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Wachverfehlung


Begriff und Definition der Wachverfehlung

Die Wachverfehlung ist ein Begriff aus dem deutschen Disziplinarrecht und Strafrecht, der eine besondere Form der Pflichtverletzung im Bereich des Wachdienstes beschreibt. Sie bezeichnet das schuldhafte, pflichtwidrige Verhalten einer Person, der mit einer besonderen Überwachungs-, Kontroll- oder Aufsichtsfunktion – insbesondere im militärischen, polizeilichen oder sicherheitsdienstlichen Kontext – betraut ist. Die Wachverfehlung ist in verschiedenen Rechtsgebieten von Bedeutung und zieht unterschiedliche rechtliche Konsequenzen nach sich.

Typischerweise liegt eine Wachverfehlung vor, wenn eine zur Wache oder Bewachung bestimmte Person ihrer Aufgabe nicht ordnungsgemäß nachkommt, etwa durch Unaufmerksamkeit, Vernachlässigung oder vorsätzliches Verlassen des zugewiesenen Postens. Die rechtlichen Regelungen zur Wachverfehlung finden sich insbesondere im Wehrrecht, Disziplinarrecht, teilweise auch im Strafgesetzbuch sowie in einschlägigen Dienstvorschriften.


Rechtsgrundlagen der Wachverfehlung

Disziplinarrechtliche Regelungen

Im deutschen Wehrdisziplinarrecht ist die Wachverfehlung als Pflichtverletzung eines Soldaten definiert, der zu Wachdienst eingeteilt ist. Die gesetzlichen Grundlagen finden sich insbesondere im Soldatengesetz (SG) sowie in der Wehrdisziplinarordnung (WDO).

Die Wachverfehlung im Soldatengesetz

Gemäß § 10 Abs. 1 SG trifft Soldaten die Pflicht zu Gehorsam und Dienstaufsicht. Eine Wachverfehlung stellt insbesondere eine Verletzung der Pflicht zur gewissenhaften Dienstausübung dar. Das Soldatengesetz normiert aber keine eigenständigen Tatbestände für die Wachverfehlung, sondern verweist grundsätzlich auf die allgemeine Dienstpflicht.

Die Wachverfehlung in der Wehrdisziplinarordnung

Die WDO präzisiert die disziplinarrechtlichen Sanktionen bei Pflichtverletzungen. Die Wachverfehlung stellt nach § 17 WDO eine dienstliche Verfehlung dar, die mit Disziplinarmaßnahmen geahndet werden kann. Mögliche Sanktionen sind beispielsweise:

  • Verweis
  • strenger Verweis
  • Ausgangsbeschränkung
  • Arrest
  • Gehaltskürzung
  • Degradierung oder Entlassung (bei schwerwiegenden Fällen)

Die Schwere der Wachverfehlung bemisst sich nach der Gefährdung der bewachten Objekte, Personen oder Informationen sowie nach der konkreten Verantwortlichkeit des Dienstpflichtigen.

Strafrechtliche Einordnung

In bestimmten Konstellationen kann die Wachverfehlung strafrechtlich relevant werden.

Wachverfehlung als Straftat im Militärstrafrecht

Das deutsche Strafrecht kennt für Soldaten bzw. Personen im militärischen Dienst eigene Straftatbestände, etwa den unerlaubten Posten- oder Wachdienstverlassen gemäß § 15 Wehrstrafgesetz (WStG). Nach dieser Vorschrift macht sich strafbar, wer:

  • vorsätzlich oder fahrlässig den ihm zugewiesenen Wachdienst verlässt,
  • während des Dienstes einschläft,
  • sich von seinem Posten oder Bereich entfernt oder
  • seinen Dienst sonst in erheblichem Maße vernachlässigt.

Die Strafen reichen von Geldstrafe bis zu Freiheitsstrafe; in besonderen Lagen (z.B. Alarmbereitschaft) oder bei Verschärfung durch Gefährdungssituationen sind auch härtere Strafen möglich. Die Bestimmungen beziehen sich ausschließlich auf Angehörige der Bundeswehr oder Wehrdienstleistende.

Wachverfehlung im Zivilstrafrecht

Für sonstige Beschäftigte im Wachdienst (z.B. Sicherheitsdienste, Justizvollzugsbedienstete, Polizei) ergibt sich keine spezielle Straftat bezüglich der Wachverfehlung. Ihre Pflichtverletzungen werden – sofern sie strafrechtlich relevant sind – nach allgemeinen Delikten (wie z.B. § 340 StGB – Körperverletzung im Amt, § 339 StGB – Rechtsbeugung) geahndet. Ein fahrlässiges Verhalten, das zu Vermögens-, Sach- oder Personenschäden führt, kann als fahrlässige Körperverletzung oder fahrlässige Sachbeschädigung strafbar sein.

Im klassischen Sinne ist die Wachverfehlung im Strafrecht aber ein primär wehrrechtlicher Tatbestand.


Elemente und typische Fallgestaltungen der Wachverfehlung

Tatbestandsmerkmale

Die wesentlichen Elemente einer Wachverfehlung sind:

  • Übernahme einer Überwachungs- oder Kontrollfunktion (z.B. im Rahmen des Wachdienstes)
  • Pflichtverletzung durch aktives Tun oder Unterlassen (z.B. Verlassen des Postens, Nachlässigkeit, mangelnde Aufmerksamkeit)
  • Subjektive Vorwerfbarkeit (Vorsatz oder Fahrlässigkeit)
  • Gefährdung oder Schädigung von Rechtsgütern (Schutzobjekte, Personen, Anlagen, Information)

Eine Sanktionierung setzt regelmäßig voraus, dass die Pflichtwidrigkeit den Schutzbereich des jeweiligen Auftrages konkret beeinträchtigt.

Beispiele für Wachverfehlungen

  • Einschlafen während des Wachdienstes
  • Verlassen oder Entfernen vom zugewiesenen Wachposten
  • Duldung unbefugten Zutritts zum Schutzobjekt
  • Unterlassung gebotener Kontrollen oder Sicherungsmaßnahmen
  • Unverschlossene Türen/Tore an sicherungspflichtigen Anlagen
  • Missachtung von Alarm- oder Sicherheitsvorschriften

Die rechtliche Bewertung der Fälle richtet sich nach Umfang und Intensität der Pflichtverletzung sowie der Gefährdungslage.


Rechtsfolgen der Wachverfehlung

Disziplinarmaßnahmen

Im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses (Soldaten, Beamte, Justizvollzug, Polizei) sind Verstöße im Sinne der Wachverfehlung in der Regel durch Disziplinarmaßnahmen zu ahnden. Die Auswahl des Mittels erfolgt nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Bei wiederholten oder schwerwiegenden Pflichtverletzungen können auch dienstrechtliche Konsequenzen bis hin zur Entfernung aus dem Dienstverhältnis gezogen werden.

Strafrechtliche Sanktionen

Bei strafbaren Wachverfehlungen (insbesondere im militärischen Bereich) drohen Freiheits-, Geld- oder Arreststrafen. Bei allgemeinem Verschulden können Nebenfolgen wie Verlust der Dienststellung, Entfernung aus dem Dienst, Degradierung oder Wehrdienstverbot eintreten.

Schadensersatz und Haftung

Führt eine Wachverfehlung zu einem Vermögens-, Personen- oder Sachschaden, sind dienstrechtliche und/oder zivilrechtliche Haftungsansprüche möglich. Nach dem Eigenhaftungsprinzip kann der oder die Dienstpflichtige für vorsätzliche oder grob fahrlässige Wachverfehlungen in Regress genommen werden (§ 839 BGB in Verbindung mit § 34 GG).


Bedeutung der Wachverfehlung in der Praxis

Die Verhinderung von Wachverfehlungen ist zentrales Anliegen in sicherheitsrelevanten Bereichen. Sie dient dem Schutz von Einrichtungen, sensiblen Informationen und Lebensbereichen. In Streitkräften und bei sicherheitsrelevanten Aufgaben kommt der fehlerfreien Wahrnehmung des Wachdienstes besondere Bedeutung zu. Die Sanktionierung der Wachverfehlung trägt zur Aufrechterhaltung der Disziplin und zur Vermeidung von Sicherheitsrisiken bei.


Literatur und weiterführende Hinweise

  • Wehrstrafgesetz (WStG)
  • Soldatengesetz (SG)
  • Wehrdisziplinarordnung (WDO)
  • BGH, Beschluss vom 18.06.1957 – 2 StR 230/57
  • BeckOK Wehrrecht
  • Kommentierungen zu Disziplinarrecht und Dienstpflichtverletzungen

Zusammenfassend ist die Wachverfehlung eine schwerwiegende Pflichtverletzung im Bereich des Wachdienstes, deren rechtliche Behandlung im Disziplinar-, Straf- sowie Beamten- und Soldatenrecht detailliert geregelt ist. Die Einzelfallbewertung berücksichtigt sowohl die objektiven Umstände als auch den Grad der subjektiven Vorwerfbarkeit.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Konsequenzen können aus einer Wachverfehlung resultieren?

Eine Wachverfehlung kann je nach Schwere des Verstoßes unterschiedlich gravierende rechtliche Folgen haben. Im militärischen Bereich, insbesondere nach deutschem Recht, ist die Wachverfehlung gemäß § 21 Wehrstrafgesetz (WStG) strafbar. Zu den möglichen Konsequenzen zählen Freiheitsstrafen, Disziplinarmaßnahmen sowie unter Umständen dienstrechtliche Maßnahmen wie Degradierung oder Entlassung aus dem Dienstverhältnis. Die strafrechtliche Sanktionierung richtet sich nach Art und Umfang der Pflichtverletzung, dem verursachten Schaden sowie dem Grad der Fahrlässigkeit oder Vorsätzlichkeit. Besonders schwer wirkt sich eine Wachverfehlung aus, wenn durch sie eine erhebliche Gefährdung für die Sicherheit des Dienstobjekts, Leib und Leben Dritter oder bedeutendes staatliches Interesse vorliegt. In der zivilen Sicherheit (z.B. bei privaten Sicherheitsdiensten) kann eine Wachverfehlung arbeitsrechtliche Sanktionen bis hin zur fristlosen Kündigung nach sich ziehen, zudem kommen zivilrechtliche Ansprüche auf Schadensersatz in Betracht.

Welche Voraussetzung muss für eine strafbare Wachverfehlung gegeben sein?

Voraussetzung für eine strafrechtlich relevante Wachverfehlung ist, dass die betreffende Person zur Dienstzeit tatsächlich ausdrücklich mit einer Wächteraufgabe – also einer besonderen Schutzaufgabe – betraut ist. Ein bloßes Unterlassen allgemeiner Sorgfaltspflichten genügt nicht. Es muss nachgewiesen werden, dass konkrete und individuell übertragene Bewachungs-, Sicherungs- oder Überwachungsaufgaben während der laufenden Wachzeit verletzt wurden. Für eine Strafbarkeit ist zudem erforderlich, dass die Pflichtverletzung wenigstens fahrlässig begangen wurde; in Fällen von Vorsatz wird die Tat strenger bewertet. Nicht strafbar sind Handlungen außerhalb des Wachauftrags oder wenn keine hinreichend genaue Anweisung vorlag.

Welche Rolle spielt der Grad des Verschuldens bei der rechtlichen Bewertung?

Der Grad des Verschuldens ist bei der Bewertung einer Wachverfehlung von zentraler Bedeutung. Das Rechtsregime unterscheidet hier zwischen Vorsatz und Fahrlässigkeit. Fahrlässige Verstöße werden mit milderen Strafen geahndet als vorsätzliche. Um Vorsatz handelt es sich, wenn der/die Betroffene die ihm anvertraute Aufgabe bewusst und willentlich vernachlässigt oder gar absichtlich missbraucht. Fahrlässigkeit liegt vor, wenn die erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen wird, ohne das Risiko einer Pflichtverletzung zu erkennen oder in Kauf zu nehmen. Je nach Grad der Fahrlässigkeit (einfache, grobe Fahrlässigkeit) und dem Ausmaß des verursachten Schadens unterscheidet sich das Strafmaß erheblich.

Kann eine Wachverfehlung auch zivilrechtliche Haftung nach sich ziehen?

Ja, über die strafrechtlichen Sanktionen hinaus kann eine Wachverfehlung zivilrechtliche Haftungsansprüche begründen. Wird durch die Pflichtverletzung ein Dritter oder das Schutzobjekt (z.B. Eigentümer des bewachten Grundstücks) in seinen Rechten verletzt, so kann der Wachhabende für entstandene Schäden haftbar gemacht werden. Im Rahmen von Arbeits- oder Dienstverträgen lassen sich zudem vertragliche Schadensersatzansprüche gegen die verantwortliche Person durchsetzen. In Fällen grober Fahrlässigkeit oder Vorsatzes besteht in der Regel eine uneingeschränkte Haftung für sämtliche Schäden, während bei leichter Fahrlässigkeit eine Haftungsbegrenzung oder sogar der Haftungsausschluss greifen kann.

Welche Bedeutung hat eine Wachverfehlung im disziplinarrechtlichen Kontext?

Im disziplinarrechtlichen Kontext, insbesondere bei Beamten und Soldaten, kann eine Wachverfehlung schwerwiegende Konsequenzen nach sich ziehen, unabhängig von einer eventuellen strafrechtlichen Verurteilung. Hierzu zählen Verweise, Geldbußen, Degradierungen bis hin zur Entfernung aus dem Dienst. Disziplinarmaßnahmen richten sich nach dem Dienstvergehen im Rahmen der geltenden Disziplinargesetze (z.B. Bundesdisziplinargesetz, Wehrdisziplinarordnung) und berücksichtigen das Maß der Pflichtwidrigkeit, die Motivation des Betroffenen sowie eine etwaige Wiederholungsgefahr. Auch bei privaten Wach- und Sicherheitsdiensten kommen entsprechend arbeitsvertragliche, praxisinterne Sanktionen in Betracht.

Wie wirkt sich eine Wachverfehlung auf das Dienstverhältnis aus?

Eine Wachverfehlung kann das Dienstverhältnis erheblich belasten oder sogar beenden. Bei Soldaten und Beamten kann eine erhebliche Pflichtverletzung die Vertrauensbasis mit dem Dienstherren nachhaltig stören. Dies kann neben Disziplinarmaßnahmen auch zu einer vorzeitigen Entfernung aus dem Dienst führen. In der privaten Sicherheitswirtschaft rechtfertigt eine gravierende Wachverfehlung regelmäßig eine fristlose Kündigung. Zudem kann eine solche Pflichtverletzung die Erteilung eines behördlichen Führungszeugnisses oder die Zuverlässigkeitsprüfung negativ beeinflussen und so zu einem dauerhaften Berufsverbot in sicherheitsrelevanten Bereichen führen.

Unter welchen Umständen liegt keine strafbare Wachverfehlung vor?

Keine strafbare Wachverfehlung liegt vor, wenn der pflichtgemäße Wachdienst aufgrund unvorhersehbarer und unabwendbarer äußeren Umstände (z.B. Irreführung durch Dritte, höhere Gewalt) nicht erfüllt werden konnte und den Wachhabenden daran kein Verschulden trifft. Ebenfalls entfällt die Strafbarkeit, wenn der Wachhabende nachweislich alles Zumutbare zur Verhinderung der Pflichtverletzung unternommen hat oder wenn keine objektive Verletzung der Dienstvorschriften festgestellt werden kann. Auch administrative Fehler oder Organisationsmängel, die außerhalb des Einflussbereichs der Wachperson liegen, begründen in der Regel keine persönliche strafrechtliche Verantwortlichkeit.