Legal Lexikon

Vormiete


Begriff und rechtliche Bedeutung der Vormiete

Der Begriff „Vormiete“ bezeichnet im deutschen Mietrecht die vertraglichen Konditionen eines Vormieters für denselben Mietgegenstand, insbesondere einer Wohnung oder gewerblichen Mietsache, vor Abschluss eines neuen Mietvertrages durch einen Nachfolgemieter. Die Vormiete erhält insbesondere Relevanz im Zusammenhang mit der gesetzlich zulässigen Miethöhe bei Abschluss eines neuen Mietvertrages, etwa im Kontext des Mietrechtsanpassungsgesetzes („Mietpreisbremse“) gemäß § 556e und § 556f BGB sowie bei der Anfechtung von Mietpreisabreden und Rückforderungsansprüchen.

Definition und Abgrenzung zur Vormietklausel

Die Vormiete stellt die tatsächlich geschuldete und zuletzt gezahlte Miete des vorherigen Mietverhältnisses dar. Sie ist von der sogenannten Vormietklausel zu unterscheiden, wonach der Vermieter bestimmte Bedingungen aus dem Vormietverhältnis auch auf das Nachmietverhältnis übertragen kann. Die Vormiete relevant im rechtlichen Sinne ist in erster Linie der zuletzt wirksam vereinbarte Mietpreis des direkten Vorgängers im Mietobjekt.

Rechtsgrundlagen zur Vormiete im deutschen Mietrecht

Vormiete und die Mietpreisbremse (§ 556e BGB)

Mit Einführung der sogenannten Mietpreisbremse durch das Mietrechtsnovellierungsgesetz wurde die Vormiete zum relevanten Faktor für die zulässige Miethöhe bei Neuvermietungen. Nach § 556d BGB darf die Miete bei Abschluss eines neuen Wohnraummietvertrages für Bestandswohnungen grundsätzlich maximal 10 % über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Eine bedeutsame Ausnahme normiert § 556e Abs. 1 BGB: Überstieg die Vormiete die ortsübliche Vergleichsmiete um mehr als 10 %, so darf diese höhere Mietforderung auch vom neuen Mieter verlangt werden.

Voraussetzungen für die Berücksichtigung der Vormiete

Für die berücksichtigungsfähige Vormiete muss es sich um die zuletzt rechtmäßig vereinbarte und tatsächliche gezahlte Miete innerhalb des vorangegangenen Mietverhältnisses handeln. Unberücksichtigt bleiben Mieten, die aufgrund von Vereinbarungen zwischen Vermieter und Vormieter reduziert wurden, etwa wegen eines Mangels oder eines Vergleichs. Zudem greift die sogenannte Vormietausnahme nur, wenn zwischen Beendigung des alten Mietverhältnisses und Abschluss des neuen Mietvertrags ein unmittelbarer Zusammenhang besteht und keine tiefgreifenden baulichen Änderungen zwischenzeitlich erfolgten.

Offenlegungs- und Auskunftspflichten des Vermieters

Nach § 556g Abs. 1a BGB ist der Vermieter verpflichtet, dem neuen Mieter auf dessen Verlangen schriftlich mitzuteilen, ob eine Vormiete die Grundlage der geforderten Miethöhe bildet und welche Höhe diese Vormiete hatte. Eine Verletzung dieser Verpflichtung kann dazu führen, dass der Vermieter sich für eine überhöhte Miete nicht auf die Vormiete berufen kann.

Ausnahmen und Einschränkungen beim Einfluss der Vormiete

Nicht bei jeder Neuvermietung darf auf die Vormiete Bezug genommen werden. Zu den wichtigsten Einschränkungen zählen:

  • Modernisierungsmaßnahmen: Wird vor Abschluss des neuen Mietvertrags eine umfassende Modernisierung durchgeführt, dürfen Kosten dieser Maßnahmen ebenfalls auf den neuen Mieter umgelegt werden (§ 556e Abs. 2 BGB).
  • Zeitraum ohne Mieter: Liegt zwischen zwei Mietverhältnissen ein erheblicher Leerstand oder wird das Objekt zuvor anders genutzt, entfällt die Bindungswirkung der Vormiete.
  • Staffel- und Indexmieten: Bei diesen Mietformen ist jeweils auf die zuletzt wirksam geschuldete Miete im Zeitpunkt der Beendigung des Vormietverhältnisses abzustellen.

Vormiete bei Mieterhöhungsverlangen nach § 558 BGB

Während die Regelung der Vormiete vorrangig im Kontext der Mietpreisbremse relevant ist, kann sie auch bei Mieterhöhungsverlangen eine Rolle spielen. Zwar orientiert sich der Anspruch auf Zustimmung zu einer Mieterhöhung an der ortsüblichen Vergleichsmiete, bei Altmietverträgen kann jedoch die früher vereinbarte Miete – gegebenenfalls in Abweichung von langjährig stagnierenden Mieten – Indizwirkung entfalten.

Praktische Bedeutung und Gerichtsentscheidungen zur Vormiete

Ermittlung und Nachweis der Vormiete

Wesentlich für die praktische Anwendung ist die Feststellung, welche Vormiete bei einem konkreten Mietobjekt maßgeblich ist. Der Vermieter muss im Zweifel darlegen und gegebenenfalls nachweisen, wie hoch die Vormiete war. Als Nachweis dienen meist der frühere Mietvertrag, Nebenkostenabrechnungen oder Zahlungsbelege.

Streitfälle und Rechtsprechung

Diverse gerichtliche Entscheidungen konkretisieren die Voraussetzungen, unter denen die Vormiete auf einen neuen Mieter übertragen werden darf. Anerkannt ist unter anderem, dass vereinbarte und tatsächlich gezahlte Untermiete – sofern keine ausdrückliche Erlaubnis zur Untervermietung vorlag – nicht als Vormiete im Sinne des § 556e BGB zählt (BGH, Urteil vom 11. Dezember 2019 – VIII ZR 234/18).

Rechtsfolgen unzutreffender Angaben zur Vormiete

Gibt der Vermieter dem Nachmieter keine zutreffenden Informationen zur Vormiete oder verschweigt Umstände, die die Bindungswirkung ausschließen, kann die Mietpreisbremse uneingeschränkt Anwendung finden. Der Nachmieter hätte sodann bei Überschreitung der zulässigen Miethöhe gemäß § 556g BGB einen Anspruch auf Rückzahlung zu viel gezahlter Miete.

Abgrenzung zu anderen mietrechtlichen Begriffen

Vormietrecht

Im Gegensatz zur Vormiete bezeichnet das Vormietrecht ein subjektives Recht, bei Neuvermietung bevorzugt behandelt zu werden, etwa nach § 577 BGB im Fall der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen. Dieses ist von der Vormiete abzugrenzen, da es nicht die Vertragskonditionen, sondern die vertragliche Priorität betrifft.

Nachmiete

Im Zusammenhang mit der Vormiete steht der Begriff Nachmiete. Die Nachmiete bezieht sich auf das Folge-Mietverhältnis, wobei die Vormiete als Referenzwert für gesetzliche Beschränkungen der Miethöhe dient.

Literaturhinweise und weiterführende Rechtsquellen

  • Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), insbesondere §§ 556d-556g zur Mietpreisbremse
  • Gesetz zur Dämpfung des Mietanstiegs auf angespannten Wohnungsmärkten (Mietrechtsnovellierungsgesetz)
  • BGH-Rechtsprechung zur Vormiete (u.a. VIII ZR 234/18)
  • Kommentierungen zum Mietrecht, etwa Schmidt-Futterer, Mietrecht; Münchener Kommentar zum BGB

Zusammenfassung

Die Vormiete ist ein zentraler Begriff bei der Bestimmung der zulässigen Miethöhe in einem neuen Mietverhältnis. Gesetzlich normiert wird ihre Bedeutung vor allem im Rahmen der Mietpreisbremse durch das BGB. Die konkrete Ausgestaltung der Vormiete und ihre Grenzen werden durch zahlreiches Schrifttum und durch die höchstrichterliche Rechtsprechung geprägt. Für Vermieter und Mieter kommt dem Nachweis und der Offenlegung der Vormiete erhebliche praktische Bedeutung zu, um die gesetzlichen Vorgaben einzuhalten und unzulässige Mietpreisforderungen zu vermeiden.

Häufig gestellte Fragen

In welchen Fällen ist die Offenlegung der Vormiete durch den Vermieter gesetzlich vorgeschrieben?

Die Pflicht zur Offenlegung der Vormiete durch den Vermieter ergibt sich insbesondere aus § 556g Abs. 3 BGB im Zusammenhang mit der Mietpreisbremse. In Städten und Gemeinden mit angespanntem Wohnungsmarkt, in denen die Mietpreisbremse gilt, muss der Vermieter dem neuen Mieter unaufgefordert und in Textform mitteilen, wie hoch die vorherige Miete war, sofern er sich bei der Festsetzung der neuen Miete auf die sogenannte Vormiete beruft (§ 556e BGB). Dies ist insbesondere dann relevant, wenn die vorangegangene Miete über der eigentlich zulässigen Kappungsgrenze lag und somit aufgrund der Vormiete eine höhere Miete verlangt werden darf. Die Mitteilung hat vor Abschluss des Mietvertrages zu erfolgen; unterbleibt dies oder wird sie verspätet nachgeholt, kann der Vermieter sich im Streitfall nicht auf die Ausnahmeregelung der Vormiete berufen.

Welche rechtlichen Konsequenzen hat eine unzulässige Erhöhung der Miete unter Berufung auf die Vormiete?

Wird die Miete unter Berufung auf eine angeblich zulässige Vormiete erhöht, ohne dass die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen, ist die erhöhte Miete in der Regel unwirksam, soweit sie die durch die Mietpreisbremse vorgegebene Grenze überschreitet. Das bedeutet, dass der Mieter Anspruch auf Rückzahlung oder Rückforderung zu viel gezahlter Miete hat (§ 556g BGB). Voraussetzung ist, dass der Mieter einen qualifizierten Rügeschreiben abgibt. Gerichtliche Auseinandersetzungen sind möglich, wenn der Vermieter die Offenlegungspflicht nicht erfüllt oder eine nicht zutreffende Vormiete angibt. Zusätzlich kann der Vermieter gegen die Regelungen des Wettbewerbsrechts sowie gegen Informationspflichten aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch verstoßen.

Wie kann der Mieter die Höhe der Vormiete zuverlässig überprüfen?

Die zuverlässige Überprüfung der Vormiete erfolgt in der Regel durch die Einsichtnahme in frühere Mietverträge, die der Vermieter aus Datenschutzgründen allerdings nicht ohne Weiteres aushändigen muss. Häufig genügt jedoch eine schriftliche Bestätigung des Vermieters über die Höhe der Vormiete sowie Angaben zur Person des vorherigen Mieters und zum Zeitraum des Mietverhältnisses. Kann ein Verdacht auf eine fehlerhafte Angabe bestehen, kann der Mieter ggf. im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens oder mithilfe von Einsichtsrechten aus dem Mietrecht (§ 242 BGB – Grundsatz von Treu und Glauben) sowie über die Datenschutzgrundverordnung auf weitere Nachweise dringen. Behörden wie die Mietervereine oder, in Ausnahmefällen, das Wohnungsamt dürfen ihre Informationen nicht ohne Weiteres herausgeben, bieten aber teilweise Beratungen zur Einschätzung der Angemessenheit der Angaben.

Welche Besonderheiten gelten bei Staffelmieten oder Indexmieten bezüglich der Vormiete?

Bei Staffelmietverträgen oder Indexmieten ist für die Berechnung der zulässigen Miete im Rahmen der Mietpreisbremse nicht die letzte Staffel- oder Indexmiete allein maßgeblich, sondern bestimmte gesetzliche Vorgaben müssen beachtet werden. Nach § 557a BGB (Staffelmiete) und § 557b BGB (Indexmiete) darf die anfänglich vereinbarte Miete – und damit als Vormiete im Sinne der Mietpreisbremse – nicht höher sein als der Betrag, der sich nach den Regelungen der Mietpreisbremse ergibt. Bei der Berechnung ist zudem zu beachten, ob die Staffeln beziehungsweise Indexanpassungen rechtmäßig zustande kamen und nicht die Kappungsgrenzen oder ortsübliche Vergleichsmiete systematisch umgehen sollen. Bei einer Wiedervermietung nach Ende einer Staffel- oder Indexmiete gilt grundsätzlich die jeweils zuletzt gezahlte Miete als Vormiete.

Spielt die Dauer und Art des Vormietverhältnisses für die Rechtmäßigkeit einer höheren Miete eine Rolle?

Die Dauer und Art des Vormietverhältnisses sind für die rechtliche Bewertung der Vormiete von erheblicher Bedeutung. Nur wenn das vorherige Mietverhältnis ununterbrochen bestand und nicht lediglich zum Zwecke der Umgehung der Mietpreisbremse vereinbart wurde, kann sich ein Vermieter auf die Vormiete berufen. Unterbrechungen oder kurzfristige Zwischenvermietungen zur Erzielung einer höheren Vormiete werden als Umgehungstatbestand gewertet und lösen die Unzulässigkeit der Berufung auf die Vormiete aus. Außerdem ist die Dauer des Vormietverhältnisses relevant, sofern das vorangegangene Mietverhältnis weniger als ein Jahr bestand; in diesem Fall kann der Durchschnitt der gezahlten Mieten (auf das Jahr hochgerechnet) als Vormiete angesetzt werden.

Welche Fristen gelten für die Geltendmachung von Ansprüchen wegen einer zu hohen Miete auf Grundlage einer unrichtigen Vormiete?

Die Ansprüche wegen einer zu hoch angesetzten Miete auf Grundlage einer fehlerhaften oder nicht offengelegten Vormiete müssen vom Mieter mit einer sogenannten qualifizierten Rüge schriftlich geltend gemacht werden (§ 556g Abs. 2 BGB). Eine rückwirkende Geltendmachung ist grundsätzlich ab dem Zeitpunkt der Rüge möglich; für die Zeit davor besteht in der Regel kein Rückzahlungsanspruch. Die Verjährungsfrist für Rückforderungsansprüche beträgt drei Jahre ab Ende des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Mieter von den den Anspruch begründenden Umständen Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen (§ 195 BGB i.V.m. § 199 BGB).

Welche Nachweispflichten treffen Vermieter bei der Berufung auf die Vormiete?

Vermieter, die sich im Rahmen einer Neuvermietung auf die zuvor gezahlte Vormiete berufen, trifft eine umfassende Darlegungs- und Nachweispflicht. Sie müssen gegenüber dem neuen Mieter, idealerweise bereits im Mietvertrag oder vor dessen Abschluss, offenlegen, wie hoch die Vormiete war, wer der Vormieter war und in welchem Zeitraum das Vormietverhältnis bestand. Zudem müssen Vermieter die Richtigkeit Ihrer Angaben notfalls durch Vorlage von Unterlagen – wie etwa einem vorherigen Mietvertrag oder Zahlungsbelegen – nachweisen können. Im Streitfall liegt die Beweislast beim Vermieter. Versäumt der Vermieter die rechtzeitige, vollständige und nachweisbare Offenlegung, so verliert er das Recht, von Ausnahmeregelungen der Mietpreisbremse zugunsten einer höheren Miete Gebrauch zu machen.