (sofern von der jeweiligen Wahlbehörde zugelassen) oder persönlich zu stellen. Der konkrete Berechtigtenkreis ergibt sich vorrangig aus den jeweiligen Wahlgesetzen, wie etwa § 24 des Bundeswahlgesetzes (BWG) für Bundestagswahlen, die entsprechende Vorschriften für Landtags-, Kommunal- oder Europawahlen enthalten ähnliche Regelungen.

In welchem Zeitraum kann ein Wahlschein beantragt werden?

Der Antrag auf Ausstellung eines Wahlscheins ist an Fristen gebunden, deren genaue Bestimmung im jeweiligen Wahlgesetz geregelt ist. Im Falle der Bundestagswahl ist die Beantragung eines Wahlscheins regelmäßig bis spätestens zum zweiten Tag vor der Wahl, 18:00 Uhr, möglich (§ 27 Absatz 1 Bundeswahlordnung). Für besonders gelagerte Ausnahmefälle, beispielsweise bei nachweislich plötzlich auftretender Krankheit, kann ein Wahlschein noch bis 15:00 Uhr am Wahltag beantragt werden, sofern die Hinderungsgründe erst nach Ablauf der regulären Antragsfrist eingetreten sind. Die Details hierzu bestimmen das Bundes- oder Landeswahlrecht sowie die jeweiligen Kommunalverordnungen.

Welche Angaben sind für die Beantragung eines Wahlscheins erforderlich?

Im Rahmen des Wahlscheinantrags sind bestimmte Personendaten zwingend anzugeben, um eine eindeutige Zuordnung und Prüfung der Wahlberechtigung zu gewährleisten. Zu den wichtigsten Pflichtangaben zählen in der Regel: Name, Vorname, Geburtsdatum, Anschrift und im Falle der schriftlichen Antragsstellung die eigenhändige Unterschrift der antragstellenden Person. Darüber hinaus kann die Angabe von Gründen für die Abwesenheit vom Wahllokal erforderlich sein, sofern dies durch die jeweilige Wahlordnung explizit verlangt wird. Die Behörden sind befugt, zur Identitätsfeststellung und Missbrauchsprävention zusätzliche Angaben oder Nachweise zu fordern.

Welche rechtlichen Folgen hat der Verlust eines Wahlscheins?

Der Wahlschein ist ein amtliches Dokument und bei Verlust sollte dies umgehend der zuständigen Wahlbehörde angezeigt werden. Ein Ersatzwahlschein kann nur ausgestellt werden, wenn durch eidesstattliche Versicherung glaubhaft gemacht wird, dass der Wahlschein nicht mehr auffindbar und sein Missbrauch ausgeschlossen ist (§ 27 Absatz 5 Bundeswahlordnung). Wer einen verlorenen und später wieder aufgefundenen Wahlschein verwendet, macht sich strafbar. Die missbräuchliche Nutzung beziehungsweise der Versuch, mittels unberechtigtem Wahlschein zu wählen, ist in Deutschland strafrechtlich sanktioniert (vgl. § 107a StGB – Wahlfälschung).

Welche rechtlichen Vorgaben gelten für den Versand von Wahlschein und Briefwahlunterlagen?

Der Versand von Wahlschein und Briefwahlunterlagen darf ausschließlich durch die zuständige Wahlbehörde erfolgen und ist in der Regel für den Empfänger gebührenfrei. Die rechtlichen Vorgaben hierzu finden sich in § 28 Bundeswahlordnung. Der Versand muss so erfolgen, dass die personenbezogenen Daten und das Wahlgeheimnis gewahrt bleiben, zum Beispiel durch eine getrennte Kuvertierung von Wahlschein und Stimmzettel beziehungsweise Wahlumschlag. Weiterhin ist bei der Übergabe an Bevollmächtigte ein schriftlicher Nachweis der Bevollmächtigung vorzulegen, wobei für jede bevollmächtigte Person laut Wahlordnung eine Höchstzahl an Wahlscheinen festgelegt ist, die entgegengenommen werden dürfen.

Ist es möglich, einen Wahlschein nach Durchführung der Wahl noch zu widerrufen?

Ein nach ordnungsgemäßer Ausstellung überlassener Wahlschein kann nach Durchführung der Wahl grundsätzlich nicht mehr widerrufen oder zurückgegeben werden. Wird festgestellt, dass eine Person zu Unrecht einen Wahlschein erhalten hat, beispielsweise durch einen Verwaltungsfehler, und bereits an der Wahl teilgenommen hat, so bleibt die abgegebene Stimme, sofern der Wahlvorgang ordnungsgemäß abgeschlossen wurde, grundsätzlich gültig. Ein Widerruf oder eine Annullierung des Wahlscheins ist lediglich vor Stimmabgabe und im begründeten Ausnahmefall möglich, etwa bei nachweislichem Missbrauchsverdacht.

Welche rechtlichen Konsequenzen ergeben sich für die Ausstellung von Wahlscheinen an Nichtberechtigte?

Wird ein Wahlschein irrtümlich oder durch Manipulationen an nicht wahlberechtigte Personen ausgestellt und genutzt, liegt ein Verstoß gegen die wahlrechtlichen Vorschriften vor. Die dafür Verantwortlichen innerhalb der Wahlbehörde können sich unter Umständen wegen Amtspflichtverletzung oder Beihilfe zur Wahlfälschung strafbar machen. Die betroffenen Stimmen dürfen im Falle der nachgewiesenen Rechtswidrigkeit nicht gezählt werden. In gravierenden Fällen kann dies zur Anfechtung der Wahl und damit zur Wiederholung der Abstimmung in betroffenen Wahlkreisen führen, wie in § 39 Bundeswahlgesetz geregelt.