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Wahl der Schöffen

Wahl der Schöffen: Begriff, Bedeutung und Funktion

Die Wahl der Schöffen bezeichnet das geordnete Verfahren, in dem ehrenamtliche Richterinnen und Richter für Strafgerichte bestimmt werden. Schöffen wirken gleichberechtigt neben Berufsrichterinnen und Berufsrichtern an der Verhandlung und Entscheidung von Strafsachen mit. Sie bringen den Blick der Allgemeinheit in das Verfahren ein und stärken die demokratische Legitimation der Strafrechtspflege.

Grundprinzipien und rechtlicher Rahmen

Demokratische Beteiligung und Repräsentativität

Ziel der Auswahl ist eine breite gesellschaftliche Abbildung verschiedener Lebensbereiche, Altersgruppen und Berufe. Die Mitwirkung nichtberuflicher Richterinnen und Richter soll das Vertrauen in die Rechtsprechung fördern und unterschiedliche Lebenserfahrungen in die Urteilsfindung einbringen.

Unabhängigkeit und Neutralität

Schöffen sind in der Rechtsanwendung unabhängig, an Recht und Gesetz gebunden und zu Unparteilichkeit verpflichtet. Ihr Stimmrecht ist dem der Berufsrichterinnen und Berufsrichter gleichgestellt.

Transparenz und Kontrolle

Die Auswahl erfolgt in mehreren öffentlich nachvollziehbaren Schritten mit Kontrollmöglichkeiten. Dadurch wird zugleich dem Grundsatz der Öffentlichkeit und Nachprüfbarkeit Rechnung getragen.

Voraussetzungen, Ausschluss- und Befreiungsgründe

Persönliche Eignung

Schöffen müssen volljährig sein, ausreichende Deutschkenntnisse besitzen, persönlich zuverlässig und gesundheitlich in der Lage sein, an Gerichtsterminen mitzuwirken. Sie sollen im Bezirk des zuständigen Gerichts wohnen oder dort ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben.

Typische Ausschlussgründe

Bestimmte Vorverurteilungen, laufende einschlägige Ermittlungen oder der Verlust bürgerlicher Ehrenrechte können der Aufnahme in das Amt entgegenstehen. Zudem sind Personen ausgeschlossen, die aufgrund ihrer beruflichen Tätigkeit der Rechtspflege oder Strafverfolgung zugeordnet sind (z. B. richterliche und staatsanwaltschaftliche Tätigkeiten, bestimmte Vollzugs- oder Ermittlungsfunktionen). Auch gravierende Interessenkonflikte können zur Nichtberücksichtigung führen.

Befreiung und Entpflichtung

Es bestehen gesetzlich vorgesehene Möglichkeiten, aus gewichtigen Gründen (etwa erhebliche gesundheitliche Beeinträchtigung oder unzumutbare Härte) von der Aufnahme in die Vorschlagsliste oder vom Amt befreit zu werden. Während der Amtsperiode kann eine Entbindung erfolgen, wenn nachträglich erhebliche Gründe eintreten oder bekannt werden, die eine weitere Amtsausübung unzumutbar machen.

Besonderheiten bei Jugendschöffen

Für Jugendstrafverfahren werden Jugendschöffen ausgewählt. Hier steht die persönliche Eignung für den Umgang mit Jugendlichen und Heranwachsenden im Vordergrund. Der Auswahlweg ist ähnlich; der Einsatz erfolgt in Jugendstrafkammern und Jugendschöffengerichten.

Ablauf der Wahl

Erstellung der Vorschlagslisten auf kommunaler Ebene

Die Auswahl beginnt in der Regel in den Gemeinden. Zuständige Gremien erstellen Vorschlagslisten. In diese Listen können geeignete Personen aufgenommen werden. Ziel ist eine hinreichend große, ausgewogene Liste, aus der später gewählt werden kann.

Öffentliche Auslegung und Einwendungen

Die Vorschlagslisten werden für einen begrenzten Zeitraum öffentlich ausgelegt. Innerhalb dieser Frist können Einwendungen aus Gründen der Eignung oder Zulässigkeit erhoben werden. Dies dient der Transparenz und der Qualitätssicherung.

Entscheidung durch den Schöffenwahlausschuss

Bei den Amtsgerichten tritt ein Wahlausschuss zusammen, der über die endgültige Auswahl entscheidet. Er berücksichtigt Eignung, Ausgewogenheit und die Anzahl der benötigten Haupt- und Ersatzschöffen.

Benennung von Haupt- und Ersatzschöffen

Zur Sicherstellung einer planbaren Besetzung werden Hauptschöffen und Ersatzschöffen bestimmt. Ersatzschöffen treten ein, wenn Hauptschöffen verhindert sind oder ihr Amt nicht ausüben können.

Berufung und Amtsperiode

Die Berufung erfolgt für eine feste Amtsperiode, die regelmäßig fünf Jahre umfasst. Vor Aufnahme der Tätigkeit leisten Schöffen einen Eid oder eine entsprechende Bekräftigung.

Rechte und Pflichten während der Amtszeit

Gleiches Stimmrecht und Mitwirkungsumfang

Schöffen sind an allen wesentlichen Verfahrensabschnitten beteiligt, einschließlich Beweisaufnahme, Beratung und Abstimmung über Schuld- und Rechtsfolgenfrage. Ihre Stimme zählt gleich viel wie die einer Berufsrichterin oder eines Berufsrichters.

Verschwiegenheit und Unparteilichkeit

Über Inhalte nichtöffentlicher Beratungen besteht eine strikte Verschwiegenheitspflicht. Schöffen müssen unabhängig und ohne Vorfestlegung entscheiden; Befangenheit ist zu vermeiden.

Anwesenheits- und Mitwirkungspflicht

Es besteht die Pflicht zur Teilnahme an den angesetzten Sitzungstagen und zur aktiven Mitwirkung. Terminversäumnisse können Konsequenzen nach sich ziehen, sofern keine anerkannten Entschuldigungsgründe vorliegen.

Aufwandsentschädigung und Freistellung

Für Zeitaufwand, Verdienstausfall und notwendige Auslagen wird eine gesetzlich geregelte Entschädigung gewährt. Arbeitgeber haben Schöffen für die Wahrnehmung des Ehrenamts freizustellen.

Abberufung, Nachbesetzung und Vertretung

Abberufungsgründe

Eine Abberufung während der Amtszeit kommt nur in eng begrenzten Fällen in Betracht, etwa bei nachträglichem Wegfall der Eignung, schweren Pflichtverletzungen oder dem Eintritt gesetzlicher Hinderungsgründe.

Nachbesetzung

Werden Stellen frei, erfolgt die Nachbesetzung in der Regel aus dem Kreis der Ersatzschöffen. Reicht dies nicht aus, können ergänzende Auswahlentscheidungen getroffen werden.

Vertretung durch Ersatzschöffen

Ersatzschöffen werden geladen, wenn Hauptschöffen verhindert sind. Dadurch bleibt die ordnungsgemäße Besetzung der Spruchkörper gewährleistet.

Organisation und Einsatz im Gericht

Geschäftsverteilung und Zuweisung

Die Gerichte legen vorab fest, wie Spruchkörper besetzt werden und wie Verfahren intern verteilt sind. Schöffen werden nach diesem Plan zu bestimmten Sitzungstagen geladen.

Besetzungsmodelle

In typischen Konstellationen besteht das Schöffengericht aus einer Berufsrichterin oder einem Berufsrichter und zwei Schöffen. In erstinstanzlichen Verfahren vor größeren Strafkammern wirken mehrere Berufsrichterinnen und Berufsrichter zusammen mit zwei Schöffen; in Jugendstrafsachen entsprechend mit Jugendschöffen.

Umfang der Inanspruchnahme

Die Anzahl der Sitzungstage pro Amtsperiode variiert je nach Gericht und Geschäftsaufkommen. Eine planbare und angemessene Belastung soll gewährleistet sein.

Transparenz, Datenschutz und Gleichbehandlung

Die öffentliche Auslegung der Vorschlagslisten ermöglicht gesellschaftliche Kontrolle. Zugleich gelten datenschutzrechtliche Vorgaben zum Schutz persönlicher Informationen. Bei der Auswahl sind Grundsätze der Chancengleichheit, Diskriminierungsfreiheit und Sachlichkeit zu beachten.

Abgrenzungen und Besonderheiten

Schöffen im Vergleich zu Geschworenen

Im Unterschied zu Systemen mit Geschworenengerichten entscheiden Schöffen gemeinsam mit Berufsrichterinnen und Berufsrichtern. Es gibt keine rein bürgerliche Jury, die getrennt vom Gericht entscheidet.

Rolle außerhalb von Strafsachen

Die Bezeichnung Schöffe wird vor allem im Strafbereich verwendet. In anderen Gerichtsbarkeiten existieren teils eigene Formen ehrenamtlicher Mitwirkung, die in Aufbau und Zuständigkeit abweichen.

Häufig gestellte Fragen

Wer wählt die Schöffen letztlich aus?

Die endgültige Auswahl trifft ein Wahlausschuss beim Amtsgericht auf Grundlage der kommunal erstellten Vorschlagslisten und unter Berücksichtigung etwaiger Einwendungen.

Wer kann Schöffe werden?

Geeignete, volljährige Bürgerinnen und Bürger mit Wohnsitz im Gerichtsbezirk, die persönlich zuverlässig, gesundheitlich belastbar und der deutschen Sprache mächtig sind, können berücksichtigt werden, sofern keine Ausschlussgründe vorliegen.

Wie lange dauert die Amtsperiode?

Die Amtsperiode beträgt regelmäßig fünf Jahre. Innerhalb dieser Zeit erfolgen Ladungen zu festgelegten Sitzungstagen nach dem Geschäftsverteilungsplan.

Gibt es Jugendschöffen und worin bestehen die Unterschiede?

Ja. Jugendschöffen wirken in Jugendstrafverfahren mit. Entscheidend ist die besondere Eignung für den Umgang mit Jugendlichen und Heranwachsenden; der Auswahlprozess ist ansonsten vergleichbar.

Können Schöffen abgelehnt oder abberufen werden?

Eine Ablehnung in konkreten Verfahren ist bei Befangenheit möglich. Eine Abberufung während der Amtszeit kommt nur in eng begrenzten Fällen wie schwerwiegenden Pflichtverstößen oder dem nachträglichen Wegfall von Eignungsvoraussetzungen in Betracht.

Welche Pflichten haben Schöffen?

Sie sind zur Teilnahme an den Sitzungstagen, zur Verschwiegenheit über Beratungen, zur Unparteilichkeit und zur gewissenhaften Mitwirkung verpflichtet.

Erhalten Schöffen eine Entschädigung?

Ja. Zeitaufwand, Verdienstausfall und notwendige Auslagen werden nach gesetzlichen Vorgaben erstattet; eine Freistellung durch den Arbeitgeber ist vorgesehen.

Wie wird die Öffentlichkeit in den Auswahlprozess einbezogen?

Durch die öffentliche Auslegung der Vorschlagslisten besteht eine befristete Möglichkeit, Einwendungen vorzubringen, bevor der Wahlausschuss die endgültige Auswahl trifft.