Begriff und Definition der Wahlfälschung
Wahlfälschung beschreibt die gesetzeswidrige Beeinflussung des Ergebnisses einer Wahl durch unzulässige Manipulation von Stimmen, Auszählungen oder Wahlverfahren. Sie stellt einen gravierenden Angriff auf den demokratischen Willensbildungsprozess dar und wird in Deutschland sowie in anderen Rechtsordnungen als Straftat geahndet. Die Bedeutung der Strafbarkeit ergibt sich aus dem hohen Schutzgut der freien und geheimen Wahl, das als eines der zentralen Fundamente demokratischer Rechtsstaatlichkeit gilt.
Gesetzliche Grundlagen
Deutschland: Strafgesetzbuch (StGB)
Die zentrale strafrechtliche Regelung findet sich in den §§ 107 ff. des Strafgesetzbuches (StGB):
- § 107 StGB (Wahlfälschung): kriminalisiert unerlaubte, auf das Wahlergebnis gerichtete Handlungen.
- § 107a StGB (Fälschung von Wahlergebnissen): ahndet Manipulationen im Zusammenhang mit der Feststellung oder Übermittlung von Wahlergebnissen.
Darüber hinaus bestehen ergänzende Regelungen für bestimmte Wahlen, etwa im Bundeswahlgesetz (BWahlG), im Europawahlgesetz oder in den Landeswahlgesetzen sowie in Satzungen von berufsständischen Körperschaften.
Schutzgut der Wahlfälschungstatbestände
Die Vorschriften schützen vor allem die Allgemeinheit vor einer Beeinträchtigung des demokratischen Wahlrechts und des Vertrauens in die Korrektheit der Wahldurchführung. Indem einzelne Willensbekundungen verfälscht oder unterdrückt werden, kann das Gesamtwahlergebnis in unzulässiger Weise beeinflusst werden.
Tatbestandsmerkmale der Wahlfälschung
Objektiver Tatbestand
Manipulation der Stimmabgabe
Dazu zählen unter anderem:
- Das Abgeben einer Stimme durch Unberechtigte („Mehrfachwahl“)
- Das Einwerfen von manipulierten oder zusätzlichen Stimmzetteln („Wahlurnenfälschung“)
- Vernichtung, Verfälschung oder Unterdrückung gültiger Stimmen
- Missbrauch von Briefwahlunterlagen
Manipulation der Auszählung oder Feststellung des Ergebnisses
Umfasst sind beispielsweise:
- Veränderungen bei der Stimmenauszählung
- Falsche Übermittlung oder Protokollierung von Wahlergebnissen
- Erstellen von unrichtigen Wahlbenachrichtigungen oder Auszählungsprotokollen
Subjektiver Tatbestand
Für eine Strafbarkeit ist Vorsatz erforderlich – das Wissen und Wollen, eine Wahl in unzulässiger Weise zu beeinflussen. Fahrlässigkeit genügt in der Regel nicht.
Rechtsfolgen der Wahlfälschung
Strafrechtliche Sanktionen
Die Sanktionen nach § 107 StGB reichen bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe oder Geldstrafe, in besonders schweren Fällen können auch höhere Freiheitsstrafen verhängt werden. Der Versuch ist bereits strafbar. Daneben bestehen weitergehende Folgen im Rahmen des Beamten- oder Wahlrechts, wie der Verlust der Wählbarkeit oder der Aberkennung von Mandaten.
Auswirkungen auf das Wahlergebnis
Eine schwerwiegende Form der Wahlfälschung kann die Ungültigkeit der gesamten Wahl nach sich ziehen. Über Wahlanfechtungen entscheiden die jeweils zuständigen Wahlprüfungsausschüsse oder Gerichte.
Abgrenzung zu anderen Straftatbeständen im Wahlkontext
Wahlbehinderung (§ 107a StGB)
Neben der Wahlfälschung wird auch die Beeinträchtigung der Ausübung des Wahlrechts, etwa durch Nötigung, Drohung oder Behinderung des Zugangs zu Wahlräumen, separat sanktioniert.
Wählerbestechung und Wählerbeeinflussung (§§ 108, 108b StGB)
Wählerbestechung liegt vor, wenn Stimmen durch Gewährung oder Versprechen von Vorteilen gekauft werden. Die Strafbarkeit knüpft hier nicht an Manipulationen der Stimmabgabe, sondern an den Einfluss auf die Entscheidungsfindung der Wahlberechtigten an.
Wahlfälschung im internationalen Kontext
Auch auf internationalen Ebenen bestehen vergleichbare Straftatbestände. Die Gesetzgebung in Mitgliedsstaaten der Europäischen Union und anderer demokratischer Staaten sieht teils ähnliche oder noch differenziertere Regelungen zum Schutz von Wahlverfahren vor. Im internationalen Wahlrecht, etwa bei Wahlen zum Europäischen Parlament, gelten besondere Vorgaben und Kontrollmechanismen.
Verfahren bei Verdacht auf Wahlfälschung
Anzeige und Ermittlungsverfahren
Besteht ein Verdacht, wird meist durch Anzeige bei Polizeibehörden oder Staatsanwaltschaft die Ermittlung eingeleitet. Die Beweisführung ist mitunter komplex und erfordert Untersuchungen im Bereich der Wahldokumente, Auszählprotokolle und möglicherweise Zeugenbefragungen.
Wahlprüfung und Wahlanfechtung
Unabhängig vom Strafverfahren kann die betroffene Wahl innerhalb vorgegebener Fristen in Wahlprüfungsverfahren überprüft werden. Je nach Ebene entscheidet über etwaige Wahlanfechtungen das jeweilige Parlament, ein Wahlprüfungsausschuss oder das Bundesverfassungsgericht.
Bedeutung und Folgen der Wahlfälschung
Demokratieschutz
Wahlfälschung ist geeignet, das Vertrauen in Demokratie und Rechtsstaat nachhaltig zu erschüttern. Aus diesem Grund sind strenge formelle Anforderungen an das Wahlverfahren und Transparenz bei der Wahldurchführung etabliert.
Präventionsmaßnahmen
Zur Vorbeugung werden technische und organisatorische Schutzvorkehrungen ergriffen, darunter versiegelte Wahlurnen, Stimmzettel mit Sicherheitsmerkmalen, Kontrollmechanismen durch Wahlvorstände und öffentliche Auszählungen.
Durch ihre Komplexität und die schwerwiegenden Folgen steht die Ahndung von Wahlfälschung im Zentrum der Sicherung des demokratischen Legitimationsprinzips. Verstöße werden konsequent verfolgt, um das Vertrauen in die Verfahren politischer Willensbildung dauerhaft zu erhalten.
Häufig gestellte Fragen
Welche rechtlichen Konsequenzen drohen bei nachgewiesener Wahlfälschung?
Wahlfälschung ist in Deutschland nach § 107a Strafgesetzbuch (StGB) eine Straftat und wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Sofern der Täter als Amtsträger handelt, kann sich die Strafe erhöhen oder es können weitere Tatbestände wie Urkundenfälschung (§ 267 StGB) oder Verletzung des Dienstgeheimnisses (§ 353b StGB) hinzukommen. Darüber hinaus können bereits versuchte Handlungen strafbar sein. Neben der strafrechtlichen Sanktion drohen auch berufsrechtliche Konsequenzen, beispielsweise Disziplinarmaßnahmen bei Beamten, und ein Verlust der Wählbarkeit sowie der Wahlanfechtung durch betroffene Parteien oder Personen. Zivilrechtliche Schadensersatzansprüche kommen meist nicht in Betracht, da Wahlfälschung primär ein Rechtsgut der Allgemeinheit betrifft.
Wie wird Wahlfälschung rechtlich definiert und abgegrenzt?
Rechtlich betrachtet ist Wahlfälschung die unerlaubte Beeinflussung des Ergebnisses einer öffentlichen Wahl oder Abstimmung durch Täuschungshandlungen. Das deutsche Strafrecht unterscheidet zwischen verschiedenen Formen der Wahlfälschung: Hierzu zählen beispielweise das manipulative Auszählen von Stimmen, das Abgeben von Stimmen unter falscher Identität, das Entfernen oder Hinzufügen von Wahlzetteln oder das Ausstellen gefälschter Wahlberechtigungen. Die Wahlfälschung kann sich sowohl auf Parlamentswahlen als auch auf andere öffentliche Abstimmungen beziehen. Abzugrenzen ist sie von der Wahlbeeinflussung oder Nötigung (§ 108 StGB), bei denen gezielt Druck auf Wählende ausgeübt wird.
Wer darf eine Wahlfälschung anzeigen und wie läuft das Verfahren ab?
Grundsätzlich kann jede Person, die Kenntnis von einer möglichen Wahlfälschung erlangt hat, Strafanzeige erstatten – es ist kein besonderes rechtliches Interesse notwendig. Dies erfolgt in der Regel bei der Polizei, der Staatsanwaltschaft oder einem Amtsgericht. Nach der Anzeige prüft die Staatsanwaltschaft zunächst, ob ein Anfangsverdacht besteht. Ist dies der Fall, werden Ermittlungsmaßnahmen eingeleitet, wie z. B. Befragungen, Beschlagnahmungen von Dokumenten oder technische Auswertungen. Die Ermittlungen können sowohl gegen Einzelpersonen als auch gegen Gruppen oder Amtsträger geführt werden. Im Falle einer Anklage entscheidet ein Strafgericht über Schuld und Strafmaß.
Welche Rolle spielen Wahlprüfungsorgane bei Verdacht auf Wahlfälschung?
Neben den Strafverfolgungsbehörden kommt den Wahlprüfungsorganen eine besondere Bedeutung zu. Für Bundestagswahlen ist der Wahlprüfungsausschuss des Deutschen Bundestages zuständig (§ 1 Wahlprüfungsgesetz). Hier können Wahlanfechtungen binnen zwei Monaten nach der Wahl erfolgen, bei Landtags- oder Kommunalwahlen gelten entsprechende landesspezifische Regelungen. Das Wahlprüfungsverfahren ist davon unabhängig, ob bereits ein Strafverfahren eingeleitet wurde. Das Prüfungsverfahren kann bis zur Anordnung einer Neuwahl oder zur Aberkennung von Mandaten führen. In besonders gravierenden Fällen können Gerichte eine Wahl wiederholen lassen.
Inwiefern sind technische Manipulationen, wie etwa elektronische Wahlgeräte, rechtlich erfasst?
Das deutsche Wahlrecht hat technische Manipulation explizit geregelt, insbesondere nach der Debatte um elektronische Wahlgeräte. Die Rechtsprechung (u. a. Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 3. März 2009 – 2 BvC 3/07) stellt fest, dass sämtliche technischen Systeme eine Nachvollziehbarkeit und Transparenz der Stimmabgabe und -auszählung garantieren müssen. Manipulationen an softwarebasierten Wahlsystemen, etwa durch die vorsätzliche Änderung von Programmcodes oder Auszählungsergebnissen, stellen eine Variante der Wahlfälschung dar und werden nach § 107a StGB verfolgt. Zudem können Verstöße gegen Wahlordnungen beziehungsweise Datenschutzgesetze vorliegen, was zusätzliche rechtliche Schritte ermöglichen kann.
Können auch Wahlhelfer oder Mitglieder von Wahlvorständen wegen Wahlfälschung belangt werden?
Ja, insbesondere Wahlhelfer und Mitglieder von Wahlvorständen unterliegen einer besonderen Verantwortung und Kontrolle. Verstoßen sie vorsätzlich gegen die gesetzlichen Vorschriften, z. B. durch unrechtmäßige Auslegung von Stimmzetteln, absichtliches Entwerten oder Hinzufügen von Stimmen oder durch Täuschung bei der Stimmenauszählung, machen sie sich strafbar. Da sie in einem öffentlichen Amt eine Aufgabe wahrnehmen, kann dies als sogenanntes Amtsdelikt (vergleiche auch § 77 BVerfGG) mit erhöhtem Strafmaß geahndet werden. Für sie gelten zudem besondere Anforderungen an Neutralität und Unparteilichkeit.
Welche Möglichkeiten haben Betroffene, wenn sie Unregelmäßigkeiten bei einer Wahl feststellen?
Betroffene, die mögliche Unregelmäßigkeiten vermuten, können zunächst das Gespräch mit dem zuständigen Wahlvorstand suchen oder diese direkt dokumentieren. Es besteht das Recht zur Wahlanfechtung, die schriftlich und begründet erfolgen muss. Die Anfechtung ist sowohl bei den Wahlleitern als auch bei den zuständigen Wahlprüfungsinstanzen möglich und unterliegt bestimmten Fristen (für Bundestagswahlen zwei Monate nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses). Parallel kann und sollte bei Verdacht auf strafbare Handlungen auch eine Strafanzeige erfolgen. Wird dem Widerspruch oder der Anzeige stattgegeben und Wahlfälschung festgestellt, kann eine Wahl teilweise oder vollständig wiederholt werden.