Waffenbesitz, Waffenerwerb und Waffenführen – Rechtliche Grundlagen und Vorschriften in Deutschland
Einleitung
Die Begriffe Waffenbesitz, Waffenerwerb und Waffenführen sind zentrale Rechtsbegriffe im deutschen Waffenrecht. Sie regeln, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang Privatpersonen und andere Personengruppen mit Waffen umgehen dürfen. Der Gesetzgeber differenziert dabei klar zwischen dem Besitz, dem Erwerb und dem Führen einer Waffe. Dieser Artikel bietet einen umfassenden Überblick über die rechtlichen Grundlagen, die gesetzlichen Voraussetzungen und die strafrechtlichen Folgen von Verstößen sowie die einschlägigen Regelungen nach dem Waffengesetz (WaffG).
1. Definitionen und Abgrenzung der Begriffe
1.1 Waffenbesitz
Waffenbesitz bezeichnet die tatsächliche Verfügungsgewalt und die rechtlich gesicherte Beherrschung einer Waffe. Besitz bedeutet nicht zwangsläufig Eigentum, sondern die Möglichkeit, die Waffe auf Dauer aufzubewahren, zu verwahren oder darüber zu verfügen. Im rechtlichen Sinn ist insbesondere der dauerhafte bzw. längerfristige Umgang ohne Transportabsicht gemeint.
1.2 Waffenerwerb
Waffenerwerb ist die Erlangung der tatsächlichen Gewalt über eine Waffe zu einem beliebigen Zeitpunkt. Dies umfasst alle Möglichkeiten des Erwerbs (z. B. Kauf, Tausch, Schenkung, Fund oder Erbschaft). Der Waffenerwerb ist von strikten gesetzlichen Auflagen abhängig und setzt in der Regel eine behördliche Erlaubnis voraus.
1.3 Waffenführen
Waffenführen ist das Mitführen einer Schusswaffe außerhalb der eigenen Wohnung, Geschäftsräume, des eigenen befriedeten Besitztums oder einer Schießstätte. Das Führen liegt insbesondere dann vor, wenn die Waffe transportiert wird, um sie sofort einsetzen zu können.
2. Gesetzliche Grundlagen
2.1 Das Waffengesetz (WaffG)
Das zentrale Regelungswerk ist das Waffengesetz (WaffG). Es gliedert sich in allgemeine Vorschriften, Vorschriften zum Umgang mit Waffen und Munition sowie Ordnungswidrigkeiten und Strafvorschriften. Ziel des Gesetzes ist die Gefahrenabwehr im Zusammenhang mit Waffen und Munition.
2.2 Weitere relevante Vorschriften
- Verordnung zum Waffengesetz (AWaffV)
- Bundesjagdgesetz (BJagdG)
- Beschussgesetz
3. Voraussetzungen für Waffenbesitz und Waffenerwerb
3.1 Erlaubnispflicht und Zuverlässigkeit
Für Besitz und Erwerb von erlaubnispflichtigen Waffen ist eine Waffenbesitzkarte (WBK) erforderlich. Die Erlaubniserteilung setzt neben einem Bedürfnisnachweis insbesondere voraus:
- Vollendung des 18. bzw. bei einigen Waffenarten 21. bzw. 25. Lebensjahres,
- Persönliche Zuverlässigkeit (z. B. keine Vorstrafen, Alkohol-/Drogenabhängigkeit),
- Persönliche Eignung (u. a. psychische und physische Verfassung),
- Sachkunde (erworbene Fachkenntnisse durch Lehrgänge und Prüfungen),
- Bedürfnisnachweis (z. B. als Jäger, Sportschütze, Waffensammler).
3.2 Waffenbesitzkarte (WBK)
Die WBK berechtigt zum Besitz und Erwerb der darin eingetragenen Waffen und der entsprechenden Munition, jedoch nicht zum Führen der Waffe in der Öffentlichkeit. Die Eintragung der jeweiligen Waffe in der WBK muss innerhalb von zwei Wochen nach dem Erwerb erfolgen.
4. Waffenführen: Voraussetzungen und rechtliche Beschränkungen
4.1 Der Waffenschein
Das Führen einer Schusswaffe in der Öffentlichkeit setzt einen Waffenschein voraus. Die Voraussetzungen für die Erteilung eines Waffenscheins sind gegenüber der WBK deutlich verschärft. Zusätzlich zu den schon genannten Kriterien muss der Antragsteller ein besonderes Bedürfnis nachweisen, etwa eine konkrete Gefährdungslage, und die erforderliche Sachkunde besitzen.
4.2 Kein Führen ohne Erlaubnis
Ohne Waffenschein (beziehungsweise entsprechende Ausnahmegenehmigung) ist das Führen von sogenannten erlaubnispflichtigen Waffen grundsätzlich verboten und wird strafrechtlich verfolgt.
4.3 Ausnahme: Transport
Waffen dürfen ohne Waffenschein transportiert werden, sofern sie nicht zugriffsbereit und nicht geladen sind (z. B. in einem verschlossenen Behältnis von oder zu einer Schießstätte).
4.4 Sonderfall: Kleine Waffenschein
Der „kleine Waffenschein“ berechtigt zum Führen von Schreckschuss-, Reizstoff- und Signalwaffen mit PTB-Zeichen. Auch hier sind die allgemeinen Regelungen (Minderjährigenausschluss, Zuverlässigkeit, Eignung) zu beachten.
5. Waffenrechtliche Einteilung und Klassifizierung
5.1 Erlaubnispflichtige und verbotene Waffen
Das Waffengesetz differenziert zwischen:
- Verbotenen Waffen (z. B. vollautomatische Waffen, verbotene Messer): Besitz und Führen grundsätzlich untersagt.
- Erlaubnispflichtigen Waffen (Faustfeuerwaffen, bestimmte Langwaffen): Besitz, Erwerb und Führen an Erlaubniserteilung gebunden.
- Erlaubnisfreie Waffen (einige Luftdruckwaffen, Dekorationswaffen): Erwerb ab 18 Jahren überwiegend frei, Führen aber weiterhin beschränkt.
5.2 Kategorien nach EU-Recht
Das deutsche Waffenrecht setzt die EU-Waffenrichtlinie um und teilt Waffen in vier Hauptkategorien ein (A bis D), welche die Erlaubnispflicht und Verbotsnormen weiter strukturieren.
6. Aufbewahrung und Sicherungspflichten
6.1 Aufbewahrung von Waffen und Munition
Inhaber einer waffenrechtlichen Erlaubnis sind verpflichtet, Waffen und Munition getrennt und besonders gesichert aufzubewahren. Mindestanforderungen richten sich nach der Anzahl und Art der Waffen (Waffenschränke der Sicherheitsklassen 0 oder 1 gemäß DIN/EN 1143-1).
6.2 Kontrollen und Sanktionen
Die Behörde kann unangemeldet Kontrollen der Aufbewahrung durchführen. Verstöße gegen Aufbewahrungsvorschriften führen zu empfindlichen Bußgeldern und dem Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnis.
7. Straf- und Bußgeldvorschriften
7.1 Straftatbestände
Das illegale Führen, Besitzen oder der unerlaubte Erwerb von Schusswaffen ist gemäß § 52 WaffG strafbar und wird mit Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe geahndet.
7.2 Ordnungswidrigkeiten
Vergehen gegen Auflagen, Mitteilungspflichten sowie Aufbewahrungs- oder Transportvorgaben stellen Ordnungswidrigkeiten dar und werden mit Bußgeldern bis zu 10.000 Euro geahndet.
8. Sonderregelungen und Ausnahmen
8.1 Jäger, Sportschützen, Sammler
Für bestimmte Personenkreise (Jäger, Sportschützen, Sammler) gelten zum Teil gesonderte Privilegierungen und Anforderungen hinsichtlich Bedürfnisnachweis und Waffenarten.
8.2 Altbesitz und Erbfall
Waffen dürfen nur mit bestehender Erlaubnis vererbt oder übernommen werden. Der sogenannte Altbesitz ist nur unter bestimmten Voraussetzungen weiterhin zulässig.
9. Internationale Aspekte und Waffenrecht
Deutschland ist an internationale Abkommen wie das Schengener Übereinkommen und die EU-Waffenrichtlinie gebunden. Diese beeinflussen die innerstaatlichen Regelungen und den grenzüberschreitenden Umgang mit Waffen maßgeblich.
10. Fazit
Waffenbesitz, -erwerb und -führen sind im deutschen Recht streng geregelt und an umfangreiche Voraussetzungen geknüpft. Das Waffenrecht dient dem Schutz der öffentlichen Sicherheit und begrenzt den legalen Umgang mit Waffen auf wenige, sachlich und persönlich geeignete Personen. Verstöße werden teils empfindlich sanktioniert. Die Einhaltung der Vorschriften ist für erlaubnispflichtige Waffen von erheblicher Bedeutung und wird fortlaufend kontrolliert.
Weiterführende Informationen
Für detaillierte Auskünfte sind die einschlägigen Gesetzestexte, insbesondere das Waffengesetz, heranzuziehen. Informationen bieten ebenfalls regionale Waffenbehörden sowie das Bundesministerium des Innern und für Heimat.
Häufig gestellte Fragen
Unter welchen Voraussetzungen ist der Erwerb einer Schusswaffe in Deutschland erlaubt?
Der Erwerb einer Schusswaffe in Deutschland ist streng reguliert und setzt grundsätzlich eine waffenrechtliche Erlaubnis in Form einer Waffenbesitzkarte (WBK) voraus. Um eine solche WBK zu erhalten, muss der Antragsteller das 18. Lebensjahr vollendet haben (bei bestimmten Waffen 21 oder 25 Jahre), seine persönliche Zuverlässigkeit – etwa keine einschlägigen Vorstrafen oder Alkoholmissbrauch – sowie seine körperliche Eignung nachweisen. Weiterhin verlangt das Waffengesetz einen sachkundigen Umgang mit Waffen, dessen Nachweis durch eine erfolgreich absolvierte Sachkundeprüfung erbracht wird. Bei Sportschützen ist eine mindestens einjährige Mitgliedschaft in einem Schützenverein, regelmäßiges Training sowie die Bestätigung des Bedürfnisses seitens des Vereins erforderlich. Für Jäger genügt in der Regel ein bestandener Jagdschein. Zusätzlich ist eine angemessene Aufbewahrung der Waffe (z. B. in einem anerkannten Waffenschrank der Sicherheitsstufe 0 oder 1) nachzuweisen. Der Erwerb und Besitz von scharfen Schusswaffen ohne die entsprechenden Erlaubnisse ist grundsätzlich strafbar.
Welche Regelungen gelten für das Führen von Waffen in der Öffentlichkeit?
Das Führen von Waffen in Deutschland unterliegt besonders strikten Vorgaben. Wer eine Waffe außerhalb seiner eigenen Wohnung, Geschäftsräume, seines befriedeten Besitztums oder einer Schießstätte führen möchte, benötigt eine spezielle waffenrechtliche Erlaubnis – den sogenannten Waffenschein. Der Waffenschein wird nur in Ausnahmefällen erteilt, insbesondere wenn ein erhebliches Bedürfnis nachgewiesen wird, beispielsweise für besonders gefährdete Personen. Auch hier ist neben Zuverlässigkeit, persönlicher Eignung und Sachkunde ein Nachweis der sicheren und gesetzlichen Bedürfnislage erforderlich. Ein erlaubnisfreies Führen ist nur bei Nachbildungen und bestimmten nicht schussfähigen Requisiten sowie bei sogenannten Anscheinwaffen unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Darüber hinaus dürfen sogar erlaubnisfreie Waffen wie Gas- und Schreckschusswaffen mit PTB-Zeichen in der Öffentlichkeit nur dann geführt werden, wenn ein kleiner Waffenschein vorliegt.
Wie ist der Umgang mit erlaubnisfreien Waffen geregelt?
Erlaubnisfreie Waffen können grundsätzlich von volljährigen Personen erworben werden, für ihren Besitz ist keine Waffenbesitzkarte notwendig. Dazu zählen beispielsweise Luftdruck-, Federdruck- und CO2-Waffen, die bestimmte Energiegrenzen (in der Regel maximal 7,5 Joule) nicht überschreiten und mit einem „F im Fünfeck“-Zeichen gekennzeichnet sind. Auch Dekorations- und Anscheinswaffen fallen unter diese Kategorie. Trotzdem gelten für den Umgang mit diesen Waffen Einschränkungen: So dürfen auch erlaubnisfreie Waffen in der Öffentlichkeit nicht „geführt“ (d. h. zugriffsbereit transportiert) werden, es sei denn, es besteht eine rechtliche Ausnahme, wie der Transport entladener Waffen zum Schießstand in einem verschlossenen Behältnis. Verstöße gegen diese Vorschriften können als Ordnungswidrigkeit oder sogar als Straftat geahndet werden.
Welche Pflichten zur Aufbewahrung von Waffen bestehen für den Besitzer?
Gesetzlich vorgeschrieben ist, dass Schusswaffen und Munition so aufbewahrt werden müssen, dass sie gegen den Zugriff Unbefugter, insbesondere von Kindern oder Dritten ohne Erlaubnis, gesichert sind. Dies ist in Deutschland im Waffengesetz und in der Allgemeinen Waffenverordnung (AWaffV) reglementiert. Kurzwaffen und Langwaffen müssen in amtlich zertifizierten Waffenschränken (mindestens Sicherheitsstufe 0/N nach EN 1143-1) aufbewahrt werden. Munition ist in einem separaten Behältnis – bei manchen Stufen kann sie aber mit im Schrank gelagert werden – zu verwahren. Wohnungsüberprüfungen durch die Waffenbehörden sind legal möglich, um die ordnungsgemäße Aufbewahrung zu prüfen. Ein Verstoß gegen die Vorschriften zur Aufbewahrung kann den Entzug der waffenrechtlichen Erlaubnis, empfindliche Bußgelder oder sogar eine strafrechtliche Verfolgung nach sich ziehen.
Was versteht das Gesetz unter dem Begriff „Bedürfnis“ beim Waffenbesitz?
Das „Bedürfnis“ ist im deutschen Waffenrecht ein zentrales Kriterium für die Erteilung einer waffenrechtlichen Erlaubnis. Es bezeichnet einen nachweisbaren Grund, eine Waffe zu besitzen, den der Antragsteller glaubhaft machen muss. Typische anerkannte Bedürfnisse sind das sportliche Schießen als Mitglied eines anerkannten Schützenvereins, das Jagen als Inhaber eines Jagdscheins oder die Sammlung von historischen Waffen bei nachgewiesener Sammlertätigkeit. Das Bedürfnis muss gegenüber den Waffenbehörden jeweils individuell und detailliert nachgewiesen werden, beispielsweise durch regelmäßigen Schießbetrieb, Vereinsmitgliedschaften und, im Falle von Sammlern, durch eine ausführliche Dokumentation des Sammelgebiets.
Welche Unterschiede bestehen zwischen Waffenbesitzkarte, Waffenschein und Kleinem Waffenschein?
Die Waffenbesitzkarte (WBK) berechtigt zum Besitz (nicht zum Führen) erlaubnispflichtiger Schusswaffen und deren Erwerb sowie zur Aufbewahrung zu Hause. Der Waffenschein hingegen berechtigt nicht nur zum Besitz, sondern – unter strengen Auflagen – auch zum Führen scharfer Waffen in der Öffentlichkeit. Der Kleine Waffenschein bezieht sich ausschließlich auf das Führen von Schreckschuss-, Reizstoff- und Signalwaffen mit PTB-Zulassungszeichen und ist vergleichsweise leichter zu erhalten, verlangt jedoch zumindest Zuverlässigkeit und persönliche Eignung gemäß WaffG § 4. Der Besitz dieser Waffen ist ab 18 Jahren erlaubnisfrei, das Führen in der Öffentlichkeit jedoch nur mit dem Kleinen Waffenschein gestattet. Jeder Verstoß gegen diese Grenzen ist bußgeld- oder strafbewährt.
Welche Strafen drohen bei Verstößen gegen das Waffengesetz?
Verstöße gegen das Waffengesetz werden je nach Schwere und Ausmaß der Zuwiderhandlung geahndet. Ordnungswidrigkeiten wie das unsachgemäße Aufbewahren erlaubnisfreier Waffen oder Verstöße gegen Meldepflichten können mit Bußgeldern bis zu mehreren tausend Euro belegt werden. Schwerwiegende Verstöße, wie der unerlaubte Besitz, Erwerb, Führen oder Handel mit erlaubnispflichtigen Schusswaffen, sind Straftaten und werden mit Freiheitsstrafen von mehreren Monaten bis zu zehn Jahren geahndet. Die Gerichte berücksichtigen dabei die Art der Waffe, die Gefährdungslage sowie gegebenenfalls vorliegende Vorsatz- oder Wiederholungstaten. Häufig wird als weitere Nebenfolge die Einziehung der Waffen und der dauerhafte Entzug waffenrechtlicher Erlaubnisse verfügt.