Legal Lexikon

Vormund


Begriff und rechtliche Einordnung des Vormunds

Ein Vormund ist eine natürliche oder juristische Person, die im Rahmen der gesetzlichen Fürsorge für eine minderjährige oder in seltenen Fällen eine volljährige, nicht handlungsfähige Person bestellt wird. Die Bestellung erfolgt durch ein Familiengericht. Der Vormund übernimmt dabei die Wahrnehmung der elterlichen Sorge, sofern diese nicht mehr durch die Eltern selbst ausgeübt werden kann oder darf.

Im deutschen Recht ist der Vormund vor allem durch das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) geregelt. Die zentrale Vorschrift stellt dabei § 1773 BGB dar. Es handelt sich um eine Institution der Fürsorge und des Schutzes für Personen, die nicht in der Lage sind, ihre Grundrechte und -pflichten vollumfänglich wahrzunehmen.

Gründe für die Bestellung eines Vormunds

Minderjährige

Die Vormundschaft wird in der Regel für minderjährige Kinder angeordnet, wenn die Sorgeberechtigten verstorben sind, ihnen das Sorgerecht durch gerichtliche Entscheidung entzogen wurde oder die Eltern aus anderen Gründen an der Ausübung der elterlichen Sorge dauerhaft gehindert sind (§ 1773 BGB). Insbesondere dient die Vormundschaft dem Schutz des Kindes und der Sicherstellung seiner Rechte und Interessen.

Volljährige Personen

Eine Vormundschaft für volljährige Personen ist nach deutschem Recht grundsätzlich nur ausnahmsweise möglich, beispielsweise in Fällen, in denen die Rücknahme der Volljährigkeit aufgrund geistiger oder seelischer Behinderung erfolgt, was im heutigen Recht weitgehend durch die rechtliche Betreuung abgelöst wurde.

Bestellung des Vormunds

Zuständigkeit und Verfahren

Die Bestellung eines Vormunds erfolgt durch das zuständige Familiengericht. Grundlage hierfür sind die §§ 1774 ff. BGB sowie die Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG).

Auswahl und Eignung

Das Gericht wählt den Vormund nach den Kriterien des Wohls der betroffenen Person aus. Vorrangig sollen Verwandte oder dem Mündel nahe stehende Personen eingesetzt werden, sofern dies dem Wohl des Mündels entspricht. Ist keine geeignete Einzelperson vorhanden, kann das Gericht einen Verein oder das Jugendamt zum Vormund bestellen (§ 1791b, § 1791a BGB).

Pflicht zur Übernahme

Die Bestellung zum Vormund kann nur in Ausnahmefällen abgelehnt werden. Ablehnungsgründe sind gesetzlich geregelt (§ 1786 BGB) und betreffen beispielsweise mangelnde Eignung oder persönliche Verhinderungsgründe.

Aufgaben und Pflichten des Vormunds

Personensorge und Vermögenssorge

Der Vormund nimmt die Aufgaben der elterlichen Sorge wahr. Hierzu zählt die Personensorge (z. B. Aufenthaltsbestimmung, Gesundheitsvorsorge, Schulangelegenheiten) und die Vermögenssorge (z. B. Verwaltung des Einkommens und Vermögens des Mündels, Abschluss von Verträgen).

Vertretung nach außen

Der Vormund vertritt das Mündel in allen gerichtlichen und außergerichtlichen Angelegenheiten. Einschränkungen ergeben sich aus einzelnen Bereichen, wie etwa Rechtshandlungen, die der Genehmigung des Familiengerichts bedürfen (z. B. Grundstücksgeschäfte, § 1821 BGB ff.).

Rechenschafts- und Berichtspflichten

Im Rahmen der Vermögenssorge ist der Vormund verpflichtet, ein Vermögensverzeichnis zu erstellen und regelmäßig Rechenschaft über die Verwaltung abzulegen. Das Familiengericht überwacht die Tätigkeit des Vormunds.

Rechte und Haftung des Vormunds

Aufwendungsersatz und Vergütung

Vormünder haben Anspruch auf Ersatz ihrer Auslagen (§ 1835 BGB). Sofern sie nicht mit dem Mündel verwandt sind, können sie auch eine Vergütung für ihre Tätigkeit verlangen, deren Höhe durch das Gericht festgelegt werden kann.

Haftung

Der Vormund haftet für Schäden, die aus der Verletzung seiner Pflichten entstehen. Das Maß richtet sich nach § 1833 BGB. Grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz führen zu einer umfassenden Haftung. In der Praxis ist insoweit auch eine Versicherung gegen Vermögensschäden üblich.

Beendigung der Vormundschaft

Die Vormundschaft endet kraft Gesetzes mit Eintritt der Volljährigkeit des Mündels, dem Wegfall des Grundes für die Vormundschaft (z. B. Sorgerechtswiederherstellung), Tod des Mündels oder des Vormunds oder durch gerichtliche Entscheidung (§ 1881 ff. BGB). Nach Beendigung ist der Vormund verpflichtet, dem Nachfolger oder dem Mündel selbst Rechnung zu legen.

Sonderformen der Vormundschaft

Vereinsvormundschaft und Amtsvormundschaft

Kann keine Einzelperson zum Vormund bestellt werden, wird häufig ein Verein oder das Jugendamt betraut. In diesen Fällen spricht man von Vereinsvormund oder Amtsvormund (§ 1791a, § 1791b BGB).

Pflegschaft

Die Pflegschaft unterscheidet sich von der Vormundschaft dadurch, dass sie nur für bestimmte Angelegenheiten, nicht jedoch umfassend für die Person oder das Vermögen des Mündels besteht (§ 1909 BGB ff.). Die Aufgaben und Befugnisse des Pflegers sind dementsprechend eingeschränkt.

Internationale Aspekte der Vormundschaft

Die Anerkennung und Ausübung von Vormundschaften mit Auslandsbezug richtet sich nach internationalen Abkommen (z. B. Haager Minderjährigenschutzübereinkommen) sowie den Vorschriften des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB). Zuständig ist das Familiengericht am gewöhnlichen Aufenthaltsort des Mündels.

Fazit

Der Vormund ist eine zentrale Institution im System des Kinderschutzes und der Fürsorge für nicht handlungsfähige Personen. Der rechtliche Rahmen garantiert dem Mündel einen weitgehenden Schutz und gewährleistet die Wahrung seiner Interessen sowohl im privaten als auch im öffentlichen Bereich. Die Aufgaben und Pflichten des Vormunds sind detailliert geregelt, um Missbrauch und Vernachlässigung vorzubeugen und die bestmögliche Entwicklung des Mündels sicherzustellen.

Häufig gestellte Fragen

Welche Aufgaben und Pflichten hat ein Vormund nach deutschem Recht?

Ein Vormund ist verpflichtet, die Person und das Vermögen der unter Vormundschaft stehenden Person (Mündel) umfassend zu vertreten und zu betreuen. Die Aufgaben des Vormunds umfassen insbesondere die Sorge für die Gesundheit, Erziehung, Ausbildung sowie die Vermögensverwaltung des Mündels (§§ 1800-1810 BGB). Der Vormund muss dabei stets das Wohl des Mündels in den Mittelpunkt stellen und dessen Wünsche, soweit es dessen Wohl nicht gefährdet und seinem Entwicklungsstand entspricht, berücksichtigen. Zu den Pflichten zählt zudem die Führung eines Vermögensverzeichnisses zu Beginn der Vormundschaft sowie jährliche Rechnungslegung und Berichterstattung gegenüber dem Familiengericht. Der Vormund ist in wichtigen Angelegenheiten wie der Auswahl der Ausbildungs- oder Wohnstätte sowie bei der Entscheidung über medizinische Behandlungen zum Handeln verpflichtet, benötigt jedoch bei bestimmten Entscheidungen (z.B. Immobiliarkauf/-verkauf, Darlehensaufnahme) die Genehmigung des Familiengerichts.

Kann ein Vormund eigenständig über das Vermögen des Mündels verfügen?

Der Vormund hat die sogenannte Vermögenssorge für das Mündel, das bedeutet, er verwaltet das Vermögen des Mündels ordnungsgemäß und im Rahmen des § 1806 ff. BGB. Dazu gehört, dass er das Vermögen erhalten und vermehren soll, soweit dies mit Rücksicht auf die Person des Mündels angemessen und zumutbar ist. Allerdings unterliegt der Vormund bei der Verwaltung erheblichen rechtlichen Beschränkungen: Grundsätzlich darf der Vormund nur im Rahmen der gewöhnlichen Vermögensverwaltung ohne Genehmigung handeln. Für weitergehende Maßnahmen, wie etwa den Kauf oder Verkauf von Immobilien, die Aufnahme von Krediten, die Ausschlagung einer Erbschaft oder die Annahme von Schenkungen mit Auflagen, bedarf es der vorherigen Genehmigung des Familiengerichts. Zudem muss der Vormund detailliert Buch über alle Einnahmen und Ausgaben führen und diese dem Gericht regelmäßig vorlegen.

Wie erfolgt die gerichtliche Kontrolle eines Vormunds?

Das Familiengericht überwacht die Tätigkeit des Vormunds fortlaufend (§ 1837 BGB). Diese Kontrolle erfolgt durch die Pflicht des Vormunds zur jährlichen Rechnungslegung und Berichterstattung. Der Vormund muss dem Gericht regelmäßig (mindestens einmal jährlich) einen Bericht vorlegen, der sowohl die persönlichen Entwicklungen des Mündels als auch die Verwaltung des Vermögens betrifft. Darüber hinaus kann das Gericht jederzeit Auskunft verlangen oder stichprobenartig die Verwaltung überprüfen. Bei Fehlverhalten oder groben Pflichtverletzungen kann das Familiengericht den Vormund entlassen und gegebenenfalls einen Ersatz bestellen. Auch die Bestellung eines Gegenvormunds zur zusätzlichen Kontrolle ist in bestimmten Fällen möglich.

Welche Rechte hat das Mündel gegenüber dem Vormund?

Das Mündel besitzt nach deutschem Recht verschiedene Rechte gegenüber dem Vormund. Dazu gehört vor allem das Anhörungsrecht: Der Vormund muss das Mündel bei allen wichtigen Angelegenheiten anhören, sofern dessen Entwicklungsstand dies zulässt (§ 1800 BGB). Die Wünsche des Mündels sind zu berücksichtigen, es sei denn, diese stehen dem Wohl des Mündels entgegen. Das Mündel ist zudem berechtigt, beim Familiengericht die Überprüfung von Vormundschaftsmaßnahmen zu beantragen und gegebenenfalls die Abberufung des Vormunds aus wichtigem Grund anzuregen. Bei erreichten gesetzlichen Altersgrenzen (Volljährigkeit) oder Wegfall des Grundes für die Vormundschaft kann das Mündel eine Beendigung der Vormundschaft verlangen.

Wie kann ein Vormund von seinem Amt entbunden oder abgelöst werden?

Die Entlassung eines Vormunds aus dem Amt kann auf eigenen Antrag oder auf Veranlassung des Familiengerichts erfolgen. Gründe für eine Abberufung sind insbesondere grobe Pflichtverletzung, Ungeeignetheit oder wenn das Vertrauen der betreuten Person oder des Gerichts verloren geht (§ 1886 BGB). Stirbt der Vormund, endet das Amt automatisch. Auch eine freiwillige Amtsniederlegung ist möglich, bedarf jedoch der gerichtlichen Genehmigung (§ 1888 BGB), um die lückenlose Betreuung des Mündels zu gewährleisten. Das Gericht kann zudem auf Antrag des Jugendamtes, des Mündels selbst oder anderer Beteiligter tätig werden und einen neuen Vormund bestellen.

Wer haftet für Fehler oder Pflichtverletzungen des Vormunds?

Der Vormund haftet persönlich für Schäden, die er dem Mündel durch schuldhafte Pflichtverletzung zufügt (§ 1833 BGB). Dies gilt sowohl für vorsätzliche als auch für fahrlässige Pflichtverletzungen im Rahmen der Personensorge und Vermögensverwaltung. Eine Haftung kann beispielsweise entstehen, wenn der Vormund unsorgfältig mit dem Vermögen des Mündels umgeht oder nicht die notwendigen Maßnahmen zum Schutz des Wohls des Mündels ergreift. Die Haftung kann auf Schadensersatz gerichtet sein. Allerdings kann das Familiengericht auf Antrag des Vormunds die Haftung einschränken, wenn der Vormund lediglich leichte Fahrlässigkeit zu vertreten hat und keine gravierenden Schäden eingetreten sind. Gegen bestimmte Risiken kann der Vormund zudem eine Haftpflichtversicherung abschließen.

Wie ist die Vergütung des Vormunds geregelt?

Nach deutschem Recht kann ein ehrenamtlich tätiger Vormund eine jährliche Aufwandsentschädigung erhalten, deren Höhe gesetzlich geregelt ist (§ 1835a BGB). Ist der Vormund berufsmäßig bestellt (bspw. ein Rechtsanwalt oder Vereinsvormund), richtet sich die Vergütung nach dem Vormünder- und Betreuervergütungsgesetz (VBVG). Die Zahlung der Vergütung geht in der Regel zu Lasten des Mündels, sofern dessen Vermögen und Einkommen bestimmte Freibeträge überschreiten. Ist das Mündel mittellos, übernimmt ggf. die Staatskasse die Kosten. Neben der eigentlichen Vergütung können auch Ersatzansprüche für nachweisbare Auslagen entstehen.