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Wahl der Schöffen


Wahl der Schöffen

Die Wahl der Schöffen ist ein bedeutsamer Prozess im deutschen Strafverfahrensrecht. Sie legt fest, welche Bürgerinnen und Bürger als ehrenamtliche Richter (Schöffen) an Strafgerichtsverfahren teilnehmen. Schöffen wirken in den Amtsgerichten (Schöffengerichte) sowie in den Strafkammern der Landgerichte mit gleicher Stimme wie die Berufsrichter an der Urteilsfindung mit. Ihre Auswahl und Bestellung unterliegen dabei einem detaillierten und gesetzlich geregelten Verfahren, das insbesondere im Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) verankert ist.

Rechtsgrundlagen

Die gesetzlichen Grundlagen der Wahl der Schöffen finden sich insbesondere in folgenden Rechtsvorschriften:

  • §§ 28 ff. Gerichtsverfassungsgesetz (GVG)
  • §§ 31 – 44 GVG: Besondere Regelungen zur Aufstellung und Auswahl
  • § 77 GVG: Amtsperiode der Schöffen

Das Verfahren betrifft sowohl Erwachsenenschöffen beim Amts- und Landgericht als auch Jugendschöffen nach der Jugendgerichtsbarkeit.

Persönliche und sachliche Voraussetzungen für das Schöffenamt

Persönliche Voraussetzungen

Um in die Wahl der Schöffen einbezogen werden zu können, müssen Bewerberinnen und Bewerber bestimmte persönliche Anforderungen erfüllen (§§ 31-33 GVG):

  • Deutsche Staatsangehörigkeit: Der Schöffe muss die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen.
  • Mindest- und Höchstalter: Zum Zeitpunkt des Amtsantritts soll das 25. Lebensjahr vollendet und das 70. Lebensjahr nicht überschritten sein.
  • Wohnsitz: Wohnsitz oder Lebensmittelpunkt zum Zeitpunkt der Aufstellung der Schöffenliste im Gerichtsbezirk.
  • Gesundheitliche Eignung: Keine körperlichen oder geistigen Gebrechen, die die Ausübung des Amtes beeinträchtigen könnten.
  • Vorstrafen: Keine Vorstrafen, keine anhängigen Strafverfahren, insbesondere keine Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten.
  • Verhältnis zur staatlichen Ordnung: Personen, gegen die ein Ermittlungsverfahren wegen einer Tat läuft, die den Verlust der Fähigkeit zu öffentlichen Ämtern nach sich ziehen könnte, sind ebenfalls ausgeschlossen.

Ausschluss- und Ablehnungsgründe

Nicht zu Schöffen gewählt werden können nach § 33 GVG unter anderem:

  • Bedienstete der Finanzverwaltung, Polizei, Justizvollzugsanstalten und vergleichbare Personen,
  • Berufsrichter und Staatsanwälte,
  • Rechtsberatende Berufe, Notare,
  • Personen in Insolvenz oder in Vermögensverfall.

Aufstellung der Vorschlagslisten

Erstellung der Vorschlagslisten

Die Wahl der Schöffen beginnt auf Gemeindeebene. Gemäß § 36 GVG stellen die Gemeinden alle fünf Jahre eine Vorschlagsliste auf, welche geeignete Personen enthält. Die Listen werden in der Regel durch Beschlüsse der Gemeinde- oder Stadtverordnetenversammlung erstellt.

Aufnahme in die Vorschlagsliste

  • Bürgerinnen und Bürger können sich selbst bewerben oder vorgeschlagen werden.
  • Die Vorschlagsliste ist für eine Woche öffentlich auszulegen.
  • Jeder Einwohner kann binnen einer Woche nach Auslegung Einspruch gegen die Vorschlagsliste erheben (§ 37 GVG).

Inhalt und Umfang der Vorschlagslisten

Die Vorschlagsliste muss mindestens so viele Personen enthalten, wie als Schöffen benötigt werden. Sie muss Namen, Beruf, Geburtsdatum, Geburtsort und Anschrift der Vorgeschlagenen aufführen (§ 36 Abs. 3 GVG).

Wahl der Schöffen durch den Schöffenwahlausschuss

Zusammensetzung des Wahlausschusses

Die endgültige Wahl der Schöffen erfolgt durch den Schöffenwahlausschuss beim Amtsgericht (§ 40 GVG). Der Schöffenwahlausschuss besteht aus:

  • Einem Richter des Amtsgerichts als Vorsitzendem,
  • einem Verwaltungsbeamten,
  • sieben vom Kreistag oder Stadtrat gewählten Vertrauenspersonen.

Entscheidungsfindung des Wahlausschusses

Der Schöffenwahlausschuss wählt aus der Gemeinde-Vorschlagsliste per Mehrheitsbeschluss die erforderliche Anzahl an Schöffen. Die Wahl erfolgt in nichtöffentlicher Sitzung und unter Berücksichtigung der gesetzlichen Vorgaben, insbesondere bezüglich der Eignung (§ 44 GVG). Über die Entscheidungen wird ein Protokoll aufgenommen.

Gemeinsame Wahl von Haupt- und Hilfsschöffen

Der Ausschuss wählt sowohl Hauptschöffen als auch eine ausreichende Anzahl von Hilfsschöffen (Ersatzschöffen), die bei Ausfall der Hauptschöffen herangezogen werden. Damit wird eine ordnungsgemäße Durchführung der Verfahren sichergestellt.

Amtsdauer und Amtsantritt

  • Das Amt der Schöffen beginnt mit Beginn des Geschäftsjahres (meist 1. Januar) und ist auf fünf Jahre begrenzt (§ 77 GVG).
  • Eine unmittelbare Wiederwahl nach Ablauf der fünfjährigen Amtsperiode ist zulässig, sollte jedoch nicht die Regel sein.

Benachrichtigung und Vereidigung

Die gewählten Schöffen werden schriftlich benachrichtigt. Sie sind gesetzlich verpflichtet, das Amt anzunehmen, es sei denn, es bestehen besondere Hinderungsgründe (§ 45 GVG). Die Vereidigung erfolgt zu Beginn der ersten Sitzung unter Bezugnahme auf die gesetzlichen Pflichten (§ 45 GVG).

Ablehnung des Schöffenamtes und Entlassungsgründe

Ablehnungsgründe

Personen, die aus persönlichen oder beruflichen Gründen an der Ausübung des Schöffenamtes verhindert sind, können beantragen, von der Verpflichtung entbunden zu werden. Mögliche Ablehnungsgründe sind etwa:

  • Höheres Lebensalter,
  • Krankheit,
  • außergewöhnliche familiäre oder berufliche Belastung.

Entlassung und Ausschluss während der Amtszeit

Ein einmal gewählter Schöffe kann während der Amtszeit nur in Ausnahmefällen (z. B. nachträglicher Eintritt eines Ausschlussgrunds) entlassen werden (§ 52 GVG). Dies wird vom Vorsitzenden des Gerichts festgestellt.

Besondere Aspekte im Jugendstrafrecht

Für die Wahl der Jugendschöffen gelten § 35 JGG und die entsprechenden Vorschriften aus dem GVG sinngemäß. Die Jugendschöffen werden unter Beachtung der besonderen Anforderungen an Eignung und Erfahrung im Umgang mit Jugendlichen ausgewählt.

Kontrollmechanismen und Rechtsmittel

Gegen die Entscheidungen in Bezug auf die Aufnahme oder Ablehnung auf der Vorschlagsliste sowie auf die endgültige Wahl können innerhalb bestimmter Fristen Einwendungen und Rechtsmittel eingelegt werden (§§ 37, 44 GVG).

Zusammenfassung

Die Wahl der Schöffen ist durch eine Vielzahl gesetzlicher Vorgaben geregelt, um die Eignung, Unparteilichkeit und Repräsentativität der ehrenamtlichen Richter in der Strafjustiz sicherzustellen. Das Verfahren ist von Transparenz, Kontrolle und Rechtsmittelschutz geprägt und sichert die gerichtliche Mitwirkung der Bevölkerung an der Ausübung der Strafgerichtsbarkeit.

Häufig gestellte Fragen

Wie läuft das Auswahlverfahren für Schöffen ab?

Das Auswahlverfahren für Schöffen ist in der Strafprozessordnung (StPO) sowie im Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) geregelt. Die Gemeinden stellen zunächst eine Vorschlagsliste geeigneter Bewerber im Rahmen öffentlicher Bekanntmachungen auf. Bürger können sich bewerben oder vorgeschlagen werden, wobei bestimmte gesetzliche Ausschlussgründe (zum Beispiel Vorstrafen, Alter, deutsche Staatsangehörigkeit) zu berücksichtigen sind. Der Gemeinderat beschließt die Listen mehrheitlich, bevor sie veröffentlicht werden und Einsprüche innerhalb einer zweiwöchigen Frist möglich sind. Nach Ablauf der Frist und Prüfung möglicher Einsprüche wird die Liste an das Schöffenwahlausschuss beim zuständigen Amtsgericht übergeben. Der Wahlausschuss wählt dann aus den vorliegenden Vorschlägen die Schöffen und Ersatzschöffen durch Losentscheid für die jeweilige Amtsperiode aus.

Wer ist von der Wahl zum Schöffen ausgeschlossen?

Vom Schöffenamt ausgeschlossen sind gemäß § 33 GVG unter anderem Personen, die wegen einer vorsätzlichen Tat zu einer Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten verurteilt wurden, gegen die ein Ermittlungsverfahren wegen einer schweren Straftat anhängig ist oder die infolge eines gerichtlichen Verfahrens die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter verloren haben. Weitere Ausschlussgründe sind zum Beispiel das Lebensalter (bei Beginn der Amtsperiode unter 25 oder über 70 Jahre alt), fehlende deutsche Staatsangehörigkeit oder geistige bzw. körperliche Gebrechen, die die Wahrnehmung des Amtes dauerhaft unmöglich machen. Auch hauptamtliche Richter, Beamte der Justiz, Rechtsanwälte, Notare, Polizeivollzugsbeamte sowie Religionsdiener dürfen nicht gewählt werden.

Können gegen die Auswahl oder Ernennung Einsprüche erhoben werden?

Ja, gegen die Aufnahme in die Vorschlagsliste können Bürger gemäß § 37 GVG innerhalb einer zweiwöchigen Frist nach öffentlicher Bekanntmachung Einspruch erheben. Die Einspruchsgründe müssen rechtlich fundiert sein, also beispielsweise auf fehlender Eignung oder das Vorliegen gesetzlicher Ausschlussgründe beruhen. Über die Einsprüche entscheidet der Gemeinderat in einer öffentlichen Sitzung. Nach der Wahl durch den Schöffenwahlausschuss kann die Ernennung nur noch in Ausnahmefällen angefochten werden, etwa wenn nachträglich schwerwiegende Ausschlussgründe eintreten oder bekannt werden.

Wie wird die Unabhängigkeit der Schöffen bei der Wahl gewährleistet?

Die Unabhängigkeit der Schöffen bei der Wahl wird durch das Losverfahren im Schöffenwahlausschuss und durch die gesetzlich geregelten Auswahlkriterien sichergestellt. Politische, religiöse oder weltanschauliche Überlegungen dürfen ebenso wenig eine Rolle spielen wie persönliche Beziehungen zu Parteien oder zum Gericht. Der Schöffenwahlausschuss besteht aus einem Richter am Amtsgericht als Vorsitzenden, einem Verwaltungsbeamten und sieben vom Kreistag bestimmten Vertrauenspersonen. Dieses Gremium sichert durch die Mehrheits- und Losentscheidung eine Objektivität und Sachgerechtigkeit im Auswahlverfahren und verhindert eine Einflussnahme von außen.

Welche Fristen sind im Auswahlverfahren zwingend zu beachten?

Die wichtigsten Fristen im Kontext der Schöffenwahl sind die öffentliche Auslegung der Vorschlagsliste für die Dauer einer Woche und die daran anschließende zweiwöchige Einspruchsfrist. Diese Fristen dienen der Transparenz und ermöglichen es der Bevölkerung, auf die Ausgestaltung der Vorschlagsliste Einfluss zu nehmen, Fehler zu korrigieren oder ungeeignete Kandidaten zu melden. Anschließend entscheidet der Schöffenwahlausschuss vor Beginn der neuen Amtsperiode, sodass die Schöffen und Ersatzschöffen rechtzeitig vor ihrem ersten Einsatz bestellt und benachrichtigt werden.

Können gewählte Schöffen die Übernahme des Amtes verweigern?

Einmal in das Amt gewählte Schöffen und Ersatzschöffen sind grundsätzlich gesetzlich verpflichtet, das Amt anzutreten. Nur in gesetzlich geregelten Ausnahmen ist ein Rücktritt möglich. Solche Gründe sind beispielsweise eine nachträglich eingetretene erhebliche Veränderung der persönlichen Lebensumstände (z. B. schwere Erkrankung, Umzug, berufliche Härtefälle) oder das Bekanntwerden von Ausschlussgründen. Über die Entbindung entscheidet das Gericht auf Antrag des Schöffen. Sollte ein Schöffe ohne ausreichenden Grund das Amt verweigern, kann ein Ordnungsgeld verhängt werden.

Nach welchen Kriterien werden Schöffen aus der Vorschlagsliste ausgewählt?

Der Schöffenwahlausschuss wählt die zu berufenden Hauptschöffen und Ersatzschöffen aus der Vorschlagsliste nach formalen Gesichtspunkten und unter Berücksichtigung der gesetzlich festgelegten Ausschluss- und Ablehnungsgründe. Die Auswahl erfolgt so, dass eine ausgewogene Alters-, Geschlechter- und Berufsgruppenverteilung angestrebt wird, um eine möglichst repräsentative Spiegelung der Bevölkerung zu erreichen. Das Losverfahren stellt sicher, dass keine willkürlichen oder diskriminierenden Auswahlentscheidungen getroffen werden. Ferner soll die Auswahl so getroffen werden, dass eine gleichmäßige Belastung der Bürger vermieden wird, das heißt, Personen, die bereits als Schöffen tätig waren, werden nach Möglichkeit erst nach Ablauf von mindestens einer Amtsperiode erneut berufen.